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Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 23.01.2024 | Andreas B. Hewel | Quelle: dpa/Sven Hoppe

Überbrückungslösung

Brandenburg will Kliniken kurzfristig mit Kreditprogramm helfen

Mit der geplanten Krankenhausreform geraten ländliche Kliniken unter Druck, warnen Brandenburger Landräte. Sie fordern Planungssicherheit, sprich: mehr Geld. Nun legt die Landesregierung ein eigenes Kreditprogramm auf, um Zeit zu überbrücken.

Das Land Brandenburg legt kurzfristig ein eigenes Landesprogramm auf, um Krankenhäuser mit Finanzproblemen zu unterstützen. Das gab Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Dienstag nach einer Krankenhauskonferenz in Potsdam bekannt.

Damit soll Zeit überbrückt werden bis die geplante Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) greifen kann. "Wir wollen alle unsere Krankenhäuser erhalten", sagte Woidke (SPD) am Dienstagabend. So hatte es die Regierung schon in ihrem Koalitionsvertrag versprochen. "Es fehlt eine Brückenfinanzierung bis zum Inkrafttreten der Reform. All das kann die flächendeckende, medizinische Versorgung vor allem im ländlichen Raum gefährden", sagte der Ministerpräsident.

Bundesweit stecken viele Kliniken in finanziellen Schwierigkeiten. Auch in Brandenburg gibt es bereits Kürzungen bei der Versorgung etwa, indem Klinikabteilungen geschlossen werden. Landesfinanzministerin Katrin Lange (SPD) kündigte am Dienstag an, Krankenhäuser mit hohen Defiziten sollten mit Hilfe des Unterstützungsprogrammes Kredite bei der Landesinvestitionsbank aufnehmen können. Die Konditionen seien günstiger als am freien Kreditmarkt.

Das Programm, dessen Höhe erst noch ermittelt werde, solle befristet für ein bis eineinhalb Jahre aufgelegt werden, so Lange. Ein Expertenkreis werde sich um eine Einzelfallprüfung betroffener Krankenhäuser kümmern. Für wie viele Kliniken solche Hilfen infrage kommen, sagte Lange nicht.

Gesundheitsministerin Nonnemacher

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Fallpauschale soll deutlich gesenkt werden

Brandenburger Regierungsvertreter, Landräte, Krankenhausgesellschaft, Kassenärztliche Vereinigung und Krankenkassen hatten am Dienstagnachmittag über die finanziellen Probleme in Zusammenhang mit der geplanten Krankenhausreform beraten. Woidke hatte die etwa 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu den Treffen eingeladen. Die Verhandlungen von Bund und Ländern hängen fest.

Nach den Reformplänen der Bundesregierung soll die sogenannte Fallpauschale, mit der Krankenhäuser derzeit pro Patient und dessen Krankheitsbild eine Pauschale für die Behandlung bekommen, in Zukunft nur noch einen geringen Teil ausmachen. Stattdessen sollen die Krankenhäuser rund zwei Drittel des Geldes als sogenannte Vorhaltepauschale von den Krankenkassen bekommen. Das wäre Geld einfach dafür, dass sie da sind. Die Abkehr von der Fallpauschale zugunsten der Finanzierung von Fixkosten soll den ökonomischen Druck verringern.

Nicht alle sollen weiter alles anbieten

Die Grundidee: Die Bundesregierung will das Geld nicht weiter mit der Gießkanne verteilen, sondern ausschließlich in die Reform und damit in den Umbau der Krankenhauslandschaft investieren. Zumal weitere Hilfsgelder für die Kliniken nicht mit dem notwendigen Sparkurs der Regierung zusammenpassen.

Stattdessen will der Gesundheitsminister die Versorgung konzentrieren, um die Qualität zu verbessern. Das bedeutet, dass nicht mehr alle Krankenhäuser alle Behandlungen anbieten sollen. Dabei stützt er sich auf Studien, die zeigen, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit für einige Krankheiten deutlich steigt, wenn man in spezialisierten Krankenhäusern behandelt wird. Kleinere Häuser sollen nur noch solche Behandlungen durchführen und abrechnen können, für die sie qualifiziert sind.

Bund würde mit Reform stärker mitbestimmen

Das heißt: Für die Behandlungsmöglichkeiten, die ein Krankenhaus in Zukunft anbieten darf, soll es strenge Regeln geben. Erfüllt es die nicht, dürfen sie nicht mehr angeboten werden. Kliniken innerhalb des Krankenhauses müssten dann geschlossen werden. Möglicherweise sogar ein gesamtes Krankenhaus.

Besonders Krankenhäuser in ländlichen Regionen, klagen Landesregierung und Landräte, gerieten dadurch unter Druck. Denn mit der geplanten Neuregelung würde der Bund erheblich mitbestimmen, wo Krankenhäuser sind. Das ist bislang Ländersache, auch weil bisher davon ausgegangen wurde, dass die Länder selbst am besten wissen, wo welche Krankenhäuser notwendig sind.

Der Bund will außerdem mehr Transparenz schaffen: Patientinnen und Patienten sollen mehr Infos zur Qualität der Kliniken erhalten können, unter anderem mittels einer interaktiven Karte. Die soll Informationen wie die Anzahl durchgeführter Eingriffe, spezialisierter Fachärztinnen und Fachärzte und aufgetretener Komplikationen darstellen. Dagegen wehren sich die Landesregierungen - sie befürchten, dass vor allem kleinere Kliniken dadurch Patienten und Personal verlieren könnten.

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Land will mehr Geld vom Bund

Die Landesregierung kritisierte am Dienstagabend, der Bund stelle nicht genügend Geld für die steigenden Betriebskosten der Kliniken bereit. Die Einrichtungen bräuchten nun dringend eine Soforthilfe bis zum Inkraftreten der Reform, forderte Dietmar Woidke. Die Uniklinik Neuruppin beispielsweise musste zum Jahreswechsel zwei Stationen schließen.

Auch im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat soll über strittige Punkte beraten werden. Sie hoffe, dass sich der Bund noch bewege, sagte die Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne). Sonst könne angeschlagenen Häusern "die Luft ausgehen".

Das Land Brandenburg zahlt nach eigenen Angaben in der aktuellen Legislaturperiode rund zwei Millionen Euro an die Krankenhäuser, knapp die Hälfte stamme aus Landesmitteln. Die Bundesländer sind für Investitionsmittel für die Krankenhäuser zuständig, der Bund für die Betriebskosten.

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Krankenhäuser beklagen seit langem Unterfinanzierung

Seit langem klagen die Krankenhaus-Geschäftsführungen über zu wenig Geld. "Das ist eine Katastrophe mit Ansage. Wenn immer wieder Betriebskosten fehlen, also eine Unterfinanzierung da ist, dann geht das ein paar Jahre gut. Und irgendwann kommt eben der Knall", sagte Detlef Troppens, Vorsitzender der Krankenhausgesellschaft Brandenburg, am Dienstagabend bei rbb24 Brandenburg aktuell.

Der Ansatz der Reform sei richtig, es werde Zentralisierung und Spezialisierung geben müssen, die Medizin gehe weiter. "Aber das verfassungsmäßige Recht der Bundesländer, entscheidenden Einfluss auf die Krankenhausplanung zu nehmen, das soll durch Zentralregelungen des Bundesgesundheitsministers sozusagen ausgehebelt werden. Und da haben wir zu Recht Sorgen, dass außerhalb der Großstädte solche Standorte nicht nur in Gefahr sind, sondern sogar systematisch und vordergründig zu schließen wären", sagte Troppens.

Das Kreditprogramm, das am Dienstag bekanntgegeben wurde, ist somit nur ein erster Schritt. Die eigentliche Aufgabe bleibt: Die Länder werden mit dem Bund eine Krankenhausreform aushandeln müssen.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 23.01.2024, 19:30 Uhr

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