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Video: Abendschau | 07.01.2021 | Dorit Knieling | Gespräch mit Burkard Dregger | Quelle: dpa/Bernd von Jutrczenka

Sondersitzung im Berliner Abgeordnetenhaus

"Wir können und dürfen jetzt nicht aufgeben"

Das Berliner Abgeordnetenhaus hat am Donnerstag über die vom Senat beschlossenen Corona-Maßnahmen debattiert. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller rief zum Durchhalten auf - die Opposition forderte vor allem beim Thema Schule Nachbesserungen.

Das Berliner Abgeordnetenhaus ist am Donnerstag zu einer Sondersitzung zusammengekommen. Gegenstand der Debatten waren die am Mittwoch vom Senat beschlossenen Umsetzungen der von Bund und Ländern vereinbarten Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Im Fokus der Debatte standen dabei vor allem die Strategie des Senats bei den Berliner Schulen - aber auch die Arbeitgeber der Hauptstadt wurden deutlicher angesprochen als zuvor.

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Müller: "Keine schnelle Rückkehr zur Normalität"

In seiner Regierungserklärung machte der Regierende Bürgermeister Michael Müller deutlich, dass eine Rückkehr zur Normalität auch mit den bereits begonnenen Impfungen in Berlin noch nicht unmittelbar bevorstehe. "Es wird Monate dauern, bis wir den Impfstoff verimpfen können", sagte der SPD-Politiker. "So gut es ist, dass wir jetzt den Impfstoff haben, so viel Hoffnung wir zurecht daran knüpfen, so klar muss uns doch noch sein, was vor uns liegt."

Schutzmaßnahmen und Regeln würden auch weiterhin eine Rolle spielen. "Wir haben eine Perspektive, dass sich die Situation in den nächsten Monaten normalisieren wird." Umso mehr gelte jetzt: "Wir können und dürfen jetzt nicht aufgeben. Stay at home bleibt auch in den nächsten Wochen oberste Maßgabe."

Arbeitgeber sollen mehr Verantwortung übernehmen

In die Pflicht will Müller dabei auch verstärkt Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber der Hauptstadt nehmen - diese sollen demnach zukünftig mehr Verantwortung übernehmen als bisher: "Überall, wo nicht Dienstleistungen für Bürger/innen zu erbringen sind, oder wo es um direkte Produktionsabläufe geht, muss es möglich sein, Mitarbeiter/innen zu Hause zu lassen".

Unterstützung erhielt Müller vom Linken-Fraktionsvorsitzenden Carsten Schatz: "Im November waren nur 14 Prozent der Arbeitnehmer/innen im Home-Office - obwohl 50 Prozent einen Bürojob haben." Die Diskussion werde derzeit zu sehr über Infektionen im Privaten geführt und zu wenig über Infektionen am Arbeitsplatz.

Bund und Länder hatten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber am Dienstag lediglich "dringend gebeten", Home-Office-Möglichkeiten zu schaffen, um bundesweit den Grundsatz 'Wir bleiben zuhause' umsetzen zu können. Auch Berlin hat diesbezüglich am Mittwoch keine konkreten Maßnahmen zum Arbeiten im Home-Office verabschiedet.

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Streitpunkt Schulöffnungen

Nachbesserungsbedarf sieht die Berliner CDU vor allem bei der Schulpolitik des Senats. "Die Bildungssenatorin hatte versprochen, unsere Schulen seien gut vorbereitet. Nun wurde sie leider erneut von der Wirklichkeit eingeholt", sagte Fraktionschef Burkard Dregger in seiner Rede. Homeschooling und Distanzunterricht seien zur neuen Normalität geworden, in den meisten Bundesländern habe das mehr oder weniger gut geklappt. Berlin nehme allerdings eine unrühmliche Rolle ein.

Gleich am ersten Schultag im neuen Jahr sei die zentrale Lernplattform zusammengebrochen. "Und was sind jetzt die Schlussfolgerungen des Senates aus diesem Versagen? Er vertraut seiner Schulplattform selbst nicht mehr und öffnet die Schulen, unabhängig von der Inzidenz, im Unwissen über die Virusmutationen und in Unkenntnis des Infektionsgeschehens während der Feiertage."

Der Senat hatte am Mittwoch beschlossen, in den kommenden Wochen schrittweise immer mehr Jahrgängen in verkleinerten Gruppen den Unterricht in der Schule wieder zu ermöglichen. Dieser Beschluss war zuletzt unter anderem von Elternvertretern kritisiert worden.

Grüne verteidigen Schulöffnungen - Linke halten sie für widersprüchlich

Die Berliner Grünen haben den Plan der schrittweisen Schulöffnungen trotz des Lockdowns dagegen verteidigt. Geschlossene Schulen seien nicht gut für diejenigen Kinder, die schon im Normalzustand nur mit Ach und Krach einen Abschluss schafften, sagte Fraktionsvorsitzende Silke Gebel am Donnerstag. "Deshalb ist in der Abwägung zwischen Infektionsschutz und Recht auf Bildung der langsam beginnende Wechselunterricht an Grundschulen ab dem 18. Januar unter strengen Hygieneregeln richtig."

Begleitet werden müsse dies durch kostenlose Schnelltests für Lehrer sowie kostenlose FFP2-Masken und Luftfilteranlagen in allen Bildungseinrichtungen, so Gebel.

Linken-Fraktionschef Carsten Schatz nannte die Kombination aus Schulöffnung und Verschärfung der Kontaktbeschränkungen für private Treffen widersprüchlich. Es sei "wenig überzeugend", bis 31. Januar faktisch zu untersagen, dass sich Kinder treffen dürfen, aber gleichzeitig wieder den Präsenzunterricht zu starten. Denn da kämen "sicherlich" mehr Kinder als nur aus zwei Haushalten zusammen.

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Parteien tragen Corona-Maßnahmen im Grundsatz mit

Fast alle Parteien machten am Donnerstag deutlich, die Corona-Maßnahmen im Grundsatz mittragen zu wollen - forderten aber gleichzeitig auch Nachbesserungen. "Berliner/innen tragen die Maßnahmen zum größten Teil mit. Aus Pflichtgefühl - aber nicht mehr unbedingt aus Überzeugung”, sagte beispielsweise Sebastian Czaja (FDP) - und forderte eine übergeordnete Strategie. “Unsere Stadt braucht Halt und Perspektive, Verlässlichkeit und Unterstützung. Aber alles, was sie bekommt, ist eine unsichere Fahrt von Lockdown zu Lockdown.”

Ähnlich äußerte sich auch Carsten Schatz (Die Linke) mit Blick auf die Pandemiebekämpfung: "Das wird nur gelingen, wenn die Menschen auch überzeugt sind. Dazu müssen Maßnahmen konsistent sein - das ist in einigen Teilen nicht der Fall”.

AfD: Verlängerung des Lockdowns "völlig falscher Weg"

Keinerlei Zuspruch für die Verlängerung der Lockdown-Maßnahmen erhielt der Senat von der AfD. "Wer keine echten Konzepte gegen das Virus hat, ruft Lockdown", sagte AfD-Fraktionschef Georg Pazderski in seiner Rede. "Immer lauter, immer heftiger und wahrscheinlich wirkungslos wie immer." Statt auf Faktenbasis zu entscheiden, werde Angst geschürt und mit immer neuen Verboten experimentiert, kritisierte der AfD-Fraktionschef.

Der nächste Lockdown stehe bevor, und nichts habe sich verbessert. Es gebe weiter Infektionen, die Zahl der Toten in den Risikogruppen gehe nicht zurück. "Auch eine Verlängerung der bekannten und unsinnigen Verbote bis zum 31. Januar wird daran nichts ändern", sagte Pazderski. Auf den jetzigen Lockdown werde unweigerlich der nächste folgen.

Sendung: Abendschau, 07.01.2021, 19:30 Uhr

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