Blindenfußball bei Hertha BSC - Dem Rasseln hinterher

2008 wurde die Blindenfußball-Bundesliga gegründet. Von Anfang an waren auch Berliner Fußballer dabei, vor zwei Jahren schlossen diese sich dann Hertha BSC an. Am Wochenende war die Liga zu Gast in Berlin.
Mit einem kontinuierlichen Rasseln rollt der Ball über den grünen Kunstrasen. Die Spieler führen ihn eng am Fuß, immer wieder kommt es zu Zweikämpfen und harten Torschüssen. Am Wochenende hat die Blindenfußball-Bundesliga Station in Berlin gemacht. Die Spieler sind allesamt sehbehindert oder komplett blind.
Um Chancengleichheit zu gewährleisten, tragen sie eine schwarze Brille und sind somit komplett auf ihr Gehör und ihre Intuition angewiesen. Hertha BSC hatte an diesem Wochenende ein Heimspiel. Das Team gehört zu den Gründungsmitgliedern der seit 2008 existierenden Blindenfußball-Bundesliga. Seit 2020 laufen Berlins Blindenfußballer mit der blau-weißen Fahne auf der Brust auf, zuvor waren sie Teil von Viktoria Berlin. Die Kooperation mit Hertha hat den Fußballern neue Möglichkeiten gegeben.
"Es wird sehr viel möglich gemacht"
"Es ist ein großer Verein mit einer ganz anderen Strahlkraft. Wir sind ja nicht der erste Verein, der von einem großen Klub unter seine Fittiche genommen wurde. Dortmund und Schalke haben ja zum Beispiel auch Mannschaften", sagt Lars Stetten, er hat das Berliner Team damals mitgegründet. "Es wird einfach sehr viel möglich gemacht, vorher haben wir versucht, mit einem Minimalbudget irgendwie über die Runden zu kommen", erklärt er die Vorteile der Kooperation mit Hertha.
Neben den Berlinern, Borussia Dortmund und Schalke 04 ist auch der FC St. Pauli als großer Verein mit einer Auswahl in der Blindenfußball-Bundesliga vertreten. Die insgesamt acht Teams treten an fünf Spieltagen gegeneinander an, man trifft sich jeweils für ein kleines Turnier in unterschiedlichen Städten. Üblicherweise hat jedes Team pro Spieltag mindestens zwei Spiele. Männer und Frauen treten dabei gemeinsam an, wobei bei Hertha derzeit nur Männer aktiv sind. Die Spiele können nicht nur vor Ort verfolgt werden, sondern auch live im Internet. Alle Partien werden im Netz gestreamt - natürlich mit Kommentar für Blinde.
"Beim Blindenfußball wird nicht gleich ein Foul gepfiffen"
Beim Spieltag in Berlin - Hertha gewinnt übrigens ein Spiel mit 7:0 gegen Stuttgart und verliert das andere mit 0:2 gegen Stuttgart - erklärt Hertha-Spieler Emilio Eichler, was Blindenfußball aus seiner Sicht so besonders macht: "Beim Blindenfußball wird nicht gleich ein Foul gepfiffen. Das ist das genaue Gegenteil zum richtigen Fußball. Wenn man da einmal am Trikot zieht, gibt es gleich einen Freistoß und das ist hier nicht so."
Eichler ist seit seinem vierten Lebensjahr blind und spielt schon seit einigen Jahren Blindenfußball. In Zukunft könnte er sogar in der Nationalmannschaft auflaufen. Blindenfußball wird nämlich nicht nur auf nationaler Ebene gespielt, sondern die besten Spieler ihrer Nationen treten auch bei Welt- und Europameisterschaften gegeneinander an.
Hertha punktgleich mit dem BVB
Das Rasseln im Ball wird von kleinen Metallplättchen ausgelöst. Neben diesen Geräuschen achten die Spieler auch auf die Laute ihrer Gegner. Jeder Akteur, der sich näher als drei Meter zum Ball befindet, muss nämlich mit "Voy"-Rufen auf sich aufmerksam machen. So wird es den Spielern ermöglicht, sich ein Bild der Angriffe und der Partie im Kopf zu zeichnen.
Hertha BSC steht vor dem letzten Spieltag (17. September in Köln) in der Tabelle punktgleich mit dem BVB auf Rang fünf. Um die deutsche Meisterschaft werden die Berliner in diesem Jahr also nicht mehr mitspielen. Ein Platz in der oberen Tabellenhälfte ist hingegen durchaus realistisch.
Sendung: rbb24, 08.08.22, 18 Uhr