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Audio: rbb24 Inforadio | 15.06.2023 | Matthias Wetztl | Quelle: dpa/B. Settnik

Mietspiegel 2023

Berliner Vergleichsmieten steigen um 5,4 Prozent

Der Senat veröffentlicht am Donnerstag den neuen Mietspiegel. Die mittlere ortsübliche Vergleichsmiete klettert erstmals über die 7-Euro-Marke. Doch das Zahlenwerk ist diesmal nur eine Hilfskrücke – anders als geplant. Von Thorsten Gabriel

Es ist ein Mittelwert ohne wirklichen Nutzen – aber einer mit hoher Symbolkraft: Bei 7,16 Euro netto kalt pro Quadratmeter liegt im neuen Berliner Mietspiegel die mittlere ortsübliche Vergleichsmiete. Es ist ein Anstieg von 5,4 Prozent gegenüber dem vorangegangenen Mietspiegel von 2021. Dieser neue prozentuale Spielraum für mögliche Mieterhöhungen gilt einheitlich über die komplette Mietspiegeltabelle hinweg, für Wohnungen aller Baujahre, Größen und Wohnlagen.

Für den Mietspiegel konnten keine neuen Daten von Mietern und Eigentümern erhoben werden. Stattdessen wurden die Mietpreisangaben aus dem vorangegangenen Mietspiegel auf Grundlage der gestiegenen Verbraucherpreise fortgeschrieben.

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Erwartungsgemäße prozentuale Steigerung

Der Anstieg kommt aber wenig überraschend. Er ist mit Blick auf frühere Jahre auch kein Ausreißer nach oben. Seit 2005 gibt es einen gemeinsamen Mietspiegel für beide Berliner Stadthälften. Seitdem gab es alle zwei Jahre Anstiege mal um die fünf Prozent, mal um sieben, einmal sogar um rund 9,5 Prozent. Nur im direkten Vergleich mit der Vorgänger-Mietspiegelperiode gibt es einen auffälligen Kontrast: Von 2019 auf 2021 kletterten die Mietspiegelwerte lediglich um 1,1 Prozent. Das allerdings war eine Art Kollateralschaden des gescheiterten Mietendeckels.

Damals konnten für den Mietspiegel keine neuen Mietpreiswerte erhoben werden. Denn in einen Mietspiegel dürfen laut Gesetz nur Preise einfließen, die nicht staatlich reguliert sind. Während der kurzen Phase des Mietendeckels aber waren de facto alle Berliner Mieten beschränkt. Deshalb wurde 2021 der vorangegangene Mietspiegel aus der Vor-Mietendeckel-Zeit einfach mit Hilfe des Verbraucherpreisindex’ fortgeschrieben. Da die Verbraucherpreise seinerzeit kaum gestiegen waren, fiel auch der Mietanstieg nur gering aus.

Gerichtsverfahren verzögerte Arbeiten am Mietspiegel

Dass nun auch der neue Mietspiegel behelfsmäßig per Index fortgeschrieben werden musste, war so nicht geplant. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hatte 2021 den Auftrag zur Erstellung des Mietspiegels 2023 öffentlich ausgeschrieben. Doch das Vergabeverfahren war von einem Forschungsinstitut gerichtlich angegriffen worden. Am Ende gab das Berliner Kammergericht zwar dem Senat auf ganzer Linie recht, doch der Zuschlag für die Arbeiten am neuen Mietspiegel konnte nicht mehr rechtzeitig erteilt werden, um das neue Werk pünktlich in diesem Jahr vorzulegen.

Das soll nun nächstes Jahr nachgeholt werden. Bis dahin gilt der jetzt veröffentliche "einfache" Mietspiegel. Unter Mieter- und Vermieterverbänden gilt der zwar als nicht ganz so rechtssicher wie ein "qualifizierter" Mietspiegel, in den zehntausende neue Daten einfließen, aber allemal als besser als nichts.

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Stadtentwicklungssenator: "Mietspiegel schafft Sicherheit"

Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) sieht auch sonst keinen Grund an der Zuverlässigkeit der Daten zu zweifeln. "Der Mietspiegel 2023 schafft Sicherheit, weil er die Entwicklung der letzten zwei Jahre bei den Miethöhen in Berlin plausibel widerspiegelt", versichert er. Gaebler wehrt sich gegen den Vorwurf, dass die Mietspiegelwerte hier quasi willkürlich angehoben wurden: "Ein Mietspiegel ist nicht Abbild politisch gewünschter Miethöhen."

Tatsächlich aber hat sich die Senatsverwaltung mit den Mieter- und Vermieterverbänden in der seit Jahrzehnten bestehenden "Arbeitsgruppe Mietspiegel" nicht darüber einigen können, um welchen Faktor die Mietspiegelwerte multipliziert werden sollten, um den Mietwohnungsmarkt realistisch abzubilden. Deshalb wählte die Verwaltung letztlich den Alleingang, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren.

Verbraucherpreisindex ist Basis Anhebung der Mietwerte

Um die prozentuale Anhebung zu berechnen, schauten sich die Mietspiegelfachleute der Senatsverwaltung den Verbraucherpreisindex des Amtes für Statistik genauer an. Die dort erhobenen Daten fußen auf den regelmäßigen sogenannten Mikrozensus-Befragungen. Um keine Verbraucherwerte einfließen zu lassen, die mit den Nettokaltmieten nichts zu tun haben, ließ man sich vom Statistikamt etwa den Anstieg der Lebensmittelpreise herausrechnen. Auch der Energiepreisanstieg blieb unberücksichtigt, weil sich dieser Anstieg in den Mietnebenkosten niederschlägt, nicht aber in der Miete.

Besonders berücksichtigt wurden dagegen die Nettokaltmieten, die das Amt für Statistik ebenfalls erhebt, nur eben nicht so differenziert, wie es für den Mietspiegel nötig wäre. Unterm Strich gelangte man auf diese Weise zu den nun festgesetzten 5,4 Prozent, um die sämtliche Mietspiegelwerte angehoben werden.

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Nächster Mietspiegel soll schon nächstes Jahr erscheinen

Es ist ein Wert, den der Berliner Mieterverein befürchtet und schon vor Wochen als zu hoch kritisiert hatte. "Wir fürchten, dass mit dem neuen Mietspiegel wieder mehr Mieterhöhungsverlangen zugestellt werden", hatte Mietervereins-Geschäftsführerin Wibke Werner zuletzt am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa gesagt. "Mit Veröffentlichung eines neuen Mietspiegels nutzen viele Vermieter meist sehr schnell diese Möglichkeit."

Dem Eigentümerverband Haus und Grund Berlin fällt diese Anhebung dagegen zu niedrig aus. Der Verbandsvorsitzende Carsten Brückner hatte ebenfalls zuvor der dpa gesagt, die Vermieter hätten auf eine Erhöhung um 7,5 Prozent gesetzt.

Diese sei nötig, weil die Kosten etwa für die Instandhaltung wie Handwerkerleistungen und Material deutlich gestiegen seien. Grundsätzlich rate er Vermietern, den gesetzlichen Spielraum für die Miethöhe auszuschöpfen.

Eine lange Laufzeit wird der nun in Kraft getretene Mietspiegel ohnehin nicht haben. Nach der verspäteten Zuschlagserteilung sind die Arbeiten für den nächsten Mietspiegel in vollem Gange. Sie sollen im April 2024 abgeschlossen sein, im Mai könnte ein dann wieder wissenschaftlich fundierter Mietspiegel vorliegen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 15.06.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Thorsten Gabriel

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