Steigende Preise, teure Kredite - Baukrise gefährdet den Bau Hunderter Wohnungen in der Region

So 17.09.23 | 09:59 Uhr | Von Philip Barnstorf
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Luftaufnahme Berlin-Mitte mit Spree
Audio: rbb 88.8 | 24.09.2023 | Michael Ernst | Bild: AP

Teures Baumaterial, gestiegene Zinsen und schwächelnde Nachfrage - Immobilienentwickler und Baufirmen haben es derzeit nicht leicht und gehen teilweise insolvent. Wie wirkt sich die Krise auf die Region aus? Von Philip Barnstorf

Die Zahlen der Baukrise sind furchteinflößend. Um den Jahreswechsel lag die Teuerungsrate in der Branche laut Statistischem Bundesamt bei fast 20 Prozent. Vor allem die Preise für stromintensive Produkte wie Ziegel und Fliesen gingen durch die Decke. Auch Stahl wurde teurer, unter anderem weil das Azovstal-Stahlwerk im ukrainischen Mariupol nicht mehr liefert.

Inzwischen ist die Inflation zwar zurückgegangen, aber im zweiten Quartal dieses Jahres sind die Preise in der Branche immer noch um gut 8,5 Prozent geklettert. Dazu kommen Zinssteigerungen bei Krediten: Dadurch wird es für Immobilienentwickler teurer, den Bau neuer Häuser zu finanzieren.

Auch Endkunden müssen mehr für den Eigenheimkredit auf den Tisch legen. Laut Brancheninsidern verschrecken Unklarheiten rund ums Heizungsgesetz und die Sanierungsförderung weitere Kunden. Die Folge: Die Nachfrage lässt nach. Kein Wunder, dass in den vergangenen Monaten gleich mehrere große Immobilienunternehmen Insolvenz zumindest für einige ihrer Projekte angemeldet haben.

Bau von hunderten Wohnungen stockt

Eine davon ist die Project Immobilien Gruppe. Sie kann den Weiterbau von mehr als 500 Wohnungen und sechs Gewerbegebäuden in Berlin und Brandenburg nicht mehr bezahlen. Man verhandle mit anderen Investoren und Unternehmen, die die Gebäude fertig bauen könnten, schreibt die Kanzlei Schultze & Braun, die die Insolvenz verwaltet, auf ihrer Internetseite [schultze-braun.de].

Besonders fatal: Wie die "B.Z." berichtete, haben viele Kunden der Project Immobilien schon Raten für ihre Wohnungen gezahlt. Ob sie jemals einziehen oder ihr Geld wiederkriegen, ist offen. "Es geht um Schadensbegrenzung für die betroffenen Kunden und Anleger", schreibt der Insolvenzverwalter, "die Spielräume sind bei vielen Projekten sehr eng."

Auch Gebäude in Toplage betroffen

Auch direkt an der Spree in der Michaelkirchstraße schlägt die Baukrise zu. Dort baut das Unternehmen Development Partner ein achtstöckiges Haus namens "Elements" mit geplanten 20.000 Quadratmeter Fläche. Auf einem Viertel davon sind Mietwohnungen geplant. Der Rohbau steht schon. Aber am Donnerstag schickte Development Partner die Elements-Projektgesellschaft in Insolvenz. Wegen der Krise koste das Projekt 25 Prozent mehr als ursprünglich veranschlagt, teilte Development Partner mit. Nun verhandle man sowohl mit "der Finanzierungsseite", als auch mit "Lieferanten und Dienstleistern", um das Gebäude dennoch fertig zu bauen.

Mehrere große Immobilienunternehmen insolvent

Auch der Immobilienentwickler Centrum kann seine Rechnungen nicht mehr bezahlen. Die Firma hat etwa das Ku'damm-Eck gebaut, aber der ursprünglich geplante Verkauf des Büro- und Gewerbegebäudes ist gescheitert. Man sei in vielversprechenden Gesprächen mit neuen Interessenten, sagte Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz gegenüber dem rbb. Auch die Entwicklung eines Wohn- und Bürokomplexes in der Charlottenburger Gutenbergstraße stockt.

Insgesamt sind die Centrum-Immobilienprojekte allein in Berlin laut Insolvenzverwalter Geiwitz mehrere hundert Millionen Euro wert. Dank ihrer "Toplage" hätten die Standorte aber eine "exzellente Entwicklungsperspektive", so Geiwitz weiter.

Schließlich ist auch der Immobilienentwickler Euroboden insolvent. Das Unternehmen hat einen Wohnkomplex in Kaulsdorf fast fertig gebaut. Wie es dort jetzt weitergeht, hat Euroboden bisher auf rbb-Nachfrage nicht beantwortet.

Mieten könnten durch Krise steigen

Neben Immobilienentwicklern sind auch Baufirmen von der Krise betroffen. So berichtet die Fachgemeinschaft Bau, ein Verband kleiner und mittelständischer Bauunternehmen, von bis zu 60 Prozent weniger Aufträgen in der Region im ersten Halbjahr 2023. Noch könnten die Unternehmen zwar bestehende Aufträge abarbeiten, aber erste Betriebe hätten schon Kurzarbeit angemeldet, teilt der Verband mit.

Und am Ende könnten auch Mieter die Krise zu spüren bekommen. "Wenn wir die gestiegenen Baukosten umlegen, kommen wir auf höhere Mietpreise", sagt Matthias Heinze, der im östlichen Speckgürtel Wohnungen baut und vermietet. "Für Wohnungen, die ich jetzt für 15 Euro kalt pro Quadratmeter vermiete, muss ich dann 16,5 Euro nehmen, damit sich das rechnet."

Sendung: rbb24 Abendschau, 15.09.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Philip Barnstorf

61 Kommentare

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  1. 61.

    Eben, weil der Bauinverstor auf den Verlusten sitzen beleibt, deswegen investiert er nicht, und das Land Berlin wird es auch nicht tun..
    Nun ist die Zeit angebrochen, wo diejenigen, die eine Wohnung benötigen, vieleicht eine eigene Genossenschaft gründen, und dann ihre Arbeitskraft und Kapital einbringen, um überhaupt zur der benötigten Wohnung in Berlin zu kommen.
    Übrigens, in der sozialistischen CSSR war es eine gängige Praxis.
    Aber, bitte nur als Beispiel zur Güte zu verstehen, natürlich muss man sich das nicht "antun" und zieht dahin wo es Wohnungen gibt.

  2. 60.

    Warum soll der Staat privaten Vermietern angebliche Verluste ersetzen. Ich denke der Markt regelt alles.

  3. 59.

    Wer heute als Privatmann noch vermietet, muss schon über eine sehr soziale Ader verfügen. Vielleicht noch dazu an einen Mietnomaden ? Besser ist es, das Geld an der der Börse zu platzieren. Da bekommt man eine bessere Rendite, auch wenn es mal schlecht läuft, als bei einer Vermietung und erspart sich den ganzen Ärger.

  4. 58.

    Kein Vermieter hat mehr Bock zu investieren.

    In unserem Mileuschutzgebiet verkauft ein (älterer) Eigentümer jetzt sein gesamtes Haus an einen Investor, da er finanziell die Kosten nicht mehr aufbringen kann (Miete darf er nicht erhöhen und er sieht keine andere Möglichkeit)

    ...irgendwie geht es insgesamt in eine falsche Richtung.. Und der Mieter ist wieder der Dumme. :(

  5. 56.

    Sie erwarten doch nicht das der rbb24 wegen der Baukrise, über die er übrigens nicht zum ersenmal berichtet, jedesmal die Vorgeschichte dieser Krise den Leser in Erinnerung ruft.

    Der Urheber dieser Krise ist der Herr Putin und sein Krieg gegen die Ukraine!!!
    Da dieser Krieg in Europa stattfindet, sind die Auswirkungen für die europäische Länder, insbesondere für die mit einem Exporüberschuss am gravierendsten, und da zu zählt Deutschland und Tschechien.
    Tja, und da die Inflation zu hoch ist, muss die EZB die Zinsen erhöhen.
    Nun Tschechien hat derzeit eine Regierung die am ehesten mit CDU- FDP vergleichbar ist, aber die derzeitige wirtschaftliche Situation ist ähnlich wie in Deutschland.
    Ergo, daran sieht man, das der wirtschaftlicher Einfluss und Spielraum für die Parteien derzeit kaum vorhanden ist.

  6. 55.

    Wie soll denn jemand günstigen Wohnraum schaffen, wenn die Baukosten immer stärker steigen? Kein Vermieter baut und vermietet dann mit Verlust. Wer kommt für die Verluste der Eigentümer auf?

    Ich vermiete auch und nehme eine kostendeckende Miete. Diese liegt bei 14 euro netto kalt. Preiswerter geht halt nicht.

    Wie wäre es denn, wenn dem Vermieter ein Verlust voll durch den Staat ersetzt wird? Anders gehts ja nicht

  7. 54.

    Das mit dem Fachkräftemangel ist so nicht korrekt. Die exorbitanten hohen Gehälter und Boni, ins besondere der Führung, setzten doch ein hohes Fachwissen, zumindest was die Ausarbeitung und Ausgestaltung von Verträgen anbetrifft, voraus. Das journalistische Können hat immer nur eine untergeordnete Rolle, bisweilen sogar gar keine Rolle gespielt. Das Hauptkriterium war und ist, das Handeln der Regierung unter allen Umständen positiv zu ventilieren und den politischen Gegner wo es nur geht, negativ dar zustellen. Nachrichten werden z.B. heute nicht nur mehr nur verlesen, sondern auch gleich noch mit kommentiert.

  8. 53.

    Vor 8 bzw. 10 Jahren konnte ich 2 Bestandswohnungen kaufen, die ich dank guter Zinsen und hohem Eigenkapital für 600 € in jeweils 5 Jahren abbezahlen konnte.
    Diese günstigen Konditionen haben dazu geführt, dass kräftig am Markt vorbei und geplant worden ist. Man braucht sich nur die entstehenden Büroflächen zwischen Ostkreuz und Bahnhof Zoo zu sehen, dann weiß man wer in nächster Zeit Pleite gehen wird.
    Bei Wohnungen hat sich die Politik mit Verstaatlichung, Mietendeckeln- und bremsen beschäftig, mit dem Ergebnis dass nicht marktgerecht gebaut worden ist, sondern i.d.R. hochpreisige Wohnungen, wo sich kostendeckende Mieten nicht realisieren lassen.
    Gut für die Aasgeier, die sich über die Konkursmasse hermachen. Schlecht für Banken und Investoren deren Projekte pleite gehen. Mein Mitleid hält sich in Grenzen!

  9. 52.

    Ich würde den Fremden vorschlagen, der genug Kapital hat um keinen Kredit zu brauchen. Das ändert die Rechnung deutlich.

  10. 51.

    Oh ja, aber Journalismus lebt nicht mehr von „aufdecken, hinterfragen, Ursachenforschung“ sondern von „schlechte Schlagzeilen bringt Aufmerksamkeit/wie werde ich einer bestimmten Partei gerecht und schiebe es anderen unter“. Das Desaster begann mit der Ampelregierung und der Krieg in der UA hat nichts damit zu tun, sondern es ist selbstgemacht. Alle anderen EU-Staaten haben nicht diese Probleme, selbst Russland nicht.

  11. 50.

    Das war mal so in den 90ern...
    600 Euro über 30 Jahre...
    Wieviel Eigenkapital haben Sie denn beigesteuert bzw geerbt?

  12. 49.

    Das wäre ja richtig journalistische Arbeit. Fachkräfte Mängel gibt es halt auch beim RBB

  13. 48.

    Die Inflation begann schon vor dem Ukraine Krieg.

    Die steigenden Kosten sind teilweise auch ganz natürliche Bereinigungen.
    Handwerkerleistungen sind z.b seit Jahren hier in Brandenburg unverschämt teuer.
    Ich hoffe jetzt gehen möglichst viele Firmen pleite, damit neue, besser arbeitende Firmen eine Chance bekommen.

  14. 47.

    600Euro füreinen Kredit? In welcher falschen Welt leben Sie?

  15. 46.

    Ich bin aber so enttäuscht von mir weil ich es mit dem Eigentum irgendwie nie schaffe!
    Diese Verantwortung schreckt mich immer wieder ab. Schulden, Schulden, Schulden….ne, ich will nicht, oder doch? Ne, lieber nicht. Oder doch? Könnte heulen

  16. 45.

    Wo kann ich die Zahlen sehen, wenn ich mit der klimafreundlichen Bahn fahre?

    Die,Objekte,kennerisch , sehen sehr einfach gebaut aus.

  17. 43.

    Schön, dass Sie das so aufschlüsseln. Und nun denken Sie mal drüber nach, welcher Fremde für Ihr Wohnen dieses Geschäft auf sich nehmen soll.

  18. 42.

    Der rbb sollte nicht mitten in der Geschichte anfangen zu berichten sondern die Gründe, Parteien, Gruppen und Personen benennen warum alles teurer wird, warum die Zinsen steigen, Warum Energie teuer ist. Das ist ja nicht alles von alleine passiert sondern die Folge von Entscheidungen.

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