Gods of Rap 2019 - Früher war mehr Hip-Hop
Für Hip-Hop-Fans der alten Schule war die Ankündigung wie Weihnachten, Geburtstag und Ostern an einem Tag: Der legendäre Wu Tang Clan zusammen mit De La Soul und Public Enemy auf einer Bühne! Magdalena Bienert war bei den Gods of Rap in der Wuhlheide.
Waren Sie jemals bereits im Mai in der Wuhlheide? Wussten Sie, dass im Innenraum Rasen wachsen kann? Dadurch staubt es nicht so, und man kann sich sogar hinsetzen.
Bei strahlendem Sonnenschein herrschte am Samstag eine Mischung aus aufgeregter Klassenfahrtstimmung und Picknick-Laune. Besonders bei De La Soul, die den Abend als ersten Act um 19 Uhr eröffnen. Als sich einer der Brezelverkäufer schwerbepackt durch den Innenraum kämpft, bekommt er von Maseo, einem der drei MC's von De La Soul, Unterstützung: "Macht mal den Weg frei", ruft er und schnappt sich eine Käsebrezel, als der Verkäufer endlich am Bühnenrand angekommen ist.
Ein eher blasser Eindruck
Es ist noch nicht ganz voll. Menschen kommen und gehen, unterhalten sich. Die New Yorker müssen ziemlich um ihre Aufmerksamkeit buhlen. Zu 100 Prozent haben sie die aber erst bei Hits wie "Me Myself and I" von 1989 oder "Ring Ring Ring (Ha Ha Hey)". Nach 45 Minuten ist das launige Set schon vorbei. Die Rapper sind zwar sympathisch, hinterlassen aber eher einen blassen Eindruck. Wie auf Ameisenstraßen schieben sich alle Richtung Bierstand.
DJ Premier hält die Fans bei Laune
Zwischen den Acts darf ein weiterer "Gott des Rap" ran: DJ Premier aka Premo. Der Producer ist das Gewürz im großen Hip-Hop-Eintopf und hält die gut 10.000 Fans mit Rap-Hits der letzten 30 Jahre bei Laune. Zwischendurch animiert er mit seiner herrlich krächzenden Stimme das Publikum und hält die Stimmung hoch. Je später der Abend, desto leiser wird allerdings sein Mikrofon. Überhaupt ist der Sound eine breiige Angelegenheit – erst recht, wenn die Protagonisten sowieso schon nicht für ihre deutliche Aussprache bekannt sind.
Auch bei Public Enemy muss man genau die Ohren spitzen, wenn Chuck D diesen Abend in den höchsten Tönen lobt. Ach sorry, die Gruppe heißt ja jetzt Public Enemy Radio. Mastermind Chuck D kommt zusammen mit MC Jahi und DJ Lord – kein Professor Griff mehr, kein Flavor Flav, letzterer hatte Chuck D zuletzt wegen angeblich nicht gezahlter Kohle verklagt. Da hängt der Haussegen also schief. Dafür gibt’s "Real Hip Hop": 2 Mics, two Turntables und two S1W's (Security of the First World). Die Bodyguards sind schon immer Teil der Shows, sie performen im Camouflage-Look und mit schusssicheren Westen im Hintergrund. Aber was früher energetisch wirkte, sieht heute nur noch ziemlich lahm, fast schon peinlich aus. Seit 32 Jahren seien sie am Start, sagt Chuck D und fragt: "Wo sind die DJ's? Die Mc's und die Breaker?"
So richtig brennt die Hütte nicht
Real Hip-Hop eben. Er fragt nicht danach, wo die sind, die so gerne Autotune benutzen. Vielleicht gehen deshalb die Arme so spärlich nach oben. Das Publikum ist überwiegend jünger als die Künstler. Aber für politische Botschaften ist der MC immer noch zu haben. "Fuck Racism!", ruft er, um danach zu "Fight The Power" überzugehen. Aber so richtig brennt die Hütte immer noch nicht. Das kennt man aus der Wuhlheide anders. Eher verwundert blickt man am Ende des Auftritts auf das LED-Logo der Band in der Mitte des riesigen DJ-Pultes. Wurde das "Public" bei Public Enemy Radio gerade wirklich durch den Namen eines Sportartikelherstellers ersetzt? Oh Mann, die Altersvorsorge läuft offenbar auf Hochtouren.
Zum Glück kommt wieder DJ Premier und schüttelt an seinem Pult die Kissen auf. Gegen 21 Uhr ist der Innenraum endlich richtig voll, die Übergötter des Hip-Hop können aufschlagen. Die meisten sind nur wegen ihnen hier.
Wu-Tang Clan fast vollzählig
Der Wu-Tang Clan kommt fast in Originalbesetzung, das ist bemerkenswert: RZA, GZA, Ghostface Killah, Raekwon, Inspectah Deck, Masta Killa, U-God, Cappadonna und Young Dirty Bastard, der älteste Sohn des verstorbenen ODB. Fehlt also nur Method Man. Vielleicht hätte er diesen bekifften Kindergeburtstag etwas erden können. Wobei – eher unwahrscheinlich. Trotz chaotischer Bühnenansagen und viel Genuschel legt der Clan einen 80-minütigen Auftritt hin, der weniger verschlafen wirkt, als man es vom Londoner Gig lesen konnte: Die Kritik der britschen Tageszeitung "The Guardian" von der Eröffnungsshow war nicht sehr erheiternd. In der Wuhlheide jedenfalls haben die Fans bekommen, was sie wollten. Am Ende verabschieden sich die "Götter" mit der Aussicht auf "Gods of Rap II". Halleluja!
Sendung: Inforadio, 19.05.2019, 8:00 Uhr