Ausstellungseröffnung - Willy-Brandt-Haus zeigt World Press Photos 2021

Do 30.09.21 | 14:58 Uhr
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Archivbild: Die Bundeszentrale der SPD. Das Willy-Brandt-Haus in Berlin Kreuzberg. (Quelle: dpa/Revierfoto)
Audio: rbb Kultur | 30.09.2021 | Oliver Kranz | Bild: dpa/Reierfoto

Selten waren die Gewinnerfotos des World Press Photo Awards so monothematisch wie in diesem Jahr: Covid-19 spielt selbst dann eine Rolle, wenn die Pandemie nicht das eigentliche Thema ist. Anzuschauen sind die Bilder im Willy-Brandt-Haus.

Der Spanier Luis Tato hat die Heuschreckenplage in Kenia fotografiert. Alles ist übersät mit gefräßigen Insekten und mittendrin steht ein Bauer, der eine FFP2-Maske trägt. Masken sind auf den Fotos omnipräsent. Sie tauchen bei Protestdemonstrationen der Black-Lives-Matter-Bewegung auf, aber auch auf einem Unterwasserbild, das der amerikanische Naturfotograf Ralph Pace aufgenommen hat.

Ein Seelöwe nähert sich mit neugierigen Blicken einer Maske, die in smaragdgrünem Wasser schwimmt. "Das Bild zeigt, wie sich die Pandemie auf die Umwelt auswirkt", sagt Martha Echevarria, die Kuratorin der Ausstellung. "Tag für Tag werden Millionen Masken weggeworfen. Der Wind trägt sie überall hin. Wenn Tiere sie fressen, sind sie eine Gefahr." – Im Foto wirkt die leuchtend weiße Maske wie ein Fremdkörper. Das Bild wurde als bestes Umweltfoto ausgezeichnet.

Hauptpreis geht an Dänen Mads Nissen

Der World Press Photo Award ist der größte und prestigeträchtigste Wettbewerb für Pressefotografie weltweit. 74.470 Bilder wurden im vorigen Jahr eingereicht und von einer Jury im Akkord gesichtet. Der World Press Photo Award wird in zehn Kategorien vergeben. Neben Umwelt-, Natur- und Porträtfotografie gibt es auch Preise für die besten Fotostorys, für Nachrichtenbilder oder Sportaufnahmen.

Der Hauptpreis "World Press Photo of the Year" geht dieses Jahr an den Dänen Mads Nissen. Er hat in einem brasilianischen Altersheim eine Pflegerin fotografiert, die eine alte Dame umarmt. Für die beiden ist es der erste Kontakt nach fünf Monaten Besuchsverbot. Zwischen ihnen hängt eine Plastikfolie, die die direkte Berührung verhindern soll. Doch die Umarmung ist so innig, dass die Folie verrutscht. "Das Bild erzählt viel über das Wesen der Pandemie", findet Gisela Kayser, die ehemalige Leiterin des Freundeskreises des Willy-Brandt-Hauses. Sie hat die World Press Photo-Ausstellung nach Berlin geholt. "Während des Lockdowns waren viele Menschen körperlich voneinander getrennt. Das war ein riesiges Problem weltweit."

2021 dominiert die Poesie

Während frühere World-Press-Photo-Ausstellungen Bilder von Gewalt und Unterdrückung ins Zentrum rückten, dominiert in diesem Jahr die Poesie. Gisela Kayser verweist auf eine Fotoserie des Italieners Antonio Faccilongo. "Das zentrale Bild zeigt ein Zimmer in rosé Farben. In der Mitte hängt ein Anzug von der Decke. Der ist von einem Gefangenen, der seit 40 Jahren in israelischen Gefängnissen eingesperrt ist". – Der Anzug ist da, aber der Mensch ist weg. Die anderen Bilder der Serie zeigen Mütter mit kleinen Kindern.

"Diese Kinder wurden gezeugt durch das Sperma der eingesperrten Väter", erklärt Gisela Kayser. "Die Frauen dürfen nur durch eine Glasscheibe im Gefängnis mit ihren Männern Kontakt haben, aber Kinder unter sieben Jahren dürfen herein. Die Väter basteln alle möglichen Spielsachen für ihre Kinder und schmuggeln in diesen Gegenständen Sperma nach draußen. Es gibt eine Spezialklinik, wo die Frauen dann dieses Sperma injiziert bekommen und die Kinder austragen. Sie versuchen, das Leben und die Tradition der Familien weiter aufrecht zu erhalten. Mich berührt das ungeheuer." – Die Serie wurde als "World Press Photo Story of the Year" ausgezeichnet.

Auch Absolventin der Berliner Ostkreuzschule unter Gewinnern

Und auch eine Absolventin der Berliner Ostkreuzschule gehört zu den diesjährigen Preisträgerinnen. Natalia Kepesz fotografierte Kinder, die in privaten polnischen Militärcamps Kurse besuchen. Teenager schminken sich mit Camouflage-Farben die Gesichter, schwimmen mit Waffen in einem blau schimmernden Swimming Pool oder laufen mit Gasmasken und Schutzkleidung durch einen Wald, in dem Nebelgranaten gezündet wurden. "Das hat mit der Romantisierung des Krieges in Polen zu tun", erklärt die Fotografin. "Immer wieder wird betont, wie heldenhaft die Polen gegen die Deutschen gekämpft hätten. Das soll den Patriotismus stärken." Doch die Fotos der Kinder, die mit ernsten Gesichtern und echt aussehenden Waffen Krieg spielen, wirken beunruhigend.

Nicht alle Bilder der Ausstellung sprechen für sich, doch Texttafeln liefern die nötigen Hintergrundinformationen. Zu fast allen Fotos gibt es Geschichten. Die Ausstellung berührt, bewegt, rüttelt auf. - Sehenswert.

Sendung: Abendschau, 30.09.2021, 19:30 Uhr

1 Kommentar

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  1. 1.

    Hätte man zu diesem Artikel nicht wenigstens ein paar der beschriebenen Bilder zeigen können? Hier gibt es nicht zu sehen, bitte gehen Sie weiter. Ach ja und suchen Sie die Bilder, sind schöne dabei.

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