Berlin-Tempelhof - Kratzer inszeniert Henzes "Floß der Medusa" in altem Flughafen-Hangar

Mo 13.03.23 | 14:05 Uhr
Tobias Kratzer am 19.02.2020.(Quelle:dpa/L.Cappelli)
Audio: rbb24 Inforadio | 14.03.2023 | Maria Ossowski | Bild: dpa/L.Cappelli

Die Komische Oper Berlin will das Oratorium "Das Floß der Medusa" von Hans Werner Henze in einem Hangar des stillgelegten Flughafens Tempelhof aufführen. Das aufwendige Werk soll mit einem rund 200 Menschen umfassenden künstlerischen Ensemble vom 16. September an fünf Mal vor jeweils etwa 1.600 Besucherinnen und Besuchern aufgeführt werden, wie das Haus am Montag mitteilte.

Die Inszenierung übernimmt demnach der Regisseur Tobias Kratzer, der 2025 als Intendant an die Staatsoper Hamburg geht.

Stammhaus der Komischen Oper muss saniert werden

Das Stammhaus der Komischen Oper muss für rund 437 Millionen Euro saniert werden. Für vermutlich sechs Jahre zieht das Haus deswegen ins Schillertheater. Pro Saison soll darüber hinaus jeweils zu Beginn eine Inszenierung im Tempelhofer Hangar realisiert werden, weiter ein Stück an einem anderen Ort der Stadt zum Saisonende.

Zudem soll das in der ehemaligen Kindl-Brauerei gestartete Festival "Schall-Rausch" für neues Musiktheater fortgesetzt werden.

Hangar als Symbol für Solidarität, Menschlichkeit und Freiheit

Das Intendanz-Duo Susanne Moser und Philip Bröking verwies am Montag auf die Besonderheiten von Tempelhof. "Dieses monumentale Gebäude steht einerseits für die Grausamkeiten, die sich Menschen gegenseitig zufügen, ist aber gleichzeitig auch Symbol für Solidarität, Menschlichkeit und Freiheit", sagte Moser.

Der Flughafen wurde von den Nazis erbaut und war während der Berlinblockade 1948/49 Ziel der Luftbrücke zur Versorgung der Stadt. Kratzer sagte zum Hangar, er sei "blitzverliebt in die Location" gewesen.

Henzes Werk bezieht sich auf "Das Floß der Medusa" des französischen Malers Théodore Géricault (1791-1824). Das Stück hinterfragt menschliche Beziehungen in Zeiten von Knappheit mit Verrat, Unterdrückung und dem Kampf ums Überleben.

Henze ließ sein Werk enden mit dem "Ho, Ho, Ho Chí Minh"-Ruf, mit dem die Studentenbewegung Ende der 1960er Jahre ihre Solidarität mit dem kommunistischen Führer des damaligen Nordvietnam bekundete.

Die 1968 in Hamburg geplante Uraufführung war in rechter wie linker Szene umstritten. Proteste führten zu Tumulten und einem Polizeieinsatz, in dessen Folge die Aufführung abgesetzt wurde.

Sendung: rbbKultur, 13.03.2023, 17 Uhr

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