Rechtsstreit mit Bund und Brandenburg - Hohenzollern wollen auf Teil von Entschädigungsforderungen verzichten

Mi 08.03.23 | 16:01 Uhr
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Schloss Cecilienhof in Potsdam (Quelle: Picture Alliance/Andreas Völkel)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 08.03.2023 | Bild: Picture Alliance/Andreas Völkel

Georg Friedrich Prinz von Preußen hat in einem Interview angekündigt, dass das Haus Hohenzollern auf Entschädigungsansprüche für Tausende Kunstwerke verzichtet. Darunter sind auch zahlreiche Objekte, die sich in Brandenburg befinden.

Im jahrelangen Rechtsstreit zwischen dem Haus Hohenzollern und der öffentlichen Hand über die umstrittene Entschädigung von nach 1945 enteigneten Gegenständen und Immobilien will das Haus Hohenzollern einem Medienbericht zufolge einen Teil seiner Forderungen an den deutschen Staat aufgeben. Entsprechend äußerte sich Georg Friedrich Prinz von Preußen in einem Interview mit der "Welt".

Demnach verzichten die Hohenzollern auf rund 4.000 Objekte, "Kunstwerke und Ausgleichszahlungen", wie von Preußen der "Welt" sagte. Zur Begründung führte er an, ein gerichtliches Verfahren werde vermutlich noch weitere Jahre dauern. Zudem wolle er den "Weg freimachen für eine unbelastete Debatte". Im Streit um die Entschädigungen hatte das Haus Hohenzollern auch Wissenschaftler und Journalisten verklagt.

In dem Verfahren ist entscheidend, ob der Kronprinz Wilhelm von Preußen während des NS-Regimes die Nationalsozialisten maßgeblich unterstützt hat. Laut Gesetz bekommt keinen Ausgleich, wer dem NS-System "erheblichen Vorschub geleistet hat". Wilhelm von Preußen ist der Urgroßvater von Georg Friedrich Prinz von Preußen, der die Familie nach außen vertritt.

Gericht: Klagen noch nicht zurückgezogen

Dem Potsdamer Verwaltungsgericht lag nach Angaben seines Sprechers am Mittwoch allerdings noch kein Rückzug der Klagen seitens der Hohenzollern vor, berichtete die Deutsche Presse-Agentur. Dort ist für die Klage auf Entschädigung für die enteigneten Immobilien ein Verhandlungstermin am 13. Juni angesetzt worden.

Juristischer Streit neu aufgeflammt

Der Bund sowie die Länder Brandenburg und Berlin verhandeln mit den Hohenzollern seit 2014 über die Rückgabe von zahlreichen Kunstobjekten und über Entschädigungen; unter anderem geht es um Inventar aus den Schlössern Rheinsberg und Schloss Cecilienhof in Potsdam. Die Gespräche ruhen, seitdem Brandenburg einen seit 2015 laufenden Prozess um enteignete Immobilien wieder aufgenommen hat. Das Land hatte eine Entschädigung auf Basis des Einigungsvertrages abgelehnt. Dagegen klagen die Hohenzollern. Es geht um 1,2 Millionen Euro.

Georg Friedrich Prinz von Preußen werde die Klagen in zwei Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Potsdam nun zurückziehen, berichtete die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch unter Berufung auf die in Potsdam sitzende Generalverwaltung des Hauses. Von Preußen werde seine Entscheidung während einer am Donnerstag in Berlin geplanten Veranstaltung zur Geschichte der Familie bekanntgeben.

Nicht abschließend geklärt ist zurzeit, auf welche Ansprüche das Haus Hohenzollern nicht verzichtet.

"Gordischer Knoten durchschlagen"

Die Brandenburger Finanzministerin Katrin Lange begrüßte die Ankündigung für den Verzicht. "Mit dieser Entscheidung ist nun gewissermaßen der Gordische Knoten im Hohenzollern-Komplex durchschlagen worden", teilte die SPD-Politikerin mit. "Es wird damit eine höchst verwickelte und im Einzelnen für Außenstehende kaum mehr nachvollziehbare Debatte um Entschädigungsansprüche verschiedener Art beendet, die es ohne das historische Glück der Deutschen Einheit gar nicht gegeben hätte und auf der auch immer weniger Segen lag für das Ansehen des Hauses Hohenzollern und seinen Platz in der Geschichte." Weitere Streitfragen, etwa zu Leihgaben des Hauses Hohenzollern, seien nun "sicherlich leichter zu klären", zeigte sich Lange überzeugt.

Die Fraktion Die Linke im Landtag bezeichnete die Entscheidung als Erfolg von mutigen Historikerinnen und Historikern, die trotz drohender Verfahren nicht über die historische Verantwortung der Hohenzollern geschwiegen hätten. Nach Ansicht der kulturpolitischen Sprecherin Isabelle Vandre sei es allerdings ein "Wermutstropfen", dass die Frage der Vorschubleistung der Hohenzollern für das NS-Regime nun nicht gerichtlich geklärt werde. "Dem Haus Hohenzollern darf es auf Grund der Verzichtserklärung weder gelingen, sich reinzuwaschen, noch als großer Gönner zu inszenieren", so Vandre.

Auch gegenüber dem Bund hatte von Preußen zuvor entsprechende Schritte angekündigt, wie der DPA am Mittwoch in Berlin bestätigt wurde. Kulturstaatsministerin Claudia Roth begrüßte die Ankündigung. Es sei ein wichtiger Schritt, wenn von Preußen nun bereit sei, "die historischen Fragen von den Fragen des zukünftigen Umganges mit dem kulturellen Erbe des Hauses Hohenzollern zu trennen", sagte die Grünen-Politikerin dem "Spiegel".

53 Kommentare

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  1. 53.

    Oh nein, keineswegs will ich „unliebsame Teile der Geschichte faktisch unsichtbar machen“. Ganz im Gegenteil will ich gerade diese Teile der Geschichte von der Legende in das unerfreuliche Licht der Realität rücken. Die maßlosen Grausamkeiten der sog. jüngeren Neuzeit werden gar zu gerne hinter der Kultiviertheit höfischer Etikette versteckt.

  2. 52.

    Offenbar haben Sie den Text mehr überflogen, als in angemessenem Tempo gelesen. Ich schreibe die entscheidenden Passagen deshalb nochmals hervorgehoben:

    "... es wird mit heutiger Brille die Vergangenheit betrachtet, anstatt sie ZUNÄCHST EINMAL entlang eines Zeitpfeiles aus sich selber heraus zu betrachten und DANN ERST die heutigen Maßstäbe hinzuzunehmen.

    Andernfalls würde Geschichte quasi ertränkt und unentzifferbar gemacht."

    Von Relativierung steht da nichts, vielmehr von einer Reihenfolge des Vorgehens; und dass selbstverständlich die heutigen Maßstäbe gelten, die allerdings das vorher Genannte in seinem Aufschluss nicht ERTRÄNKEN sollten. Meine Empfindung ist Diejenige, dass Sie mittels heutiger Maßstäbe unliebsame Teile der Geschichte faktisch unsichtbar machen wollen. Genau das minimiert den Lernerfolg.

  3. 51.

    "Daher sind eben auch die Monarchien und Adelsherrschaft der Vergangenheit nach heutigen Maßstäben zu beurteilen." Sie können Geschichte nie nach gerade aktuellen Maßstäben beurteilen. Sie brauchen nur wenige Jahre zurück gehen: Wie wurde Geschichte in der DDR beurteilt und wie jetzt - es funktioniert nicht sinnvoll nach den gerade herrschenden Maßstäben. Sie würden damit die aktuellen Maßstäbe als letztgültig definieren für alle Zeiten und das wird Geschichte nicht gerecht.

  4. 50.

    "Eine derartige Unterwerfungserklärung, die die von Ihnen so bezeichnete Ebert-SPD unterzeichnete, waren seinerzeit leider üblich." Nein, war nicht üblich und es gab auch jede Menge Bedenken dagegen auf der Seite von UK und den USA - die USA haben übrigens das nie ratifiziert. Treibend war wohl Frankreich. Gehen wir einen Schritt zurück: Krieg D/F, da wurde keine solche Unterwerfungserklärung von D gegenüber von F gefordert.

  5. 49.

    Eine solche Relativierung scheint mir höchst bedenklich. Wollen wir alte Adelshäuser auf diese Weise exculpieren, so könnte der Schluss nahe liegen, dies auch auf Gewaltherrschaften des 20. Jahrhunderts zu übertragen. Dies kann aber nicht in Ihrem Sinn sein. Daher sind eben auch die Monarchien und Adelsherrschaft der Vergangenheit nach heutigen Maßstäben zu beurteilen.

  6. 48.

    Hhhm - meine Vorfahren waren Leibeigene eines Adelsgeschlechts. Habe ich jetzt die Wiedergutmachung, die ausstehenden Löhne geerbt? Kenn auch paar, deren Vorfahren von Hohenzollern in die Armee zwangsrekrutiert wurden.
    Wo können die Wiedergutmachung einklagen?

    Erstaunlich das immer Adlige, Vermögende irgendwelches "Eigentum" einzuklagen versuchen. Und dafür auch noch Zustimmung erhalten.
    Wer nie was hatte darf weiterhin nie das Nie einklagen? Und kriegt dann nichts zugesprochen?
    Hhhm. Wunderdenksmiley.

  7. 47.

    Wie kann man auf etwas verzichten was einem nicht gehört?Wieviel Frechheit und Geschichtsvergessenheit muss hier attestiert werden. Die Teilnahme des Hauses an Naziverbrechen sind wohl völlig vergessen oder zu vertuschen.Schade das der Prozess zur Feststellung dieser Verbrechen nun endet.

  8. 46.

    Eine derartige Unterwerfungserklärung, die die von Ihnen so bezeichnete Ebert-SPD unterzeichnete, waren seinerzeit leider üblich. Dass Derjenige, der den Kürzeren zog, in den Staub musste, entsprach einer menschenverachtenden Logik. Damit wird die Angelegenheit nicht besser.

    Was gesellschaftlich fehlte, war eine Erklärung, dass dies insgesamt unstatthaft ist, gleich, wer das wem aufbürdet(e). So hatten die Nazis relativ leichtes Spiel, dass speziell auf die Deutschen zu münzen, um von der Tatsache abzulenken, dass es im umgekehrten Fall - hätte das dt. Kaiserreich den Krieg gewonnen - die Demütigung eines anderen sehr wohl in Ordnung gewesen wäre.

    Versailles war zumindest ein Mosaikstein für den Machtgewinn der Nazis.

  9. 45.

    Es geht immer um ein so bezeichnetes Binnenverhältnis, faktisch um das Wirken im "eigenen" Staatsgebiet und um das Wirken gegenüber anderen. Da sollte nichts durcheinander gebracht werden. So wichtig es ist, mit der "eigenen Geschichte" ins Reine zu kommen, so wichtig ist es, dies im Kontext zu anderen zu sehen, zumal die Herrschaftsbeziehungen seinerzeit personell noch weit verquickter waren als heute.

    Mir wird zu viel "rückwärts buchstabiert", d. h. es wird mit heutiger Brille die Vergangenheit betrachtet, anstatt sie zunächst einmal entlang eines Zeitpfeiles aus sich selber heraus zu betrachten und dann erst die heutigen Maßstäbe hinzuzunehmen.

    Andernfalls würde Geschichte quasi ertränkt und unentzifferbar gemacht.

  10. 44.

    Es geht immer um ein so bezeichnetes Binnenverhältnis, faktisch um das Wirken im "eigenen" Staatsgebiet und um das Wirken gegenüber anderen. Da sollte nichts durcheinander gebracht werden. So wichtig es ist, mit der "eigenen Geschichte" ins Reine zu kommen, so wichtig ist es, dies im Kontext zu anderen zu sehen, zumal die Herrschaftsbeziehungen seinerzeit personell noch weit verquickter waren als heute.

    Mir wird zu viel "rückwärts buchstabiert", d. h. es wird mit heutiger Brille die Vergangenheit betrachtet, anstatt sie zunächst einmal entlang eines Zeitpfeiles aus sich selber heraus zu betrachten und dann erst die heutigen Maßstäbe hinzuzunehmen.

    Andernfalls würde Geschichte quasi ertränkt und unentzifferbar gemacht.

  11. 42.

    Ach ja ? Schon mal was von Volksabstimmungen ala Schweiz gehört ? Stand sowohl in der Preußischen als auch in der Weimarer Verfassung. Und die Verfassung eines Staates steht doch über der des Landes, also galt die von 1919 auch schon für Preußen. Nennt sich Volksdemokratie. Da geht dann wirklich alle Macht vom Volke aus. Gibt es hier nicht, O-Ton GG: "Eine unmittelbare Beteiligung des Staatsvolkes auf Bundesebene ist unzulässig". Wir dürfen im Bund alle vier Jahre ein Kreuz machen und dann ist over. Ist wirklich demokratisch.
    Die Länder in Deutschland die sowas haben können Sie an einer Hand abzählen. In Berlin und soweit ich weiß in Brandenburg, gibt es sowas rudimentär. Ein Überbleibsel Preußens. Und das meine Antwort sich auf "Preußen...auf vielen Gebieten Vorreiter gewesen - auf welche Gebieten denn..?" bezog, muss man auch erstmal verstehen. Wie demokratisch dieses Land hier ist kann man jedes Jahr am Demokratieindex ablesen. Hinter Uruguay ist auch ganz schön...

  12. 41.

    Ob der Große Kurfürst, der die Mitwirkungsmöglichkeiten der Stände abgeschafft und Brandenburg in eine absolute Monarchie verwandelt hat, positiv zu beurteilen ist, scheint mir fraglich. Der Soldatenkönigs hat, dass sei eingeräumt, zumindest Verwaltung und Justiz reformiert. Das heute geltende öffentliche Dienstrecht geht in seinen Grundsätzen auf diese Reformen zurück.

  13. 40.

    Dass auch andere Herrscherhäuser vergleichbar gehandelt haben, macht die Sache nicht besser. Wir haben es hierzulande nun einmal mit den Hohenzollern und nicht z.B. Bourbonen oder Romanows zu tun.

  14. 39.

    Und dafür hat die Ebert-SPD dann Versailles unterzeichnet und damit den Weg ins 3. Reich geebnet. War das jetzt wirklich so viel besser?

  15. 38.

    "kriegsverliebten Familie" Aber nicht Wilhelm II. Das Reich hat unter Wilhelm II die wenigsten kriegerischen Auseinandersetzungen geführt unter den großen Staaten.

  16. 37.

    Die Hohenzollern haben sich insgesamt weder positiv noch negativ ggü. anderen Herrschaftshäusern in Europa herausgehoben. Bei der Rechtsstaatlichkeit waren sie zweifellos voraus, was bspw. auch Uwe Wesel herausgearbeitet hat, in vielen anderen Dingen, bspw. dem menschenverachtenden Spießrutenlauf, waren sie hinterher. Dieses Gleichauf-Sein betraf dann auch die Kriegsbeteiligung im 1. Weltkrieg, ganz anders als dann im zweiten, den zweifellos allein NS-Deutschland mit seinen Welteroberungsplänen vom Zaun gebrochen hatte.

    Deshalb klingt es nach kultureller Verachtung, die Tätigkeit der Hohenzollern im Vergleich zu den Tätigkeiten anderer Herrschaftshäuser in Europa als besonders perfide zu bezeichnen. Die Aufarbeitung alles in allem ist weit gediehen, u. a. auch in der Preußen-Ausstellung 2001.

    Den Nachfahren wäre zu raten, vom Elitedasein, was in Resten da ist, zu lassen und sich als Demokraten zu sehen. Dann träte auch das Positive stärker zum Vorschein.

  17. 36.

    Ja aber genau darüber beschwert sich die "Dieselkraft" doch: Voll unfair, dass aus solcher Familiengeschichte nicht leistungslos im Familienbetrieb dynastisch geerbt wird. Aus der Staatskasse selbstverständlich. Wie immer.
    Alles andere ist doch "links-grüne-Gemeinde" Was immer das sein soll. Bestimmt irgendwas mit nahezu kriminell oder so.

  18. 35.

    In Anbetracht des "Quarks" den Sie hier niedergeschrieben haben, ist es schon erstaunlich wie hier moderiert und solch ein wirrer Text veröffentlicht wird.
    Sie behaupten die BRD sei nicht "wirklich demokratisch", im Gegensatz zum Freistaat Preußen (1918–1933), der erst 1920 eine demokratische Verfassung erhielt, also knapp 2 Jahre nach der Abdankung des Hauses Hohenzollerns, womit wir wieder beim Thema wären, was entlastet das Haus Hohenzollern von ihrer Verantwortung für die jahrhunderte andauernde Ty­ran­nei?

  19. 34.

    Es gäbe noch den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm und seinen Enkel den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., die mir einfielen.

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