Staatsoper Unter den Linden - Rund 150 Menschen protestieren gegen Auftritt von Netrebko in Berlin

Sa 16.09.23 | 08:18 Uhr
Anna Netrebko beim Opernball in Wien
Audio: rbb24 Inforadio | 15.09.2023 | Stephan Laack | Bild: www.picturedesk.com

Kurz vor dem umstrittenen Auftritt von Anna Netrebko in der Staatsoper Unter den Linden haben am Freitagabend nach Polizeischätzung rund 150 Menschen gegen die 51 Jahre alte österreichisch-russische Sängerin protestiert.

Vor dem Opernhaus in der Mitte Berlins demonstrierten sie vor Vorstellungsbeginn mit ukrainischen Fahnen, Plakaten und "No Netrebko!"-Rufen. Die Polizei schirmte die Demonstranten mit Gattern vom Opernpublikum ab.

Applaus und Buh-Rufe

Bei ihrem ersten Gastspiel in der Berliner Staatsoper seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine wurde Netrebko in der Rolle der Lady Macbeth in Giuseppe Verdis Oper "Macbeth" dann mit minutenlangen Ovationen frenetisch gefeiert.

Im mit knapp 1.400 Plätzen ausverkauften Opernhaus gab es nach den ersten Arien der künstlerisch bravourösen Sopranistin aber auch hartnäckige Buh-Rufe. Netrebko konterte die Proteste ihrer Kritiker zweimal mit demonstrativ verschränkten Armen und gewinnendem Lächeln am Bühnenrand. Nach dem Gastspiel am Freitagabend stehen noch drei weitere Aufführungen mit der 51-Jährigen auf dem Spielplan der Berliner Staatsoper.

Die international gefeierte Sopranistin war wegen mutmaßlicher Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Beginn des Krieges in die Kritik geraten.

Protest gegen Auftritt von Anna NetrebkoQuelle: rbb

Vor dem Auftritt hatten der ukrainische Botschafter Oleksij Makejew und der Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU) die Fotoausstellung "Russian War Crimes" in der Humboldt-Universität direkt gegenüber der Staatsoper besucht. Dort zeigen Fotos die grausamen Folgen der Angriffe auf Zivilisten und Infrastruktur in der Ukraine.

Ukrainischer Botschafter vermisst "akzeptable Antwort" der Staatsoper

Makejew zeigte Verständnis dafür, dass die politisch Verantwortlichen keinen direkten Einfluss auf die Oper ausübten. Er habe versucht, dem Staatsoper-Intendanten Matthias Schulz zu erklären, warum er den Auftritt für überhaupt nicht angebracht halte. "Leider habe ich keine akzeptable Antwort bekommen", sagte Makejew.

Zugleich hat Chialo nach eigenen Angaben keinen Versuch unternommen, den Intendanten umzustimmen. "Die Unabhängigkeit der Häuser ist etwas, was ich respektiere. Dieses Gut ist in unserer Demokratie hoch aufgehängt".

Sendung: rbb24 Inforadio, 15.09.23, 19:30 Uhr

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