Kunsthaus MaHalla - "Wir wollen ein extrem buntes Programm haben"

Sa 25.05.24 | 14:28 Uhr
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Archivbild: Kunsthaus Mahalla, Ausstellung OPEN im September 2023. (Quelle: IMAGO/Schoening)
Bild: IMAGO/Schoening

Das Ex-Kraftwerk in Oberschöneweide hat, woran es in Berlin oft mangelt: viel Platz für Kultur. Wo früher riesige Turbinen waren, ist die MaHalla entstanden. Im Interview spricht Ralf Schmerberg über den besonderen Ort - wo es jetzt sogar Klassik gibt.

rbb: Herr Schmerberg, wie sind Sie auf die MaHalla gestoßen?

Ralf Schmerberg: Ich bin reingestolpert. Eigentlich wollte ich nur ein kleines Studio auf dem Gelände mieten, ich wollte mich verkleinern. Aber dann fing ich an, mich für die Geschichte und das Gelände, für die Gebäude zu interessieren. Als Kind wäre ich hier reingeklettert und hätte es ausgecheckt. Als Erwachsener gibt's Schlüssel und dann sind wir halt hier rein. Es hat mich einfach sofort elektrisiert. Ich habe mich verliebt und bin in eine Form des Größenwahnsinns eingetaucht.

Das MaHalla befindet sich in einer riesigen Industriehalle – aus der geplanten Verkleinerung ist offenbar nichts geworden?

Das war eine klare Rückzugsgeschichte, für meine Ruhe. Und die MaHalla ist halt nichts davon. Das ist absolut die andere Seite der Welt. Hier geht nur "wir", hier geht nur Gruppe, Team, Leute, Menschen. Man kann es gar nicht leer halten, man kann das Ganze nur öffnen. Dieses "wir" habe ich so stark gespürt aufgrund der Schönheit des Gebäudes, dass ein anderer Teil in mir übernommen hat.

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Der Künstler Ralf Schmerberg sitzt in einer ehemaligen Industriehalle der AEG in Oberschöneweide. (Quelle: dpa/Jörg Carstensen)
dpa/Jörg Carstensen

Ralf Schmerberg ist Filmemacher und Künstler. Zu seinen bekanntesten Filmen gehören "Wind" und "Under Five". Vor vier Jahren pachtete er ein ehemaliges Kraftwerk in Oberschöneweide, um dort ein internationales Kulturzentrum aufzubauen - die MaHalla. Schmerberg lebt und arbeitet in Berlin

Wie kam der Name MaHalla zustande?

Wir wollten etwas Neues machen, einen Bruch in der Geschichte haben. Einen eigenen Namen fürs Projekt, nicht nur fürs Gebäude. Aber es war klar, es geht ums Gebäude. Ohne das Gebäude, gäbe es das Projekt nicht. Uns wurde klar, dass wir es als etwas sehr Weibliches empfinden. Die MaHalla: Das Gebäude, das Vertikale, den Raum, in dem wir viele Kreationen – also auch viel Geburt – machen wollten. So kam das Mama-Thema mit rein. Und als wir das gefunden hatten, das "'Ma" mit dem "Halla", also die Mutterhalle, das fanden wir irgendwie gut. Es hat plötzlich das Gebäude mit Bedeutung gefüllt. That's it. MaHalla.

Sie haben gerade die Geschichte des Gebäudes angesprochen, die bis ins Ende des 19. Jahrhunderts zurückreicht. Was wissen Sie darüber?

Es war ein Showroom für Turbinen. Deswegen gibt es hier auch diese schönen Säulen, geschwungenen Bögen, den Kachelboden. Hier kam der Bürgermeister von Buxtehude und hat sich zwei Dampfturbinen gekauft, weil er auch Elektrizität wollte. Es kamen über Jahre Leute aus aller Welt, Bürgermeister, ganze Wirtschaftsdelegationen, um dieses innovative Wunder Elektrizität zu shoppen. So wie wir heute Apple Computer kaufen und in den Store gehen, sind sie reingerannt und wollten Elektrizität.

Ein historisches Bild vom Kraftwerk Oberspree. (Quelle: BEWAG Archiv)
Historisches Foto des alten KraftwerksBild: BEWAG Archiv

Durch das Kraftwerk Oberspree kam Elektrizität in die Städte. Seit Anfang der 1990er-Jahre stand das Gebäude dann aber leer. Bis Sie es vor vier Jahren gepachtet haben. Was hat sich hier seither verändert?

Wir sind mittendrin im Anfang, es sind die Pionierjahre.Wir mussten den Dreck rausschaffen, Maschinen rausnehmen, Wände rausreißen. Es ist ein wahnsinniger Wandel. Gleichzeitig leben wir vom ersten Tag in dieser Welt, sind Künstler und produzieren. Und jetzt, wo wir schon genug Wind gemacht haben mit Veranstaltungen, Projekten, Ausstellungen, kommen wir an einem Punkt, dass die Stadt anfängt, uns wahrzunehmen. Darauf sind wir angewiesen.

Wir schauen jetzt langsam auf das Interieur, das Ausbauen des Cafés, des Restaurants. Aber wir haben hier 70 Räume. Da ist man auf einer ewigen Reise. Wir gehen davon aus, dass wir nie fertig sind.

In den vergangenen Jahren gab es hier Ausstellungen und Modemessen. An diesem Wochenende tritt mit dem Rundfunkchor zum ersten Mal ein Klassik-Ensemble in der MaHalla auf. Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?

Na ja, wir haben viel Platz. Das ist einzigartig und das muss gefüllt werden, mit Leben, Inhalt und mit Kunst und Kultur, Spirituellem und was auch immer. Da draußen ist viel in Bewegung, das sich hier drin manifestieren kann. Wir wollen ein extrem buntes Programm haben. Es gibt so einen Satz: Jeder soll mal die MaHalla haben. Und so ein Chor ist natürlich toll. Die schwarze Halle ist wie eine Kathedrale, eine Kirche ohne Religion.

Danke für das Gespräch.

Das Interview führte Steffen Prell für rbbKultur – das Magazin.

Am 25. & 26.05 tritt der Berliner Rundfunkchor in der MaHalla mit der "Roten Messe" auf. Die Musiktheaterperformance bringt Werke von Arnold Schönberg, Luigi Dallapiccola, Gioachino Rossini und Giacomo Carrismi zusammen. Tickets gibt es auf der Website des Rundfunkchors.

Sendung: rbbKultur - das Magazin, 25.05.24, 18:30 Uhr

3 Kommentare

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  1. 3.

    Ich durfte in der MaHalla schon musizieren. Ein ganz tolles Erlebnis, in tollen Räumlichkeiten und mit einem super Team!

  2. 2.

    Hoffentlich wird auch in Zukunft genug auf den Denkmalschutz geachtet und die Geschichte dieser aber auch anderer Hallen und Gebäuden und damit Industriegeschichte von Weltrang genug Aufmerksamkeit erhalten ..... Stichwort " Elektropolis Berlin " !!

  3. 1.

    Schön sowas, ganz im Stil des Straat- Museum Amsterdam, ebenfalls ein alter Industriebau, in dem nun richtig gute Streetart beheimatet ist. Sowas wäre für Berlin auch gut. Vielleicht entsteht es gerade...

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