Drehort: Stummfilmkino Delphi - Moka Efti

Fr 31.08.18 | 00:30 Uhr | Von Johanna Nedbalski
BABYLON BERLIN (Quelle: ARD Degeto/X-Filme/Beta Film/Sky Deutschland/Frédéric Batier)
Bild: ARD Degeto/X-Filme/Beta Film/Sky Deutschland/Frédéric Batier

1929 wird das Delphi-Kino in Weißensee eröffnet. 900 Menschen sitzen vor der Leinwand. 1959 ist es so marode, dass es schließen muss. Im Film wird im früheren Zuschauerraum geschwoft: Das heute denkmalgeschützte Delphi ist das legendäre Moka Efti.

Es ist vielleicht der schönste Drehort der Serie Babylon Berlin: ein ehemaliges Kino, das jahrzehntelang seiner Bestimmung entzogen war und in dem gerade deswegen die Spuren der Vergangenheit deutlich sichtbar sind. Bei seiner Eröffnung 1929 ist das Delphi in Weißensee ein großes Kino. Verteilt auf Parkett und Rang stehen fast 900 Sitzplätze zur Verfügung.

Die Fassade des Lichtspieltheaters ist eine unscheinbare, glatt verputzte, fast fensterlose Front. Die pyramidenförmige Leuchtreklame mit dem schrägen Schriftzug Delphi ist leider nicht mehr vorhanden. Außerdem fehlen heute Filmtechnik, Leinwand und Kinobestuhlung. Aber die Raumstruktur im Inneren ist ansonsten konserviert. Vor allem sind die drei markanten Stuckbögen erhalten, die früher die Leinwand und heute die Bühne einfassen und dem Delphi als Markenzeichen dienen.

Das ehemalige Kino liegt in Weißensee am Caligariplatz, benannt nach dem berühmten Stummfilm "Das Cabinet des Dr. Caligari" aus dem Jahr 1920. In den 1920ern ist Weißensee als Klein-Hollywood bekannt. Hier werden nicht nur Filme gezeigt, sondern auch gedreht. Die Filmstudios befinden sich in der heutigen Liebermannstraße (damals Franz-Joseph-Straße). Hier, weiter außerhalb der Stadt gelegen, gibt es damals ausreichend Platz, um Studios zu errichten und Kulissen aufzubauen. Von 1913 bis 1928 drehen in Weißensee trotz Weltkrieg und Wirtschaftskrisen mehrere Filmgesellschaften Dutzende Filme: Kriminalfilme, Historiendramen, Kostümfilme – und den expressionistischen Klassiker über den gruseligen Doktor Caligari. Erst gegen Ende der 1920er Jahre verlagert sich die Filmproduktion endgültig in die Babelsberger Filmstudios, wo bis heute aufwändige Produktionen entstehen.

Die Stummfilmära ist fast vorbei

Als das Delphi in Weißensee eröffnet, ist die Stummfilmära schon fast vorbei. Wirklich stumm ist allerdings die Vorführung von Filmen nie. Vor Erfindung des Tonfilms begleiten Orchester, Klavierspieler oder automatische Musikinstrumente die Vorstellungen. Oft tritt ein Filmerklärer auf, der die Handlung kommentiert und mit Geräuschen die Stimmung des Films unterstreicht. Spätestens 1930 gelingt dem sprechenden Film in Deutschland endgültig der Durchbruch. Klassiker wie "Die drei von der Tankstelle" mit Lilian Harvey, Willy Fritsch und Heinz Rühmann und "Der blaue Engel" mit Marlene Dietrich und Emil Jannings sind die erfolgreichsten Filme des Jahres. Auch das Delphi muss sich auf die neue Ära einstellen und rüstet auf Tonfilm um.

Drei Tänzerinnen im Zwanziger Jahre Outfit auf der Bühne des ehemaligen Stummfilmkinos Weissensee, das der Serie Babylon Berlin als Drehort dient. (Quelle: Frédéric Batier | X Filme | ARD Degeto | sky | Beta)

Das Delphi übersteht – anders als viele andere Berliner Kinos – den Krieg weitgehend unbeschadet. Dennoch wird das Kino wegen Baufälligkeit 1959 geschlossen. Das Foyer wird als Gemüselager, Briefmarkenladen, Wäscherei und Warenlager der Zivilverteidigung der DDR genutzt. Auch ein Orgelbauer stellt seine Instrumente aus. Seit 2013 ist das denkmalgeschützte ehemalige Kino wieder ein Ort für Kunst und Kultur, für Partys und Events – und nicht zuletzt ein Drehort für Filmproduktionen. In der Serie Babylon Berlin ist der ehemalige Zuschauerraum des Kinos die Kulisse für die Tanzszenen im fiktiven Moka Efti.

Beitrag von Johanna Nedbalski

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