Corona-Song "Zusammenhalten" - "Die Kunst setzt den täglichen Nachrichten etwas entgegen"

Do 16.04.20 | 14:08 Uhr | Von Nadine Kreuzahler
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Max Prosa beim Konzert Zusammenstehen im Beethovenpark. Erfurt, 01.05.2019 foto: www.imago-images.de/Michael Kremer
Audio: Inforadio | 16.04.2020 | Nadine Kreuzahler | Bild: www.imago-images.de/Michael Kremer

"Zusammenhalten" - so heißt der Song, den der Berliner Musiker Max Prosa aus einer Stimmung heraus in der Corona-Krise geschrieben hat. Im Netz wird er fleißig geteilt. So fleißig, dass auch die bayrische Polizei ihn für sich entdeckt hat. Von Nadine Kreuzahler

Seit vier Wochen steht das kulturelle Leben nun still. Kreative gehen unterschiedlich mit dem Shutdown um. Einige nutzen ihre Ausdrucksmittel, um Kunst zur Krise zu machen. Andere, um das passende Lied für diese Zeit zu schreiben. Beim Berliner Sänger, Dichter und Songwriter Max Prosa war es so. Spontan, aus einer Stimmung heraus, griff er am Anfang der Corona-Zeit zur Gitarre. "Wenn ich mit Leuten gesprochen habe, haben viele gesagt: Alles fühlt sich gerade irgendwie komisch an. Wir sind eben in allen möglichen Belangen aus unserer Gewohnheit geworfen. Das ist das erste, was sich jeden Morgen seltsam anfühlt, und das spielt für alle die gleiche Rolle. Jeden beschäftigt das", erzählt Max Prosa.

Aber: "Man weiß auch, dass die Situation nur begrenzt ist, und das lässt sich dann doch gut aushalten", ist Max Prosa überzeugt. Bürgerlich heißt der Künstler Max Podeschwig, ist in Berlin-Charlottenburg aufgewachsen, hat bisher sechs Alben veröffentlicht - und wurde schon hier und da mit dem jungen Bob Dylan verglichen. "Ich dachte, dass es wichtig ist, diese Botschaft in ein Lied zu packen", sagt er. "Ein Lied kann das Gefühl von vielen fassen, so dass man sich damit nicht so allein fühlt."

Die Polizei sagt Danke über Lautsprecher

"Zusammenhalten" heißt der Song, der aus dieser Stimmung heraus entstanden ist. Max Prosa stellte ihn ins Netz, er wurde vielfach geteilt und zog unerwartete Kreise. Vergangene Woche landete dann eine ungewöhnliche Anfrage in Prosas E-Mail. Die Polizei von Augsburg und den umliegenden Landkreisen wolle ihren Bürgern 'Danke' sagen und zum Durchhalten motivieren. Und zwar mit dem Lied "Zusammenhalten", gespielt über die Lautsprecher eines Streifenwagens. Ob Max Prosa sich das vorstellen könne? Er habe sich "total gefreut", erzählt Herre, auch weil die Polizei, "wie viele Menschen in verschiedenen Gewerken gerade die wichtige Arbeit leisten. Da eine Unterstützung sein zu können, ist großartig." Bisher kam sein Song tatsächlich einmal zum Einsatz, in der Innenstadt von Donauwörth.

Einschränkungen schaffen neue Freiheiten

"Es kommen wieder Zeiten, da werden wir tanzen, da werden wir fliegen. Es kommen wieder Zeiten, da werden wir uns für nichts auf der Welt verbiegen", heißt es im Refrain des Songs. Und weiter: "Doch für diese Zeiten, in denen wir uns wie wir sind entfalten, müssen wir jetzt zusammenhalten. Müssen wir jetzt still sein und zusammenhalten".

Im Video auf seinem Youtube-Kanal performt der 30-Jährige den Song in seinem Badezimmer, vor dem Spiegel, zwischen Waschbecken und geblümtem Handtuch, mit Gitarre und Mundharmonika. Via Instagram und Twitter streamt er abends von seinem Wohnzimmer aus Konzerte. Darauf musste er sich erst einlassen, sagt er. Er sei von Haus aus kein Online-Künstler oder Youtuber und habe seine Komfortzone verlassen müssen, um mit der neuen Situation umzugehen.

Jetzt aber entdeckt er die Chancen und Freiheiten, die darin liegen. Bei den Streams sei er viel flexibler als bei Live-Konzerten, sagt er. "Ich spiele auch spontan einen Song, den sich jemand in den Kommentaren wünscht. Oder ich kann einen Abend zu einem bestimmten Album von mir machen oder einen Leonard-Cohen-Abend. Das würde normalerweise gar nicht gehen. So kann ich damit jetzt sehr flexibel sein".

Glück im Unglück

Ihn treffe die Corona-Krise nicht so hart wie andere Musikerkollegen und -kolleginnen, Techniker und Veranstalter, die ausschließlich vom Live-Geschäft leben müssten, sagt Prosa. Er hatte Glück. Seine Tour zum aktuellen Album "Mit anderen Augen", das 2019 erschien, war fast vorbei, als der Shutdown losging. Nur die letzten drei Termine mussten abgesagt werden.

Gerade arbeitet er schon wieder an einem neuen Album, das im Herbst erscheinen soll. Auch "Zusammenhalten" soll drauf sein. Und: "Verschwende dich", ein Song, den Max Prosa früher online veröffentlicht hat, als geplant. "Manchmal ist es ja so, dass Lieder ihre Zeit bekommen und aktuell werden. Das ist bei dem Lied passiert, ohne dass ich es zuerst gemerkt habe. Es wurde mir dann gespiegelt, dass diese Zeilen 'Doch wenn ich ehrlich bin zu mir, will ich und kann doch nicht zu dir' das ist, was viele jetzt im Moment fühlen mit diesen Beschränkungen in dieser Situation."

Nichts wird wieder so werden wie zuvor

Die Corona-Zeit präge die neue Platte, sagt Max Prosa. Wie überhaupt die ganze Musikszene sich dauerhaft verändern werde. Es werde nie wieder so werden wie zuvor, glaubt der Sänger. "Bis der Livemarkt sich erholt, wird es sehr lange dauern. Alle verschieben jetzt ihre Konzerte in den Herbst und ins nächste Frühjahr."

Er bezweifelt, dass die Leute dann doppelt so oft zu Konzerten gehen - im Gegenteil: Vielleicht gebt es auch einen Teil, der erst einmal gar nicht wieder gehen will, so Max Prosa. "Bis sich das wieder erholt, dauert es bestimmt lange. Währenddessen wird sicher das Streaming, das jetzt gerade so aufblüht, auch einen Teil davon übernehmen, und so wird sich das grundlegend verändern".

Aber Max Prosa kann dieser Entwicklung durchaus auch etwas Positives abgewinnen. Bei allen Schreckensmeldungen, den Nachrichten, die auch ihn täglich berühren und beschäftigen, schaffe es die Kunst doch, dem etwas entgegenzusetzen, sagt er. "Dass sich da gerade so viel entwickelt in der Kunst - das ist schön!"

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Beitrag von Nadine Kreuzahler

2 Kommentare

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  1. 2.

    Geht es nur mir so oder bin ich wirklich der Einzige der sich gerade fürchterlich fremdschämt?

  2. 1.

    Nun, nachdem sich der Sender "für Erwachsene", Radio eins, damit qualifizierte, in einer halben Stunde 38 mal den Begriff "Corona" zu verwenden, kommt das Musikstück von Max Prosa mit zehn Erwähnungen aus. Gut, den kann man in einer halben Stunde auch ca. 20 mal hören, dann kommt man auf die gleiche Summe, wie der Sender "für Erwachsene".
    Nun, nach den Ärzten und diversen anderen Stimmungsmache, fehlt eigendlich noch die tote Hose Campino.

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