Eskalierte Familienfehde - Drei Männer nach tödlichen Schüssen in Berlin-Wedding angeklagt

Do 28.07.22 | 15:58 Uhr
Symbolbild: Berliner Polizeibeamte im Einsatz. (Quelle: dpa/P. Zinken)
Audio: rbb 88,8 | 28.07.2022 | Michael Ernst | Bild: dpa/P. Zinken

Es begann mit einem Streit über einen Sitzplatz im Kino vor 17 Jahren, dann wurde im Oktober vergangenen Jahres in Berlin-Wedding ein Mann erschossen. Hintergrund ist offenbar eine Familienfehde. Nun wurden drei Männer wegen Mordes angeklagt.

Nach einer über Jahre hinweg eskalierten Familienfehde in Berlin hat die Staatsanwaltschaft nun Mordanklage gegen drei Männer im Alter von 29, 34 und 52 Jahren erhoben.

Ihnen wird vorgeworfen, im Oktober 2021 einen 42-Jährigen vor einer Shisha-Bar in der Weddinger Schulstraße "heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen" mit zwei Kopfschüssen getötet zu haben, wie die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mitteilte.

Jahrelange Auseinandersetzungen und "Paralleljustiz"

Hintergrund ist laut Angaben der Staatsanwaltschaft ein Streit zwischen zwei Familien, der bereits 2005 begonnen hat: Dabei ging es um einen Sitzplatz im Kino. In den folgenden Jahren sei es wiederholt zu Auseinandersetzungen gekommen. Im Oktober 2018, bei einer Hochzeitsfeier, war das spätere Opfer den Angaben zufolge bereits von Mitgliedern der Familie der mutmaßlichen Täter verprügelt worden. Dabei hatte einer der Angreifer laut Staatsanwaltschaft eine ungesicherte Waffe dabei: Es löste sich ein Schuss, durch den eine junge Frau aus derselben Familie tödlich verletzt wurde.

Die Staatsanwaltschaft geht nach eigenen Angaben davon aus, dass die drei Männer die Schuld für den Tod ihrer Schwester beziehungsweise Tochter trotz des Tathergangs bei dem 42-Jährigen sahen. Er soll zunächst aus Berlin verbannt worden sein, nachdem die beiden Familien diverse sogenannte "Friedensrichter" eingeschaltet hatten.

Diese Befriedungsbemühungen durch "Paralleljustiz" hätten die Lage aber nicht beruhigt, so die Staatsanwaltschaft: Nachdem der 42-Jährige im September 2021 die Erlaubnis erhalten haben soll, nach Berlin zurückzukehren, wurde er im Folgemonat erschossen.

Zwei mutmaßliche Täter saßen im offenen Vollzug

Der nun angeklagte 34-Jährige und sein 52-jähriger Vater saßen zum Tatzeitpunkt im offenen Vollzug in der JVA Hakenfelde und konnten deswegen tagsüber das Gefängnis verlassen. Sie waren nach der Hochzeitsprügelei wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von jeweils drei Jahren verurteilt worden.

Vater und Sohn kehrten nach der Tat zum Gefängnis zurück, hieß es. Sie seien umgehend in den geschlossen Vollzug verlegt worden. Ihr mutmaßlicher Mittäter wurde auf der Flucht im bayerischen Regensburg verhaftet.

Sendung: rbb24 Abendschau, 28.07.2022, 19:30 Uhr

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