Kommentar | Flussbad Berlin - Eine coole Idee vor dem Untergang

Do 14.07.22 | 06:04 Uhr | Von Torsten Mandalka
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Ein Pappschild zeigt einen Entwurf des Flussbades am in Berlin-Mitte.
Bild: rbb

Das Projekt Flussbad Berlin an der Museumsinsel hat schon Millionen gekostet. Viel besser sind die Aussichten auf eine Realisierung dadurch nicht geworden. Nun kommt eine fragwürdige Auftragsvergabe hinzu. Zeit, das Projekt zu beerdigen, kommentiert Torsten Mandalka.

Das Flussbad, der Spreekanal in Berlins Mitte, liegt direkt an meinem Fahrrad-Weg ins Büro. Von der Freitreppe am Stadtschloss mal eben ins Wasser springen, oder an der Museumsinsel im kühlen Nass dümpeln - was für eine coole Vorstellung. Ein tolles Projekt, ich bin voll dafür - das war mein Gedanke, als ich das erste Mal von der Idee hörte.

Das war vor Jahren. Dann habe ich mich nicht mehr damit befasst, bis eines Tages ein Packen von Dokumenten im Postfach von rbb24 Recherche landete. Da gebe es finanzielle Unstimmigkeiten, ob wir dem mal nachgehen wollten. Eigentlich wollte ich nicht. Es ging um 60.000 Euro - herrjeh, keine große Summe für Berlin. Und deswegen eine coole Idee madig machen? Muss eigentlich nicht sein.

Einkommensbeschaffungsmaßnahme

Aber dann - nach genauerer Durchsicht - änderte sich der erste Eindruck. Es geht ums Prinzip. Wer so locker mit 60.000 Euro öffentlichem Geld umgeht, der tut das vielleicht auch mit den sechs Millionen, die bisher schon geflossen sind. Wenn 60.000 Euro vom Verein in die Firma des Vorsitzenden des Vereins und seines Bruders geflossen sind, dann riecht das ganz gewaltig. Rechte Tasche, linke Tasche - heißt es im Volksmund, man kann auch sagen: Verschiebebahnhof, Selbstbedienungsladen, Einkommensbeschaffungsmaßnahme.

So attraktiv das Projekt auch rüberkommen mag, so geschickt es die Brüder Edler auch vermarkten (wohl im wahrsten Sinne des Wortes): Das geht nicht! Mit Interessenskonflikten und Verstößen gegen die Wettbewerbsregeln kann man sich nicht gemein machen - auch nicht für eine gute Sache.

Fragen über Fragen

Eine gute Sache? So gut ist sie bei näherem Hinsehen gar nicht. Hunderte Fragen tauchen plötzlich auf - hier eine kleine Auswahl:

  • Kann eine Unterwassergraswiese das Wasser wirklich dauerhaft sauber machen, wenn nach wie vor Berlins Dreck in die Spree gespült wird?
  • Wie verträgt sich eigentlich das Weltkulturerbe Museumsinsel mit einem Flussbad, dessen Besucher bestimmt nicht nur ihre Klamotten von sich werfen?
  • Wie will man eigentlich in einem Areal bauen, in dem jeder Stein unter Denkmalschutz steht? Und zu welchen Kosten?
  • Wird der Bundestag wirklich die Bundeswasserstraßenordnung ändern - nur wegen des Berliner Spreekanals?
  • Schwimmen unter Brücken verboten - das mag hier unsinnig sein, ist aber auch Bundesrecht und führt zur gleichen Frage wie zuvor schon: Wird der Bundestag…?

Schon vor Baubeginn mausetot

Die wichtigste Frage aber lautet: Haben wir keine anderen Probleme, für deren Lösung wir - realistisch geschätzt - mehr als 100 Millionen ausgeben sollten?

Eigentlich ist die Antwort klar: So cool das Projekt auch ist, bei sachlicher Betrachtung ist jeder Cent Steuergeld dafür zu viel. Ein paar Leute haben daran gut verdient - während andernorts das Geld zur Schwimmbadsanierung oder Maßnahmen gegen die Austrocknung der Kleingewässer fehlt. Dabei ist das Flussbad in der Mitte Berlins schon vor seinem Baubeginn mausetot. Jetzt gibts nur eins: Schluss damit! Sofort!

Sendung: rbb24 Abendschau, 14.07.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Torsten Mandalka

23 Kommentare

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  1. 23.

    Das mag nicht so sein, das ist Fakt. Ihre Auslegung hingegen ist falsch. Siehe link. Aber Achtung, das könnte ihr Weltbild erschüttern.

  2. 22.

    Mag sein, aber wer hat denn beim Bund den Antrag dafür gestellt? Kleiner Tipp: Privatleute oder Firmen dürfen das nicht.

  3. 21.

    Und wieder wurde und soll weiterhin, ein Geld Vernichtungsmaschine, angeworfen werden. Berlin hat weitaus größere Sorgen, als STEUERGELDER für diesen Schwachsinn auszugeben.

  4. 20.

    Danke für die Erinnerung daran, dass Berlin nicht nur auf mehreren Inseln, sondern auch direkt am Meer liegt.

    Und Sie haben natürlich recht: "Öffentlichen Raum für alle" gibt's in Berlin ja kaum. Ob Party im James-Simon-Park, "politische Demonstration" im Tiergarten oder Grillen, Picknicken, Esswarenverkauf in vielen Grünanlagen - alles wird von der Pickelhaubenpolizei unterbunden! Unmenschlich!

  5. 19.

    Das kann ich ihnen nicht sagen wer die Idee hatte. Aber wer das mitfinanziert hat. Es war das cSU geführte BMI.

    "Über die zwischen 2014 und 2018 gewährte Förderung hinaus unterstützt das Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ das Vorhaben durch eine erneute Förderung mit insgesamt 6,165 Mio. Euro für die Realisierung einer ersten Freitreppe am Humboldt Forum sowie für die weitere Prozessbegleitung durch Flussbad Berlin e.V. "

    "Neben den anderen Programmen der Städtebauförderung sind die „Nationalen Projekte des Städtebaus“ ein wichtiges Instrument der nachhaltigen Stadtentwicklung. Die Auswahl der Projekte erfolgt jährlich in einem Wettbewerbsverfahren durch eine unabhängige Expertenjury. Seit 2014 wurden bundesweit bereits mehr als 193 Projekte mit rund 596 Mio. Euro gefördert, davon 24 neue Projekte in 2021. "

    https://www.stadtentwicklung.berlin.de/staedtebau/foerderprogramme/bauprojekte/index.shtml

  6. 14.

    Vergleichen wir wieder einmal Äpfel mit Birnen? Kopenhagen hat rd. 600.000 Einwohner....Neukölln allein 320.000 ....

    Von der Topographie ganz zu schweigen... oder liegt Berlin am Meer?

    Öffentlichen Raum für alle zu gestalten? Wunderbar....da fahren also 3,6 Mio Menschen nach Mitte zum "Flußbad"!

    Gestalten sie mal! Unter Garantie ist alles binnen kurzem vermüllt, beschmiert oder kaputt...und die Anwohner freuen sich bestimmt auch über die Lautstärke des "gestalteten Raumes".

    Oder geht es ihnen um die "kostenfreiheit"?

  7. 12.

    GENAU und dann setzen sie sich auf die Einheitswippe und hinterlassen ihren Müll.
    SUPER

  8. 11.

    In Kopenhagen handelt es sich aber im Gegensatz zu Berlin nicht um einen verkehrstechnisch genutzten Fluss bzw. Kanal sondern um Anlagen im ehemaligen Hafen, also an den alten Kaimauern. Die Wasserqualität ist aufgrund der Wassermenge dort kein Problem, da ein ständiger Austausch stattfindet. Dort gehen auch keine Brücken drüber, was aus Sicherheitsgründen nachvollziehbar ist und auch denkmalschutzrechtlich gibt es dort kein Thema. Natürlich wären auch in Berlin an der ein oder anderen Stelle Flussbäder ohne weiteres möglich. Aber an der Museumsinsel ist schlicht dafür nicht der geeignete Ort.

  9. 10.

    Es gibt aber eben auch mehrere Hürden, rechtliche Widrigkeiten und sonstige Bedenken, die eine Realisierung wahrscheinlich gar nicht möglich machen. Wurde im Artikel ja benannt. Ein Flussbad in Berlin wäre sicherlich umsetzbar und vielleicht auch sinnvoll, aber eben nicht an dieser Stelle. Mir dünkt, speziell dieses Projekt wurde nur ins Leben gerufen, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und damit öffentliche Gelder einzustreichen. Bei näherer Betrachtung hätte man bereits früher und ohne die Mengen an geflossenem Geld feststellen können, dass dies einfach die falsche Stelle ist.

  10. 9.

    "Für die Grünen- Abgeordnete Daniela Billig ist das Flussbad auch jenseits einer Badenutzung ein beispielhaftes Pilotprojekt zur Renaturierung von Berliner Gewässern. Und die Linkspartei ließ wissen, dass sie gegenüber Großprojekten und möglichen Kostensteigerungen sehr kritisch sei. Das Anliegen, mit dem Flussbad das Baden in der Spree wieder zu ermöglichen und damit das Wasser der Stadt den Menschen zurückzugeben, bleibe aber richtig."

    Die Totgeburt ist ein grünes Kind.

  11. 8.

    Ich empfehle allen Kritikern der Idee mal ein Besuch Kopenhagens. Hier kann man an sehr vielen Stellen frei, umsonst baden. Wunderbar entspannt, ohne irgendwas kaufen zu müssen, auf den tollen Anlagen, Stegen, liegen, spazieren picknicken... Nein, nicht nur ist das Wasser in Berlin zu dreckig. Auch sind wir Deutschen einfach zu doof dafür, öffentlichen Raum für alle zu gestalten.

  12. 7.

    Das war offensichtlich keine grüne, sondern eine linke Idee, s.
    Frau Lompscher. Bitte beschweren Sie sich über die.

  13. 6.

    Das Projekt ist toll, vielleicht sollte man nur den familiären Selbstbedienladen dahinter austauschen, natürlich nachdem man das Geld zurück gefordert hat...

  14. 5.

    Die Idee war von Anfang an Murks. Mitten in historischen Anlagen ein Freibad. Wie kam man eigentlich auf so eine saublöde Idee. Respekt vor der Geschichte, gleich Null.
    Hinzu kommt die Frage was ist wenn die Spree mal zum stehenden Gewässer wird? Was angesichts der Wasserentwicklung in Südbrandenburg nicht unwahrscheinlich ist. Wie wird der Tümpel dann gereinigt, sodass er Freibadwasserqualität hat? Mit einer Unterwasserwiese? Das mag im Gartenteich gehen, aber nicht hier. Das Projekt ist Tod.

  15. 4.

    Man muss in Berlin nur eine verrückte grüne Idee haben, um ordentlich öffentliche Mittel abgreifen zu können.

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