Kommentar | Schlesinger vor dem Rundfunkrat - Ein unwürdiger Abgang

Di 16.08.22 | 08:21 Uhr | Von Jörg Wagner
Ex-Intendantin des RBB, Patricia Schlesinger (Bild: dpa/Christoph Soeder)
Audio: Radioeins | 16.08.2022 | Jörg Wagner | Bild: dpa/Christoph Soeder

Vollkommen überraschend erschien Patricia Schlesinger am Montag bei der Sitzung des Rundfunkrats. Ihre Redezeit nutzte sie auch, um ihre Erfolge zu preisen - Worte des Bedauerns hätten ruhig mehr Platz einnehmen können, kommentiert Jörg Wagner.

Was für ein unwürdiger Abgang der nun ehemaligen Intendantin Patricia Schlesinger. Damit ist nicht gemeint, dass sie vor der Entscheidung des rbb-Rundfunkrates über ihre Abberufung das Funkhaus verlassen hat. Auch nicht ihre hektische Flucht vor Fernsehkameras und journalistischen Fragen. Möglicherweise war ihre Exit-Strategie unüberlegt.

Überlegt war dagegen ihre Rede vor den Rundfunk- und Verwaltungsratsmitgliedern. Eine Leistungsschau der Ära Schlesinger soll es dem Vernehmen nach gewesen sein, Teile des Redemanuskriptes fanden vorher den Weg in die Presse. Welch' Brüskierung des Gremiums, das sich über quälend lange Wortstrecken anhören musste, wie sie den rbb vorangebracht habe und dass letztlich viele der einzelnen Vorwürfe haltlos seien.

Gefeilsche um Abfindung geht weiter

Trotz der Selbst-Lobhudelei fand sie einen Satz des Bedauerns gegenüber der Belegschaft. Nicht aber gegenüber denjenigen, die sie jahrelang bezahlt haben und unter ungünstigen Umständen weiter bezahlen müssen. Denn anders als es in den Mutmaßungen vor der Rundfunkratssitzung nach außen drang, kann Frauen und Männern an der Spitze öffentlich-rechtlicher Sender nicht fristlos gekündigt werden. Als Intendantin kann man vom Rundfunkrat nur abberufen werden. Das ist nun fristlos geschehen.

Das Gefeilsche über die Abwicklung einer Vertragsauflösung geht jedoch weiter. Im Verwaltungsrat. Dass man dort den finanziellen Schaden gering halten möchte, darf man angesichts der Medienöffentlichkeit unterstellen.

Ausgerechnet Höcker

Den Höhepunkt des unwürdigen Abgangs der ehemaligen Intendantin erreichte Patricia Schlesinger mit der Meldung, dass sie sich anwaltlich vertreten lässt von Ralf Höcker. Unwürdig nicht, weil dieser den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan verteidigte oder den ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen. Sondern weil dieser 2012 in einem Meinungsbeitrag schrieb: "Jeder hat das grundgesetzlich verbriefte Recht, Journalisten zu beeinflussen und ihnen zu drohen!" [vocer.org]

Transparenz und Demut wären die besseren Leitplanken gewesen.

Jörg Wagner moderiert samstags um 18:00 Uhr das "Medienmagazin" auf Radioeins.

Sendung: rbb24 Abendschau, 15.08.2022, 19:30 Uhr

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Beitrag von Jörg Wagner

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