"Einzigartig für Berlin" - Archäologische Funde am Molkenmarkt geben Einblick ins 15. Jahrhundert

Di 01.11.22 | 17:17 Uhr
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Grabung Molkenmarkt 2022, Grabungssituation im Holzbefund. (Quelle: Landesdenkmalamt Berlin, A. Schimmitat)
Video: rbb|24 | 01.11.2022 | Material: rbb24 Abendschau T. Rostek | Bild: Landesdenkmalamt Berlin, A. Schimmitat

In der historischen Mitte Berlins soll ein neues Quartier entstehen - doch zuvor durchsuchen dort Archäologen den Boden. Am Molkenmarkt stießen sie auf Fundstücke aus dem 15. Jahrhundert, deren Vielfalt für Berlin einzigartig sei, so der Senat.

Lederschuhe, Murmeln und Knochenwürfel: Ein archäologischer Fund am Berliner Molkenmarkt gibt Einblicke in das Leben im 15. Jahrhundert. Die Fundstücke aus der historischen Mitte Berlins wurden am Dienstag vorgestellt.

Neben typischen Haushaltsgegenständen wie Gefäßen und Werkzeugen seien die Kleinfunde "mit Spielzeugcharakter" besonders, teilte die Senatsverwaltung für Kultur mit. Dazu zählen unter anderem 26 Knochenwürfel, Murmeln aus Glas und Ton und ein Wiegenpüppchen. Zudem sei eine große Menge an Fensterglas gefunden worden - etwa 220 Kilogramm. Die Archäologen steißen dazu noch auf Keramik, Metallgegenstände, Tierknochen und Trinkgläser.

Grabung Molkenmarkt 2022, Spielwürfel aus Knochen, 15. Jahrhundert. (Quelle: Landesdenkmalamt Berlin, A. Schimmitat)
Würfel aus Knochen gehören zu den Fundstücken | | Bild: Landesdenkmalamt Berlin, A. Schimmitat

"Die Anzahl und die Vielfalt der geborgenen Funde sind für Berlin einzigartig", so die Senatsverwaltung. "Die Funde vertiefen - und bereichern vor allem - unser Wissen über die Alltagskultur der Berlinerinnen und Berliner im 15. Jahrhundert", sagte Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) laut Mitteilung. Damals befand sich an der Fundstelle der Große Jüdenhof, eine mittelalterliche Wohnanlage, die aus Fachwerkbauten bestand.

Vor allem die organischen Funde seien gut erhalten, hieß es. So seien vollständige Schuhe und Stiefel geborgen worden. Zu verdanken sei das dem Fundort: Die Holzkonstruktion sei um 1400 herum offenbar in kurzer Zeit mit einem tonig-lehmigen Material verfüllt worden. In Verbindung mit der Nähe zum Grundwasser habe das für die Erhaltung dieser Stoffe gesorgt. "Vermutlich handelt es sich um einen mit Holz verschalten Keller eines größeren Wohngebäudes."

"Masterplan Molkenmarkt" soll bis Ende Januar stehen

Seit 2019 gibt es archäologische Großgrabungen am Molkenmarkt – das ist Berlins ältester Markt. Dort sollen neue Flächen gewonnen werden, auf denen sich ein Quartier mit Wohnungen, Gewerbe und Kultur entwickeln soll. Eine Entscheidung darüber, wie das Areal genau aussehen soll, gibt es bislang noch nicht, weswegen Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt in der Kritik steht. Bis Ende des Jahres, spätestens aber bis Ende Januar 2023, will der Senat einen "Masterplan Molkenmarkt" beschließen, so sieht es der rot-grün-rote Zeitplan vor.

Grabung Molkenmarkt, Oberfläche der Holzkonstruktion, 2022. (Quelle: Landesdenkmalamt Berlin/E. Völker)Die Ausgrabungsstätte direkt hinter dem Roten Rathaus

Sendung: rbb24 Abendschau, 01.11.2022, 19:30 Uhr

6 Kommentare

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  1. 6.

    Mein Beitrag bezog sich auf Umgang mit der Geschichte, und es war die Anwort auf den Betrag.-#3.
    Tja, und das war nun mal der Umgang mit diesen Thema in der DDR.

  2. 5.

    Immer diese oberflächliche DDR-Schelte... Die Wohnverhältnisse in der "Platte" waren zur Zeit des Baus vergleichsweise gut, und richtig kaputt gingen diese Quartiere erst, als nach der Wende die Läden und Dienstleistungen platt gemacht wurden.

  3. 4.

    Ach, wie einfach erklärt, was für Erklärung kann man dan für die DDR erwarten, wo Geschichte ein Politikum war, die historischen Innenstädte dem Verfall preisgegeben wurden und die Menschen in die neugebatten "Platten" am Stadtrand vedrängt wurden.

  4. 3.

    Eine gute Idee. Sie passt leider nicht zum kapitalistischen Wirtschaftssystem in dem Grund- und Boden ein Spekulationsobjekt ist. Nur darum geht es bei der Bebauung. Geschichte ist Nebensache.

  5. 2.

    Ich wünsche mir viel mehr Interesse an dieser Berliner Geschichte und viel mehr Berichte über die Arbeit der ArchäologInnen. Ja, ein Schutz der Grabungsstätten und eine dauerhafte Besichtigungsmöglichkeit wäre gut und wichtig.

  6. 1.

    Anstatt zu Bebauen, sollte das Areal als Freiluftmusuem mit Grünflächen zur Erholung und Information der Besucher über die Historie unserer Stadt genutzt werden. Käme dem Stadtklima zugute.

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