Facebook muss Nutzerdaten herausgeben - Berliner Gericht gibt Künast nach Hasskommentaren im Netz Recht

Di 08.11.22 | 18:12 Uhr
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Archivbild: Renate Künast im Portrait bei der Fragestunde während der 162. Sitzung des Deutschen Bundestag in Berlin (Quelle: dpa/Jens Krick)
Bild: dpa/Jens Krick

Nach wüsten Beschimpfungen auf Facebook und einem jahrelangen Rechtsstreit hat Grünen-Politikerin Künast nun in allen Punkten Recht bekommen. Ein Berliner Gericht hat Facebook dazu verpflichtet weitere Nutzerdaten herauszugeben.

Im Kampf gegen wüste Beschimpfungen auf Facebook hat die Grünen-Politikerin Renate Künast einen entscheidenden Erfolg erzielt. Der US-Konzern muss der Politikerin die Daten von zehn weiteren Nutzerinnen und Nutzern herausgeben - zuvor wurde die Politikerin von ihnen im Netz massiv beleidigt. Das hat das Berliner Kammergericht entschieden, wie ein Gerichtssprecher am Dienstag auf Anfrage mitteilte (Az.: 10 W 13/20).

Damit hat Künast doch noch in allen Punkten Recht bekommen. Die Bundestagsabgeordnete hatte rund drei Jahre darum gestritten, dass Facebook ihr die Daten mehrerer Nutzer herausgibt, damit sie gegen diese vorgehen kann.

Unterstützung von HateAid

Künast zeigte sich erleichtert: "Es hat gerade mit Blick auf das Tempo der digitalen Welt extrem lang gedauert, aber nun gibt es mit dem hart erkämpften Beschluss des Kammergerichts doch einen Sieg." Künast war von der gemeinnützigen Organisation Hate-Aid unterstützt worden. "Ich muss jetzt erst mal tief Luft holen, um mich nach dem langen Kampf freuen zu können", sagte sie nun. Das Verfahren sei auch emotional mühevoll gewesen.

Unbekannte hatten Künast unter anderem als "Stück Scheisse" und "altes grünes Dreckschwein" bezeichnet und noch drastischere und auch sexistische Posts geschrieben. Der Fall hatte für Aufsehen gesorgt, weil das Landgericht Berlin anfangs entschieden hatte, dass Künast als Politikerin alle 22 Beschimpfungen hinnehmen müsse - sie habe Widerstand provoziert. Später hatte sich das Gericht korrigiert.

Erfolg in allen Punkten

Es blieb jedoch zunächst dabei, dass Künast nicht die Daten von allen Nutzern bekam. Nachdem das Berliner Kammergericht nur 12 von 22 Kommentaren als strafbare Beleidigungen eingestuft und in den anderen Fällen den Auskunftsanspruch verweigert hatte, war sie nach Karlsruhe vor das Bundesverfassungsgericht gezogen - mit Erfolg.

Im vergangenen Februar hob das oberste Gericht die Entscheidungen der Berliner Zivilgerichte auf (Az. 1 BvR 1073/20). Diese verletzten die Klägerin in ihrem Persönlichkeitsrecht. Die zehn Äußerungen müssten noch einmal in Berlin geprüft werden - unter Berücksichtigung der Vorgaben aus Karlsruhe. Das ist zwischenzeitlich geschehen - und Künast hat nun in allen Punkten einen Erfolg erzielt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 08.11.2022, 18 Uhr

22 Kommentare

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  1. 22.

    Es gibt sehr wohl Unterschiede in den extremistischen Ausprägungen. Als Beispiel sei hier nur das Attentat auf Walter Lübcke, die antesimitischen Anschlag in Halle, die brennenden Flüchtlingsheime und ich könnte die Serie der braun/blauen Gesinnungsbrüder beliebig fortsetzen.
    Soetwas werden sie wohl bei "grünen Extremisten" und auch bei "roten" Hausbesetzern nicht erleben. @Martina hat das schon völlig richtig erkannt.

  2. 21.

    Schön, dass es unser BVerfG im Zweifel die Integrität des GG immer sicherstellt. Schlimm ist nur, dass es erst den Weg zum BVerfG bei der "vermeintlichen" Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht bedurfte.
    Man kann nur hoffen, dass der Beschluss des BVerfG dazu führt, dass die juristischen Wege für Betroffene bei derartigen wüsten Schmähungen entschieden kürzer werden.

  3. 20.

    Mein Glückwunsch Frau Künast. Ein gutes Urteil. Meine Anerkennung das Sie die Kraft aufgebracht haben, das durchzustehen. Das Berliner Gericht hat sich ja nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

  4. 19.

    Recht haben, Recht bekommen und Recht durchsetzen sind drei ganz verschiedene Dinge. Sie hat erst die 2.Hürde genommen. Das Schwierige kommt erst noch. Viel Kraft dafür.

  5. 18.

    Dies ist eine Botschaft/Werbung um „Martina“ zu zeigen dass es drum geht Extremisten überall zu bekämpfen.
    Frau Künast sollte weitermachen. Es muss im Geldbeutel der Beleidiger richtig stark zu spüren sein....

  6. 16.

    Erstmal mein Glückwunsch Frau Künast. In unserer Gesellschaft ist es leider zur einer Unart geworden Leute die man nicht mag in Internet Voren zu verunglimpfen.

  7. 14.

    Schlimm, daß Gerichte so schwer von Begriff sind, daß es 3 Jahre brauchte bis zum Erfolg. Kein Wunder, daß sich Verbrecher alles erlauben. Der Kampf mit den Gerichten ist für Frau Künast noch nicht zu Ende. Für die Verbrecher beginnt er erst jetzt. Jetzt hat sie erst mal nur das Urteil, daß Facebook die Daten herausgeben muß. Ich weiß nicht, wie lange Facebook diese Daten speichern muß. Wenn Frau Künast diese Daten hat, kann sie die Verbrecher verklagen. Das kostet wieder Gerichtskostenvorauszahlung, Schreibkram, viel Zeit usw. Gerichte nehmen auch bei Opfern von Straftaten keine Rücksicht darauf, ob sie Zeit haben, einen Alltag zu bewältigen haben, wie es ihnen geht usw. Hoffentlich sind die Gerichte dann nicht wieder so begriffstutzig. Ich verstehe nicht, was die Verbrecher an Frau Künast stört. Ich habe sie als gute Politikerin im Verbraucherschutz in Erinnerung.

  8. 13.

    Dem kann ich nur zustimmen! Und es wirft die Frage auf: Was für eine pers. Einstellung zum Fall liessen die beteiligten Richter der Vorinstanzen da ihren Lauf? Und sie sprachen "im Namen des Volkes" (Selbstge)Recht.

  9. 12.

    Das ist ein erfreuliches Urteil! Hass, Hetze und Beleidigungen dürfen nicht ohne Konsequenzen bleiben, egal ob im Netz oder auf der Straße.

  10. 11.

    Ich freue mich für Frau Künast und rechne es ihr hoch an, dass sie trotz aller Unbill durchgehalten hat.

  11. 10.

    Unstrittig ist. dass sich die Methoden von Extremisten, egal ob braun, rot oder grün, sich nicht unterscheiden. Man erkennt die immer gleichen Formulierungen sehr schnell. Gegen diesen Rand der Gesellschaft anzuschreiben, ist der Demokratie geschuldet. Diese muss verteidigt werden, egal von welcher Seite die angegriffen wird.

    P.S. Prüfen Sie Ihre Wortwahl dahingehend.

  12. 9.

    Das stimmt, man kann nur noch entsetzt sein, was in diesem Land noch als Freiheitin der Meinungsäußerung durchgewunken wird. Man muss sich einmal überlegen, diese Frau ist Volljuristin! und hat Jahre gebraucht, um diesen Weg nunmehr mit Erfolg abzuschließen.
    Man stelle sich das bei Otto Normalverbraucher vor auch hinsichtlich des Geldes. gut, dass mal ausführlicher berichtet wurde.

    Aber ein Ruhmesblatt für achtungsvolles Benehmen gegenüber dem Nebenmann ist es dennoch nicht, wenn Gerichte einschreiten müssen.

  13. 8.

    In Anbetracht der Schwere der Beschimpfungen, die hier anschaulicherweise nochmals zitiert wurden, finde ich es erstaunlich, dass die Geschädigte bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen musste, um endlich Recht zu bekommen.

  14. 7.

    Wie sagte der Müller von Sanssouci:"Es gibt ja noch ein Kammergericht in Berlin. "Vielleicht haben sich die Nachfolger daran erinnert. Auf jeden Fall ist es erfreulich, dass Frau Kühnast nun doch noch Recht bekommen hat. Hoffentlich werden die Urteile nun auch spürbar. Dass es wieder nach Karlsruhe geht.

  15. 6.

    Gutes Urteil. Danke für diesen richtungsweisenden und sicher sehr kräftezehrenden Kampf, Frau Künast und auch an HateAid ein großes Dankeschön! :-)

  16. 5.

    "Nach wüsten Beschimpfungen auf Facebook und einem jahrelangen Rechtsstreit hat Grünen-Politikerin Künast nun in allen Punkten Recht bekommen."
    Bravo Rechtsstaat! Auch wenn ich persönlich nicht alle Meinungen und Aktionen unserer Politiker teile, ist plumper Hass kein Mittel der Demokratie. Und persönlich in Angriff auf eine Privatperson geht das schon mal gar nicht.
    Blöd nur, dass Recht bekommen bei uns immer so lange dauert. Die jenigen welchen haben ihre Kommentare und erst die Gründe schon längst vergessen.

  17. 4.

    Na endlich - warum dauerte das so lange, eine Selbstverständlichkeit anzuerkennen?

    Das Netz ist kein rechtsfreier Raum. Nur schwer zu ermitteln.

  18. 3.

    Ich bin eigentlich nicht so sehr an den Strafen interessiert. Ich möchte das diese Leute öffentliche Personen werden. Die mit ihrem öffentlichen Leben dafür einstehen was sie tun.

    Ich ahne, dass sich erbärmlich-armselige Existenzen vorstellen werden.
    Aber das ist eben auch Teil der Generalprävention: Das man in Zukunft vor Augen hat wie erbärmlich und armselig man ist und sein muss, um im Netz solcher Tätigkeit nachzugehen.
    Und wer das Klientel ist, den der parlamentarischen Arm dieses Terrorismus AfD mobilisiert, vertritt und füttert.

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