Verzögerung durch Krötenumsiedlung - Bauarbeiten für Pankower Tor starten frühestens 2025

Do 10.11.22 | 13:08 Uhr
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Siegerentwurf vom Workshopverfahren zum Pankower Tor / Nöfer und CKSA l Christoph Kohl Stadtplaner Architekten
Bild: Nöfer und CKSA l Christoph Kohl Stadtplaner Architekten

Das neue Pankower Tor soll aus 2.000 Wohnungen, Geschäften und einem großen Park bestehen. Doch die für nächstes Jahr angedachten Bauarbeiten können wohl erst zwei Jahre später starten. Entscheidend ist eine Krötenart, die umgesiedelt werden muss.

Auf dem Areal des ehemaligen Rangierbahnhofs Pankow wird voraussichtlich erst in gut zwei Jahren Baustart sein. Das teilte die Senatsbauverwaltung rbb|24 mit. Bei der Vorstellung der Pläne für das Areal im vergangenen Jahr hatte der Investor noch das Jahr 2023 für den Baustart genannt.

Bauvorbereitende Maßnahmen könnten voraussichtlich im Jahr 2024 starten, so die Senatsbauverwaltung. Als Termin für einen möglichen Baubeginn nannte die Pressesprecherin der Behörde, Petra Rohland, das Jahr 2025. Auf dem Areal - der Investor nennt es Pankower Tor [externer Link] - sollen nach dem Willen des Investors, dem Möbelmarktunternehmer Kurt Krieger, unter anderem 2.000 Wohnungen entstehen.

Bebauungsplanentwurf vorgestellt und ausgelegt

Die Senatsbaubehörde hatte seit Mitte September für vier Wochen den Bebauungsplanentwurf für das Projekt öffentlich ausgelegt und zuvor bereits im Frühjahr Behörden und andere größere Träger über den Plan informiert, wie die Verwaltung erklärte. Derzeit würden nun die dabei angesprochenen Probleme und Klärungsfragen zu den Themen "Verkehr", "Umwelt" und "Architektur/Städtebau" bearbeitet.

In Reaktion auf die öffentliche Auslegung der Unterlagen im Herbst seien zudem "zahlreiche Stellungnahmen" eingegangen, die nun ausgewertet würden. Voraussichtlich werde im ersten Halbjahr 2023 das Projekt dem Senat vorgelegt und dann im Abgeordnetenhaus behandelt bis zur Beschlussfassung. Über die Absender der Stellungnahmen äußerte sich die Senatsverwaltung nicht. Zu den Kritikern des Projekts gehören Naturschutzorganisationen.

Suche nach Umsiedlungsflächen für Kreuzkröten

Die Sprecherin der Bauverwaltung erklärte, dass man parallel zu diesen Verwaltungsvorgängen nun versuche, "die Kreuzkrötenpopulation auf mehrere Standorte umzusiedeln". So würden mehrere Flächen in Brandenburg derzeit geprüft. Ein Zeitpunkt stehe noch nicht fest. Ähnlich laufe es bei der Zauneidechse.

Die Kreuzkröte ist streng geschützt und vom Aussterben bedroht. Sie und die seltene Zauneidechse haben sich auf der Brache des ehemaligen Rangierbahnhofs im Norden Berlins zwischen Pankow und Heinersdorf angesiedelt und brauchen vor dem Baustart einen neuen Lebensraum.

Zweifel am geplanten Baubeginn

Zweifel am geplanten Baubeginn äußerte der Naturschutzbund (Nabu), der gegen eine Umsiedlung der heimischen Kreuzkrötenpopulation geklagt hat. "Selbst wenn wir vor Gericht unterliegen, selbst wenn die Umsiedlung genehmigt werden sollte - bis 2025 wird es nie etwas mit dem Bauen", teilte die Organisation auf Twitter mit. Erst müsse die Umsiedlung durchgeführt werden, und das könnte laut Nabu Jahre dauern.

Einfach ist die Suche nach einer möglichen Umsiedlung der Kreuzkröte nicht. Nach Einschätzung des Nabu kann diese Art nicht umgesiedelt werden. Ein Termin für die Verhandlung der Klage und damit ein mögliches Urteil ist dem Nabu bislang nicht genannt worden, wie Juliana Schlaberg, Nabu-Naturschutzreferentin, rbb|24 mitteilte.

"Die beste Lösung wäre, sämtliche Tiere auf der Fläche am Pankower Tor zu belassen und die Fläche von Bebauung oder sonstiger Nutzung frei zu halten", sagte Schlaberg. Die Tiere seien dort an die lokalen Gegebenheiten angepasst. Als Veränderung regte sie für das Areal an, entlang der Bahnschienen "Trittsteinbiotope" anzulegen, um den Arten die Wanderung in weitere Gebiete zu ermöglichen.

Voschlag des Nabu für ein Schutzgebiet auf dem für die Bebauung geplanten Areals "Pankower Tor" (Quelle: Nabu)Voschlag des Nabu für ein Schutzgebiet auf dem für die Bebauung geplanten Areals "Pankower Tor"

Nabu: Investor soll auf den Möbelmarkt verzichten

Schlaberg zufolge braucht allein die Prüfung einer möglichen Umsiedlung mehrere Jahre. So werde nach dem Finden einer geeigneten Fläche zunächst nur ein Teil der Kröten umgesiedelt: "Dies ist nicht schnell gemacht. Besonders die weiblichen Kreuzkröten von der Fläche abzufangen ist eine Herausforderung, da sie sich nur wenige Tage am Gewässer aufhalten." Nach dieser Teilumsiedlung könne erst von einem Erfolg ausgegangen werden, wenn "angesiedelte Tiere nachweisbar sind und erfolgreich reproduziert haben".

Hierfür brauche es nun "eine gute Planung unter Beteiligung der Stiftung für Naturschutz Berlin, der Senatsverwaltung und der Berliner Naturschutzverbände", um später "irgendwann mit dem Wohnungsbau beginnen zu können". Schlaberg sagte weiter: "Bis zu zehn Hektar müssen aber auch dann von Bebauung frei gehalten werden, um eine Teilpopulation der Kreuzkröten auf der Fläche zu belassen. Unser Vorschlag sieht vor, dafür vor allem auf den Möbelmarkt und die dazugehörigen Parkplätze zu verzichten."

Investor Krieger, Betreiber verschiedener Möbelhäuser (u.a. Höffner), hatte das Gelände an der S-Bahn-Trasse vor etwa zehn Jahren gekauft. Er plant für das rund 40 Hektar große Areal viele Gewerbeflächen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 10.11.2022, 19:30 Uhr

26 Kommentare

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  1. 26.

    Jeder Kreuzkröte steht ,,von Amts wegen,, eine 100 Quadratmeter Wohnung zu, dazu ein Tierschutz Beauftrager und natürlich Bürger/Tiergeld. Das nennt man dann Planet der Affen(Kröten).

  2. 25.

    Man sollte schon versuchen, die Kröten, Eidechsen, usw. umzusiedeln. So wie bei uns im Havelland, gibt es doch in Brandenburg, wahrscheinlich genügend geeignete Reviere. Bei uns und auch woanders in Brandenburg, ist die Siedlungsdichte gering und die Tiere, hätten ihre vollkommene Ruhe. Da sollten sich doch eigentlich Lösungen finden lassen.

  3. 24.

    Es liegt ein guter Vorschlag vom NABU auf dem Tisch. Was hindert den Investor daran, auch in den Erhalt der Natur zu investieren? Weitere Geschäfte sind nicht notwendig, davon gibt es überall in Berlin genug.

  4. 23.

    @ Sander, eigentlich hätte Berlin genug Wohnraum. Es gibt einfach zuviele Leute, die noch einen Koffer in Berlin haben. Wohnzweckentfremdung, Zweitwohnung, Spekulationsobjekte und nichtbenötigte Bürogebäude. Es sind vielmehr zuviele, die meinen, auch noch in Berlin wohnen zu wollen. Wenn ich nach München ziehen wollte, müsste ich tief in die Tasche greifen oder mir ausserhalb eine Wohnung suchen und in die Stadt pendeln.

  5. 21.

    Berlin ist auf Märkischenm Boden erbaut. Wer hat wohl wen verdrängt? Naja, wer der Natur entfremdet ist, liest sich sehr gut in einigen Kommentaren hier.

  6. 20.

    Wie lange zieht sich dieses Vorhaben nun schon hin?? Herr Krieger, an Ihrer Stelle hätte ich die Investition an diesem Standort, in diesem Land schon längst in die Tonne getreten und mich anderweitig (außerhalb Deutschlands) umgesehen. Ihre Geduld möchte ich haben...

    Grüße
    Navan

  7. 19.

    Es ist doch grundsätzlich egal was dort gebaut werden soll, es soll eben gar nichts vor 2025 begonnen werden und diese Stadt braucht nun mal Wohnraum, vorrangig bezahlbaren.

  8. 18.

    Diese Stadt ist einfach nur noch krank, in allen Bereichen wird behindert, demonstriert, Bauarbeiten abgebrochen oder gar nicht erst begonnen, aber alle klopfen sich für ihre herausragenden Leistungen freudestrahlend auf die Brust.

  9. 17.

    Kröten gegen Wohnraum - die Wohlmeinenden sitzen mit Sicherheit in der warmen, eigenen Stube …vermutlich noch mit WBS….

  10. 16.

    Weil wir hier in einer Großstadt sind und die Kröten hätten längst umgesiedelt sein können. Ansonsten bin ich sehr für Tierschutz, wo es SINNVOLL ist.
    Stadt = Habitat für Menschen, die haben hier Vorrang
    Feld Wald und Flur = Habitat für Tiere, haben dort Vorrang

  11. 15.

    Und Ende 2024 merkt man, daß man die vielen posierlichen Ratten vergessen hat umzusiedeln...

  12. 14.

    ".... DER Mensch... " ???
    Ziemlich pauschal, Ihre subtile Unterstellung, nicht wahr ?
    Ihnen - und allen anderen Menschen - stünde es doch frei, sich selbst den eigenen Darmbakterien gegenüber als für geringer zu erachten?! Also: Nur zu!

  13. 13.

    Rein hypothetisch gefragt, würden sich der NABU und andere Kröten-Liebhaber auch gegen eine Bebauung durch die Bahn wieder aussprechen, nachdem diese dem Investor die Fläche abgekauft hat? In Zeiten von Mobilitätswende, könnte die Bahn dort ein großes Umschlagzentrum für Güter errichten, um große Teile des Berliner Nordens mit Gütern des täglichen Bedarfs zu versorgen. Bahneigene E-Transporter, von Rewe, Edeka, Aldi, Lidl und andere Versorger beliefern dann die Supermärkte, Discounter, Baumärkte etc. von Pankow, Prenzlauer Berg, Wartenberg Reinickendorf und Mitte.

  14. 12.

    Na hoffentlich wird das genauso erfolgreich wie die Umsiedlung der Eidechsen vom ehemaligen Betriebshof Schöneweide vor etlichen Jahren….

  15. 11.

    So ist es, zumal nach meinen Informationen die Auffindungen/wiss. Nachweise(!)der Kreuzkröte um 2013 datieren sollen. Einen derartig, offensichtlich einmaligen Standort mit einer hochgeschützten Art hätte man doch zu einem § 32-Biotop oder Flächennaturdenkmal erklären müssen! Das hätte auch den Flächennutzungsplanern auffallen müssen (nachrichtl. Übernahmepflicht).
    Es soll sich, wenn ich richtig informiert bin, um den einzigen Standort der Kreuzkröte in Berlin handeln. Das kann ich mir von der Umgebung dieses Areals, das ja immerhin von wirklich stark frequentierte Verkehrswegen umgeben ist, kaum vorstellen. Aber gut, die Art ist halt schon mobil, das muss man schon zugeben, dennoch ein sehr bemerkenswerter Fundort!

  16. 10.

    Da gebe ich Ihnen Recht. Diese für mich unglaubliche Nachricht schaffte es sogar in eine Illustrierte mit großer Auflage, die ihren Editionsstandort im Westen D hat.
    Deshalb sage ich mal, welche Strategie verfolgt der Artenschutz? Warum wird das nicht berücksichtigt? Kann man mit dem angestrebten Bauverbot von Wohnungen die Kreuzkröte an diesem Standort, den ich seit mehr als 15 Jahre kenne, ohne diesen etwa untersucht zu haben, das sage ich auch eindeutig, wirklich auf Dauer schützen? Mit solchen real am Leben/an strategischen Aspekten vorbei vertretenen Standpunkten, wird der Artenschutz eher Unterstützer verlieren als gewinnen. Die FFH-RL 92/43/EWG gibt auch auf, Natur- und Artenschutz strategisch zu betreiben, war zw. den Zeilen zu lesen u. wurde später Natura 2000 spezifiziert.
    Die Abholzung des Baumbestandes im Ostteil der Stadt ist eben ein Unding, denn Baumreihen bieten v.a. thermisch-physikal. wirkende Leitlinien für bestimmte Arten o. schaffen nur Lebensraum.

  17. 9.

    Hihi, in HH- Bergedorf war es einmal die Tellerschnecke auf der grünen Wiese
    Nachdem für mehrere 100tsd. EURO dieses "einmalige " Vieh umgesiedelt wurde, musste man feststellen, dass sie überall in den Entwässerungsgräben in den Vier- und Marschlanden, dem Hamburger Gemüseanbaugebiet, heimischen ist.

  18. 8.

    Ein Spitzengespräch mit Bausenator Andreas Geisel (SPD) und Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Die Grünen), welches im Februar 22 avisiert wurde, sollte Klarheit über den Verbleib der Kröten bringen. Ergebnisse des Gespräches sind nicht bekannt. Die Kröten einfach nach Brandenburg umzusiedeln, fand NABU nicht zielführend. Investor Krieger, der das Projekt nun gern auf den Weg bringen möchte, wirft dem Berliner Senat vor, das Thema Naturschutzkonzept seit mehreren Jahren versäumt zu haben. Immerhin sind seit Stilllegung des Güterbahnhofes, auf dem das Pankower Tor nun entstehen soll, ein Viertel Jahrhundert ins Land gegangen, wo auch für NABU Zeit gewesen wäre, sich des Themas anzunehmen.

  19. 7.

    Die Kreuzkröten haben großes Glück, dass es in Pankow NUR um Wohnungen geht. Kein Glück hatten kürzlich mindestens 45 geschützte Bäume in Treptow. Für Bauarbeiten am Bundeskriminalamt wurden sie ruck zuck mit Sondererlaubnis gefällt.

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