Eifersucht als Motiv? - Suche nach Auftragskiller im Darknet kommt in Berlin vor Gericht
Ein 28-Jähriger, der im Darknet einen Auftragsmörder gesucht haben soll, steht ab Donnerstag in Berlin vor Gericht. Laut Anklage wollte er einen Killer auf den Partner eines Bekannten ansetzen, weil er auf diesen eifersüchtig war. Von Ulf Morling
Weil er im Internet einen Auftragsmörder gesucht haben soll, muss sich von Donnerstag an ein 28-Jähriger vor der Schwurgerichtskammer des Berliner Landgerichts verantworten. Laut Anklage wollte er den Partner des Mannes, in den er verliebt war, töten lassen. Im April war der Angeklagte in Dresden festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm versuchte Anstiftung zum Mord aus Eifersucht vor.
Bekannter wandte sich einem anderen zu
Den Ermittlungen der Polizei zufolge lernten sich der Angeklagte und der Mann, in den er sich später verliebte, im Jahr 2020 auf einer Internetplattform für schwule Männer kennen. Sie trafen sich zunächst in Dresden. Beide Männer sollen sich danach weiter zu freundschaftlichen Begegnungen getroffen und regelmäßig gemeinsam ein Fitnessstudio besucht haben.
Im Laufe der Zeit soll sich der heute 28-jährige Angeklagte in seinen Bekannten verliebt haben, obwohl dieser seit längerer Zeit eine Fernbeziehung zu einem Berliner unterhielt. Laut Ermittlern soll der Bekannte dem 28-Jährigen niemals Hoffnungen gemacht haben.
Als der Bekannte Ende des Jahres 2021 mit seinem Berliner Freund eine gemeinsame Wohnung in der Hauptstadt bezog und den Kontakt zu dem 28-Jährigen reduzierte, soll sich dessen Eifersucht gesteigert haben. Im Februar 2022 soll sich der Angeklagte entschlossen haben, im Darknet einen Killer zu suchen - für den Partner des Mannes, in den er unglücklich verliebt war.
Suche nach Profikiller per Internetformular
Mit dem Namen einer Manga-Comicfigur soll sich der Angeklagte auf einer Darknet-Seite zur Suche nach einem Auftragsmörder angemeldet haben. Auf sein mutmaßliches Pseudonym stieß allerdings eine investigative Journalistin: Sie recherchierte zu Plattformen, die Auftragsmorde anboten: Wie in einem Antragsformular einer Behörde oder einer Kleinanzeige musste bei dem Internetgesuch genau formuliert werden, wer getötet werden sollte, wie der Mord wirken sollte und wo das potenzielle Opfer zu erreichen war.
Am 7. März 2022 soll der Auftrag zur Tötung des Freundes seiner unerfüllten Liebe erteilt worden sein. Laut Staatsanwaltschaft habe der Angeklagte den Mörderlohn - Bitcoins im Wert von ungefähr 22.000 Euro - auf ein Anderkonto [ein Konto, auf dem jemand Vermögen von einem anderen verwaltet, Anm.d.Red.] überwiesen, um den potentiellen Täter zu motivieren.
In der Korrespondenz wurde zwar zuerst keine genau Anschrift der "Zielperson" angegeben, wie das potenzielle Mordopfer im Formular genannt worden sein soll. Aber mehrfach wurde darauf hingewiesen, dass der Bekannte - also die unerfüllte Liebe des Angeklagten - bei der Ausführung des Auftragsmords unter keinen Umständen verletzt werden dürfe. Dieser Mord könne wie ein Unfall oder Raub aussehen, um keinen Verdacht zu erwecken.
Durch den Auftragsmord sollte der Bekannte sozusagen frei werden für den Angeklagten, argumentiert die Staatsanwaltschaft. Sie nimmt Eifersucht als Mordmotiv im Schwurgerichtsprozess an.
Mordgesuch so unerfüllt wie seine Liebe
Im Mailwechsel auf der Auftragsmord-Plattform soll immer wieder auf Erledigung der Tat gedrängt worden sein - bis schließlich der Administrator der Seite selbst darauf hingewiesen haben soll, dass es sich um eine Betrugsseite handele.
Unterdessen wurde die investigative Journalistin weiter tätig: Sie informierte am 1. April 2022 das Bundeskriminalamt über den Fall und übergab später dem Landeskriminalamt (LKA) in Berlin ihre Unterlagen, inklusive der Kopien des Chats im Darknet.
In weiteren Ermittlungen des Berliner LKA wurde festgestellt, dass sich der Angeklagte - trotz der zuerst gescheiterten Suche nach einem Auftragsmörder - weiter um einen Profikiller bemüht haben soll. Am 8. April 2022 wurde die Wohnung des Angeklagten durchsucht und er festgenommen.
Vier Verhandlungstage angesetzt
Nach seiner Festnahme wurde der Verdächtige im Haftkrankenhaus untergebracht. In seinem Strafprozess wird zu klären sein, ob er psychisch krank ist und das eventuell seine Schuldfähigkeit zur Tatzeit mindern könnte.
Obwohl der Angeklagte laut Staatsanwaltschaft eine Anstiftung zum Mord begangen haben soll, erwartet ihn - das sagt Paragraf 26 des Strafgesetzbuchs - bei einer Verurteilung die gleiche Strafe wie einen ausführenden Täter.