Im Alter von 87 Jahren - Hauptbahnhof-Architekt Meinhard von Gerkan gestorben

Do 01.12.22 | 14:27 Uhr
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Archivbild:Der deutsche Architekt Meinhard von Gerkan am 01.11.2016.(Quelle:dpa/G.Fischer)
Video: rbb24 | 02.12.2022 | Material: rbb24 | Bild: dpa/G.Fischer

Er plante den Flughafen Tegel und den Berliner Hauptbahnhof: Der Star-Architekt Meinhard von Gerkan ist tot. Er starb am Mittwoch im Alter von 87 Jahren in Hamburg.

Der Architekt Meinhard von Gerkan ist tot. Er starb am Mittwoch im Alter von 87 Jahren in Hamburg, wie sein Büro GMP am Donnerstag unter Berufung auf die Familie am Donnerstag mitteilte.

Von Gerkan gehörte zu den prägendsten deutschen Architekten der Gegenwart und war auch international bei vielen Projekten im Einsatz. Das von ihm geleitete Hamburger Architekturbüro von Gerkan, Marg und Partner (GMP) baute in Deutschland unter anderem zahlreiche bekannte Funktionsbauwerke wie den Berliner Hauptbahnhof und die Berliner Flughäfen BER und Tegel.

1965 Gründung von GMP

Von Gerkan kam am 3. Januar 1935 im lettischen Riga zu Welt und verlor im Zweiten Weltkrieg seine Eltern. Nach seiner Flucht nach Westdeutschland wuchs er in Pflegefamilien auf, studierte Architektur und gründete 1965 in Hamburg die Sozietät GMP, die sich durch den Gewinn von Gestaltungswettbewerben schnell einen Namen machte. Von Gerkan und sein Team entwickelten sich in der Folge zu einem international gefragten Architektur-Team.

Heute arbeiten weltweit mehr als 400 Beschäftigte für das Büro GMP, das Hunderte erste Preise in Wettbewerbsverfahren gewonnen und mehr als 370 Bauten fertiggestellt hat. Darunter sind die Neue Messe Leipzig mit einer gläsernen Tonne über dem Mitteltrakt, die Flughäfen in Hamburg und Stuttgart, der Umbau des Berliner Olympiastadions sowie Fußballstadien in Südafrika und Brasilien.

Querelen beim Hauptbahnhof und beim BER

Von Gerkans Wirken war aber auch immer wieder von öffentlichen Kontroversen und Konflikten mit den öffentlichen Auftraggebern von Großprojekten verbunden. Für Schlagzeilen sorgte sein Streit mit der Deutschen Bahn beim Bau des Berliner Hauptbahnhofs, in dessen Verlauf der Konzern eigenmächtig das Glasdach über den Bahngleisen verkürzte und eine geplante feingliedrige Zwischendecke im Innern durch eine weit schlichtere Konstruktion ersetzte.

In der Folge kam es nach der Eröffnung des neuen Hauptstadtbahnhofs 2006 auch zu einem Rechtsstreit um Urheberrechtsfragen vor dem Landgericht in Berlin, den von Gerkan gewann. Später legten er und die Bahn unter deren damaligem Vorstandschef Hartmut Mehdorn diesen durch einen Vergleich bei.

Auch von Gerkans Beteiligung als Chefarchitekt an der Planung des neuen Berliner Flughafens BER stand teils unter keinem guten Stern. Das Projekt verzögerte sich durch Fehler beim Brandschutz, die von einer Baufirma zu verantworten waren. Allerdings kündigte die Betreibergesellschaft der gesamten Planungsgemeinschaft, also auch von Gerkan. Dagegen ging dieser juristisch vor. Später schrieb er auch ein Buch über das BER-Desaster.

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.12.2022, 13:00 Uhr

22 Kommentare

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  1. 21.

    Das verkürzte Bahnsteigdach des Berliner Hbf war dem Fertigstellungstermin geschuldet, der der Fußballeuropa- oder weltmeisterschaft untergeordnet war. Besser wäre gewesen, die Fußballspiele 1 Jahr später zu machen, als den Hbf noch vor Eröffnung zu verunstalten und so seine Brauchbarkeit einzuschränken. Schließlich ist Fußball nur einige Spiele, während der Hbf eine sehr wichtige Funktion im europäischen Bahnverkehr hat und die Funktionseinschränkungen jahrzehntelang zu spüren sind. Fußballergebnisse sind dagegen schnell vergessen. Warum wurden die Architekten beim BER fristlos gekündigt? Waren sie schuld an den Bauverzögerungen?

  2. 20.

    Wollen Sie verstehen, dass es hier im Artikel um einen guten Architekten und nicht um Standorte geht?

  3. 19.

    Da steht: Von der Architektur her...
    Jedesmal deuten Sie um. Da kann man ja immer wieder solange dasselbe posten, bis es angekommen ist.

  4. 18.

    In Tegel haben Sie den Anflug über die Stadt genossen, solidarisieren sich aber mit den Anwohnern von Schönefeld, die sich über den Fluglärm beklagen. Finde den Widerspruch. Tegel war in der toll in der Funktion, für die er gedacht gewesen ist: Als Regionalflughafen für das eingemauert West-Berlin. Die Idee zu dessen Grundriss mit den kurzen wegen ist aber schon älter, nur waren ähnliche Terminal davor meist eher rund.

  5. 17.

    Von der Architektur her, war Tegel das Beste (Flughafen), was es je gegeben hat. Da hat Herr Gerkan sich ein Denkmal verdient. Der Anflug auf Berlin gehörte zu den Schönsten weltweit überhaupt. Und dann die kurzen Wege als Belohnung... sensationell.

  6. 16.

    Einige planerische Mängel wie die Bahnsteigbreiten wurden zu Recht kritisiert. Die Zwischenebenen sind aber ganz banal technisch erforderlich und haben sich aus den erforderlichen Höhenlagen der Stadtbahn und des Tiefbahnhofes ergeben. Zudem sollte durchaus hinterfragt werden, warum die Aufzüge so klein und langsam sind.

  7. 15.

    Danke für TXL, ich vermisse ihn sehr.

  8. 14.

    Ich finde es etwas unangemessen, dass die Kommentarfunktion hier aktiviert wurde. Bei anderen Todesmeldungen oder persönlichen Geschichten deaktiviert man sie ja richtigerweise auch. War doch abzusehen, dass sich hier nur wieder jede Menge hobbylose Menschen ewig über den Bahnhof oder den Flughafen auslassen würden. Wer möchte das (zum x-ten Mal) lesen? Was hat das mit dem Tod eines Menschen zu tun?

  9. 13.

    Erst einmal muss man es ja schaffen, überhaupt den richtigen Aufzug zu finden, sonst landet man auf dem falschen oberen Gleis.

  10. 12.

    …schon mal versucht, mit Kinderwagen, Rollator, Rollstuhl oder Fahrrad ….. am unteren Bahnsteig ankommend, einen Anschlusszug am oberen Bahnsteig zu erreichen? Es gibt sehr hübsche kleine Aufzüge aus Glas- sehr sehens- und „erlebenswert“.
    Ich versuche, wann immer es möglich ist, dieses Kaufhaus mit Gleisanschlüssen zu meiden: unübersichtlich, laut und viel zu voll. Ein- und Aussteigen- Horror für mich. Zum Glück gibt es noch andere Bahnhöfe und die S-Bahn. Pech für Ortsunkundige.
    Das Gebäude mag ja ganz nett aussehen- zweckmäßig finde ich es nicht. Ok- andere sehen das anders. Es ist eben kein Bahnhof für alle.

  11. 11.

    Eine Möglichkeit wäre es bspw., die Fahrstühle nur auf -2 und der +2 - Ebene halten zu lassen und die Zwischenetagen dabei auszulassen. Damit wäre dem Charakter als Umsteigebahnhof Rechnung getragen und für Fahrgäste mit schweren Koffern wäre die Fahrstuhlfahrt nicht so aussichtslos wie heute. Eine andere Möglichkeit sehe ich dabei nicht. 10 Minuten wartet wirklich niemand auf einen Fahrstuhl.

  12. 10.

    Schief blieb es schon. Und darum geht es mir. Das aber ist ein Merkmal vom gesamten seinerzeitigen West-Berlin, wie auch auf andere Weise Ost-Berlin: Groß hinauszugreifen und dann zu merken, dass die Realitäten doch andere sind.

    In anderen Städten gibt es das sehr wohl auch, doch die beiden Berlins in ihrem künstlich eröffneten Gegensatz waren darin "Spitze." Neben dem Hansaviertel und der Karl-Marx-Allee, die als Kandidaten für ein Weltkulturerbe stehen, wäre auch das ungebaute Berlin in beiden Stadthälften sehr wohl "welterbeverdächtig". Das meine ich gar nicht höhnisch, sondern beschreibend und neutral.

  13. 9.

    Dieser Hauptbahnhof ist sehr schlecht für Reisende. Immer diese Zwischenetagen mit Shopping! Ein Bahnhof sollte übersichtlich sein und möglichst barrierefrei zu nutzen. Es muss ja nicht gleich der Leipziger Bahnhof sein, aber ein bisserl mehr Orientierung an den Bedürfnissen der gepäckbeladenen Bahn-Fahrer!

  14. 8.

    Dass Tegel seinerzeit kein zweites Sechseck bekam, war folgerichtig. TXL war eben ein Provinzflughafen und wurde erst mit der Wende aus diesem Dornröschenschlaf gerissen. Dann aber musste es schnell gehen und so war das schmucklose Terminal C nur folgerichtig. Zu Mauerzeiten wäre TXL einfach mit einer weiteren Empfangshalle überproportioniert gewesen. Ich denke, dass auch Gerkan damit keinen Schmerz hatte, denn er hat sich mit Tegel trotz alledem ein Denkmal gesetzt. Dieser Flughafen hatte seine Ära, heute ist sie folgerichtig abgelaufen. Ob der BER ein würdiger Nachfolger ist, darüber kann man wohl sehr trefflich streiten.

  15. 7.

    "Ich glaube nicht, daß die damals versprochenen Ergänzungen jemals kommen werden."

    Ich denke auch, dass das Ding "durch" ist.
    Es sei denn, dass in etlichen Jahren die Schienen vollkommen verschlissen sind und bspw. zuerst die mittleren vier Gleise völlig neu verlegt werden müssen, sodass dann auch zeitgleich an die Decke herangegangen werden kann und im 2. Bauabschnitt dann folgend an die äußeren 2 + 2 Gleise mitsamt dieses Teils des Deckenbereichs.

    Dazu müsste es allerdings schon vorab eine Verzahnung der beiden Angelegenheiten geben. Ich fürchte allerdings, dass ein jahrelanger, typisch-deutscher Streit um ein "Hauptbahnhofs-Deckenbekleidungs- und Schienensanierungsgesetz" dem Anliegen keine Chance geben würde. ;-

  16. 6.

    Das fehlende Dach auf der oberen Ebene ist wahrlich kein Ruhmesblatt für die Bahn, zumal man es dem Bahnhof ansieht, dass er an dieser Stelle unvollendet ist. Die schlichtere Decke im Untergeschoss dagegen springt keineswegs sofort ins Auge und es war durchaus vernünftig, statt weiter ausufernder Kosten diese Lösung zu wählen. Was ich als weit gravierender empfinde, und das wurde hier auch bereits erwähnt, sind die extrem schmalen Bahnsteige, die gerade an den Treppen schon fast zum Sicherheitsrisiko werden. Da stimmt das Verhältnis von Treppen- zu Bahnsteigbreite leider überhaupt nicht. Welchen Anteil der Architekt an dieser Misere hat, weiß ich aber auch nicht. Zu viele Köche haben an diesem Brei mitgewirkt und ein Architekt muss eben am Ende doch die Wünsche seiner Kunden umsetzen.

  17. 5.

    Der Hauptbahnhof ist schon in der Tat ein großer Wurf; dennoch ist zu merken, dass weder Volkwin Marg noch Meinhard von Gerkan passionierte Bahnfahrer sind. Dass es garnicht verhindert werden kann, dass Menschen mit Koffern auch noch die engst belassenen Stellen am Bahnsteig zustellen, war ihnen darum nicht bewusst, ebenso, dass Gehende am Bahnsteig regelmäßig in den Sicherheitsbereich entlang der Bahnsteigkante gehen müssen. Ein ein Meter breiterer Bahnsteig und ein zwei Meter schmälerer Auf- und Abgang hätte das Bauwerk weniger imposant erscheinen lassen, weil von ganz unten weitaus schwieriger nach ganz oben hätte geblickt werden können, doch praktischer wäre es zweifellos gewesen.

    Ich bin nur gespannt, wie die Bahn mittel- u. langfristig darauf reagiert: Große Schilder aufstellen, dass ein Aufenthalt entlang der Begrenzungen in Höhe der Auf- und Abgänge aus Sicherheitsgründen unstatthaft ist? Ansprache Derjenigen, die sich dort trotzdem aufhalten?

  18. 4.

    Ich finde den Hbf sehr gelungen.
    Modern und trotzdem brauchbar zum Umsteigen mit viel Service.
    Ganz im Gegensatz zum Flughafen BER mit seiner puren Schmucklosigkeit und fehlendem Service (nur ein Restaurant, 2 Bistros)
    Was ich am Hbf schade finde, ist die schmucklose Decke im Untergeschoss und die verkürzte Überdachung im Obergeschoss.
    Zu Recht hat der Architekt diese Einsparungen bemängelt.
    Ich glaube nicht, daß die damals versprochenen Ergänzungen jemals kommen werden.

  19. 3.

    Unabhängig der ökologischen Problematik des Luftverkehrs und des verdienten Abgangs von Tegel: Sowohl der Flughafen Tegel als auch der Berliner Hauptbahnhof sind schon im frühen Stadium unvollendet geblieben. Bei Tegel blieb das zweite Empfangsgebäude-Sechseck unberücksichtigt, beim Hauptbahnhof war es ein Teil des oberirdischen Bahnsteigdaches, vor allem aber die gewölbeartige Decke des Tiefgeschosses, sodass eine langweilige, allerweltliche Deckenbekleidung im unterirdischen Teil des Hbfs. den Fahrgästen entgegenprangt.

    Maßstabgebend blieb es dennoch, was Gerkan entwarf, auch wenn es andere teilweise "versemmelten".





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