Künstliche Industriechemikalie - Hohe Konzentration von PFAS in der Spree nachgewiesen

So 02.04.23 | 14:12 Uhr
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Spree in Berlin
Video: Abendschau | 01.04.23 | Anna Bayer | Bild: Jörg Carstensen

PFAS sind wasser- und fettabweisende Chemikalien und werden daher zum Beispiel für Regenjacken oder Teflonpfannen genutzt. Doch PFAS sind auch besonders langlebig und reichern sich gefährlich an. Auch in der Spree, wie jetzt festgestellt wurde.

Die Berliner Spree ist an einigen Stellen erheblich mit der Industriechemikalie PFAS belastet. Das hat ein Recherchekollektiv von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" herausgefunden. Über 8.000 Nanogramm PFAS wurden in der Spree nachgewiesen.

In einer neuen Verordnung, die der Bundesrat kürzlich auf den Weg gebracht hat, müssen Versorger ab 2026 sicherstellen, dass in Trinkwasser der Wert von 20 PFAS-Stoffe in der Summe nicht 100 Nanogramm pro Liter überschreiten darf. Für die vier bedenklichsten PFAS ist ab 2028 sogar ein Höchstwert von 20 Nanogramm pro Liter vorgesehen. [tagesschau.de]

PFAS steht für “per- and polyfluoroalkyl substances” (per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) und wird als Sammelbegriff für eine Gruppe synthetischer Chemikalien verwendet. Sie werden zum Beispiel für wasserabweisende Textilien benötigt oder zur Herstellung von schmutz- oder wasserabweisenden Papieren. Auch in Feuerlöschschaum kommen sie vor.

Problematisch ist die Entsorgung: PFAS bauen sich nur langsam ab und werden deshalb auch "Ewigkeits-Chemikalien" genannt. Reichern sie sich zum Beispiel im Körper an, können sie gefährlich werden. Einige PFAS-Verbindungen machen nachweislich krank, bei anderen sind die Auswirkungen noch nicht bekannt [umweltbundesamt.de].

PFAS schon in Muttermilch nachgewiesen - genau Folgen noch nicht vollumfänglich klar

Ein konkrete, unmittelbare Gefahr stellt die Spree für die Berliner laut Dorothee Saar von der Deutschen Umwelthilfe vorerst nicht dar. Kaum jemand würde bisher in der Spree baden gehen oder deren Wasser trinken, sagt sie. "Aber über das Wasser gerät es auch in die Fische. Und so geraten diese Stoffe in unseren menschlichen Körper und lagern sich dann ab", sagt sie. Mittlerweile wurden PFAS selbst in Muttermilch nachgewiesen.

Die genauen Folgen sind noch nicht vollständig erforscht. Laut Dorothee Saar sehen Experten Hinweise darauf, dass PFAS mit erhöhten Cholesterinwerten und Schäden an der Leber, den Nieren oder an der Schilddrüse in Zusammenhang steht. Auch könnten PFAS möglicherweise frühzeitige Geburten auslösen.

Senat: Kläranlagen in Spreenähe eine der Ursachen

Ursache für die hohen Konzantrationen sind laut der Senatsverwaltung kommunale Kläranlagen, die Abwasser in die Spree leiten. Die Recherchen von NDR, WDR und "SZ" lassen außerdem vermuten: Es könnte an Unternehmen oder Entsorgungsbetrieben liegen, die in der Nähe der Spree mit PFAS arbeiten. Laut Dorothee Saar gibt es auch einzelne Auslöser - wenn es zum Beispiel zu Vorfällen im unmittelbaren Umfeld von Chemieunternehmen kommt. "Ansonsten erfolgt diese Anreicherung vor allem darüber, dass entweder bei der Herstellung oder bei der Entsorgung von Produkten, in denen PFAS verwendet werden, diese Stoffe freigesetzt werden und sie sich in der Atmosphäre schnell aufspalten und dann eben in Wasser und Boden niederschlagen", sagt Dorothee Saar.

Umfassende Auswertung erst Mitte des Jahres

Offiziell von den Behörden bestätigte Fälle gibt es an sechs Orten in Berlin: Neben der Spree noch bei der General-Steinhoff-Kaserne in Kladow, am Flughafen Tempelhof, in Schmöckwitz, am Teltowkanal und am Flughafen Tegel. Dort wird seit September das Grundwasser unter großem Aufwand mit einer speziellen Pumpe von den PFAS gereinigt.

Es könnte auch sein, dass das Grundwasser noch an mehr Stellen in Berlin verunreinigt ist. Eine systematische und umfassende Auswertung von PFAS im Grundwasser liegt der Senatsverwaltung für Umwelt zufolge aber erst Mitte dieses Jahres vor.

Sendung: rbb24 Abendschau, 01.04.23, 19:30 Uhr

20 Kommentare

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  1. 20.

    Wenn Sje den Kommentarstrang gelesen hätten, wüssten Sie, dass es in dem um Fabrikabwässer im Speziellen geht.

  2. 19.

    Wenn sie meinen Kommentar zu Ende gelesen hätten, wüssten sie, dass ich von der Spree schrieb.
    Und darum gehts ja in diesem Artikel, um die Spree.

  3. 18.

    »PFAS also in der selben Größenordnung wie Blei? Klingt doch sehr sinnvoll, wenn sie sich, wie Blei, im Gewebe im Verlauf des Lebens anreichern.«

    Können Sie mir Fälle nennen, in denen Menschen an einer PFAS-Vergiftung erkrankt sind, nachdem sie Trinkwasser getrunken haben? Ganz ehrlich, ich würde mir beim Spreewasser eher Sorgen um die Kontamination mit diversen Keimen als mit PFAS machen. Trinken sollte man dieses Wasser so oder so nicht.

  4. 17.

    »Lesen Sie mal was einige Örtlichkeiten in Bayern für Probleme mit PFAS haben. In den USA sind Flüsse und Seen über Grenzwert belastet.«

    Wie viele Menschen wurden denn in Bayern schon wegen einer PFAS-Vergiftung klinisch behandelt? Haben Sie da eine Zahl.

    Danke im voraus!

  5. 16.

    »Mit Ihrer Antwort offenbaren Sie nur Ihr Unwissen über die Materie. Das "spannende" ist ja gerade, dass die Substanzen oft hormonähnlich wirken. In Ihrem Körper kommen Hormone auch nur in extremst niedriger Konzentration vor. Dennoch entscheiden diese z.B. über Ihr Geschlecht. Der Vergleich mit Blei ist völlig sinnfrei.«

    Damit ein Stoff wirken kann, muss er eine bestimmte Konzentration haben. Die Tatsache, dass Sie einen Stoff nachweisen können, heißt nicht, dass davon auch eine Gefahr ausgeht.

    Die Grenzwerte der anderen Giftstoffe habe ich genannt, um das ganze in ein Verhältnis zu setzen. Arsen, Uran, Blei und Quecksilber gelten nicht unbedingt als gesundheitsfördernd, dennoch liegen die Grenzwerte da bei 10 Mikrogramm bzw. 1 Mikrogramm für Quecksilber pro Liter.

  6. 15.

    »Für verschiedene Stoffe werden nach wissenschaftlichen Studien Grenzwerte festgelegt, das kann man absurd nennen.«

    Also Arsen ist in Ihren Augen harmlos?

  7. 14.

    Hat man bei Ihnen nicht auch Trinkwasserbrunnen massiv in der Förderung drosseln müssen, weil zu Ihrer Zeit extrem viele Chemikalien ins Grundwaswer gelangt sind?

  8. 13.

    Wie sollen die PFAS aus dem Auto in das Abwasser der Fabrik gelangen? Wenn due Klimaanlage wie vornehmen angenommen später undicht word, verdampft das Kältemittel, kommt aber nicht von allein in das Werk zurück

  9. 12.

    Lesen Sie mal was einige Örtlichkeiten in Bayern für Probleme mit PFAS haben. In den USA sind Flüsse und Seen über Grenzwert belastet.

  10. 11.

    Womit SIEMENS unseren Wärmepumpentrockner gefüllt hat vermag ich nicht zu sagen aber der funktioniert seit 10 Jahren fehlerlos. Großwärmepumpen sind leider bisher sehr oft mit F-Gas betrieben. Gibt es einen aussagekräftigen Artikel. Autoklimaanlagen werden oft schlampig gewartet und das Zeug landet dann wo ? Es steht in der Überschrift. Nun kommen Sie mir nicht mit dem "Koreaner", Da ist die Leckrate vernachlässigbar.

  11. 10.

    Na sie haben es bereits angesprochen. In der Verdampfersubstanz. Und da im Auto die Klimaanlage nicht aus den qualitativ hochwertigen Bauteilen besteht, wie beispielsweise der Kühlschrank oder die großen Wärmepumpen, sind Leckagen aufgrund von Undichtigkeiten vorprogrammiert. Und bei Leckagen gelangt das Zeug final in die Gewässer, also auch in die Spree.

  12. 9.

    Mit Ihrer Antwort offenbaren Sie nur Ihr Unwissen über die Materie. Das "spannende" ist ja gerade, dass die Substanzen oft hormonähnlich wirken. In Ihrem Körper kommen Hormone auch nur in extremst niedriger Konzentration vor. Dennoch entscheiden diese z.B. über Ihr Geschlecht. Der Vergleich mit Blei ist völlig sinnfrei.

  13. 7.

    PFAS also in der selben Größenordnung wie Blei? Klingt doch sehr sinnvoll, wenn sie sich, wie Blei, im Gewebe im Verlauf des Lebens anreichern.

  14. 6.

    Bleibt zu hoffen, daß die Wassereinleitung von Tesla in die Spree auch bezüglich PFAS überprüft wird und da eine Reinigung möglich scheint, diese bei Bedarf auch vorschreibt.

  15. 5.

    Mal schauen, wann hier jemand, der eine Wärmepumpen mit PFAS in der Küche stehen hat, darüber lästert, dass PFAS auch in Wärmepumpen zum Heizen enthalten seien, obwohl deren Hersteller vielfach längst auf das halogenfreie R290 als Kältemittel umgestellt haben

  16. 4.

    Für verschiedene Stoffe werden nach wissenschaftlichen Studien Grenzwerte festgelegt, das kann man absurd nennen.
    Maik Kretschmar sollte mal eine Flasche Imprägniermittel für Textilien trinken, da ist viel PFAS drin, das wäre ein Beweis, das der Grenzwert absurd ist. Bin auf das Ergebnis gespannt.

  17. 3.

    8000 Nanogramm sind 8 Microgramm sind 0,008 Milligram sind 0,000008 Gramm sind 0,000000008 Kilogramm pro Liter. Hier von einem Risiko zu sprechen, ist schlicht absurd.

    Zum Vergleich: Der gesetzliche Grenzwert für Blei im Trinkwasser liegt bei 10.000 Nanogramm pro Liter, der für Arsen ebenfalls. Der gleiche Grenzwert gilt übrigens für Uran im Trinkwasser. Nur der Grenzwert für Quecksilber liegt mit 1000 Nanogramm pro Liter niedriger.

    Alle Grenzwerte gemäß Trinkwasserverordnung (TrinkWV).

  18. 2.

    Doof für alle die in der Spree angeln.
    Aber auch das Berliner Leitungswasser ist teils Oberflächenwasser aus dem Müggelsee, teils Grundwasser. Ist es auch belastet?
    Und die Havel? Was ist mit dem Strandbad Wannsee?

    Die fertige Analyse wird spannend.

  19. 1.

    Umland?

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