Jugendstudie - Interesse an politischer Beteiligung sinkt bei Brandenburger Jugendlichen

Mo 18.09.23 | 15:26 Uhr
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Symbolbild:Jugendliche sitzen in einem Park auf dem Boden.(Quelle:picture alliance/SvenSimon)
Audio: Antenne Brandenburg | 18.09.2023 | Nico Hecht | Bild: picture alliance/SvenSimon

Politisches Engagement ist für Brandenburger Jugendliche nicht mehr so wichtig wie noch vor einigen Jahren, das zeigt die neue Jugendstudie. Viele meinen, es soll "Schluss mit dem Gerede über unsere Schuld gegenüber den Juden" sein.

Jugendliche in Brandenburg sind kaum noch bereit, sich politisch zu engagieren. Das ist ein Ergebnis der Brandenburger Jugendstudie 2022/23, die am Montag in Potsdam vom Landesbildungsministerium vorgestellt wurde. Selbst die Bereitschaft sich an Wahlen zu beteiligen, ist demnach rapide gesunken.

Nur wenige Jugendliche (12,2 Prozent) können sich laut der Studie vorstellen, selber in einer politischen Bewegung aktiv mitzuwirken. Gut 60 Prozent wollen außerdem unter keinen Umständen einer Partei beitreten.

Nur etwas mehr als die Hälfte (51,8 Prozent) der befragten 12 bis 23 Jahre alten Brandenburger Jugendlichen kann sich vorstellen, künftig an einer Wahl teilzunehmen. Der Wert sei im Verlgleich zur letzten Befragung 2017 um gut 20 Prozentpunkte gefallen, hieß es.

Nur ein Drittel fühlt sich von Politik beachtet

Die Jugendlichen fühlen sich in ihren Orten zwar, bei Angelegenheiten die auch sie betreffen, gehört, allerdings sagen nur 35 Prozent, dass ihre Interessen von der Politik dann auch beachtet werden.

Gleichzeitig fühlten sich 8,7 Prozent sehr fremdbestimmt, der höchste Wert seit 1996 (3,3 Prozent). "Dies verwundert nicht nach den Erfahrungen mit den Corona-Maßnahmen, die sehr tief in die Entscheidungsfreiheit der jungen Menschen eingriffen", sagte Andreas Pöge von der Uni Potsdam, der Autor der repräsentativen Studie.

Knapp die Hälfte will Ende der Schuld gegenüber Juden

Laut der Studie ist bei den Jugendlichen die Anfälligkeit für rechtsextreme Einstellungen seit 2017 leicht gesunken. Die Mehrheit ist demnach der Meinung, man solle Ausländer willkommen heißen (64,9 Prozent), sie seien eine Bereicherung für Deutschlands Kultur (50,5 Prozent) und sollten auf dem Arbeitsmarkt gleiche Chancen bekommen (89,1 Prozent). 44,1 Prozent hingegen finden, es gebe in Brandenburg zu viele Migranten.

Die knappe Hälfte (47,2 Prozent) meint, dass "Schluss mit dem Gerede über unsere Schuld gegenüber den Juden" sein solle. Jeweils ein knappes Viertel (24 Prozent) ist der Meinung, der Nationalsozialismus habe "auch seine guten Seiten gehabt" und die Deutschen seien "anderen Völkern überlegen" (22,8 Prozent). Diese Einstellungen seien vor allem an Oberschulen und Oberstufenzentren verbreitet.

Großteil der Jugendlichen zufrieden

Während nach den Ergebnissen der Studie dem Ziel "Aktiv am politischen Leben teilnehmen" die geringste Bedeutung zugemessen wird, ist das Bedürfnis nach materieller Sicherheit gestiegen. "Viel Geld verdienen" und "Materiell abgesichert sein" war für 87,1 Prozent beziehungsweise 94,1 Prozent ein Lebensziel, vor sechs Jahren lagen diese Werte bei 79,1 Prozent beziehungsweise 89,2 Prozent.

Insgesamt zeigen sich laut der Studie aber mehr als 95 Prozent der Jugendlichen "zufrieden" oder "eher zufrieden" mit ihrem Leben in Brandenburg. 87,5 Prozent sehen auch ihre beruflichen Chancen optimistisch. Die drei bedrohlichsten Entwicklungen für die Jugendlichen in Brandenburg sind die Inflation, mangelnde Energieversorgung und der Klimawandel.

Sendung: Antenne Brandenburg , 18.09.2023, 15:30 Uhr

 

23 Kommentare

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  1. 23.

    Ich habe keine Ahnung, was Sie tief erblicken. Ich hatte Staatsbürgerkundeunterricht, Sie auch?
    Allerdings hatte ich auch Eltern, Großeltern und eine Urgroßmutter, die mit uns Kindern über ihre Erfahrungen redeten. Z.B. über polnische und französische Zwangsarbeiter, die ihnen zugeteilt wurden als Opa und Uropa in den Krieg mussten. Die Landwirtschaft musste ja weitergehen und dann wurden die Hunde an die Hoftür platziert, weil es Strafen gab, wenn die Zwangsarbeiter gemeinsam mit der Familie an einem Tisch aßen. Solche Geschichten schärfen die Sinne. Die Männer in der Familie sind nicht mit Feuereifer in die Kriege gezogen, sie mussten. Den Frauen blieb nichts anderes übrig, als allein zu wirtschaften und ein Architekt und ein Buchhalter waren sicher kein Ersatz für zwei Bauern, aber sie wurden wie Menschen behandelt, freundlich und sozial, nicht wie Dreck, so wie es viele "überzeugte" Nachbarn machten.

  2. 22.

    "aber das sind doch auch Suggestivumfragen, gerade bei der mit Juden."
    Das ist schon interessant, dass Sie sich genau diesen Punkt "herauspicken", zumal Sie gar nicht wissen, wie die Fragen gestellt worden sind. Eine Suggestivfrage wäre in diesem Fall z.B.: finden Sie nicht auch, dass Schluss mit dem Gerede über unsere Schuld gegenüber den Juden sein solle. Erst der Zusatz "finden Sie nicht auch" würde es zu einer Sugesstivfrage machen. Studien finden aber so statt, dass man Ohne Beeinflussung bestimmte Auswahlmöglichkeiten hat, meistens etwas in der Art wie:
    1. Stimmen Sie dem zu
    2. Stimmen Sie dem nicht zu
    3. Ich habe keine Meinung dazu
    ohne vorher die Meinung in eine bestimmte Richtung lenken zu wollen. Das wäre ja auch völlig sinnlos. Es sei denn, Sie gehen davon aus, dass diese Studie "bewusst" in eine Richtung gelenkt werden sollte, was aber bestimmt nicht der Fall war.

  3. 21.

    Ihr Kommentar zeigt dass nicht nur der Rechtsextremismus unter Brandenburger Jugendlichen wächst.

    Traurig aber wahr.

  4. 20.

    Für mich ist die 68 -er Bewegung eine reiner Chaotenhaufen, die Leute haben damals alles in Frage gestellt. Wenn man nicht in der DDR gelebt hat kann man das Ganze auch nicht beurteilen und sollte sich mit Bewertungen stark zurückhalten.
    Ein Ergebnis dieser damaligen Bewegung sind zum Beispiel die Grünen. Vielleich erinnern sie sich, dass es grüne Politiker waren, die die Terroristen der RAF verteidigt haben. In manchen Situationen wär mir ein Diktatur lieber, dann gäbe es ganz sicher nicht die Chaoten die ständig die Straßen blockieren.

  5. 19.

    Also ich finde die Jugendlichen haben größtenteils recht, aber das sind doch auch Suggestivumfragen, gerade bei der mit Juden.
    Ich denke ohne die würden in anderen Ländern genau das gleiche Ergebnis herauskommen.

  6. 18.

    Zitat: "In der ehemaligen DDR wurde die Zeit des Nationalsozialismus sehr umfänglich behandelt. Es wurde aber auch darüber gesprochen, dass gerade im Westen . . ."

    Sie schreiben es doch selbst - nämlich, dass die Aufarbeitung "behandelt" wurde. Das allerdings im ideologisch vorgegeben Sinne von handhaben/bearbeiten und nicht in Form einer selbstkritischen Analyse. Eine Aufarbeitung, wie sie in der BRD bspw. im Zuge der sog. '68er Bewegung stattfand, gab es in der DDR nicht. Denn sonst hätte man eine grundsätzliche Diskussion über Diktaturen zulassen müssen, was natürlich nicht gewollt war.

  7. 17.

    Bin voll Ihrer Meinung und halte von den Herabsetzungen des Wahlrechtsalters aufgrund mir erscheinender fehlender Reife der 16-18 jährigen nichts, die oftmals nur etwas nachplappern, ohne zur differenzierten Betrachtung fähig zu sein, während afd und Co. nichts besseres einfällt, deren mometane Wahlumfrageergebnisse als Erfolge zu feiern. Bei der Bürgermeisterwahl in Seelow ist das in die Hose gegangen, indem der afd-Kandidat vom Wahlvolk abgestraft wurde.

  8. 16.

    "Arno Nym" weist lediglich darauf hin bzw. kritisiert, dass Rechtspopulisten den Menschen für sehr komplexe Probleme und Sachverhalte, welche Menschen leicht überfordern können, gerne vermeintlich einfache Lösungen anbieten, welche letztendlich aber keine Lösungen sind. Die vom Problem/Sachverhalt überforderten (=Kontrollverlust) Menschen tenderieren dann zur vermeintlich einfachsten Lösung, um Kontrolle zurückzugewinnen. Ein gängiges psychologisches Phänomen, das sich Rechtsextreme zu nutzen machen. Um das zu erkennen, muss auch niemand Psychologie studiert haben. Nur im Geschichtsunterricht aufgepasst haben...

    Ich glaube, Sie haben "Arno Nym", der sich ganz klar gegen Rechtsextremismus positioniert hat, einfach missverstanden.

  9. 14.

    "dass die afd, die den Nationalsozialismus und den Holocaust mit einem Vogelschiss vergleicht, immer mehr an Einfluss gewinnt und mit ihren >einfachen< Lösungen junge Menschen fängt". Ist das mit einfachen Lösungen Ihre Meinung? Worin sollen die "einfachen Lösungen" denn bestehen, außer NS-Staat 2.0 ???

  10. 13.

    "Es wurde aber auch darüber gesprochen, dass gerade im Westen nach dem Krieg viele Nazis wieder in den Staatsapparat eingegliedert wurden". Soso! Wurde in der DDR denn auch darüber gesprochen, wie ehemalige Wehrmachtsgeneräle hofiert wurden, die sich in derselbigen niedergelassen hatten bzw. welch strahlende Karriere manch Euthanasiearzt später absolvierte (DDR-Nationalpreisträger)? Wie wurde eigentlich überhaupt die Existenz des späteren DDR-Gebietes zwischen 1933-1945 erklärt, als Vakuum?

  11. 12.

    Dass Sie den Spruch "die Partei hat nicht immer Recht" zitieren, lässt blicken. In einer Demokratie ist es NORMAL, dass 80.000.000 Bürger auch 80.000.000 Meinungen haben - es gibt niemanden der einfach nur immer Recht hat und es gibt darauf auch keinen Anspruch. Der Anspruch in einer Demokratie ist, dass Meinungen demokratisch aus vielen Blickwinkeln diskutiert werden. Und dazu braucht es Respekt und das Verständnis dafür, dass die Wahrheit ganz oft in der Mitte zwischen zwei o. mehreren Positionen liegt. Und das klappt hier im Land gar nicht mehr. Seit dem die aggressive blau-braune-KGB-Desinfirmationskampagne übers Land rollt wird hier nur noch mit Schaum vorm Mund gezertert, aber nicht mehr mit Respekt diskutiert. Und das ist demokratisch unanständig. Und Kinder brauchen einen demokratischen Diskurs, in dem mit Respekt diskutiert wird, um dort hineinwachsen zu können. Sie haben etwas ganz anderes gelesen, als ich geschrieben habe.

  12. 11.

    So einen dummen Beitrag habe ich schon lange nicht gelesen. In der ehemaligen DDR wurde die Zeit des Nationalsozialismus sehr umfänglich behandelt. Es wurde aber auch darüber gesprochen, dass gerade im Westen nach dem Krieg viele Nazis wieder in den Staatsapparat eingegliedert wurden, egal wie tief sie in dem Nazistaat integriert waren

  13. 10.

    Solange Deutschland ein freies Land bleibt, wird das Gedenken an Staatsverbrechen immer und überall ständig bleiben, da können sich dem Rechtsextremismus verbundene noch so aufregen.

  14. 9.

    In einem Bundesland, in dem rund ein Viertel der befragten jungen Menschen meint, der Nationalsozialismus hätte "auch seine guten Seiten gehabt" und knapp die Hälfte historische Verantwortung mit Schuld zu verwechseln scheint, nicht wirklich verwunderlich.

  15. 8.

    Erst vor kurzem hat sich eine Brandenburgerische Jugendliche gegen rechts engagiert. Mit dem Ergebnis, dass Morddrohungen gegen sie an Wände gesprüht wurden. Wundert mich nicht, wenn der Wille zur politischen Beteiligung nachlässt...

  16. 7.

    Nachtrag: Schörner wurde angeboten Generalinspekteur (Rang wurde dann als Armeegeneral bezeichnet) der zu gründenden NVA zu werden, als er aus sowjetischer Gefangenschaft entlassen wurde - er lehnte ab und ging nach Westdeutschland und wurde dort wegen rechtswidriger standrechtlicher Erschießungen verurteilt.

  17. 6.

    Natürlich lernen junge Menschen auch am Modell und benötigen daher entsprechende Personen mit Vorbildfunktion. Und Rechtsextreme taugen nicht als Vorbilder. Mit "anständige Menschen" meint "M.K." wohl Demokrat:innen, die eine adäquate Diskussionskultur mitbringen. Darauf hinzuweisen in einer Zeit, in der wieder Rechtsextreme in den Parlamenten sitzen, ist mit Sicherheit nicht verkehrt.

  18. 5.

    Was bzw. wer sind denn Ihrer Meinung anständige Menschen und was ist blau-braune GaGa-KGB- Desinformationskultur? Jungen Menschen von heute wünsche ich nicht die allen Ostdeutschen bis 1989 übergestülpte Meinung aus dem Staatsbürgerkundeunterricht der DDR, denn erwiesenermaßen hat die Partei nicht immer recht. Die familiären und kulturellen Lebensumstände eines Großstadtkindes werden sich auch weiterhin von denen eines Dorfkindes unterscheiden, das mit 3 Generationen unter einem Dach lebt und sich aus sehr verschiedenen Meinungen und eigenen Erfahrungen sein Bild vom Leben formen kann. Es ist die Aufgabe der Eltern das Kind zu erziehen zu einem freundlichen und sozialen Jugendlichen und ihm zu erklären, dass es Wünsche gibt, die man ohne Ziel nicht erreicht und manchmal auch versagt. Aber seine politische Meinung muss der junge Mensch selbst finden. Dafür sind "Anständige" oder solche, die sich dafür halten, nicht nötig, egal von welcher Seite.

  19. 4.

    "Für die Menschen in der DDR war die Nazivergangenheit des eigenen Volkes mit der "antifaschistisch-demokratischen Umwälzung" 1945-1949 komplett abgehandelt und verdrängt. Hitler und seine Schergen wurden zu Wessis definiert." Warum wohnte dann Paulus auf dem Weißen Hirsch (http://wikimapia.org/13537164/de/Villa-Paulus) wo auch v. Ardenne residierte (v. Ardenne arbeitete für das Uranprojet). Warum wurde dann Apel (https://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Apel) Minister in der DDR, obwohl er an der A4/V2 wesentlich mitarbeitete?

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