Krankheitswelle bei Kindern und Jüngeren - Kein Grund zur Sorge?

Fr 24.11.23 | 17:03 Uhr | Von Jonas Wintermantel
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Symbolbild: Ein erkältetes Mädchen (Quelle: dpa/Photoshot)
Bild: dpa/Photoshot

Die Zahl der Atemwegserkrankungen ist bei unter 60-Jährigen deutlich gestiegen – bei Kindern breitet sich vor allem das RS-Virus aus. Kitas und Schulen fürchten deutliche Einschränkungen. Aber: China gibt Entwarnung. Von Jonas Wintermantel

Die Zahl schwerer, akuter Atemwegsinfektionen ist laut einem aktuellen Bericht des Robert Koch-Instituts (RKI) in Deutschland bei Menschen unter 60 Jahren zum Teil deutlich gestiegen. Ein besonders starker Anstieg wurde für Kleinkinder und Menschen im Alter von 15 bis 34 gemeldet. Die Zahlen beziehen sich auf den Anstieg von vorletzter auf letzte Woche.

Allerdings liege bei Kleinkindern die Inzidenz noch immer deutlich unter den Werten des Vorjahreszeitraums und damit "auf dem Niveau der vorpandemischen Saisons". Auch bei über 60-Jährigen seien die Fallzahlen gesunken. Die Daten in dem Bericht stammen aus der stichprobenartigen Überwachung schwerer akuter Atemwegsinfektionen an Kliniken.

Insgesamt geht das RKI für die Vorwoche von etwa 7,2 Millionen akuten Atemwegserkrankungen in der Bevölkerung aus - bei der Schätzung ist egal, ob der Patient beim Arzt war oder nicht. Hinweise auf eine beginnende Grippewelle gebe es nicht.

Belastbare Aussagen über das regionale Infektionsgeschehen in Berlin und Brandenburg lassen sich derzeit nicht treffen. Auf rbb-Anfrage teilte das RKI mit, dass dazu eine umfassende Datenlage auf Landesebene fehle.

Krankenstand ist "jahreszeitentypisch"

Da die Zahl der Erkrankungen vor allem bei Jüngeren steigt, warnte in dieser Woche unter anderem der Grundschulverband vor lokalen Schulschließungen. "Die personelle Lage in vielen Grundschulen im Lande ist auf Kante genäht und liegt teilweise unter dem errechneten Personalbudget", sagte Verbandschef Edgar Bohn dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) laut Bericht vom Freitag.

Ein Sprecher der Berliner Senatsverwaltung für Bildung sagte auf rbb-Anfrage, dass der Krankheitsstand und das Infektionsgeschehen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens "jahreszeitentypisch" seien. Zeitlich begrenzter Unterrichtsausfall sei demnach immer nur das allerletzte Mittel. Vorher würden die Schulen versuchen, Vertretungsunterricht oder hybride Unterrichtsformen anzubieten. Auch die Zusammenlegung von Gruppen sei möglich.

Kitas befürchten im schlimmsten Fall zeitweise Schließungen

Deutlich drastischer äußert sich der Deutsche Kitaverband. "In fast allen Berliner Kitas sehen wir Krankheitsfälle mit Grippe und Atemwegsinfekten bei Kindern und Fachkräften", sagte Waltraud Weegmann, Bundesvorsitzende des Verbandes. "Berlinweit kämpfen daher aktuell viele Kitas mit einer hohen Zahl an Personalausfällen. Aufgrund des akuten Fachkräftemangels, den wir schon haben, fehlen Vertretungskräfte, die sonst einspringen konnten."

Die Kitas müssten daher oft ihre Öffnungszeiten reduzieren. Weegmann unterstreicht, dass die Reduzierung des Angebotes zu Einbußen in der Bildungsgerechtigkeit und zu starken Einschränkungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf führen könne.

Ähnlich äußert sich die Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Berlin: "In vielen unserer etwa 50 Kitas in Berlin erleben auch wir aktuell eine außergewöhnliche Krankheitswelle und entsprechende Personalausfälle", sagte ein Sprecher dem rbb.

In etwa 10 Prozent der Einrichtungen gäbe es demnach vereinzelt Gruppenschließungen. Bisher seien alle Kitas weiterhin geöffnet, Schließungen würden soweit möglich vermieden. Ein erhöhter Krankenstand sei in den kalten Monaten keine Besonderheit. "Aktuell ist die Lage jedoch deutlich angespannter als im November üblich", so der Sprecher.

Kleinkindern haben vor allem RSV-Infektionen

Bei Kindern wurden nach RKI-Angaben vor allem Infektionen mit dem Respiratorisches Synzytial-Virus (RSV) diagnostiziert. Das RS-Virus ist vor allem bei Frühgeborenen, Säuglingen und Kleinkindern der häufigste Erreger von Atemwegsinfektionen. Regelmäßig kommt es zu schweren Verläufen, da das Immunsystem in dieser Gruppe noch nicht voll ausgebildet ist. Todesfälle sind trotzdem sehr selten. Das RS-Virus befällt die oberen und unteren Atemwege.

Die möglichen Symptome reichen von einfachen Atemwegserkrankungen wie Husten, Schnupfen und Fieber bis hin zu schweren Lungenentzündungen (Pneumonie).

Steigende Infektionen bei Kindern in China

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat mit Blick auf China vorerst Entwarnung gegeben. Im Norden des Landes leiden im Moment ungewöhnlich viele Kinder an Atemwegserkrankungen. Die WHO hatte deshalb Informationen von der chinesischen Führung eingefordert.

In einer Videokonferenz am Freitag teilten chinesische Gesundheitsbehörden mit, man habe keine neuen Erreger oder ungewöhnliche Krankheitsbilder entdeckt. Vielmehr handle es sich um weltweit bekannte Erreger, die derzeit im Umlauf seien, darunter Rhinoviren, RSV (Respiratorisches Synzytial-Virus) und Mykoplasmen-Infektionen (Mycoplasma pneumoniae).

In Chinas sozialen Medien kursieren seit Tagen Berichte und Bilder von vollen Kinder-Krankenhäusern. Die WHO empfahl China, die Fälle weiterhin zu überwachen. Die chinesische Gesundheitsorganisation führt die steigenden Ansteckungen auf den ersten Winterbeginn ohne Corona-Maßnahmen zurück.

Lauterbach: "Keine Gefahr für Europa"

Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht aktuell keine Gefahr durch die Krankheitsfälle in China: "Zum jetzigen Zeitpunkt gehen wir davon aus, dass es sich um eine saisonale Häufung mit bekannten Erregern handelt", sagte Lauterbach am Freitag, "also keine neuen Erreger, keine besondere Gefahr, insbesondere auch keine Gefahr für Europa."

Sendung: rbb24 Inforadio, 24.11.2023, 16:20

Beitrag von Jonas Wintermantel

25 Kommentare

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  1. 24.

    " Gegen Noro, Rota, Salmonelle und Campylobacter gibts immer noch nix.... "
    Alle vier werden durch "Fäkal-Oral-Übertragungen" verbreitet ... also, wie Oma schon sagte: Vor dem Essen das Händewaschen nicht vergessen. Besser wäre natürlich immer die Pfötchen waschen, wenn man vom Pott kommt.

  2. 22.

    "hybride Unterrichtsformen " Funktioniert bis heute auch nach vielen Jahren und Digitalpakten etc nicht an Schulen in BER/BRB.

  3. 21.

    „Zeitlich begrenzter Unterrichtsausfall sei demnach immer nur das allerletzte Mittel.
    Vorher würden die Schulen versuchen, Vertretungsunterricht oder hybride Unterrichtsformen anzubieten. Auch die Zusammenlegung von Gruppen sei möglich.“

    Das ist ein toller Satz! Also Unterrichtsausfall, denn vorgenanntes ist nicht möglich…
    Die Bildungspolitik ist nicht mehr hinnehmbar in diesem Land!


  4. 20.

    Die Schulen können, auch wenn sie wollten und könnten, nicht auf gute Personalschlüssel einstellen, krepeln bei (tw weit) unter 100 Prozent rum, von Senat so vorgegeben. Dann wenn man jemand krank ist (oder mehrere) Schul- oder Klassenschliessung zu denken ist absurd und wäre vor 3 Jahren noch undenkbar.

  5. 19.

    Abstandhalten ist schwierig, wenn die Deutsche Bahn wieder einmal über Wochen wegen Bauarbeiten aus zwei vollen Zügen einen extrem vollen Zug macht.

  6. 18.

    …. Da lassen sie aber viel weg ….
    Grippe, Herzinfarktrisiko erhöht sich um das 6fache.
    Das es auch in den KH schwere Fälle gibt… dürfte daran liegen das es eben auch schwere Verläufe gibt.. das ist aber viele Krankheiten so.
    Und die Rate der Auffrischungsimpfungen ist zu gering…. Die Maßeinheit kennt man aus Pandemie Zeiten da war immer etwas zu gering oder zu hoch usw. Mit konkreten Zahlen tat man sich schwer… zu gering kann man wunderbar so lange man will ausdehnen.
    Und das die Leute sich wegen mangelnder Aufklärung nicht impfen lassen dürfte eine Behauptung sein, die jeder Grundlage entbehrt.
    Es besteht schlicht und einfach eine Impfmüdigkeit… können sie gern mal nachforschen wie man das geschafft hat.

  7. 17.

    Is Herbst, bzw. dann Winter, nech? Da braucht man Taschentücher und Klopapier... *räusper* achja, auch die Kleidung kann man noch anpassen. Man kann sich gegen Corona und Grippe impfen lassen, ganz ohne 116117 und lange Wartezeiten, auch gegen Pneumonien. Gegen Noro, Rota, Salmonelle und Campylobacter gibts immer noch nix....


  8. 15.

    „ im Übrigen auch wieder schwerere Fälle, weil die Rate der Auffrischungsimpfung aufgrund mangelnder Aufklärung, auch der Medien, zu gering ist.“
    Diese Aussage stimmt einfach nicht.
    Die Impfquote ist bei allen Impfungen deutlich zurück gegangen. Keiner will/hat Lust dazu. Im übrigen nicht nur in D. auch in den USA, Österreich …. sind die Zahlen bei allen Impfungen (Maser, Polio usw) erheblich gesunken.

  9. 14.

    >"Haben wir aus den letzten 3 Jahren nichts gelernt?!"
    Doch! Solange keine täglichen Pressekonferenzen über irgendwelche Infektionszahlen laufen, ist alles im grünen Bereich!
    ;-))

  10. 13.

    Gibt es für "Long covid" endlich eine allgemeingültige Definition, oder wenigstens wissentschaftliche Studien, die sich mit dem Thema beschäftigen?!

  11. 12.

    Panik, Panik, Panik.
    Haben wir aus den letzten 3 Jahren nichts gelernt?!

  12. 11.

    >"Aber in dem Artikel wird Covid19 einfach totgeschwiegen"
    Weil es in diesem Artikel um "Krankheitswelle bei Kindern und Jüngeren" geht. Die sind eben aktuell zumeist von "...bei Kindern breitet sich vor allem das RS-Virus aus" betroffen. Totgeschwiegen werden die aktuellen Covid Fälle bei Erwachsenen hier nicht. Lese dazu auch
    https://www.rbb24.de/panorama/thema/corona/beitraege/2023/11/kv-berlin-fordert-krankschreibungen-per-telefon-hausarzt.html
    Wenn Sie persönlich Angst vor Covid19 haben, dann handeln Sie bitte im Alltag entsprechen zu ihrem Schutz. Empfehlungen dazu gibts aktuell zu Hauf.

  13. 10.

    Also meine Praxis ist jahreszeittypisch voll.
    Aber alles schaffbar.
    Musste auch noch kein Kind mit schwerer Atemwegserkrankung stationär einweisen.
    Also keine Panik.

  14. 9.

    "... und gut is."? Noch nichts vom Respiratorischen Synzytial-Virus gehört? Das ist keine Erkältung.
    Regelmäßiges Händewaschen, hygienisches Husten und Niesen sowie die Reinigung eventuell kontaminierter Gegenstände wie Kinderspielzeug kennen wir ja schon. Ansonsten RKI nachlesen, Abstand und Maske auf!

  15. 8.

    Übrigens wird nicht erwähnt, dass der Anteil von SarsCov2 bei 20 Prozent liegt. Für den Zeitraum sind das 1,4 Mio Erkrankte. Da von einer LongCovid-Rate von ca. 15 Prozent ausgegangen wird, sprechen wir von über 200.000 Betroffenen in diesem kurzen Zeitraum. Aber in dem Artikel wird Covid19 einfach totgeschwiegen, obwohl mittlerweile ausreichend belegt wurde, dass es sich dabei nicht um eine einfache Atemwegserkrankung handelt, sondern um eine multisytemische Erkrankung, die insbesondere zu Gefässschäden führt und u.a. das Schlaganfall- und Herzinfarktrisiko deutlich erhöht.
    In den Krankenhäusern sehen wir im Übrigen auch wieder schwerere Fälle, weil die Rate der Auffrischungsimpfung aufgrund mangelnder Aufklärung, auch der Medien, zu gering ist.

  16. 7.

    Wenn man sich vorstellt, was für ein Aufriss vor wenigen Jahren gemacht wurde und jetzt ist es quasi egal, dass Dinge, die wirklich helfen würden, nicht verfügbar sind. Insbesondere bei Kindern ist das ein Skandal. Aber Lauterbach ist leider offenbar unanfechtbar.

  17. 6.

    Das es grippale Infekte gibt beunruhigt mich nicht so sehr.
    Was mir wirklich Sorgen macht ist das es immer noch den Medikamentenmangel bei Erkältungsmitteln gibt. (eigene Erfahrungen die ich diese Woche mal wieder gemacht habe)

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