Einigung von Bund und Ländern - Studierendenvertreter kritisieren "extrem viel Blindflug" beim Deutschlandticket für Studis

Di 28.11.23 | 17:40 Uhr | Von Franziska Hoppen
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Eingang zum U-Bahnhof Freie Universität / Thielplatz (Quelle: imago-images/Stefan Zeitz)
Audio: Fritz | 28.11.2023 | Philip Brost | Bild: imago-images/Stefan Zeitz

Ab dem Sommersemester 2024 sollen Studierende ein günstigeres Deutschlandticket bekommen. Darauf haben sich Bund und Länder geeinigt. Doch die Studierendenvertretungen in Berlin haben Bedenken, was Preis und Zeitplan angeht. Von Franziska Hoppen

Studierendenvertreter in Berlin haben die Einigung von Bund und Ländern auf ein vergünstigtes Deutschlandticket für Studierende grundsätzlich begrüßt. Gleichzeitig wiesen sie in dem Zusammenhang auf mehrere Herausforderungen hin: Der Zeitplan sei ambitioniert, die rechtliche Lage unklar. Ab dem Sommersemester 2024 sollen Studierende einheitlich für 29,40 Euro in ganz Deutschland Bus und Bahn fahren können - mit einem vergünstigten 49-Euro-Deutschlandticket.

Dennoch nennt Gabriel Tiedje, Sprecher des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Technischen Universität (TU), das Angebot "vergiftet" und fürchtet rechtliche Unwägbarkeiten. Denn wenn Berlin im Sommer kommenden Jahres für alle Bürgerinnen und Bürger das 29-Euro-Ticket einführt, wäre das Semesterticket der Studierenden 40 Cent teurer.

Im Berliner Hochschulgesetz ist jedoch festgehalten, dass das Semesterticket als Solidarmodell "preisgünstig" sein muss, also günstiger als vergleichbare Angebote. Nur so können die Hochschulen rechtfertigen, dass alle Studierenden in das Solidarmodell einzahlen müssen, egal, ob sie die Tickets nutzen oder nicht. Inwiefern das Deutschlandticket-Semesterticket mit seinem bundesweiten Radius vergleichbar ist, sei rechtlich offen, fürchtet Tiedje, denn viele Studierende hätten schlicht keinen Bedarf an deutschlandweiten Reisen. Und was, wenn die Preise in Zukunft noch steigen sollten?

Preis für Semesterticket an Deutschlandticket gekoppelt

Auch der hochschulpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Marcel Hopp, hat gemischte Gefühle. Er freue sich sehr über die Einigung, sagt er auf rbb-Nachfrage. Aber: "Mit etwas Sorge betrachte ich eine Kopplung des Semestertickets an das reguläre Deutschlandticket", so Hopp. "Eine drohende Preissteigerung des Deutschlandtickets würde zulasten von Studierenden gehen, die ohnehin schon finanziell sehr belastet sind." Denn das einheitliche Semesterticket soll 60 Prozent günstiger sein als das Deutschlandticket, würde also teurer werden, je teurer auch das Deutschlandticket wird. Hopp fordert deshalb eine Preisgarantie.

Kritisch sieht Miguel Góngora, Sprecher der AStA der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) auch den Zeitplan. Die Rückmeldezeiträume für das Sommersemester 2024 beginnen in den kommenden Tagen. Dann müssen üblicherweise auch die Beiträge für das Semesterticket feststehen. Der VBB müsste den ASten also bereits in den kommenden Tagen Verträge unterbreiten, die die Studierendenschaften prüfen und im Zweifel zur Abstimmung geben müssten. Weil das kaum zu schaffen sei, habe die HWR ihre Rückmeldefrist in den Januar verschoben und bereits eine Urabstimmung eingeplant. Doch das trifft nicht auf alle Hochschulen zu. Und selbst Góngora spricht von einer "Herausforderung" in Anbetracht der knappen Zeit.

Vorschlag: 20-Euro-Semesterticket für Berlin mit Option auf Upgrade

Tobias Schulze, hochschulpolitischer Sprecher der Linken im Berliner Abgeordnetenhaus, fordert nun: "Der Senat muss heute den Studierendenschaften ein klares Signal geben, ob das bundesweite Semesterticket zum Sommersemester in Berlin angeboten werden soll." Nur dann seien die notwendigen Fristen einzuhalten. Die Verkehrsverwaltung teilt dazu mit: "Ziel ist es, das Angebot schon zum Sommersemester 2024 anzubieten. Hierzu werden aktuell alle nötigen Anstrengungen beim VBB und den Verkehrsunternehmen unternommen." Die Verkehrsverwaltung sieht nun die Studierenden in der Pflicht, für ihre Hochschule jeweils ein Solidarmodell mit dem VBB zu verhandeln. "Wir werden extrem viel Blindflug machen müssen" sagt Tiedje von der TU dazu. Er kritisiert, dass nicht schon früher eine Lösung gefunden wurde - wie von den ASten gefordert.

Tiedje hätte nach eigenen Angaben ohnehin ein anderes Modell bevorzugt. Denn mit dem Deutschlandticket-Semesterticket würden Studierende zwar im Vergleich drei Euro zu ihrem jetzigen Semesterticket Berlin ABC sparen. Nur ein geringer Teil der Studierenden sei aber regelmäßig deutschlandweit unterwegs. Im Gegenzug sei für viele Studierende in Berlin die Fahrradmitnahme wichtig, die im Deutschlandticket nicht vorgesehen ist und obendrauf gekauft werden muss. "Warum gibt es kein 20-Euro-Berlin AB Semesterticket", schlägt Tiedje vor, "auf das Studierende bei Bedarf ein Upgrade fürs deutschlandweite Fahren kaufen können?". Er vermutet, dass Bund und Länder Ausgaben einsparen könnten, wenn alle drei Millionen Studierende in ein Solidarmodell einzahlen, statt sich einzeln die stark subventionierten 49-, oder- 29-Euro-Tickets zu kaufen.

VBB begrüßt Einigung

Die Berliner Verkehrsverwaltung hingegen teilt mit: "Die Länder und der Bund gehen davon aus, dass die Preisabsenkung durch die verpflichtende Abnahme aller Studierenden einer Hochschule ausgeglichen wird und somit insgesamt kostenneutral hinsichtlich des Ausgleichsbedarfs zum Deutschlandticket ist."

Die Geschäftsführerin des VBB, Ute Bonde, freut sich auf X über die Einigung und schreibt: "Endlich ist das Deutschlandticket für Studierende da, die Einigung war überfällig. Es trifft die Richtigen, die junge Generation ist unsere Zukunft."

Sendung: Fritz, 28.11.2023, 19:35 Uhr

Beitrag von Franziska Hoppen

12 Kommentare

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  1. 12.

    Schön, wie oberflächlich hier einige Kommentierende die Texte lesen. Ein Semesternticket ist keine Wahlleistung eines einzelnen Studierenden. Bedingung für die Einführung in einer Hochschule ist, dass das Ticket deutlich günstiger als ein Regelticket des jeweiligen Verkehrsverbundes ist. In Berlin/Brandenburg ist mit diesem persönlichen Ticket die Fahrradmitnahme verbunden. Das ist für viele Studierende relevanter als der Freifahrtsschein Deutschland. Nun soll aber ein Ticket folgen, was eben keine Fahrradmitnahme mehr hat und dafür deutschlandweit gilt. Das ist für eine überwiegende Zahl eine Verschlechterung, so dass dies rechtlich angreifbar wird. Somit wäre die Variante VBB-Ticket Berlin A/B/C mit Möglichkeit zum D-Ticket Upgrade die einzig sinnvolle Lösung.

  2. 11.

    Kurze Anmerkung. Habe selbst studiert und nix weggelassen und mein Studium nach 8 Semestern Vorlesung und einem Semester Diplomarbeit abgeschlossen. Also nach 9 Semestern was realistisch und machbar ist. Also alles machbar. Ach ja und in den Semesterferien habe ich die wenigsten Studenten an der Uni gesehen oder sonst irgendwo auf dem Campus, da sind sie meist in die Heimat gefahren, was man natürlich mit einem DeutschlandTicket machen kann. Es geht um realistische Studienzeiten und nicht um 20 Semester Studium.

  3. 10.

    Haben Gabriel Tiedje wirklich nicht verstanden, dass das 29€ nur in Berlin AB gilt, die Studenten aber ein deutschlandweit im Nahverkehr gültiges Ticket bekommen sollen?

  4. 9.

    Jetzt bezahlt ihnen die Gesellschaft deutschlandweites Rumkutschieren für dreißig Euro im Monat, und es gibt immer noch was zu meckern...

  5. 8.

    Die Ausnahme von der Ausnahme der Regel…. Solange auf jede Befindlichkeit einzelner Gruppen Rücksicht genommen wird, wird man in D. nie etwas einfach gestalten.
    49€ Deutschland und jede Stadt kann ein 20€ Ticket für die Stadt anbieten… und gut ist.
    Jeder entscheidet was er will und zahlt es selbst und fertig.
    Und wenn man will kann der Arbeitgeber, Senat wem auch immer (Rentner, Wohngeldempfäner, Studierenden) das Ticket bezahlen… das ändert aber nichts am Preis.
    Das Ganze als Abbo oder man zieht es am Automaten oder hat eine App.

  6. 7.

    Das durchschnittliche Studium beträgt 8-10 Semester. Oder werden aktuell 90% Mediziner und Juristen ausgebildet?

  7. 6.

    #1-5: ihr habt aber ne ganz schöne Ansicht vom Studium. Offensichtlich sollte man zb als Medizin- und Jurastudent die Hälfte weglassen, damit man ja nicht zu lange studiert. Und Nebenbei hat man als Student ja auch noch so viel Zeit, dass man durch ganz Deutschland fahren kann, wow! Ach und der Steuerzahler kommt nur für die faulen Studenten auf, Wahnsinn! Man woher ihr eure Weisheiten nehmt ist phänomenal.

  8. 5.

    Was sollen wir Steuerzahler denn noch mehr für Studenten aufkommen?
    Hört auf zu studieren, fangt an für euer Geld selbst zu arbeiten.

  9. 4.

    Liebe Studis, ihr könnt für weniger als einen Euro pro Tag in ganz Deutschland herumfahren. Was wollt ihr denn noch?

  10. 3.

    ... auch als Student kann man nicht alles umsonst haben, man muß dafür lernen und nicht nur durch die Welt rauschen.
    29,40 Euro für ein Deutschlandticket finde ich mehr als fair. . Wer mit dem Drahtesel unterwegs ist kann doch gleich vom Wohnort zur Uni direkt fahren ... so ist Mobilitätswende gelebt!

    Grüße aus dem abgehangenen Aussenbezirk
    Matze

  11. 2.

    Egal was man macht die Studierenden sind unzufrieden. Ich studierte auch mal. Aber wir meckertn nicht ständig. Der Preis ist fair. Man muss auch lernen, dass es nix umsonst gibt im Leben.

  12. 1.

    Wie wäre es mal mit Gas geben und fertig werden? Mehr als fünf Jahre Student sein ist uncool.

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