Weitgehender Freispruch - Bushidos Ex-Geschäftspartner Abou-Chaker siegt vor Gericht

Mo 05.02.24 | 22:15 Uhr | Von Ulf Morling
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Der Hauptangeklagte Arafat Abou-Chaker kommt vor der Urteilsverkündung im Prozess gegen den früheren Geschäftspartner von Rapper Bushido zum Saal im Landgericht. (Quelle: dpa/Gollnow)
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Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 05.02.2024 | Norbert Siegmund | Bild: dpa/Gollnow

Freiheitsberaubung, versuchte Erpressung, gefährliche Körperverletzung - es waren schwere Vorwürfe, die Rapper Bushido gegen seinen Ex-Geschäftspartner erhob. Beim Gericht aber blieben Zweifel, es sprach Abou-Chaker frei. Von Ulf Morling

114 Prozesstage lang wurde gegen den Ex-Geschäftspartner des Rappers Bushido, Arafat Abou-Chaker, sowie drei seiner Brüder vor dem Berliner Landgericht verhandelt. Unter anderem wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung, Freiheitsberaubung, gefährlicher Körperverletzung und Nötigung. Am Montag sprachen die Richter in den Hauptpunkten die vier Brüder frei.

Es blieben "Zweifel bestehen" bei den Vorwürfen Bushidos gegenüber seinem früheren Geschäftspartner Arafat Abou-Chaker (47). Aber auch die Aussagen der Ehefrau des Rappers, Anna-Maria Ferchichi, seien "mit Vorsicht zu genießen". Darauf könne die 38. Große Strafkammer kein Urteil gründen, so der vorsitzende Richter.

Nach dreieihalbjährigem Prozess waren die Richterinnen und Richter im Urteil überzeugt, dass die von der Staatsanwaltschaft angeklagten schweren Straftaten sich im Prozess mit den Aussagen des Rappers und anderen Beweismitteln nicht nachweisen lassen. Lediglich wegen 13 mit dem Smartphone illegal unter anderem mit Bushido mitgeschnittener Gespräche wurde Arafat Abou-Chaker zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen, insgesamt 81.000 Euro verurteilt. Seine drei mitangeklagten Brüder wurden freigesprochen beziehungsweise es wird von der Verfolgung abgesehen.

Eine "Zwangsheirat"?

Die geschäftliche Beziehung zwischen Rapper Bushido (45), mit bürgerlichen Namen Anis Mohamed Ferchichi, und Arafat Abou-Chaker soll eskaliert sein, als sich 2017 der Musiker von seinem Geschäftspartner trennen wollte. Vor allem ein Treffen zwischen den Geschäftspartnern und zwei Brüdern des Hauptangeklagten im Berliner Büro von Abou-Chaker am 18. Januar 2018 soll für den Rapper besonders eindrücklich gewesen sein: Dort sei nach Bushidos Eintritt von Arafat die Tür abgeschlossen worden, er sei mit einer halbgefüllten Plastikflasche attackiert und mit einem Stuhl beworfen worden.

Das hatte bereits die Staatsanwaltschaft den Angeklagten vorgeworfen, nachdem Bushido drei Tage lang nahegelegt wurde, gegen seinen früheren Geschäftspartner auszusagen. Er und seine Familie genoss Personen- und Zeugenschutz durch die Polizei. Doch seine Aussagen, die er an 25 Prozesstagen im Gerichtssaal äußerte, teilweise unter Tränen, haben das Gericht nicht überzeugt.

Selbst für die laut Urteil zu Unrecht erlittene Untersuchungshaft von insgesamt mehrerer Wochen von zwei der Brüder muss nach Rechtskraft des Urteils Entschädigung geleistet werden – für jeden erlittenen Hafttag 70 Euro.

Bushido hatte in seinen Aussagen davon gesprochen, dass Arafat Abou-Chaker ihm gedroht habe, als er sich geschäftlich von ihm habe trennen wollen. Der Rapper schrieb zu dieser Zeit einen Song namens "Mephisto", damit habe er Arafat Abou-Chaker gemeint. Es sei eine Zwangsheirat gewesen, so Bushido.

Aussagen von Bushido und seiner Frau tragen keine Verurteilung

Nach dem angeblich gewalttätigen Geschehen 2018 in Arafat Abou-Chakers Berliner Büro soll sich Bushido seiner Frau offenbart haben. Während der Musiker aus Berlin verreiste, soll seine Ehefrau zur Polizei gegangen sein, um den Ermittlern zu berichten. Das ist einer der Punkte, der die Richter und Richterinnen nicht überzeugte, um die vier Angeklagten zu verurteilen. Ebenso soll Bushido nicht allen, mit denen er über den Vorfall sprach, alles berichtet haben und auch das Büro nicht verlassen haben, als es ihm laut Zeugen möglich gewesen sei.

Das Gericht mutmaßte, dass die Beschuldigungen Bushidos gegenüber Arafat Abou Chaker unter Umständen deshalb so erfolgt seien, weil das für die zivilrechtlichen Auseinandersetzungen über die nach der geschäftlichen Trennung zu zahlende Summe für den Musiker eventuell vorteilhafter sein könnte.

Prominente Rapper als Zeugen

Die Zuschauer- und Journalistenplätze im Hochsicherheitssaal 500 waren während des gesamten Prozesses gut gefüllt. Besonders als neben 56 weiteren Zeugen prominente Rapper wie Samra, Ali Bumaye, Kay One oder Fler aussagten. Die Moral der Zeugen aus der Musikszene, gleich beim ersten vom Gericht gesetzten Termin zu Aussage zu erscheinen, sei allerdings "nicht besonders ausgeprägt" gewesen, so Gerichtssprecherin Lisa Jani. Darüber hinaus habe die Organisation einer Videovernehmung eines aus Deutschland abgeschobenen Zeugen in der Türkei neun Monate gebraucht. Während die Staatsanwaltschaft dem Zeugen, der in der Berliner Rappszene verankert gewesen war, freies Geleit gewähren wollte, lehnte die Ausländerbehörde seine Wiedereinreise ab.

Die Verteidigung hatte dreieinhalb Jahre lang im Prozess immer wieder versucht, im Zusammenhang mit dem Nachnamen der vier angeklagten Brüder den umstrittenen Begriff der "Clankriminalität" zu thematisieren. Einer der Verteidiger von Arafat Abou-Chaker, Hansgeorg Birkhoff, hatte unter anderem argumentiert, mit dem Begriff der "Clankriminalität" gingen offenbar einige unter dem Motto vor, "wir haben einige gefunden, denen wir das zutrauen, und bei der Sachaufklärung der zu untersuchenden Taten muss man dann nicht mehr ganz so sorgfältig vorgehen."

Nach dem Urteil

Arafat Abou-Chaker zeigte sich nach dem Urteilsspruch auf dem Gang vor dem Gerichtssaal sehr erfreut und bedankte sich immer wieder bei seinen Verteidigern. Bushido selbst erschien nicht zur Urteilsverkündung.

Weitere zivilrechtliche Klagen Berliner und Brandenburgische Gerichte um den materiellen Besitz der ehemaligen Geschäftspartner laufen derzeit noch. Bushido lebt derzeit mit seiner Frau und den inzwischen acht Kindern in Dubai. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob sie in Revision gegen das jetzt gesprochene Urteil geht.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 05.02.2024, 19:30 Uhr

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Beitrag von Ulf Morling

49 Kommentare

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  1. 49.

    Sehr guter Beitrag.
    Auch wenn einem das Urteil nicht gefällt, es geht hier um das Gesetz und nicht um das gefühlte Rechtsempfinden.

  2. 48.

    Alles gut und schön, aber das dieser Prozess den Steuerzahler eine Menge Geld kostet finde ich nicht in Ordnung.

  3. 47.

    Und der Steuerzahler zahlt...

    Wird uns wohl weit über 2 Millionen kosten

  4. 46.
    Antwort auf [Karsten] vom 05.02.2024 um 21:39

    Organisieren Sie eine Demonstration - ich wäre dabei.

  5. 45.
    Antwort auf [Karsten] vom 05.02.2024 um 21:39

    Hi Karsten,
    Du darfst gerne gegen sie demonstrieren. In einer Demokratie ist das möglich. Mach es doch einfach und frag nicht so perfide und dümmlich, wirklich niemand hindert dich daran auf die Straße gegen wen auch immer auf die Straße zu gehen.

  6. 44.

    Was soll denn die Politik hier für einen Rechtsrahmen anpassen? Der Grundsatz, dass im Zweifel für den Angeklagten entschieden wird, ist ein Grundpfeiler unseres Rechtssystems! Er soll davor schützen, dass jemand zu Unrecht veruteilt wird. Und wenn es keine Beweise gibt sondern nur unklare Indizien, dann ist das im Einzelfall vielleicht schwer zu verdauen, aber im Gesamtkontext richtig. Und dass es keine "Sippenhaft" oder Bestrafung für gefühlte bzw. diffuse Unrechtslagen gibt ist auch richtig, denn es schützt vor Willkür und Missbrauch des Rechtssystems - will gar nicht daran denken, wie eine extremistische Regierung derartige Schlupflöcher gegen missliebige Kritiker und Andersdenkende ausnutzen würde.

  7. 43.

    Selbstverständlich sind Gerichte unabhängig von der Politik - und das ist auch gut so. Aber es liegt in der Hand der Politik, Gesetze zu gestalten, deren Einhaltung zu kontrollieren und gegebenenfalls veränderten Bedingungen anzupassen. Auf anderen Gebieten klappt das ja sehr gut, nur in Sachen Kriminalität weiß die halbe Welt, daß DE einen Kuschelkurs fährt.

  8. 42.

    Aussage gegen Aussage, die Abu-Chaker-Brüder schweigen, ansonsten war niemand dabei. Zudem waren die beiden Geschäftspartner und kein Pfadfinderverein. Über was genau sollte ein Gericht hier urteilen?

  9. 41.

    aber die Entscheidung eines Gerichts ist unabhängig von der Regierung, auch wenn viele hier fast verzweifelt eine Verbindung herstellen wollen.

  10. 40.

    Dazu fällt ein nichts mehr ein. 3 Jahre die Justiz mit so ein misst zu beschäftigen.

  11. 39.

    Das ist wieder ein Sieg für die Clan Kriminalität unfassbar.

  12. 38.

    Was genau hat denn die Regierung mit dem Urteil zu tun?
    Schon mal was von Gewaltenteilung gehört!

  13. 37.

    "Schon wieder so ein lächerliches Urteil und wieder in Berlin. Und ihr jubelt dieser Regierung zu!"

    Sie sollten sich dringend über die Gewaltenteilung in unserer Demokratie informieren - Politik hat nichts mit Gerichtsurteilen zu tun!

  14. 36.

    Was für ein Quatsch! Oder wollen Sie sagen, dass es unter einer Regierung von Rechtsextremisten keine Clankriminalität mehr gäbe?

  15. 34.
    Antwort auf [Bernd] vom 05.02.2024 um 16:21

    Wozu soll denn ein führungszeugnis benötigt werden..... Die Haftentschaedigung ist leider Pflicht, trifft diesbezüglich leider nur die klamme Landeskasse.
    Genauso die ganzen Aufwandsentschaedigungen für die Schöffen, die 3 Jahre an den Prozesstagen im Einsatz waren.

  16. 33.

    Soweit ist es also gekommen, dass die Justiz vor den Clans zurückweicht. Wir scheinen nur noch die Wahl zwischen der Herrschaft von Rechtsextremisten oder der von Clans zu haben.

  17. 32.

    Geld regelt

  18. 31.

    Vor allem hat dieser Prozess Millionen an Steuergelder gekostet.

  19. 30.

    Und was hat bitte die Regierung mit dem Urteil zu tun? Gerichte sind unabhängig von der Regierung. Schon mal was von Gewaltenteilung gehört? Völlig sinnfreier Kommentar!

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