Der rbb|24-Adventskalender | Abgefahren aufgemacht - 14. Tür: Hochspannende Verbindung

Mi 14.12.22 | 06:02 Uhr | Von Stefan Ruwoldt
  18
Adventskalender: Mit dem O-Bus durch Eberswalde (Quelle: Marcus Behrendt)
Bild: Marcus Behrendt
Durch eine Kleinstadt hinterm Barnim rollt seit Jahrzehnten eine Hoffnung des Nahverkehrs: Der O-Bus in Eberswalde. Noch zwei weitere Städte in Deutschland nähren mit dem Einsatz von Oberleitungs-Bussen diese Hoffnung. Ganz sicher kommt bald ihr Moment.

 

24 kleine Geschichten rund um Bewegung, Geschwindigkeit oder um das bloße Fortkommen, das Verschwinden oder über Menschen, die etwas in Gang setzen - all das natürlich in Berlin und Brandenburg. Alle Türchen auf einen Blick finden Sie hier.

Wie schon das Türchen 13 führt auch die 14 in den Nahverkehr. Diesmal sitzen wir im O-Bus von Eberswalde. Nur wenige deutsche Gemeinden können Ähnliches bieten: Elektrisch durch die Stadt geht es auf diesen Fahrzeugen nur noch in Esslingen und Solingen.

Doch so wie der Doppeldecker in Berlin hat der Oberleitungs-Bus in Eberswalde vor allem Fans der Historie. Und leider gehört der O-Bus auch nicht zum Energieaktionsplan der Bundesregierung. Die Parallele ist: Berlins Doppeldecker sieht zwar schick aus, ist aber nicht so leicht auf Strom umzurüsten, Eberswaldes O-Bus dagegen ist ein Stromprofi, doch leider schleppt er optisch erhebliche Nachteile mit sich rum.

Das Türenteam

Marcus Behrendt (Quelle: Marcus Behrendt)
Marcus Behrendt

Illustrator und Comiczeichner "EMBE", mit bürgerlichem Namen Marcus Behrendt, steigt auch bei Schnee und Kälte auf sein Rad. Der gelernte Pädagoge nutzt jede Gelegenheit zum Zeichnen.

Stefan Ruwoldt (Quelle: Marcus Behrendt)
Marcus Behrendt

Redakteur Stefan Ruwoldt ist dem Weihnachtmann hinterhergehetzt, hat ihn aber nie erwischt. Das tat er mit dem Rad, dem Boot und seinem ganz privaten Motorschlitten. Nur beim Reiten, Golfen und Gleitschirmfliegen guckt er lieber zu.

Durchhaltewillen und Gründerzeitgefühl

Aber vielleicht zahlt sich der Durchhaltewillen Eberswaldes aus. Schließlich kann die künftige Generation der Oberleitungsbusse dank besserer Batterien so einige Kilometer auch ohne den direkten O-Anschluss zurücklegen. Und: Auch die Fahrleitungsanlage wurde über die Jahre schlanker und vermittelt doch ein wenig Gründerzeitgefühl, mit dem Eberswalde nun auch ein bisschen werben kann.

Das schwere Argument gegen den O-Bus, die geringe Flexibilität, sticht nicht mehr. Neue Energienkonzepte und das energiepolitische Umdenken nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine könnten dem O-Bus wieder in die Spur helfen. Berlin winkt da schon mit neuen Konzepten und präsentierte vor einigen Monaten die Idee einer Art O-Bus-Stammstrecke in Spandau. Diese aktualisierte Idee spendiert die Oberleitung nur bestimmten Trassen, die der O-Bus kurz befährt und aufgeladen wieder verlässt. Die Streckenidee ist die einer "Elektrogräte", von der Busse dann immer für abseitige Ziele für einige Kilometer batteriebetrieben wegfahren.

Auch namentlich weiterentwickelt

Keine Emissionen, kein Krach und ölunabhängig - all das macht den O-Bus zum Gewinner. Ebenso fortschrittlich wie die Technologie des O-Busses, verlief seine Namenentwicklung. Als "Fahrdrahtomnibus", wie er anfangs behördlich hieß, wäre er längst Geschichte.

Ein weihnachtlich süßes "Ohhh" für den Ohhh-Bus.

Beitrag von Stefan Ruwoldt

18 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 18.

    Gerade Sie sollten öfters beim ÖPNV rationaler denken und nicht jede Strippe über der Fahrbahn bedingungslos toll finden, zumal sich der Gestaltungsspielraum schon bei der Optik der Tragmaste erschöpft. Dabei zeigt die Entwicklung bei den O-Bussen rund um die Wende, dass geänderte Bedingungen eben doch "vom Himmel fallen" können oder bei aktuellen Projekten die in kurzer Zeit wesentlich verbesserte Batterietechnik.

  2. 17.

    Gerade Sie sollten öfters beim ÖPNV rationaler denken und nicht jede Strippe über der Fahrbahn bedingungslos toll finden, zumal sich der Gestaltungsspielraum schon bei der Optik der Tragmaste erschöpft. Dabei zeigt die Entwicklung bei den O-Bussen rund um die Wende, dass geänderte Bedingungen eben doch "vom Himmel fallen" können oder bei aktuellen Projekten die in kurzer Zeit wesentlich verbesserte Batterietechnik.

  3. 16.

    Sie unterstellen jetzt praktisch 100% ige Rationalität bei solchen Entscheidungen. Ich halte die in keinem einzigen Fall für gegeben. Immer geht es um Gewichtungen, die vor 20 Jahren so, vor 10 Jahren so und heute so vorgenommen werden. Schwerpunkte fallen nicht einfach vom Himmel, sie rücken - weil sich teilweise sogar einzelne Menschen für oder gegen sie einschlägig engagieren - jeweils in den Fokus. Das betrifft auch die Wandlung der Fahrleitungen vom Kostgänger ohne eigenen Gestaltungsanspruch zu einem Mittel der Stadtgestaltung.

    Die von Ihnen genannten Größen sind mithin nicht wertlos, sondern "Begleitkulisse" für das eben Genannte.

    Guten Tag.

  4. 15.

    Gerade nach der Wende standen erhebliche Investitionen im Fuhrpark an. Einen Diesel-Schlenki gibt es heute für 200.000 Euro, einen O-Bus für 600.000. Damals dürften die Relationen ähnlich gewesen sein wie zu der Zeit der O-Bus noch stärker die Nachteile von Bus (kleine Kapazität) und Tram (unflexible Routenführung) auf sich vereint hatte als das heute mit deutlich besserer Batterietechnik der Fall ist. Die könnte dabei zunehmend sogar dem O-Bus auf kleineren Netzen ganz den Garaus verpassen, weil Batteriebusse mittlerweile zu Diesel vergleichbare Reichweiten größer 500 km haben gegenüber 150 km vor ein paar Jahren. Und dann gäbe es noch die Gelegenheitslader, die an den Endhaltestellen kurz nachladen und so über den Tag kommen. Das hat sich hier z.B. auf dem 200 bewährt. Schon der Kaiser wollte beim Flanieren keine Strippen sehen wie die auch heute manchem Touristen den Blick trüben würden.

  5. 14.

    Gerade nach der Wende standen erhebliche Investitionen im Fuhrpark an. Einen Diesel-Schlenki gibt es heute für 200.000 Euro, einen O-Bus für 600.000. Damals dürften die Relationen ähnlich gewesen sein wie zu der Zeit der O-Bus noch stärker die Nachteile von Bus (kleine Kapazität) und Tram (unflexible Routenführung) auf sich vereint hatte als das heute mit deutlich besserer Batterietechnik der Fall ist. Die könnte dabei zunehmend sogar dem O-Bus auf kleineren Netzen ganz den Garaus verpassen, weil Batteriebusse mittlerweile zu Diesel vergleichbare Reichweiten größer 500 km haben gegenüber 150 km vor ein paar Jahren. Und dann gäbe es noch die Gelegenheitslader, die an den Endhaltestellen kurz nachladen und so über den Tag kommen. Das hat sich hier z.B. auf dem 200 bewährt. Schon der Kaiser wollte beim Flanieren keine Strippen sehen wie die auch heute manchem Touristen den Blick trüben würden.

  6. 13.

    Ich denke mal, der Hintergrund dieses Beitrags speist sich nicht nur aus vermeintlich ausschließlich technischen Paradigmen, sondern mehr aus Wandlungen der jeweiligen Sicht. Das schließt dann auch veränderte Schwergewichte in der Bewertung mit ein.

    Alles, was heute bekannt war, war auch schon zu Zeiten der Einstellung des Babelsberger O-Busses bekannt. Auch die Kosten unterscheiden sich nicht erheblich. Die Vorteile des Systems O-Bus, dort wo die Tram nicht lohnt, wurden einfach verkannt. Als Begründung wurde auf die Tram-Verbindung zwischen der Fontanestraße und dem Wohngebiet Am Stern gesetzt. Die ist aber faktisch "dem Schatz" zum Opfer gefallen.

  7. 12.

    Der Widerstand der Grünen in Moabit und der Linken in Kreuzberg zeigt allerdings auch die Grenzen des städtebaulichen Potenzials der Straßenbahn auf. Es ist ein Unterschied, ob man eine eher lockere Bebauung hat oder Hobrecht Grenzen gezogen hatte. Auch in Paris ist deshalb das Potenzial der Tram gering, in den Vororten sieht es aber ggf. anders aus. Während zudem auch z.B. in Spandau die Straßenbahn als größeres Gefäß zum Bus nachfragegerecht wäre, zeigen die Verkehrsströme im benachbarten Berlin auch die Grenzen der Kapazität dieses Gefäßtyps nach oben auf. Asphalt ist dabei nicht unbedingt eine Billiglösung , bietet es sich doch an, darauf auch Busse fahren zu lassen. Alternativ kann man die Tram auch wie z.B. in Hannover unter der Erde fahren lassen, nur gefällt das nicht jedem Touristen. Arbeitnehmer könnten aber im Sinn der Verkehrswende von der höheren Reisegeschwindigkeit profitieren. Auf der U5 spart man z.B. von U Hellersdorf zum Alex >20min gegenüber der Tram M6.

  8. 11.

    Jede Behördenentscheidung ist vermeidbar, doch um welchen Preis? Damals waren O-Busse schlicht zu teuer ohne für das Klima einen Vorteil zu bieten.

  9. 10.

    Die DDR war spiegelbildlich so etwas wie ein Spiegelbild des Westens - nur mit entsprechender Verzögerung und aufgrund (selbstverursachter) ökonomischer Engpässe von einem Auf und Ab hinsichtlich der ÖPNV-Planung geprägt. Was im Westen simpel und recht blind Fortschritt benannt wurde, wurde in der DDR zur Fortentwicklung der Produktivkräfte geadelt, was Hauptverkehrsstraße genannt wurde, hieß in der DDR Magistrale.

    Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Einstellung der O-Bus-Systeme in Potsdam-Babelsberg und in Weimar ebenso vermeidbar gewesen wäre, wie der Abbruch der O-Bus-Planungen in Suhl und in Neubrandenburg nach 1990.

  10. 9.

    Die Straßenbahn hat gegenüber JEDEM Bus schon da ihre Berechtigung, soweit sie die höhere Kapazität bietet, die natürlich auch gebraucht wird. So lang kann kein Bus sein. Und sie bietet natürlich ein ruhigeres Laufverhalten, während ein Bus jede Unebenheit in der auch von anderen Fahrzeugen mitbenutzten Fahrbahn mitmachen muss. Auch in puncto Gestaltung des Fahrweges - Asphalt als Billig-Variante, Schotter, Rasengleis, Einbettung in ein Straßenpflaster - weist die Tram das höhere Stadtgestaltungspotenzial auf. Viele Städte haben dies aus kurzsichtigen Kostengründen verkannt. Da gibt es inzwischen ein Umdenken.

  11. 8.

    Allerdings ist der Rollwiderstand beim (O-)Bus etwa 5 mal so hoch wie bei Schienenfahrzeugen. Auch die Tram hat also durchaus weiterhin ihre Berechtigung; insbesondere auf verkehrsreichen Strecken. (https://de.wikipedia.org/wiki/Rollwiderstand#Typische_Rollwiderstandskoeffizienten_cR)

  12. 7.

    nicht flexibel? Im Vergleich zur Straßenbahn ist er das schon, dank Kombination mit Akku kann er ja auch fahrleitungslose Abschnitte überbrücken. Vor allem aber sind Bau- und Unterhaltungskosten und die Zeit zwischen Planung und Realisierung VIEL niedriger. Es sind ja keine Tiefbauarbeiten erforderlich - von Fahrleitungsmasten einmal abgesehen. Auch bei den Emissionen macht er eine gute Figur, weil leise. Die Schweizer schwören bis heute auf den Trolleybus (12 aktive Betriebe) - sie werden wissen warum.

  13. 6.

    Funfact am Rande: Auf dem Berliner 218 könnte demnächst ein batterieelektrischer Doppeldecker fahren, Die IAV baut alte MAN SD 202 zu E-Bussen um.

  14. 5.

    Städte wie Zürich zeigen, dass sogar deutlich mehr möglich ist als nur das Umfahren eines havarierten Fahrzeuges. Dort bügeln die O-Busse ab und fahren längere Strecken batterieelektrisch ohne Oberleitung. Smart auch die Möglichkeit einer gemeinsamen Spannungsversorgung der getrennten Oberleitungen von Bus und Tram.

  15. 4.

    ..und ist flexibel. Bei Defekt oder Unfall, Stromabnehmer runter und die nachfolgenden O – Busse können ihre Fahrt um den liegengebliebenen herum fortsetzen. Bei Tram?

  16. 3.

    in der DDR hatte man allerdings genau wie in der Bundesrepublik begonnen, auf Diesel umzustellen. 1973 wurde u.a. der O-Bus-Betrieb der BVB eingestellt, bis 1977 wurden in der DDR insgesamt acht Netze eingestellt, ebenso viele Straßenbahn-Linien. Lediglich die O-Bus-Betriebe in Eberswalde, Potsdam und Weimar überlebten diese Stilllegungswelle.

    Stattdessen schlug man z.B. in Berlin breite Magistralen nach Moskauer Vorbild in die Stadt. Das Öl vom großen Bruder war die billigere Alternative. Auch spielte die sozialistische Mangelwirtschaft mit schlechter Ersatzteilversorgung eine Rolle. Erst als Moskau die Preise erhöht und Liefermenge gekürzt hatte, kam diese Entwicklung um Stillstand. Stattdessen wurde immer mehr einheimische Braunkohle mit den bekannten Folgen verstromt, und deshalb Ende der 80er neue O-Bus-Projekte angedacht.

    Auch in Berlin hatte Senatorin Günther eine vorsichtige Renaissance des O-Bus angekündigt. Erwartbar ist es auch dazu verdächtig still geworden.

  17. 2.

    Gerade am Oberleitungsbus zeigt sich die sprunghafte Entwicklung, die einer tatsächlich sinnvollen Elektromobilität entgegengebracht wurde: Im vorherigen Bundesgebiet haben nur Solingen und Esslingen als O-Bus-Systeme überlebt, in der DDR fuhren O-Busse nicht nur in Eberswalde (-Finow), sondern auch in Potsdam-Babelsberg, in Weimar, kurz vor Ende der Republik in Hoyerswerda, im Aufbau Suhl und Neubrandenburg. Kurzum: In Städten, in denen Schiene u. Oberleitung nicht lohnt, eine Oberleitung aber schon.

    Potsdam-Babelsberg, Weimar, Hoyerswerda, im Aufbau Suhl und Neubrandenburg, sind Geschichte. Das war dem Gedanken geschuldet, alles vermeintlich Überflüssige und Teure abzubauen, was sich jetzt im Prinzip rächt.

    Die Eberswalder haben Glück gehabt, die Anlagen sehen schöner aus, die Fahrleitungsmasten sind Zierde und Blickfang der Stadt, anstatt der vorherigen, recht martialischen Gestaltung. Das kann u. sollte "Schule" machen. Ob mit oder ohne Schiene im Zusammenhang.

  18. 1.

    Erstaunlich was so alles als neu angepriesen wird. Den O-Bus gab es aber schon vor der Wende und wurde mit dem Fall der Mauer abgeschafft. Leider.

Nächster Artikel