Der rbb|24-Adventskalender | Abgefahren aufgemacht - 23. Tür: So geht rutschen
24 kleine Geschichten rund um Bewegung, Geschwindigkeit oder um das bloße Fortkommen, das Verschwinden oder über Menschen, die etwas in Gang setzen - all das natürlich in Berlin und Brandenburg. Alle Türchen auf einen Blick finden Sie hier.
Diese Kalendertür hat zwei Beulen und ein paar Schrammen. Aber man sieht sie kaum. Ganz unten rechts und links. Zwei rbb-Karosseriespezialisten haben das Ganze wieder ausgebeult und Marcus Behrendt hat Schnee drüber gezeichnet und es mit Eisblumen bepinselt. Richtig viel. Jetzt, wo sie auf ist die Tür, kann man auch sehen, weshalb die Beulen da drin sind: Der Schlitten wollte raus, er kann es nicht mehr aushalten. Er ist Leistungssportler.
Auf Kufen mit Design
Natürlich ist es falsch, einen Schlitten zu personalisieren, von ihm als von einem "er" zu sprechen, der höchstselbst einen Willen hat, etwas möchte. Aber die Beulen beweisen: Da ist mehr als nur Konstruktion und Pflege. Dieser Schlitten stammt aus der besonderen Werkstatt des FES, dem Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten. Geschenke ausfahren für 2,5 Millionen Brandenburgerinnen und Brandenburger sowie 3,6 Millionen Berlinerinnen und Berliner ist Weltcup und Olympische Spiele zusammen. Das Freudenfinale des Jahres.
Unterwegs mit System
Seit 1963 arbeiten am FES Ingenieure, Konstrukteure und Sportwissenschaftler an Apparaturen und Materialien, um Sportgeräte zu verbessern. Es fing an mit Bootsoptimierungen fürs Rudern, für die Kanuten und die Segler. Aber schon bald arbeitete das FES auch an Kufen und am Design von Schlitten. Sandwichwaben-Bauweise, Carbon und Glasfaser ersetzen Eiche, Buche und Schmiedeeisen. Die Entwickler legten sich ins Zeug, um die Konstruktionen leichter, lenkbarer und schneller zu machen. Der Schlitten wurde zum Boliden, zum Meteor.
Die offizielle Formulierung für die behördliche Beschäftigung mit der Schlittenfahrerei lautete, dass dieses Institut die "systematische Betrachtung des Systems Mensch und Material" bewerkstelligen sollte - weil das "für die Entwicklung von Sportgeräten von herausragender Bedeutung war". Einer der Ingenieure war Dichter.
Leichter als eine Klingel
Das Ganze lief so wissenschaftlich und erfolgreich, dass das FES den Osten überstand und heute für viele Leistungssportler zur Hilfe wurde. Für die Kanuten werden Bootsform und Paddel optimiert, die Radsportler bekommen Rahmen, die weniger wiegen als beim Hollandrad die Klingel, Ruderer können in Becken unter Aufsicht durchziehen und Schwimmer bekommen Hilfe, ihren Armzug zu kräftigen. Leichtathletik, Triathlon, Segeln, Rodeln, Bob, Eisschnelllauf und Ski. Sport ist Optimierung und das FES optimiert diese Optimierung.
Wenn am 24. also nun die Sonne aufgeht, rutscht der Geschenkeschlitten nahezu geräuschlos mit geschliffenen Kufen aus den Laboren in Schöneweide in den Beladungshangar. Der Gepäckkorb aus Kohlefaser widersteht der tonnenschweren Last, die Sitzbank ist mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode (FEM) bestens versteift und die Baugruppenmaße sind minimalisiert. Die Ausstattung stimmt.
Die Bescherung ist in diesem Jahr ein Start-Ziel-Sieg.