rbb|24-Adventskalender | Hochgestochen, tiefgestapelt - 4. Tür: Wer glänzen will, muss schummeln

Mo 04.12.23 | 06:00 Uhr | Von Stefan Ruwoldt
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Adventskalender Tür 4: Der Heidehöhe bei Gröden (Quelle: rbb/Marcus Behrendt)
Bild: rbb/M. Behrendt

Diesmal: besonders gut aufgestellt. Eine von Brandenburgs echten Stärken ist seine Weite. Leider kann man die nicht so gut überblicken. Es fehlen Berge mit Aussicht. Der höchste steht an der Grenze zu Sachsen. Und es gelingt ihm nur schwer, wirklich hoch zu sein.

24 Geschichten mit Höhen und Tiefen aus Berlin und Brandenburg. Was ist besonders hoch oder tief, ist nur besonders speziell zu erreichen oder irgendwie anders besonders. Alle Türchen auf einen Blick finden Sie hier.

Um Größe, also um Höhe und um die Feststellung, wo sich nun wirklich "ganz oben" befindet, wird in allen Epochen und in allen Ländern gestritten. Brandenburg hätte da eigentlich nichts zu streiten - das ganze Land ist flach und platt und ausgesprochen übersichtlich. Aber Streit, oder zumindest Debatten gibt es hier doch. Schließlich hat Brandenburg immerhin Landschaftswellen, und eine davon verdient ein Gipfelkreuz. Genauer gesagt geht es darum: Wo ist der Punkt in Brandenburg, auf dem man am höchsten ist?

1. Der Kutschenberg

Brandenburgs höchster Berg? Das ist der Kutschenberg in der Gemeinde Großmehlen (Oberspreewald-Lausitz). Dieser Kutschenberg ist 201 Meter hoch. Um mit Deutschlands höchstem Punkt, der Zugspitze (2.962 Meter), etwa auf Augenhöhe zu liegen, bräuchte Brandenburg 14 Kutschberge übereinander und würde immer noch knapp 150 Meter hoch kucken müssen nach Bayern. Eine Schmach. Aber nicht zu ändern.

2. Die Heidehöhe

Der Zugspitze ein bisschen näher kommt Brandenburg, wenn es sich für einen anderen Punkt auf seinem Territorium als höchstem Punkt entscheidet. Dieser Punkt aber hat ein Manko: Er ist kein Berg, sondern nur eine Höhe. (Was aber angesichts der blanken Zahlen eine ausgesprochen ehrliche Bezeichnung ist.) Die Heidehöhe rund zwei Kilometer südlich von Gröden (Elbe-Elster) ist 201,5 Meter hoch, überragt den Kutschenberg um 50 Zentimeter, also um etwa die Abmessungen einer Sandburg am Strand. Damit ist, wenn man 14 Heidehöhen übereinander stapelt, dieser neue Brandenburg-Gipfel sieben Meter näher an der Zugspitze, aber immer noch rund 140 Meter zu kurz für eine wirkliche Augenhöhe.

Illustrator Embe - Marcus Behrendt (Quelle: rbb/Marcus Behrendt)
rbb/Marcus Behrendt

Illustrator und Comiczeichner "EMBE", bekannt auch als Marcus Behrendt, hat für den Adventskalender eine neue Farbe erfunden: das röteste Weihnachtsrot außerhalb von Vatikanstadt. Er ist auch Pädagoge und zeichnet schneller als ein Weihnachtsschlitten im Sturzflug. Stets mit den besten Utensilien ausgestattet, kritzelt er sich durch alle Medien. In der Weihnachtszeit liest er gerne einen guten Comic und genießt die schärfsten Soßen der Welt.

Redakteur Stefan Ruwoldt (rbb/M. Behrendt)
rbb/Marcus Behrendt

Stefan Ruwoldt hat diesen Weihnachtskalender auf dem Kopf stehend mit nur einer Hand geschrieben, und das Ganze an nur einem einzigen Tag und mit einer Feder, die Friedrich der Große einst aus Frankreich importiert hatte und dann in Pankow irgendwie vergaß. Rekord. Natürlich. Nach dem 24sten aber sitzt dieser Redakteur wieder an einem ganz normalen Schreibtisch und freut sich auf seine Feierabende ohne Bestwerte.

3. Der Heideberg

Ob man also nun den fadenscheinig höheren Hügel "Heidehöhe" oder den immerhin als Berg bezeichneten "Kutschenberg" als Brandenburgs horstigsten Oberhorst nimmt, ist nicht nur eine Frage von 50 Zentimetern, sondern auch noch eine Definitionskniffligkeit. Die höhere Heidehöhe heißt eben genau so, weil sie eigentlich gar kein Berg ist.

Hier zieht der Hügel sich nämlich weiter Richtung Sachsen und erreicht dort, nur wenige Meter südlich, aber schon auf sächsischem Freistaatsgebiet, seinen noch einmal fünf Meter höher gelegenen Gipfel: den Heideberg (206,1 Meter). Diese fünf Meter mehr ergeben sich allerdings wohl nur, weil hier einst sächsisch-höfische Geologen und ihre Helfershelfer einen kleinen Steinberg aufgeschüttet haben - mit sächsischem Gipfelkreuz.

4. Schummelberg aus Feldsteinen vs. Aussichtsturm

In ihrer Gipfelmanie haben die Sachsen allerdings nicht mit der Brandenburger Nachwendekaltschnäuzigkeit gerechnet. Denn im Jahr 2007, also hurtige 14 Jahre nach der Landkreisgründung beschloss die Gemeinde Gröden (Elbe-Elster) ihre Heidehöhe mit einem neuen Aussichtsturm aufzupeppen und zwar um genau 34 Meter. Der Heidebergturm wurde dann im August 2009 auch eröffnet - auf brandenburgischem Territorium, rund 150 Meter östlich des Gipfels.

5. Die Stufen aufs Podest

Damit kuckt seit nunmehr 14 Jahren (garantiert auch kein Zufall) der Besucher auf der Brandenburger Seite wieder vom Heidehügel mit seinen nun 162 brandenburgischen Turmstufen auf den sächsisch-königlichen Steinhaufen.

Das Allerschönste an dieser Flachland-Alm-Geschichte ist natürlich die Schlussrechnung, und zwar vor allem dann, wenn man sie sich als eine Art Bundesligatabelle vorstellt:

Die 201,5 brandenburgischen Heidehöhe-Meter plus 34 Turm-Meter ergeben einen Gipfelwert von 235,5 Metern. Das Ganze dann mal 14 gerechnet (um mit den Alpen mithalten zu können) kommt man auf 3.297 Meter, was bedeutet, dass Brandenburgs offizieller Höchstgipfel rund 300 Meter über der Zugspitze thront. Abgeschlagener Dritter ist das zu niedrig geratene Sachsen mit seinem Schummelberg aus (wahrscheinlich lediglich 13) Feldsteinen.

Beitrag von Stefan Ruwoldt

3 Kommentare

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  1. 3.

    Da im Schraden der sächsische Einfluss nicht zu überhören ist, hätte ich gucken mit weichem G geschrieben. Nu?

  2. 2.

    ...wieder etwas dazu gelernt und das sogar lächelnd bis leise kichernd. Vielen Dank dafür!

  3. 1.

    "... und würde immer noch knapp 150 Meter hoch kucken müssen nach Bayern. Eine Schmach. Aber nicht zu ändern."
    Ein Segen meine ich, ein Segen. ;-)

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