rbb|24-Adventskalender | Hochgestochen, tiefgestapelt - 8. Tür: Im großen Bogen übers Wasser

Fr 08.12.23 | 06:00 Uhr | Von Stefan Ruwoldt
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Die Gottfried-Krieger-Brücke im Schnee (Quelle: rbb/M. Behrendt)
Bild: rbb/M. Behrendt

Diesmal: besonders drüber. Brandenburg an der Havel hat viel Wasser, viele kleine Arme und Becken und einige Brücken. Aber so richtig berühmt werden wollen diese Brücken nicht. Dabei haben sie gute Voraussetzungen.

Hinter dieser Tür lauert ein Filmstar, also ein möglicher Filmstar, ein weiblicher muss man genauer sagen. Die "8" ist eine Brücke. Und sie weckt Emotionen. Läge die "8" in Italien oder in Amerika, sie wäre ein Touristenmagnet. Eine andere Möglichkeit für diese Brücke, zumindest deutschlandweit berühmt zu werden, wäre eine Erwähnung durch Fontane. Schließlich ist sie, also die Brücke, ja Brandenburgerin. Aber für Fontane ist sie zu jung. Sie kam ein bisschen zu spät und muss jetzt auf ihre Entdeckung warten. Seit einhundert Jahren. Die Gottfried-Krüger-Brücke.

Ein Hauch von Fontane (von wem auch sonst?!)

Für die Märkische Allgemeine [Artikel hinter Bezahlschranke] ist diese Brücke "der schönste Buckel" im Land. Darin drückt sich aus, dass die Märkische Allgemeine ein Fan der Brücke ist. Aber ein männlicher Spitzname für eine Sie?

Illustrator Embe - Marcus Behrendt (Quelle: rbb/Marcus Behrendt)
rbb/Marcus Behrendt

Illustrator und Comiczeichner "EMBE", bekannt auch als Marcus Behrendt, hat für den Adventskalender eine neue Farbe erfunden: das röteste Weihnachtsrot außerhalb von Vatikanstadt. Er ist auch Pädagoge und zeichnet schneller als ein Weihnachtsschlitten im Sturzflug. Stets mit den besten Utensilien ausgestattet, kritzelt er sich durch alle Medien. In der Weihnachtszeit liest er gerne einen guten Comic und genießt die schärfsten Soßen der Welt.

Redakteur Stefan Ruwoldt (rbb/M. Behrendt)
rbb/Marcus Behrendt

Redakteur Stefan Ruwoldt hat diesen Weihnachtskalender auf dem Kopf stehend mit nur einer Hand geschrieben, und das Ganze an nur einem einzigen Tag und mit einer Feder, die Friedrich der Große einst aus Frankreich importiert hatte und dann in Pankow irgendwie vergaß. Rekord. Natürlich. Nach dem 24sten aber sitzt dieser Redakteur wieder an einem ganz normalen Schreibtisch und freut sich auf seine Feierabende ohne Bestwerte.

Einer künftigen Prominenz abträglich ist die geografische Lage der Brücke. Sie führt nicht direkt über die Havel, sondern über eine Art Nebenarm der Niederhavel, den Pumpergraben. Außerdem liegt die Gottfried-Krüger-Brücke leider direkt auf dem Weg zu einer noch größeren Brücke mit einem wirklich großen Namen: der Jahrtausendbrücke.

Die Jahrtausendbrücke kannte Fontane zwar auch nicht, aber immerhin muss er ihre Vorgängerin gekannt haben, die Lange Brücke. Aber auch sie hat Fontane wohl nicht direkt erwähnt. Nachweislich jedoch muss er über die Lange Brücke gefahren sein, der Fontane. Ein Hauch von ihm also ist auch auf der Gottfried-Krüger-Brücke zu spüren. In der Ferne.

Der Kommerzienrat bezahlt

Holzbelag, Holzgeländer, ein hoher Brückenbogen, ein paar Stufen und eine gute Aussicht. Gottfried Krüger, ein Brandenburger Kommerzienrat, war der Stifter dieses romantischen Fußgängerkleinods und darum wohl auch ihr Namensgeber, wie die Stadtchronik erklärt. Doch all das reicht nicht, diese Brücke zur Attraktion zu machen. Es braucht noch eine Geschichte, eine kleine lokale Story, die alle in der Stadt kennen, die aber auch so ein bisschen mit verdrehten Augen erzählt wird. Und diese Geschichte und daraus abgeleitet einen Spitznamen gibt es.

Nur Fakten, keine Namen

Aber:
Diesen Nebentitel oder Spitznamen, diesen kleinen Spott (gut oder nicht, muss jeder selber entscheiden), den sich die Bürger mit der Brücke leisten, den geben wir hier nicht preis. Das wäre ja billig. Aber wir verraten ein paar Fakten, mit denen jeder fast selbst auf diesen Beinamen kommen kann. Was aber auch noch wichtig ist: Die folgenden Gründe sind nicht die wirklichen Gründe für die Verleihung des Beinamens für die Gottfried-Krüger-Brücke.

Also:
1. Sie, also die Brücke, bekam vor einigen Jahren eine "Bypass"-Brücke, einen komischen Umweg, der ihr nicht so richtig steht. (Und wenn man diesen Bypass sieht, bekommt man wo ein ungutes Gefühl?)

2. Sie entstand 1922 mit einigen Jahren Verzögerung, weil die Pläne für die Brücke für Streit in der Stadt sorgten. (Na, was sagt man noch, wenn einem eine Sache nicht so richtig schmeckt?)

Und 3. Sie überquert den Pumpergraben, der zu einem Grundstück führt, auf dem früher ein scharfes Produkt hergestellt wurde, nämlich Mostrich. (Nicht zu viel davon essen, denn sonst bekommt man welche Probleme?)

Scharf, rätselhaft und fastfontane - eigentlich drei gute Attribute für ein märkisches Touristenglück.

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Beitrag von Stefan Ruwoldt

3 Kommentare

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  1. 3.

    Die andere Alternative, um tatsächliche Barrierefreiheit herzustellen, wäre der Abriss der Brücke gewesen und der Einschub des dahinterliegenden gradlinigen Neubaus an genau dieser Stelle der Stufen-Brücke - das war sicherlich auch mal in den Optionen drin, wurde dann aber glücklicherweise verworfen.

    Der Neubau hält sich wohltuend zurück; die alte Buckel-Brücke, die ob ihrer Gestalt an Schmerzen unterhalb des Bauchnabels erinnert, könnte allerdings auch in ihrem Tragestell strahlend-weiße Farbe gebrauchen, sodass sie den dahinterliegenden Neubau klar überschattet.

  2. 2.

    "(Und wenn man diesen Bypass sieht, bekommt man wo ein ungutes Gefühl?)"
    In den Augen - so weh tut dieser Anblick ;-).

  3. 1.

    Was den Berlinern ihre Goldelse und ihre Waschmaschine ist, das ist den Brandenburgern Dasjenige, was angesichts sehr unterschiedlicher Belange jenes Gefühl ausgelösen kann, um was es hier geht. Letztlich ist sie ja eine Treppe, die nur von außen her als Brücke erscheint, wobei die Höhe und die Tiefe aller Beobachtung wie auch aller Anstrengung seit kurzem wahlweise angeboten wird.

    Immerhin: Die Möbius-Schleife, die anschaulich zwei Seiten aufweist, funktional aber nur eine Seite kennt, ist nicht entstanden. ;-

    (Auch als Brandenburgischer, der ich ja als weitab von Brandenburg Wohnender bin, freue ich mich jedesmal, wenn von Brandenburg zu lesen ist - gerade in und aus Richtung Berlin. So gibt es neben dem Besuch im Brandenburger Dom, in dem die Gründungsurkunde von Berlin lagert und der Frage, was denn das Brandenburger Tor in Berlin mit Brandenburg an der Havel zu tun hat, jetzt noch einen dritten klitzekleinen Bezugspunkt im rein Menschlichen. ;-)

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