rbb|24-Adventskalender | Hochgestochen, tiefgestapelt - 10. Tür: Ein Erbe für gute Aussichten

So 10.12.23 | 06:00 Uhr | Von Stefan Ruwoldt
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Oderturm in Frankfurt/Oder (Quelle: rbb/M. Behrendt)
Bild: rbb/M. Behrendt

Diesmal: besonders sichtbar. Gebaut wird immer. Hoch auch. So richtig hoch gebaut aber wird dann, wenn man was zeigen will. Der Oderturm in Frankfurt verkündete einst eine Art Aufbruch - und wurde so selbst ein Geschichtsstück.

Großartig nennt dieses Haus hier keiner. Pompös ist es nicht. "Strahlend" war das Funktionärsattribut dafür: Der Oderturm in Frankfurt kann sich sehen lassen, wirklich - das ist die beste Formulierung. Unten Einkauf, oben runter kucken, in der Mitte wird gearbeitet.

Das Haus ist ein Erbe aus den späten 60ern. Vor Frankfurt hatten so etwas auch schon andere Städte im Osten. Es sollten Fahnenmasten der neuen Zeit sein für die wiederaufgebauten Zentren. Die DDR wollte wachsen, und Hochhäuser galten als eine Art Leuchtturm. Obendrauf 'ne Aufschrift und direkt darunter eine Gaststätte mit Ausblick. Die Leute standen auf der Straße mit dem Rücken zu ihren bröckelnden Fassaden und erblickten da oben gleich neben der Sonne die neue Zeit.

Illustrator Embe - Marcus Behrendt (Quelle: rbb/Marcus Behrendt)
rbb/Marcus Behrendt

Illustrator und Comiczeichner "EMBE", bekannt auch als Marcus Behrendt, hat für den Adventskalender eine neue Farbe erfunden: das röteste Weihnachtsrot außerhalb von Vatikanstadt. Er ist auch Pädagoge und zeichnet schneller als ein Weihnachtsschlitten im Sturzflug. Stets mit den besten Utensilien ausgestattet, kritzelt er sich durch alle Medien. In der Weihnachtszeit liest er gerne einen guten Comic und genießt die schärfsten Soßen der Welt.

Redakteur Stefan Ruwoldt (rbb/M. Behrendt)
rbb/Marcus Behrendt

Redakteur Stefan Ruwoldt hat diesen Weihnachtskalender auf dem Kopf stehend mit nur einer Hand geschrieben, und das Ganze an nur einem einzigen Tag und mit einer Feder, die Friedrich der Große einst aus Frankreich importiert hatte und dann in Pankow irgendwie vergaß. Rekord. Natürlich. Nach dem 24sten aber sitzt dieser Redakteur wieder an einem ganz normalen Schreibtisch und freut sich auf seine Feierabende ohne Bestwerte.

Irgendwas zwischen Potsdam und Jena

Frankfurt war eine von 14 Bezirksstädten und hatte schon allein deshalb so ein neues Leuchturmarchitekturprojekt verdient. Ab 1968 baute Frankfurt den Oderturm in die Höhe. Ebenfalls 1968 wurde in Leipzig der Grundstein für das Uni-Hochhaus (142 Meter) gelegt, ein bisschen höher wuchs Jenas Uni-Turm (144), wenige Jahre zuvor hatte das "Haus der Kultur und Bildung" in Neubrandenburg einen Turm (56 Meter) bekommen und Potsdam hatte 1967 beschlossen, sich die neue "Stadtkrone" auf ein 60 Meter hohes Interhotel zu setzen.

Frankfurts Oderturm markierte mit 89 Metern die gute Mitte.

Gesellt an die Seite der historischen Hochbauten

Mit diesem Hoch-hinaus-Drang unterschieden sich die Ost-Herrscher kaum von ihren feudalen und bürgerlichen Vorgängern: Von draußen sollte man hochkucken und die Häuser der tollen Männer bestaunen, drinnen wurde aufgetafelt.

Doch diese Häuser hatten es schwer nach der Wende. Zum Einkaufen wurden neue Tempel errichtet, und die Saalspeisung kam aus der Mode. Zwar sind die meisten dieser sozialistischen Leuchttürme geblieben. Doch sie wurden umfunktioniert. Der quasi sakrale Anspruch ihrer einst beeindruckenden Außenansicht war dahin.

An die Seite der mittelalterlichen Wachtürme, der Bismarcktürme und der Wassertürme gesellten sich die DDR-Gaststättentürme als Zeugnisse der Vergangenheit. Frankfurt schaffte es dabei am schnellsten - zwischen '92 und '94 - seinen Oderturm so umzubauen, dass er weiter gewollt und gebraucht wurde.

Einen Bestwert immerhin hat er gerettet in die die neue Zeit: höchstes Gebäude Brandenburgs. Einkaufen, Arbeiten und vielleicht bald wieder Essen mit Blick in die Weite.

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Beitrag von Stefan Ruwoldt

5 Kommentare

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  1. 5.

    Korrektur: es muß natürlich "Lichtspieltheater der Jugend" heißen.

  2. 4.

    "Gegenüber befand sich das "Stadt Frankfurt", welches dann Ende der 90er der sogenannten Stullenbüchse, einer weiteren Einkaufsmeile mit Parkhaus weichen musste." Und dabei wurde auch etwas Park geopfert und das zweite Fahrkartenhäuschen, welches den Großbrand am Kriegsende und die ganze DDR überstanden hatte. Weiterhin wurde "Krauses Panzersperre" zu Füßen des Oderturms abgerissen, welche man bei manch warmen Sommern jetzt gut gebrauchen könnte und hinter dem Oderturm mußte auch Grün der erneuten Umbauung von St. Marien weichen, mit dem neuen Kino, obwohl das alte UFA-Kino (später Lichtspieltheater der Freundschaft) vor sich hin verfällt. Die Einkaufsmöglichkeiten im Oderturm leeren sich auch zunehmend.

  3. 3.

    Gaststättenturm stimmte schon damals nicht - und aktuell ist dort oben wohl auch schon wieder nicht mehr offen.
    Früher war unten der Fress-ex, also eine Kaufhalle der "delikat" Kette, wo man qualitativ recht gute Lebensmittel etwas teuer als im Konsum kaufen konnte. Auch Ananas in Büchsen gab es manchmal, um an den Unterhändler Krause zu erinnern.
    Sonst war dort ein Rechenzentrum untergebracht und und ein "Jugendhotel" - also eine etwas bessere Jugendherberge. Gegenüber befand sich das "Stadt Frankfurt", welches dann Ende der 90er der sogenannten Stullenbüchse, einer weiteren Einkaufsmeile mit Parkhaus weichen musste. Am Bau der Fußgängerbrücke zwischen beiden Gebäudekomplexen war ich übrigens nicht ganz unbeteiligt.

  4. 2.

    "Obendrauf 'ne Aufschrift" Wie kommt der Autor darauf? Hat er überhaupt in der Bezirksstadt Ffo gelebt? Welche Aufschrift meint er denn in den 70er/80er Jahren gesehen zu haben?

  5. 1.

    "die DDR-Gaststättentürme" Was für eine abwegige Bezeichnung. Nur weil früher ein Restaurant oben war, was schoen eine Weile zu ist und auch keiner weiß, ob das weider eröffnet wird? Die Bezeichung Büroturm würde es besser treffen. Unten rum war außer z.Bsp. den Deli im Erdgeschoß auch früher keine Einkaufsmöglichket, sondern der Umbau wurde hauptsächlich vom DVZ belegt (stand auch groß dran, falls sich der Autor noch erinnern kann). Wenn momentan nicht die Verwaltung aus der Ewigbaustelle Rathaus im Oderturm wäre, da würde der sicher gut zur Hälfte vollkommen ungenutzt sein; soviel zum Satz "seinen Oderturm so umzubauen, dass er weiter gewollt und gebraucht wurde. "

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