rbb|24-Adventskalender | Hochgestochen, tiefgestapelt - 22. Tür: Die Legende vom Raub des Ungläubigen

Fr 22.12.23 | 06:00 Uhr | Von Stefan Ruwoldt
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Marienkirche in Brandenburg an der Havel (Quelle: rbb/M. Behrendt)
Bild: rbb/M. Behrendt

Diesmal: besonders heilig. Oben auf dem Berg in Brandenburg an der Havel stand er einst: Triglaff, der Gott. Dann soll er eine Art Galgenfrist in einer Kammer der Katholischen Kirche dort oben bekommen haben. Dann war er weg. Aber es gibt einen Verdächtigen.

24 Geschichten mit Höhen und Tiefen aus Berlin und Brandenburg. Was ist besonders hoch oder tief, ist nur besonders speziell zu erreichen oder irgendwie anders besonders. Alle Türchen auf einen Blick finden Sie hier.

Am besten lassen sich Sachen verehren, die man nie richtig gesehen hat. Über sie gibt es erst nur Gerüchte. Ihre Makel werden zu großartigen Vorzügen umgedichtet und machen sie zu Unikaten. Es werden Geschichten über ihre Bedeutung geschrieben. Sie werden anbetungswürdig.

In Brandenburg an der Havel ist eine Art Gott verschwunden. Eigentlich ist es sogar noch dramatischer: Jemand hat ihn mitgenommen, und dann ist dieser Gott nie wieder aufgetaucht. So jedenfalls die Geschichten. Vor rund 500 Jahren soll es gewesen sein, genauer 497 Jahren (Exakte Angaben machen die Geschichte glaubwürdiger.).

Der Name dieses Gotts lautet Triglaff. Er war der Hauptanbetungswürdige unter den Slawen in dieser Ecke Brandenburgs, also der Hevellen, die noch früher hier siedelten.

Ein Triglaff-Tempel mit Triglaff-Orakelstätte

Vor der Stadt auf dem Harlunger Berg wurde Triglaff verehrt in einem Triglaff-Tempel, der den Chroniken nach eine Triglaff-Orakelstätte war, an der auch Opfergaben stattfanden - keine blutigen, wie es heißt. Die Heveller hatten Priester, die auf dem Harlunger Berg verschiedene Zeremonien abhielten. Zeremonien zu Ehren von Triglaff, zu denen die Brandenburger hinströmten.

Errichtet wurde die Stätte wohl 983 und geschliffen von Herrschern mit einem einzigen ganz neuen Gott um 1150. All das weiß man über Triglaff, aber es gibt kein erhaltenes Bild vom Brandenburger Triglaff.

Illustrator Embe - Marcus Behrendt (Quelle: rbb/Marcus Behrendt)
rbb/Marcus Behrendt

Illustrator und Comiczeichner "EMBE", bekannt auch als Marcus Behrendt, hat für den Adventskalender eine neue Farbe erfunden: das röteste Weihnachtsrot außerhalb von Vatikanstadt. Er ist auch Pädagoge und zeichnet schneller als ein Weihnachtsschlitten im Sturzflug. Stets mit den besten Utensilien ausgestattet, kritzelt er sich durch alle Medien. In der Weihnachtszeit liest er gerne einen guten Comic und genießt die schärfsten Soßen der Welt.

Redakteur Stefan Ruwoldt (rbb/M. Behrendt)
rbb/Marcus Behrendt

Redakteur Stefan Ruwoldt hat diesen Weihnachtskalender auf dem Kopf stehend mit nur einer Hand geschrieben, und das Ganze an nur einem einzigen Tag und mit einer Feder, die Friedrich der Große einst aus Frankreich importiert hatte und dann in Pankow irgendwie vergaß. Rekord. Natürlich. Nach dem 24sten aber sitzt dieser Redakteur wieder an einem ganz normalen Schreibtisch und freut sich auf seine Feierabende ohne Bestwerte.

Diese etwa 170 Jahre Triglaff reichten den dann christianisierten Hevellern, um ihn - so zumindest die Legende - auch weiter zu würdigen. Auf dem Harlunger Berg, ein Weinberg, wo erst eine Marienkapelle und später die Marienkirche der Christen im 13. Jahrhundert entstand, soll die Statue des Triglaff einen Platz erhalten haben - für dann etwa 300 Jahre.

Der Harlunger Berg wurde in dieser Zeit zum Marienberg der Christen, die Marienkirche darauf zur Wallfahrtskirche. Triglaff also hatte dort oben schon lange keine Anwälte mehr und keine Wachen. Die Deutschen hatten längst Einzug gehalten. 1526 soll dann Dänenkönig Christian II. zu Besuch gewesen sein. Und als er weg war, war auch Triglaff verschwunden. Seitdem ist der Triglatt nicht wieder aufgetaucht. So jedenfalls die Legende.

Er ließ die Geschichten zurück

Der Berg, auf dem Triglaff einst verehrt wurde, ist noch da und auch die Geschichten hat er da gelassen. Manche wurden aufgeschrieben von einem Christen, Bischof Otto von Bamberg. Die Marienkirche blieb bis ins 18. Jahrhundert, dann wurde auch sie - mittlerweile bedeutungslos - geschliffen. Der Berg wurde grün.

Drei Köpfe soll er gehabt haben, der Triglaff. Die drei stehen nach historischen Interpretationen für Himmel, Erde und Hölle. Auch der Mond kommt vor, den hielt er in seinen Händen. All diese Elemente also beherrschte Triglaff.

Legenden über Legenden

Noch interessanter als die Legende von der Allmacht Triglaffs ist dann aber die Legende von der Legende, dass nämlich die Geschichte vom Raub des Triglaff ein Spott ist. Verspottet wird darin der katholische und despotische Joachim, Herrscher Brandenburgs zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Die Legende geht grob so, dass der heidnische Gott Triglaff durch einen dem (fast ebenso heidnischen) Glauben Luthers verfallenen Dänen geraubt wurde - direkt aus der Kirche des katholischen Despoten.

Bis auf ein paar Siedlungsbauten an den Rändern ist der Marienberg heute ohne neue Pilgerstätte. Aber er hat diese Leerstelle und damit das Potenzial für immer neue Legenden

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Beitrag von Stefan Ruwoldt

1 Kommentar

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  1. 1.

    Draußen vom Walde komme ich her, denn es weihnachtet sehr.Weihnachten mit Weihnachtsliedern gibt es nicht mehr?Was haben Sie sich dabei gedacht? Sagten Sie zu laut Gute Nacht? Nun sagen Sie auf ein Gedicht. Aber weihnachtlich.Viel Zeit zum Überlegen haben Sie nicht. Hätten Sie doch vorher nachgedacht.

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