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Quelle: rbb/Sophia Bernert

An der Tanke in Brandenburg

"Ich würde mir mal jüngere Einflüsse in der Politik wünschen"

Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute: ein Wasserbauer, dem viele Politiker zu alt sind, um gute Ideen zu haben.

rbb|24 will mit den Gesprächsprotokollen, die "An der Tanke" entstanden sind, Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben die Meinungen der Gesprächspartner wieder.

 

Ich wohne jetzt seit knapp einem Jahr in Beelitz. Ich musste aus der Wohnung in Potsdam raus, weil meine Freundin mit mir Schluss gemacht hat. Es ist nicht leicht, eine günstige Wohnung zu finden, gerade als Single. Was in Potsdam für mich leistbar wäre, wäre eine Einraum-Wohnung um die 30 Quadratmeter. Das wäre für mich aber ein bisschen arg klein. Jetzt habe ich eine Zweiraum-Wohnung mit 50 Quadratmetern in Beelitz, denn hier will keiner hin. Deswegen ist es auch erschwinglich. Ich lebe lieber hier auf dem Land, bin nicht so der Städtetyp.

Im Endeffekt kann meine Einzelstimme bei der Brandenburg-Wahl in einem Jahr nicht viel beeinflussen. Ich gehe trotzdem wählen, damit ich vielleicht einen Unterschied mache. Man weiß es ja immer nicht. Ich glaube aber nicht, dass es so viel besser wird, wenn man die Wahl zwischen Pest und Cholera hat.

Der 22-Jährige ist überraschend offen. Er ist sofort voll dabei, unterbricht dafür sogar kurz das Tanken, denn ohne hinzugucken, ist der Tank eines Motorrads schwer zu treffen. Die Kopfhörer lässt er drin.

Ich würde mir mal jüngere Einflüsse wünschen. Wenn man sich anguckt, dass der Altersdurchschnitt bei Politikern hier in Brandenburg bei über 50 Jahren liegt. Da gibt es keine neuen Ideen. Das sind alles alt eingefahrene Sachen. Und in Deutschland generell gesehen läuft doch so viel falsch. Man muss zum Beispiel das Schulsystem überarbeiten und erneuern.

Bildung ist wichtig. Nur gebildete Menschen sind in der Lage, sich ein qualifiziertes Bild von eigentlich allem zu machen. Da bringt es nichts, wenn man Leute ungebildet lässt. Die sitzen dann - übertrieben gesagt - den ganzen Tag vorm Fernseher, ziehen sich da irgendwelche Dramaserien rein. Aber sie sind nicht in der Lage, eines der größten Medien, das wir haben - das Internet - vernünftig zu nutzen. Das wird in der Schule überhaupt nicht vermittelt, wie man vernünftig im Internet unterwegs ist und welche Möglichkeiten es gibt.

 

Er scheint gelangweilt von dem, was Politiker ihm in Brandenburg bieten. Er denkt lieber über seine eigenen Ideen nach. Darüber redet er so laut, dass seine Worte problemlos das Rauschen der Waschstraße neben uns übertönen.

Jede Website hat ihre eigene Meinung zu jedem Thema. Da ist es schon wichtig zu wissen: Wie suche ich im Internet, damit ich die neutralste Meinung finde. Zum Beispiel beim Ukraine-Russland-Krieg: Da kann ich nicht erwarten, dass russische Webseiten neutral darüber berichten. Ich kann auch nicht erwarten, dass amerikanische oder deutsche Medien darüber neutral berichten, weil die alle auf ukrainischer Seite stehen. Deswegen muss man immer gucken, wo man seine Quellen sucht. Das wird einem nirgendwo beigebracht.

Da machen es Länder wie Schweden zum Beispiel richtig. Die geben ihren Schülern digitale Unterrichtsmedien. Die kriegen einen Laptop gestellt oder ein Tablet. Da sind die Bücher drauf gespeichert. Wenn ich überlege, dass ich in der 10. Klasse noch mit einem Riesenrucksack mit 100 Millionen Büchern zur Schule latschen musste, weil ich sechs verschiedene Fächer an dem Tag hatte, finde ich, dass das gar nicht geht.

Und was ich für mich auch wichtig finde, dass Bauern unterstützt werden. Dass gute und qualitativ hochwertige Nahrungsmittel erschwinglich sind. Dass nicht ein Liter guter Milch, der nicht homogenisiert oder pasteurisiert wurde, drei Euro kostet, sondern 1,50 Euro oder so.

In Deutschland wird kaum Weizen oder Gerste angebaut. Ich sehe das bei mir in der Wasserstraße. Wir importieren massig Getreide, wahrscheinlich aus Polen und der Ukraine, anstatt das selber anzubauen. Hier wird bloß das angebaut, was der Staat gerade unterstützt. Den Rest müssen wir importieren.

Das Gespräch führte Anna Bordel, rbb|24

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