#Wiegehtesuns? | Die Studentin - "In diesem Semester kommt ganz schön viel Kälte auf uns zu"

Mo 03.10.22 | 11:48 Uhr | Von Isabel Schönfelder
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Natalie Schmelter. (Quelle: rbb/I. Schönfelder)
Bild: rbb/I. Schönfelder

Wärmflaschen füllen und Decken ausbreiten – so könnte es in den Vorlesungssälen im Winter aussehen, glaubt die Studentin Natalie Schmelter. Das Wintersemester wird vor allem eins: kalt. Einige Unis verlängern sogar die Ferien, um Heizkosten zu sparen.

In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht - persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.

Natalie Schmelter ist gerade in das erste Semester ihres Masterstudiums an der Technischen Hochschule Wildau (Dahme-Spreewald) gestartet. Durch Corona fand zwei Jahre lang kein richtiges Studentenleben statt. Aber so richtig losgehen kann es jetzt auch nicht: Krieg, Inflation und drohende Kälte belasten die 23-Jährige. Sie bereitet sich auf ein kaltes Wintersemester vor – und ein knappes Budget.

Ich glaube, in diesem Semester kommt ganz schön viel Kälte auf uns zu. Uns wurde schon gesagt, dass die Räume maximal auf 19 Grad geheizt werden, und das auch täglich nur bis 15 Uhr. Ich habe aber auch Vorlesungen nach 15 Uhr. Wir haben uns schon mit den Kommilitonen abgesprochen, dass wir uns Decken oder warmen Tee mitnehmen werden. Ich habe auch mehrere Module an einem Tag, sodass ich mehrere Stunden regungslos am Platz sitze. Und da weiß ich selbst: Mir wird dann kalt. Ich habe mir schon eine warme Hose und auch etwas wärmere Schuhe gekauft. Dann werde ich noch einen Schal einpacken und eine wärmere Jacke zusätzlich. Und vielleicht kaufe ich mir auch ein Heizkissen oder so etwas. Es kommt kein gutes Gefühl dabei auf, ich bin schon etwas verängstigt.

Es wurde auch ganz vorsichtig gewarnt, dass man – wenn Corona wiederkommt oder die Energiekrise sich noch stärker auswirkt – doch mehr zu Online wechselt. Aber davon wird erstmal nicht ausgegangen. Ich wünsche mir, dass es nicht zu einer Uni-Schließung kommt. Denn ich merke auch, dass viele Kommilitonen es richtig genießen, auf dem Campus zu sein und Freundschaften zu knüpfen, einfach mal Gesichter zu sehen und einen richtigen Austausch zu haben und auch auf Studentenpartys zu gehen. So geht es mir auch. Wenn das wegfällt, muss man sich noch einmal ganz anders motivieren, um gut durch das Studium zu kommen.

Die 200 Euro Unterstützung vom Staat sind schon cool. Ich nehme die auch sehr dankend an, die brauche ich auf jeden Fall. Aber es wird nicht ausreichen. Ich hätte mir eine Perspektive gewünscht, zum Beispiel gewisse Wärmeräume. Oder Bibliotheken, die warm sind, wo man hingehen und sich aufwärmen kann.

Ich habe auch schon überlegt, ob man sich zum Lernen trifft. Dass eine Kommilitonin heizt und man sich zu viert oder fünf bei ihr trifft. Sodass man eben Lerngruppen – Wärmelerngruppen – bildet. Ich habe auch schon überlegt, dass ich vielleicht in sehr kalten Phasen einfach mal öfter zu meinen Eltern gehe und in meiner Wohnung die Heizung ausmache.

Ich teile mir meine Wohnung mit meinem Freund. In Berlin eine Wohnung zu finden, ist fast unmöglich. Man nimmt einfach, was man bekommen kann. Da filtert man nicht nach Ölheizung oder Gas oder Fernwärme. Ich habe einfach das genommen, was ich bekommen habe und bin auch nicht ganz zufrieden.

Ich bin besorgt. Es wird hart, man legt schon ein bisschen was zurück, auch beim Konsumverhalten bin ich eher zurückhaltend. Oder ich achte doch nicht mehr so ganz auf die Qualität, sondern will einfach im Budget bleiben. Auch der Clubeintritt wird teurer, insgesamt Freizeit wird teurer.

Ich mache mir am meisten Sorgen, dass ich meine Lebensqualität verliere. Dass ich zurückstecken muss, dass ich nicht mehr so oft ausgehen und dass ich auch nicht mehr so gut und gesund kochen kann. Ich mache mir auch Sorgen, dass ich nicht mehr genügend Geld habe, um Dinge zu tun, die ich wirklich mag. Ich plane ein Auslandssemester und habe Angst, dass ich das vielleicht auch wegen der Kosten nicht mehr machen kann.

Manchmal habe ich so kurze Schrecksekunden. Wenn ich die Nachrichten anmache, fühle ich mich schon manchmal unwohl, denn ich kann nicht einschätzen: Was kommt auf uns zu? Aber ich versuche, mich davon nicht unterkriegen zu lassen. Ich lebe trotzdem mein Leben weiter: Ich gehe ab und zu noch in den Club und habe Spaß oder gehe raus und genieße die Sonne, solange sie da ist. Also: ich mache trotzdem das Beste aus der Situation.

Gesprächsprotokoll: Isabel Schönfelder

Sendung: Inforadio, 03.10.2022, 08.45 Uhr

Beitrag von Isabel Schönfelder

25 Kommentare

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  1. 25.

    Ich habe lieber jetzt 19 Grad in der Wohnung, als im Januar vielleicht gar kein Gas mehr!

  2. 24.

    Das Studium ist dem Begriff nach kein Job, Sie irren..... Wer einen Job sucht, ist als Studi an einer Uni falsch. Entweder lerne ich für einen Job oder ich arbeite. Den kleinen aber feinen Unterschied kann man auch ohne Studium wissen und braucht dafür keinen Bachelor oder Master.

  3. 22.

    Kleiner Tipp: Studium ist heutzutage ein Vollzeitjob. Nebenbei jobben geht nicht, wenn man halbwegs in der Regelstudienzeit bleiben möchte.

  4. 21.

    Jammern auf hohem Niveau einer verpimpelten Jugend.
    Als meine Mutter 1945 mit 10Jahren zur Schule ging gab es nirgends eine Heizung.
    Aber heute Freitags Demo machen , anderen was erzählen wollen und nicht mal angenehme 19 Grad in der Uni aushalten können.
    IPhone Generation... lächerlich.

  5. 20.

    Das sind alles Auswirkungen der verkorksten "wir schaffen das"-Politik.
    Wo wurde in das Bildungssystem investiert?
    Wer hat sich wirklich um Energie-Versorgung ernsthafte Gedanken gemacht?
    Grüner Strom? Ja gerne. Sollte aber nix kosten. Das alles kommt nun wieder auf den Tisch, weil es vorher nicht wirklich geklärt wurde. Daran wird nun unter schweren Bedingungen gearbeitet.
    Sollte Wasserstoff-Technologie kommen, wird die Lage eine andere sein. Auch bei der Mobilität. Somit sind E-Autos/E-Bikes/ E-Transporter, usw. eine Überganslösung.
    Schulen und Uni's sollten auf Präsensunterricht verzichten, wenn die Vorraussetzungen nicht gegeben sind.
    Auch dies sollte gesetzl. geregelt werden.

  6. 19.

    Wirtschaftsminister Habeck (Grüne), der auch mit einem weiteren Vorschlägen aufwartet:
    „Wenn man die Wohnung heizt und abends die Gardinen zuzieht, spart man bis zu fünf Prozent Energie“, sagte er. Das senken der Raumtemperatur um einen Grad spare weitere sechs Prozent. „Das ist vielleicht nicht ganz so gemütlich, aber man friert noch nicht“.
    Auch das ZDF beteiligt sich, denn Heizen ist teuer und es werden dringend Alternativen gesucht. Teelichtöfen sind gerade ein Trend. Die Idee: Teelichter erhitzen zwei darüber hängende Gefäße, z. B. Ton-Blumentöpfe. Doch eine echte Alternative sind die Tisch-Kamine leider nicht, zeigt #WISO.

  7. 18.

    Ängste einer Privilegierten

  8. 17.

    Aber es sind sehr viele mit Geistenwussechschaften oder gar Gender Studien Gänge. Due Kunststudenten lasse ich auch mal außen vor. In meinen Augen sind das Studenten welche einfach nicht arbeiten wollen. Von daher kommt ab Januar das Bürgergeld genau richtig.

  9. 16.

    Ok, die SchülerInnen frieren seit 2020! Die sitzten bei wesentlich weniger als 19 Grad bei offenen Fenstern im Durchzug. Seit bald 3 Jahren! Und nein, die sog. Abschlussjahrgänge nebst Klassenstufe davor mussten immer zur Schule. Und das sind 9./10./11./12. und 13. Klasse.
    Fein auch, dass die Clubs teurer werden - die meisten gehen seit einigen Monate NIRGENDWO mehr hin, versuchen, billig Lebensmittel zu kaufen und fragen sich, wie sie 1500 euro Heizkosten aufbringen können, wo es zuvor 150 Euro waren.
    Und nein - die können NICHT zu ihren Eltern in der gleichen Stadt wieder einziehen.

    Langsam wird mir klar, dass es Bevölkerungsschichten gibt, wo die Realität noch nicht angekommen ist. Und die sind nicht die Darsteller der Ampelkoalition....

  10. 15.

    Ist das nicht die Greta Generation die Umweltschutz und Energie sparen propagiert? Jetzt werden Wünsche erfüllt!
    Mein Wz hat auch nur 19-20 Grad. Mehr brauche ich nicht!
    Das ist jammern auf hohem Niveau!
    Jetzt kann sich die Greta Generation beweisen im Energie sparen. Dh es gibt kalte Füße ( wie gewünscht. ) Putler macht’s möglich. Welch Ironie der Geschichte.

  11. 14.

    Na und. War bei meiner Tochter auch so - wir haben es gern ermöglicht, was nicht immer ganz einfach war und es hat sich für alle gelohnt. Wird bei meiner Enkelin demnächst auch so sein. Nur wird es da einfacher, da die Basis breiter ist.
    Auslandssemester sind übrigens auch schon von der menschlichen Entwicklung her nicht zu verachten.

  12. 13.

    Und wer die unbeabsichtigten Fehler (die sind leider dem nicht erfolgten Korrekturlesen vor dem Absenden geschuldet) findet, darf sie gerne behalten. ;-D

  13. 12.

    Danke für den Hinweis, aber es ist trotz meines Kellnerjobs auch so schwer in Berlin mein WG-Zimmer zu bezahlen?! Übrigens sind auch nicht alle Studierenden in den Geisteswissenschaften tätig. Schließlich braucht es auch immer wieder neue Lehrer*innen.
    Aber vielen Dank für Ihr Pauschalisieren und kluge Ratschläge.

  14. 11.

    Kleiner Tipp: Es gibt jede Menge 520 Euro Jobs, die pauschal versteuert und somit brutto=netto für Sie sind! Dann können Sie zukünftig Euros umdrehen und müssen nicht mehr nur Cent umdrehen. Oder vielleicht doch lieber eine Ausbildung anfangen... Viele Absolventen holen nämlich die durch das Studium entstandene Lohnlücke nicht mehr auf, z.B. Geschichte, Philosophie, Soziologie, um nur einige zu nennen.

  15. 10.

    Mal ganz nebenbei: Es ist egal, wie man Informationen konsumiert und da Sie hier kommentieren, nutzen Sie nur einen anderen Informationskanal. Aber hey, die anderen Tipps waren Spitze!

  16. 9.

    Wir brauchen Handwerkerinnen und nicht noch mehr Studierende.
    Da verflüchtigen sich alle Ängste von selbst weil nicht mehr existent.
    Außerdem würde ich ihr empfehlen keine Nachrichten mehr zuschauen, mache ich auch so, das macht einen nur zusätzlich kirre.

  17. 8.

    Keine schöne Zukunft auch. Da es mittlwrweile mehr als Studenten als Auszubildende gibt, weil man sich ja die Hände nicht mehr schmutzig machen und wirkliche Arbeit leisten möchte, sind die Hörsääle dicht voll genug, um sich gegenseitig zu wärmen. Je voller, umso wärmer. Kein Wunder, wenn der Energievebedarf immer weiter steigt, bei so vielen, die zukünftig noch mehrBüros IT und Kaffeemaschinen benötigen. Ach ja, im Sommer darf dann im Büro aber auch nicht geschwitzt werden, dafür brauchts dann Klimaanlagen, die Energie verballern und Abwärme erzeugen. Keine schöne Zukuntt, wirklich.

  18. 7.

    Schön, dass man hier ein intensives Interview geführt hat und gut recherchiert wurde. Eine Studentin zu befragen, die tatsächlich im Einfamilienhaus der eigenen Eltern in Berlin wohnt, und mit der Wohnsituation nicht zufrieden ist… leider absolut nicht repräsentativ für die Studenten, die tatsächlich schon seit einiger Zeit jeden Cent umdrehen müssen und schon länger keine Gedanken mehr an Clubs oder Freizeitgestaltung verschwenden können.

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