Mögliche Erinnerungsstätte in Berlin -

Grünen-Politiker fordern vom Bund mehr Engagement bei der Aufarbeitung der Kolonialgeschichte Deutschlands - und damit auch bei der Umbenennung von Straßen, Plätzen und Einrichtungen. Die Bundesregierung trete dabei "in erster Linie bremsend auf" und übernehme keine politische Verantwortung, heißt es in einem Papier von Fachpolitikerinnen und -politikern der Grünen im Bundestag. Finanzielle Unterstützung für Denkmäler und Gedenkorte solle daran geknüpft werden, dass mit Kolonialverherrlichung gebrochen werde. Es brauche eine "zentrale Lern- und Erinnerungsstätte" in Berlin.
Das Papier liegt der Nachrichtenagentur DPA vor. Es stammt unter anderem von der früheren Parteichefin Claudia Roth sowie den Abgeordneten Kirsten Kappert-Gonther, Erhard Grundl und Filiz Polat. Mehr als 100 Jahre nach dem Ende der Kolonialherrschaft Deutschlands würden weiterhin Menschen geehrt, die "im deutschen Namen Menschheitsverbrechen verübten", kritisieren die Grünen darin. "Straßennamen oder Denkmäler sollen Menschen ehren, die Besonderes geleistet oder sich historische Verdienste erworben haben."
Bundesregierung fehle kritische Distanz zum Preußentum
Umbenennungen von Straßennamen, wie in München - von der "Von-Trotha-Straße" in "Hererostraße", blieben Ausnahmen und würden gegen Widerstand durchgesetzt. Stattdessen fördere der Bund etwa in Hamburg die Sanierung des weltweit größten Bismarck-Denkmals ohne das Geld an eine historische Einordnung zu koppeln. Auch der Wiederaufbau des Stadtschlosses in Berlin mit historischer Fassade sowie die Wiederherstellung der Garnisonkirche in Potsdam zeigten, "dass der Bundesregierung die kritische Distanz zum Preußentum offenbar fehlt".
Es gehe nicht darum, Zeugnisse des Kolonialismus ganz zu entfernen, heißt es im Papier. "Vielmehr müssen die Bilder kolonialverherrlichender Erzählungen und Repräsentationen gebrochen werden. Als Ultima Ratio kann auch der Abriss bestimmter Gedenkorte eine Option darstellen." Kritik üben die Autoren auch am Namen des Robert-Koch-Instituts, das derzeit wegen der Corona-Pandemie im Zentrum der Aufmerksamkeit steht: "Denn Robert Koch war nicht der harmlose "Forschungsreisende", zu dem er im Nachhinein verklärt wurde", schreiben sie. "Vielmehr unternahm Koch in den ehemaligen deutschen Kolonien zahllose Menschenversuche an Einheimischen."
Berlin spielt in der Geschichte des Kolonialismus eine zentrale Rolle. Im November 1884 begann auf Einladung von Bismarck die sogennate "Kongo-Konferenz", auf der europäische Staaten und die USA Regeln aufstellten nach denen sie sich Gebiete in Afrika gegenseitiog anerkennen wollten. In weiten Teilen Afrikas ist dies auch als Berlinisation bekannt.