Paris nutzt Vorkaufsrecht zugunsten kleiner Läden - Ein Werkzeug gegen öde Innenstädte

Do 14.07.22 | 06:04 Uhr | Von Jan Menzel
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Blick in die Fussgängerzone Montorgueil im Pariser Stadtbezirk Les Halles. (Quelle: dpa/Matthias Tödt)
Bild: dpa/Matthias Tödt

Der Einzelhandel ist nicht nur durch die Corona-Pandemie in der Krise. Besonders die hohen Mieten zwingen kleine Läden oft in die Knie. In Berlins Partnerstadt Paris greift die Stadt massiv ein. Ein Modell für Berlin? Von Jan Menzel

In der Rue du Château d’Eau reihen sich Geschäfte, Lokale und Läden aneinander wie an einer bunten Perlenschnur. In einem Schaufenster hängt liebevoll genähte Baby-Kleidung. Direkt daneben ist ein Fachgeschäft für Bilderrahmen. Cafés, Bistros und ein 24-Stunden-Späti wechseln sich ab. Und mittendrin ist "Jamini".

"Jamini" ist ein Laden für Schönes und Nützliches zum Einrichten und Wohlfühlen. Doch der Laden mit der schwarz gestrichenen Fassade steht auch für die Rettung der Rue du Château d’Eau. Denn bevor "Jamini" und die anderen Läden zurückkamen, war die Straße im 10. Pariser Arrondissement praktisch tot. In den Erdgeschossläden gab es fast nur noch Textilgroßhändler mit ihren Lagern. Die typische Pariser Mischung war einer öden Monostruktur gewichen; wenig lebenswert für die Bewohner des Viertels und uninteressant für Touristen.

Über "Semaest" zieht die Stadt das Vorkaufsrecht

Dass nun wieder Leben herrscht und ein bunter Mix aus Geschäften die Straße säumt, liegt am Projekt "Semaest", das die Stadt Paris vor 40 Jahren zusammen mit der Wirtschaftsförderung und privaten Akteuren initiierte. "Wir haben mit Semaest die Möglichkeit, Ladenlokale zu kaufen und dann für Schlachter, Floristen, Buchhändler oder Handwerker zur Verfügung zu stellen", sagte Colombe Brossel. Sie ist Präsidentin von Semaest und Mitarbeiterin der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo.

Was einfach klingt, ist rechtlich und auch finanziell ein Kraftakt. Über Semaest zieht die Stadt nämlich bei Gewerbeimmobilien, die zum Verkauf stehen, das Vorkaufsrecht. Aus Berlin kennt man das von Wohnhäusern. Aber bei Ladenlokalen? "Das Ergebnis lässt sich ja sehen", zeigt sich Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der Berliner Industrie- und Handelskammer grundsätzlich aufgeschlossen. Eder gehört zur Wirtschafts-Delegation der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), die Berlins Partnerstadt in dieser Woche besucht.

In Berlin könnte man an Friedrichshain denken

Mit dabei ist auch Burkhard Kieker, der Geschäftsführer der Tourismuswerber von visitBerlin. Er lobt Semaest als "hervorragende Möglichkeit, damit nicht Viertel entstehen, die keiner haben möchte und auch kein Tourismus entsteht, den keiner haben will." In Berlin könnte man da an Touristen-Hotspots und Partybereiche wie rund um den Boxhagener Platz in Friedrichshain denken.

"Wenn wir das in Berlin nachmachen wollten, müssen wir uns aber sehr genau überlegen, in welchen Fällen wir das machen und mit welcher Kompensation für Eigentümer wir so etwas anstellen könnten", gibt IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder aber zu bedenken. Die Rechtslage in Paris scheint eine völlig andere als in Berlin zu sein.

Allein die Drohung kann Wirkung zeigen

Vorkauf in Berlin heißt, dass der Bezirk in einen geschlossen Vertrag eintritt und in der Regel ein Wohnhaus zum Marktpreis erwirbt. In Paris hat die Kommune die Möglichkeit zum deutlich niedrigeren Verkehrswert zu kaufen. Oder - und das ist der Clou: Allein mit der Drohung, das Vorkaufsrecht geltend zu machen, die Eigentümer zu günstigeren Mietkonditionen zu bewegen.

Dafür hat die Stadt Paris seit 2004 rund 50 Millionen Euro an Semaest gegeben. Damit wurden Ladenlokale gekauft, die in vielen Fällen später an die neuen Gewerbemieter zu akzeptablen Konditionen verkauft wurden. Die 50 Millionen Euro konnten daher zwischenzeitlich wieder an die Stadt zurückgezahlt werden, versichert die Präsidentin von Semaest Colombe Brossel.

Verantwortung gegenüber Handwerkern und kleinen Läden

Auf jeden Fall "spannend" lautet auch die erste Einschätzung von Berlins Wirtschaftssenator Stephan Schwarz. Mit Blick auf Berlins Problem-Einkaufsstraße Nummer 1 dämpft Schwarz aber die Erwartungen: "Die Friedrichstraße hat sehr unter Covid gelitten. Wir haben eine Verkehrssituation, die noch nicht gelöst ist, an der wir aber arbeiten." Auch IHK-Hauptgeschäftsführer Eder fordert für die Friedrichstraße eine große Idee, die auch den Gendarmenmarkt einbezieht.

Bei einem möglichen Vorkaufsrecht oder ähnlichen Instrumenten für Läden und Geschäfte, denke er eher an Kieze, in denen Verdrängungen stattfinden, wo alteingesessene Handwerksbetriebe und kleine Läden vertrieben werden von großen Ketten, sagt Wirtschaftssenator Schwarz. "Da muss man gegenarbeiten. Da hat eine Stadt eine Verantwortung."

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Beitrag von Jan Menzel

35 Kommentare

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  1. 35.

    Wo es einen neoliberalen Markt gibt? Sie sollten sich angewöhnen die Artikel zu lesen die sie kommentieren.

    https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2021/08/gewerbemieten-kiezgewerbe-berlin-kreuzberg-kiezlaeden-retten.html

  2. 34.

    "Nachdem der falsche und missbräuchliche Begriff "neoliberal" geklärt ist, können wir uns der Sorge von "Nicolas" so zuwenden, wie man die Kiezläden länger halten kann, bevor diese weiterziehen... müssen? "

    Sie haben überhaupt nichts geklärt, außer ihre grenzenlose Einbildung. Die haben sie tatsächlich geklärt.

    "Der Markt" regelt sich von ganz alleine. " Ich sage doch, neoliberal. Schon tausendmal widerlegt.

  3. 33.

    Nachdem der falsche und missbräuchliche Begriff "neoliberal" geklärt ist, können wir uns der Sorge von "Nicolas" so zuwenden, wie man die Kiezläden länger halten kann, bevor diese weiterziehen... müssen? Das ist zwar ein normaler Prozess, oft bedauerlich, aber ein Vorkaufsrecht ist schon ein gutes Mittel, wenn der Preis stimmt, so oder so.

  4. 32.

    Dann erklären Sie bitte mal, wo es in Deutschland auch nur ansatzweise einen neoliberalen, also ungebremsten und ungelenkten Markt gibt. Sie werden schlicht keine nennenswerten Beispiele dafür finden, weil der Staat faktisch überall "lenken" eingreift und damit all zu oft erst Marktverzerrungen verursacht. Oder wie ist es möglich, dass in Berlin in der Vorkreigszeit Gastronomie und Einzelhandel blühten, obwohl der Markt gänzlich unreguliert (=neoliberal) war. Freilich gab es damals weder Internet noch Einkaufszentren. Letztere waren aber nicht der Grund, denn es gab auch Markthallen - also in etwa vergleichbar. Der eigentliche Grund ist das geänderte Kundenverhalten. Das hat mit neoliberal rein gar nichts zu tun.

  5. 31.

    Und wieder einmal beweisen Sie, dass Sie keinen blassen Schimmer haben, was "neoliberal" bedeutet. Sie plappern es nur gebetsmühlenartig immer wieder nach. "Der Markt" regelt sich von ganz alleine. Wenn es keine Kundennachfrage gibt, gehen Geschäfte eben und andere kommen. Es war doch das massive Eingreifen der Politik in diese Märkte, die die Innenstädte erst zerstört haben, weil bei allen Maßnahmen das zu erwartende Verhalten der Kunden außer Acht gelassen wurde. Natürlich überleben dann nur die Finanzstarken, die Kosteneffizientesten und die Geldwaschsalons. Das Meckern über "den Markt" ist zu einfach, weil es die Zusammenhänge einfach ausblendet und damit zur reinen Ideologie verkommt. Die Welt ist eben etwas komplexer, als Sie sich das ständig erträumen.

  6. 30.

    Blödsinn Kira. Auch Sie wollen verunglimpfen aus anderen Gründen?
    Der Begriff Neoliberal ist an dieser Stelle genau so, als Verunglimpfung angewendet.

  7. 29.

    Da hat wohl einer Ihr neoliberales Herz getroffen. Der Begriff ist nämlich durchaus richtig eingesetzt in diesem Kontext und nicht als Schimpfwort zu verstehen. Fehlende Regulierung hat in den Innenstädten zur Bildung eines Oligopols geführt, so dass alle deutschen Innenstädte praktisch Kopien voneinendar geworden sind, wo sich immer die selben Ketten abwechseln.

  8. 28.

    ....Da muss man gegenarbeiten. Da hat eine Stadt eine Verantwortung."
    Ja Herr Schwarz, Herr Eder usw. dann müssten Sie vielleicht mal mit den Fachleuten reden die den stationären Einzelhandel in der Stadt Berlin machen .Wir warten.

  9. 27.

    Ich kann die Situation anderswo schwerlich beurteilen. Aber dass Fr. Giffey den Vors. der IHK mitgenommen hat, ist auf jeden Fall richtig. Auch in diesem "Club" befasst man sich echt seriös mit der Entwicklung der Innenstädte. Man kann nur hoffen, dass gerade bei diesem Thema die sog. Best of-Praxis gewinnt. Denn schließlich ist ja die fast leerstehende Galerie de la Fayette ein Stück Paris hier in Berlin.Das architektonisch interessante Haus hat jedenfalls diese "Friedhofsruhe" nicht verdient. Soo schlecht und so negativ wie das Haus & Umgebung zurzeit beschrieben wird, war es definitiv nicht.Nur kommt eben niemand mehr aus der Ferne angereist, um hier sich für die Hochzeit einzukleiden.. Und für le crie dernier können nicht alle die dicke Geldbörse zücken. Und nicht jeder Berliner ist ein ausgewiesener Gourmet mit schwerer Brieftasche. Es sollte wieder sehr französisch werden f ü r jedermann halt. Da müsste doch zu machen sein, ohne dass das Haus zu einem großen 1 EURO-Shop verkommt

  10. 26.

    Man sollte schon in Zusammenhängen lesen und denken können. Thema "Paris nutzt Vorkaufsrecht zugunsten kleiner Läden".

    Meine Antwort bezog sich auf "Und es sind Handwerksbetriebe, die schlicht keinen Nachwuchs mehr finden, weil die Menschen zu bequem sind, morgens drei Uhr aufzustehen und sich in die Backstube oder Schlachtehalle zu stellen."

    Das ist definitiv NICHT das Problem, es sind die horrenden Mieten, die (nicht nur) von Ketten in die Höhe getrieben werden. Von daher habe ich extra auf einen älteren rbb|24 Beitrag zum Lädensterben verlinkt. Ich habe also nicht das Gegenteil behauptet, sondern auf das größere Problem hingewiesen. Ihre Unterstellung ist also haltlos.

  11. 25.

    Fehlende Fachkräfte bzw. Azubis sind sehr wohl ein großes Problem des Handwerks. Da muß man schon ziemlich realitätsfern sein um das Gegenteil zu behaupten.

  12. 24.

    Die Konsumenten die vom stationären Einzelhandel zum Versandhandel gewechselt sind tragen maßgeblich zur Verödung der Innenstädte bei. Das ist natürlich ihr gutes Recht. Sie müssen aber mit den Folgen der Verödung, zusätzlich auch der Reduzierung und Qualitätsminderung der Gastronomie, leben.

  13. 23.

    Auch dieser Kommentar bringt die Diskussion nicht weiter. Aber darum geht es Ihnen ja auch nicht?

  14. 22.

    Ich wußte nicht das sie hier moderieren. Also überlassen sie es mir wie ich meine Kommentare verfasse solange sie der Nettiquette entsprechen. Danke.

    P.S. Ich kenne die Bedeutung des Begriffs neoliberal und genau deswegen habe ich ihn verwendet.

    "Der Ausdruck Neoliberalismus entwickelte sich in den 1990er Jahren aber auch zu einem politischen Schlagwort, das eine Wirtschaftspolitik mit folgenden Merkmalen bezeichnet: Intensivierung des Wettbewerbs durch Deregulierung, Durchsetzung des Freihandels und der Finanzglobalisierung, Limitierung des Deficit spending sowie Verringerung der Rolle des Staates durch Privatisierung und Reduktion der Bürokratie. Kritiker sehen darin eine Schwächung Sozialer Gerechtigkeit und demokratischer Politikgestaltung infolge der Dominanz eines ökonomischen Rationalitätsverständnisses."

  15. 21.

    "realitätsfremde Ideologen unbedingt aus einer organisch gewachsener innenstädtischer Prachtstraße "

    Wer meint, die Friedrichstraße sei etwa 2018 eine "Prachtstraße" gewesen, war wahrscheinlich viele Jahre nicht mehr dort bzw. ist realitätsfremd. Geschäftesterben, altbacken, zu viel Verkehr. Auch wenn (hier) manche Ideologen meinen, die Pläne mit der Fußgängerzone sei gegen Autofahrer gerichtet; sie war / ist ein Versuch, der Entwicklung etwas entgegenzusetzen.

  16. 20.

    Kann es sein, dass die Mehrzahl der Mieter keine norwegischen oder schweizer Gehälter erhält?

  17. 19.

    Bitte überprüfen Sie "neoliberal", was hier keiner verwendet. Wenn Sie es als Einziger so machen, dann wirkt dies als Schimpfwort und ist als Verunglimpfung von "Steffen" nicht zu akzeptieren.
    Ihre Besorgnis ist in Bezug auf einen Kiezladen berechtigt. Die Wahl Ihrer Mittel nicht.

    P.S. Ein Entwicklungsprozess, wie überall auf der Welt, kann wie begleitet/beeinflusst werden, wenn er schon nicht aufzuhalten ist? Diejenigen, die den "Kiez" schaffen, ziehen dann immer mehr Leute an, bis sie weiterziehen müssen um dann wieder... usw.

  18. 18.

    Es ist genau diese neoliberale Denkweise die unsere Städte zerstört hat. Unsere Innenstädte sind das Ergebnis wenn man meint alles dem freien Markt überlassen zu müssen.

    Das Problem des Handwerks ist nicht der Nachwuchs, sondern explodierende Mieten. Schul daran sie eben die Ketten, die sich das leisten können und so die Preise hochtreiben.

    https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2021/08/gewerbemieten-kiezgewerbe-berlin-kreuzberg-kiezlaeden-retten.html

  19. 17.

    Die hohen Mieten... Da schau her. Wo uns doch jahrelange mantrahaft eingetrichtert wurde es liegt am bösen online Handel das sich die Geschäfte in der Innenstadt nicht halten können...

  20. 16.

    Wir haben ein Problem in der Bundesrepublik : Niemand will mehr investieren - Jeder möchte nur Geld aus Geschäften herausziehen. Die Einkaufsstrassen in Berlin und Brandenburg sind viel zu sonnig zu heiß ohne Schatten. Springbrunnen, Trinkbrunnen, Schattenplätze fehlen an jeder Ecke. Investitionen fehlen einfach, auch in Sauberkeit und Ordnung.

  21. 15.

    Ja in der Tat. Wer pendelt schon gern 10, 15km in die Innenstadt um ins Cafe oder eine pittoresken eigentümergeführten Laden zu gehen. Die meisten Kieze haben ja deutlich näher eine Einkaufsmeile mit Cafes. Stadt der kurzen Wege und so.

  22. 14.

    Und die Meinung der betroffenen Anwohner/Geschäfte sowie die Verkehrsmehrbelastung umliegende Straßen wird aus ideologischen Gründen erst gar nicht untersucht?
    Ansonsten ist Ihre richtigstellende Formulierung gut gelungen...

    P.S. Auch Gutes muss begründet werden können, sonst ist es Diktatur Einzelner...

  23. 13.

    So ist es! Erst wird politisch alles kaputt gemacht, weil man sich der Auswirkungen wieder einmal nicht klar gewesen sein will, danach wird herumgeheult und neue Lösungen für die selbst geschaffenen Probleme gefordert. Da Problemauslöser und angeblicher Problemlöser identisch sind, funktioniert es natürlich nicht.

  24. 12.

    Es ist immer sehr leicht, die Verantwortung auf "die Ketten" zu schieben. Aber warum sind die denn erfolgreich? Weil wir (!) Kunden da einkaufen, weil es schlicht billiger ist! Weil die Einzelhändler selbst auf falsche Geschäftsmodelle setzen und nicht die Beratung und den Service in den Vordergrund stellen, wofür Kunden durchaus bereits sind, mehr zu zahlen. Und es sind Handwerksbetriebe, die schlicht keinen Nachwuchs mehr finden, weil die Menschen zu bequem sind, morgens drei Uhr aufzustehen und sich in die Backstube oder Schlachtehalle zu stellen. Einen Buchladen, wo der Eigentümer das eigene Sortiment nicht genau kennt, braucht niemand. Dann kann ich zu Thalia gehen oder bei Amazon oder Weltbild bestellen. Die Gumminahrungsmittel der Backshops sind zwar eine Zumutung, trotzdem kaufen die Leute die Läden leer. Ich fürchte, in Berlin würde man nur sinnlos Steuergelder versenken, wenn man das Kleingewerbe künstlich am Leben halten wollte.

  25. 11.

    Es heißt: "Die Friedrichstraße hat sehr unter Covid gelitten. Wir haben eine Verkehrssituation, die noch nicht gelöst ist, an der wir aber arbeiten."

    Es müsste heißen: "Die Friedrichstraße hat sehr unter politischen Covid-Maßnahmen gelitten. Wir haben eine Verkehrssituation, herbeigeführt die nicht lösbar ist, weil realitätsfremde Ideologen unbedingt aus einer organisch gewachsener innenstädtischer Prachtstraße eine provinzielle Fußgängerzone machen wollten. Wir wurschteln aber weiter."
    Die Dinge beim Namen zu nennen ist eine seltene Tugend geworden.

  26. 10.

    Eine gute Idee, wird sich aber nicht mit der Profitgier großer Handelsketten vereinbaren lassen. Wir haben ja auch im Bereich Wohnen festgestellt, dass Profit über allem steht. Leider...

  27. 9.

    "Was einfach klingt, ist rechtlich und auch finanziell ein Kraftakt." Genau, und warum kommen dann nicht Vorschläge das zu lösen? Zum Marktpreis bevorzugt abkaufen wird nur dann zum Problem, wenn man auf Kosten anderer ein "unsolides Schnäppchen" machen will. Ordentlich ankaufen und vermieten/verpachten ist möglich, macht aber Arbeit.

    P.S. Eine "Enteignung" des freien Verkaufs, also der Eingriff in den Verkaufspreis, ist rechtlich deshalb nicht möglich, weil dies nicht nur "asozial" wäre sondern sogar unsozial bei kleinen Eigentümern (auch Armen können erben und dann was machen?).

  28. 8.

    Mir stellt sich hier die Frage, ob Menzel nicht Kiez und Innenstadt wild durcheinanderwürfelt, führt er doch als positiven Effekt den Erhalt von Nahversorgern an.

  29. 7.

    Wenn ich den Artikel so lese, denke ich an die Zeit zurück, als Berlin´s Kieze genauso gestaltet waren, bevor die protzigen Einkaufscenter die kleinen Geschäfte verdrängten. Wochenmärkte, Handwerk- und Tante-Emma-Läden, Dienstleister, Restaurants und Kiezkneipen überall, ein bunten Leben. DAS macht eine vielfältige Stadt aus, nicht Eigentumswohnungen und Shoppingcenter an jd. Ecke, die alle das Gleiche anbieten. Ich war schon immer der Meinung, dass die Politik mal über´n Tellerrand und bei unseren europ. Nachbarn schauen könnte, was bei denen gut funktioniert und was nicht. Fehlende Finanzen? Denke ich nicht, es ist ja für jeden Mist und die unsinnigsten Projekte Geld da. Es wird nur schlecht verteilt und oft zweckentfremdet.

  30. 6.

    Berliner Mieten sind im internationalen Vergleich noch immer recht günstig. Und "Innenstadt" in Berlin muss auch nicht geographisch sein. Berlin ist ja von Natur aus multizentral, in jeder Ecke der Stadt gibt es ein "Zentrum" zum Beispiel die Schloßstraße in Steglitz oder den Hermannplatz. In der geographischen Mitte der Stadt stehen bei uns in der Tat zu viele Bürogebäude im Vergleich zu Wohngebäuden um Leben in die Straßen zu bringen.

  31. 5.

    Beim Vorkauf muss auch in Berlin nicht mehr als der Verkehrswert gezahlt werden. BauGB § 28: "Abweichend von Absatz 2 Satz 2 kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet." Das ist zwar nur eine Kann-Bestimmung. Doch würde es ja bedeuten, dass Herr Menzel der Meinung ist, dass die Bezirke freiwillig zu überhöhten Preisen das Vorkaufsrecht ausgeübt haben.

    Bei den erwähnten Buchhändlern gibt es ein ganz anderes Problem: Die Kunden sind schon vor Jahren dazu übergegangen, Bücher im Internet zu bestellen, so dass die kleinen, inhabergeführten Geschäfte nahezu komplett verschwunden sind. Die Geschäfte der Fleischermeister muss man auch mit der Lupe suchen. So mancher frühgentrifizierender Aufbäcker mit schickem französischem Namen ist mangels auch durch ihn verdrängter besserer Alternativen schon in den Medien bekannt geworden.

  32. 4.

    Verkehrsberuhigung und Belebung der Innenstadt bei weiterhin steigenden Mietpreisen. Wie soll das zusammen gehen? Wer soll dort einkaufen, wenn es keine Parkplätze mehr gibt und alle Mieter aus dem Innenstadtbereich weggezogen sind? Das mag in Paris funktionieren, die Stadt ist ja völlig anders aufgebaut, aber niemals in Berlin.

  33. 3.

    Es ist doch nicht nur ein Werkzeug gegen öde Innenstädte: Man sollte auch die Kieze mit in den Fokus nehmen und die von der Politik vernachlässigten Außenbezirke mal mitdenken. Dann wäre ggf. auch eine Annäherung zur 15-Minuten-Stadt möglich Es klopfen doch alle so kluge Sprüche und wissen Bescheid, wie Stadtentwicklung klappt. Also los! Oder ist der jetzige Status Quo mit den Rahmenbedingungen schon das Ziel?

  34. 2.

    In Deutschland ist der Zug bereits abgefahren. Wenn man die Entwicklung der großen Einkaufsstraßen über den Zeitraum der letzten Jahrzehnte betrachtet, kann man im Grunde nur resignieren. Die privat geführten Fachgeschäfte sind fast vollständig eliminiert. Es dominiert Geldwäsche.
    Warum zum Beispiel eine Stadt wie Berlin dieser Entwicklung nicht Einhalt gebietet, ist für mich nicht nachvollziehbar.

  35. 1.

    Endlich mal eine Stadt, die sinnvolle Maßnahmen zur Belebung der Innenstadt einsetzt: Verkehrsberuhigung und Ansiedlung vielfältiger Läden.

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