Berliner Landesparteitag - Linke will "Stromschutzschirm" für Stadtwerke-Kunden

Sa 24.09.22 | 17:33 Uhr
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Archivbild: Stimmkarten, Abstimmung beim Bundesparteitag - Die Linke. (Quelle: dpa/S. Proessdorf)
Audio: rbb24 Abendschau | 24.09.2022 | Dorit Knieling | Bild: dpa/S. Proessdorf

Berlins Linke hat viele Ideen, wie die Menschen von hohen Kosten entlastet werden könnten. Einen Teil davon will und kann die Partei auf Landesebene umsetzen. Bei vielen anderen Punkten soll aber der endlich Bund handeln.

In der Debatte um Entlastungen angesichts exorbitant hoher Energiepreise hat die Linke in Berlin einen neuen Vorschlag auf den Tisch gelegt: Sie fordert einen "Stromschutzschirm" für Kunden der Stadtwerke. Rund 40.000 Menschen bezögen mittlerweile ihren Ökostrom von den Berliner Stadtwerken, sagte die Linke-Fraktionsvorsitzende Anne Helm am Samstag auf einem Landesparteitag. "Normalerweise würden im Oktober wegen der explodierenden Strompreise die Erhöhungsschreiben rausgehen. Der Gewinn der Stadtwerke macht es möglich, dass die Preise nicht erhöht werden müssen."

Nach Möglichkeit "Stromschutzschirm" spannen

Wenn die Möglichkeit bestehe, zumindest einen "Stromschutzschirm" für diesen Teil der Berliner Stromkunden zu spannen, müsse dies auch genutzt werden, so Helm. Für alle anderen Stromkunden müsse der Bund einen Strompreisdeckel beschließen, forderte sie.

Die Linke-Landesvorsitzende Katina Schubert und der Bundesvorsitzende Martin Schirdewan forderten von der Bundesregierung mehr Tempo bei den Anstrengungen für eine Entlastung der Menschen. "Wir brauchen einen Strom- und Gaspreisdeckel", sagte Schubert. Nötig sei eine echte Überge winnsteuer, eine Reichensteuer und das Aussetzen der Schuldenbremse.

Mieten ebenfalls als Preistreiber ausgemacht

Damit hätte der Bund dann genügend Mittel, um die Menschen und die soziale Infrastruktur spürbar zu entlasten, glaubt Schubert. Zudem könne dann die "irre Gasumlage" wieder abgeschafft werden, die Verbraucher ab Oktober zahlen müssen, um ins Trudeln gekommene Gasimporteure zu stützen.

Schubert, die stellvertretende Bundesvorsitzende der Linken ist, regte auch einen Mietendeckel in Deutschland an - schließlich seien die Mieten vielerorts ebenfalls Preistreiber. Sie wiederholte außerdem die Forderung ihrer Partei nach einem gesetzlichen Schutz von Mietern vor Kündigungen oder Gas- und Stromsperren, wenn sie ihre Energiekosten nicht mehr stemmen könnten.

Linke erwarten heißen Herbst"

Schirdewan äußerte sich ähnlich wie Schubert. "Die Preise explodieren. Immer mehr Leute wissen nicht, wie sie ihre Rechnungen am Ende des Monats zahlen sollen", sagte er. "Die bisherigen Entlastungsmaßnahmen der Ampel gleichen eher einer Arbeitsverweigerung als einer wirklich gelingenden Krisenpolitik", fügte er mit Blick auf die von SPD, Grünen und FDP getragene Bundesregierung hinzu. "Die Menschen brauchen konkrete Entlastungen jetzt." Statt schnell zu handeln, tauche die Bundesregierung ab.

Die Linke erwartet wegen der hohen Energiepreise einen "heißen Herbst" auf Deutschlands Straßen und will sich an den Demonstrationen aktiv beteiligen. Dabei wolle sich die Partei klar vom rechten Rand abgrenzen, der die Sorgen und Nöte vieler Menschen für seine Zwecke nutzen wolle, sagten Schirdewan und Schubert.

"Demonstrationen sind wichtige Bestandteile lebendiger Demokratien", sagte Schubert. "Es ist völlig legitim, gegen die Politik der Bundesregierung und für eine wirksame Entlastung der Verbraucherinnen und Verbraucher zu demonstrieren. Aber die Brandmauer nach rechts muss hoch sein. Da gibt es null Gemeinsamkeiten." Es gelte, demokratische Räume zu schaffen, wo Menschen ihren Frust herauslassen und ihre Wut äußern könnten, "ohne sich mit rechten Rattenfängern gemein zu machen".

Schirdewan schätzte die aktuelle gesellschaftliche Situation als hochexplosiv ein. "Genau daran wollen rechte Kräfte andocken. Rechte Kräfte wollen eine Energiepreis-Pegida auf die Straße bringen und mit ihren Scheinlösungen in Deutschland die Menschen für sich gewinnen." Vor diesem Hintergrund trage die Linke besondere Verantwortung. "Unsere Politik und unser berechtigter Protest muss deshalb immer auch ein demokratisches Angebot an die Menschen unterbreiten."

Umgang mit Energiekrise war Schwerpunkt

Soziale Proteste und Regierungsbeteiligung seien kein Gegensatz, sagte Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) dazu. "Denn so selbstverständlich, wie wir beim heißen Herbst mitmischen, so selbstverständlich holen wir in der Landesregierung so viel wie möglich an sozialer Gerechtigkeit und Freiheit heraus." In Berlin regieren SPD, Grüne und Linke zusammen.

Der Umgang mit den Folgen der Energiekrise war der Schwerpunkt des Parteitags. Die Delegierten beschlossen zudem, dass der Linke-Landesverband Berlin eine Doppelspitze bekommen soll. Momentan ist Schubert alleinige Parteivorsitzende. Der Parteivorstand wird im nächsten Februar neu gewählt.

Sendung: rbb24 Abendschau, 24.09.2022, 19:30 Uhr

19 Kommentare

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  1. 19.

    Mit Rhetorik, besser gesagt mit Kunst der Suggestion, bemüht sich die Linke um eine Abgrenzung von rechts außen, da es angeblich keine Gemeinsamkeiten gibt.

    Es gibt sie aber doch, nicht wenige, und der gewünschte "heiße Herbst" und deren Ausnutzung für eigene Zwecke gehört auch da zu.

  2. 18.

    Das Problem dürfte sein, dass ein Stadtwerk Im Gegensatz zu Wasser/Abwasser/Verkehr am "freien" derzeit außer Kontrolle geratenen Energiemarkt agiert.
    Demzufolge wäre es ein "Schaden" am Unternehmen wenn es nicht den maximal möglichen Preis für sein Produkt erzielt.
    Irgendeinen juristischen Begriff gibt es sicher dafür.
    Geschäftsführung und Aufsichtsrat würden sich strafbar machen, da sie dem Unternehmen "Schaden" zufügen.
    Das müsste man wahrscheinlich irgendwie ändern. Haken wäre auch das die bei Preisen deutlich unter dem Marktlevel mehr Kundenanfragen als lieferbaren günstigen Strom hätten, müssten also auch eine maximal Kundenzahl haben. Wer hat das Vorrecht?
    Wenn man den Markt nicht generell in Griff bekommt, wäre es aber hier sicher einfacher die hohen Gewinne dem Eigentümer also der kommunalen Hand zuzuführen, um damit Sozialpakete zu bezahlen oder um Investitionen in mehr eigene Energieerzeugung zu finanzieren.

  3. 17.

    "... seien die Mieten vielerorts ebenfalls Preistreiber. " Das ist doch nur ein Symptom aber nicht die Ursache. Warum wollen auch die Linken nur an Symptomen mit Schutzschirmen rumdoktern und gehen nicht die Ursachen der Preissteigerungen an?

  4. 16.

    "Soziale Proteste und Regierungsbeteiligung seien kein Gegensatz"
    Das ist falsch, weil die an der Regierung beteiligten sich aktiv um die Probleme kümmern sollen statt so zu tun als wäre sie unbeteiligt.

  5. 15.

    "Und die Linke nutzt die Sorgen und Nöte vieler Menschen nicht für ihre Zwecke?" Sie setzt sich für Menschen und dern Sorgen und Ängste ein, ein kleiner aber feiner Unetrschied.

    "Diesen Logik-Spagat soll die Linke mal genauer erklären." Da gibt es keinen Spagat.

    "Übrigens merken viele Berliner von Sozialer Gerechtigkeit in Berlin gar nichts - siehe immer größer werdende Wohnungsnot."

    Die hat nicht die Partei DIE LINKE zu verantworten. Im Gegenteil.

  6. 14.

    Teile und herrsche! – Nach dem Prinzip werden alle Diskussionen über Entlastungen einzelner Bevölkerungsgruppen aktuell geführt. Nur keine Diskussion zulassen, wo die Ursachen liegen, die eine wirkliche „Entlastung“ bringen würde. Ein Festgaspreis ist die einzige Alternative, um „sozialverträglich“ eine Entlastung in dieser verfahrenen Kiste zu bringen. An die heilige Kuh der „Sanktionen“ traut sich kein Politiker heran!

  7. 13.

    Klientelpolitik! Bin Kunde der Stadtwerke, aber ich brauch keinen Preisdeckel, so wie wahrscheinlich die meisten der Stadtwerke-Kunde. Die Stadtwerke wurden von Links/Grün gefördert und behaupte, das hauptsächlich deren, gutverdienenden Wähler Kunden sind.

  8. 12.

    Frei nach Bud Spencer:
    Und wat is mit de Rentner?
    Wohl kein Thema für die Linken.

  9. 11.

    Die Stadtwerke sind ein landeseigener Betrieb wie auch die Wasserwerke zu der diese organisatorisch gehören.

    Auch die BVG ist z.B ein landeseigener Betrieb.

    Warum die Energiepreise ( Herstellungskosten, Lieferkosten ... ) bei einem regionalen Ökostrom Anbieter steigen hat mir bisher noch keiner erklärt. Ich bin bewusst zum landeseigenen Ökostrom Anbieter gewechselt da dieser nicht nur "uns" gehört sondern auch vor Ort in Berlin ( und Brandenburg ? ) den Strom erzeugt.

  10. 10.

    Die Bevorzugung bestimmter Bevölkerungsgruppen, unabhängig von der Bedürftigkeit ist ein echter Trend bei allen Parteien. Erst Wohnungsbaugesellschaften, jetzt Stadtwerkekunden. Was ist den mit den vielen tausend Menschen, die einfach nur bei anderen Anbietern und Vermietern unter Vertrag stehen. Meiner Meinung nach werden hier Steuergelder ungerecht verteilt.

  11. 9.

    Ja so ist es. Die Rechte, der parlamentarische Arm des Rechtsterrorismus AfD nutzt, funktionalisiert die Sorgen und Nöte vieler Menschen nur für ihre Zwecke. Denn am Ende rechter, autoritärerer, Politik steht keine Lösung der Sorgen und Nöte der Bevölkerung. Sondern die Praxis eines rechten und autoritären politischen Programms. Wo rechts-nationalistische Parteien in Europa Regierung stellen, kann man das in der Praxis beobachten. Hinzu kommt, dass deren Vertreter /Mandatsträger mit einem vergleichsweise schmalen Gehalt für eine Funktion im Staat, auf wundersame Weise zu Millionären werden.
    Über DIE LINKE lässt sich das in ihrer Praxis, ihrer Agenda nicht sagen. Gegen Wohnungsnot klärte sie: Es muss und darf nur durch eine Bundesregierung entschieden werden. (Mietendeckel)Sie setzte Mindestlohn 12,50 für öffentliche Aufträge durch. Liess nicht nur bauen, sondern brachte Bau von nötigen, bezahlbaren, Wohnungen auf den Weg. Kostenloses Schulessen. Verbilligung des ÖPNV-Tickets...

  12. 8.

    Ich hoffe, dass die Vorschläge vorher v.a. mit dem Parteikollegen Klaus Lederer intensiv diskutiert wurden sind. Er hat ja m.E. den besten Überblick, wie der Bund mit den Rettungsmaßnahmen in Corona-Zeiten verfahren ist, wo die KMUs u. die Kulturbetriebe profitierten. Ähnliche Konstrukte müssen jetzt für alle kommen. Man sollte sich die statistische Definition von Armut hernehmen, da hat man gute Anhaltspunkte. Nur dafür den "Heißen Herbst ausrufen, sorry, das finde ich unverantwortlich bis hin zu etwas primitiv. Jeder, der es will, kann f. Jegliches demonstrieren. diese Regelungen müssen anders an den Mann gebracht werden. Mir missfallen die parolenartigen Schlagwortgebungen! Daher bin ich ganz frech, wie der Mann der Käthe Kruse: Wat´n Puppen? Macht die doch alleene". Wie sich zeigte, war KK eine sehr kluge, erfinderische, toughe wie fürsorgliche Unternehmerin, die sich über Qualität u. "Feinschliff" darstellte. Eine wirklich tolle Frau! Das nenne ich kämpfen! So - nicht!

  13. 7.

    So lange das größte Problem der „Linken“ ist, wer mit wem gleichzeitig auf der Straße gesehen wurde, werden die nicht mehr ernst genommen werden können.
    Sollen sie sich um die „Marginalisierten Minderheiten“ kümmern und sich von denen wählen lassen - nach vielen Jahren wähle ich die nun nicht mehr.

  14. 6.

    Ich will nochmal 20 sein.
    Wir bekommen nie was wir wollen.

  15. 5.

    Die Antwort ist relativ einfach: keine Einzelne Linke hält irgendwelche Anteile an den Berliner Stadtwerken, weil diese zu 100 Prozent der Stadt Berlin gehören.
    Aber vielleicht könnten Sie mal erklären, wie der Vorschlag Gewinne nicht auszuschütten, sondern stattdessen auf Preiserhöhungen zu verzichten, der Eigentümerin einen persönlichen Vorteil bescheren soll. Als Diplom-Kaufmann verstehe ich Ihre Logik nicht.

  16. 4.

    Die Idee klingt ja nicht verkehrt, aber darf ein Mehrheitsgesellschafter einer GmbH vorschreiben, dass sie ihre Gewinnchancen freiwillig minimiert?
    Ist ja kein Zweckverband oder gemeinnütziger Verein.

  17. 3.

    Die DieLinke will mit dem
    Stromschutzschirm für das Stadtwerk die
    Kunden schützen ?
    Wieviele StadtwerkeAnteile werden denn
    von DieLinke Mitgliedern gehalten ?
    Wie Groß darf denn der Spekulations-
    Gewinn der DieLinke werden ?

  18. 2.

    Die Linke “will” einen Stromschutzschirm für 40.000 Menschen!! Und der Rest??? Ich bin überzeugt, diese Leute sind nicht von dieser Welt.

  19. 1.

    Ach die Rechte nutzt die Sorgen und Nöte vieler Menschen für ihre Zwecke?
    Und die Linke nutzt die Sorgen und Nöte vieler Menschen nicht für ihre Zwecke?
    Diesen Logik-Spagat soll die Linke mal genauer erklären.
    Übrigens merken viele Berliner von Sozialer Gerechtigkeit in Berlin gar nichts - siehe immer größer werdende Wohnungsnot.

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