rbb exklusiv | Energiekrise und Inflation - Berliner Linke will Nachtragsetat auf mindestens zwei Milliarden Euro aufstocken

Fr 21.10.22 | 07:54 Uhr | Von Jan Menzel
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Archivbild:Katina Schubert (l-r),Klaus Lederer, Anne Helm,Carsten Schatz und Elke Breitenbach (Die Linke) am 19.10.2021.(Quelle:dpa/C.Soeder)
Audio: rbb24 Inforadio | 21.10.2022 | Jan Menzel | Bild: dpa/C.Soeder

Angesichts von Energiekrise und Inflation plant der Senat einen Nachtragshaushalt von bis zu 1,5 Milliarden Euro. Zu wenig, sagt der Linken-Haushaltsexperte Zillich und fordert eine deutliche Aufstockung. Damit erhöht er den Druck auf Finanzsenator Wesener. Von Jan Menzel

Die Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus hält eine deutliche Aufstockung des Nachtragshaushalts des Landes für erforderlich. "Wir befinden uns in der größten Krise seit Existenz der Bundesrepublik", sagte der haushaltspolitische Sprecher der Linksfraktion Steffen Zillich dem rbb. Der Bund habe die Notlage für dieses Jahr erklärt. Er gehe davon aus, dass die Notlage auch 2023 andauere, so Zillich: "Das gibt uns die Möglichkeit, Kredite aufzunehmen."

"Nicht absehbare Entwicklung"

Angesichts der Krise hält die Linke einen Nachtragsetat in Höhe von mindestens zwei Milliarden Euro für erforderlich. Bislang haben Senat und Koalition lediglich ein Volumen zwischen 800 Millionen und 1,5 Milliarden Euro verabredet. Für Zillich ist absehbar, "dass wir mit dem Rahmen nicht auskommen werden." Das liege vor allem an der unsicheren und nicht absehbaren Entwicklung im kommenden Jahr.

"Wir wissen nicht, wie sich die Einnahmen des Landes entwickeln werden", warnt der Haushaltspolitiker. Jüngste Prognosen weisen in die Richtung, dass Deutschland im kommenden Jahr in die Rezession rutschen könnte. Das hätte erwartbar Auswirkungen auf das Steueraufkommen. Die nächste Steuerschätzung, die bereits in wenigen Tagen kommt, dürfte diesen Trend abbilden.

Zillich: Bedürftigen schon im Winter helfen

Kritisch sieht die Linke auch, dass die viele Hilfen des Bundes erst verspätetet im nächsten Jahr ausgezahlt werden sollen. Hier müsste das Land gegebenenfalls in die Bresche springen und dafür sorgen, dass bedürftige Menschen schon im Winter Hilfe erfahren, fordert Zillich.

Er sieht auch die Gefahr, dass Krankenhäuser und soziale Einrichtungen in Existenznot geraten. Unter Umständen müsse das Land auch hier finanzielle Engpässe überbrücken helfen. "Wir können uns nicht leisten, dass irgendein Träger oder eine soziale Einrichtung schließt", betonte Zillich.

Mehr Druck auf grünen Finanzsenator

Die Linke erhöht mit ihrer Forderung nach einem Finanzpuffer und einem höheren Nachtragsetat den Druck auf den grünen Finanzsenator Daniel Wesener. Wesener kalkuliert bisher mit einem Nachtragshaushalt, der ohne weitere Schulden auskommt und sich aus den höheren Steuereinnahmen in diesem Jahr speist. Die Zwei-Milliarden-Forderung der Linken dürfte dagegen nicht ohne neue Kredite finanzierbar sei.

Nach dem bisherigen Zeitplan soll der Entwurf des Nachtragshaushalts am 1. November vom Senat beschlossen werden. Im Anschluss wird das Abgeordnetenhaus beraten. Dafür sind zwei Sondersitzungen des Parlaments eingeplant. Die rot-grün-rote Koalition will den Etat vor dem 16. November beschließen. An diesem Tag entscheidet der Verfassungsgerichtshof über eine Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl. Dabei ist unklar, ob und in welchem Umfang das Abgeordnetenhaus bis zu einem möglichen Wahltermin weiter rechtssichere Beschlüsse fassen kann. An dieser Stelle gibt es unterschiedliche Auffassungen unter Verfassungsjuristen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 21.10.2022, 06:00 Uhr

Beitrag von Jan Menzel

27 Kommentare

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  1. 27.

    Und genau deshalb ist das Leistungsprinzip nicht zu schlagen, gemessen an den Einzahlhöhen über die Jahre.. .

  2. 26.

    Wenn Sie sich einmal anschauen, wie lange schon am Rentensystem herumgedocktert wird und zwar schon seit den 80ziger Jahren in der alten Bundesrepublik und welche Verwerfungen mit all den Änderungen entstanden sind, dann können Sie sich die Frage stellen, warum das Rentenniveau gesunken ist. Die Antwort ist sehr einfach, da die anrechenbaren Zeiten, sei es Lehre, Schule oder Studium zT so stark reuziert wurden, dass hier kein vernünftiges Renteniveau mehr erreicht werden kann. Auch das Argument, dass die EInzahlungen doch blieben greift nicht mehtr, da sehr viele Akademiker in pekrären Arbeitsverhältnissen beschäftigt sind, als Folge dass Eltern meinten, dass jedes Kind Abi machen müsse und studieren. So kommt es, dass viele erst spät ihren Beitrag zaheln. Zusätzlich gibt es noch die versicherungsfremden Leistungen, die von Seiten der Politiker politisch erwünscht waren, aber für die Sie nicht bereit sind die gesamte Bevölkerung einschl der Beamten über Steuermittel zahlen zu lassen.

  3. 25.

    Absolut richtig. Das würde auch die Ungerechtigkeit umgehen, die durch die ständige Anhebung des Eintrittsalters entsteht. Menschen mit Lehrberufen, die früh in das Arbeitsleben eingestiegen sind, sind oft gar nicht mehr in der Lage, noch wesentlich länger zu arbeiten, zumal dies oft mit körperlichen Tätigkeiten verbunden ist. Wer studiert, arbeitet in der Regel im geistigen Bereich, wo ein längeres Arbeiten durchaus realistisch ist. Die Einzahlungsdauer als Anspruchsgrundlage ist da wesentlich gerechter und sozialer. Die Höhe der Rente wäre ja trotzdem von der Höhe der Einzahlungen abhängig, so dass niemandem etwas weggenommen wird.

  4. 24.

    „Eymen“ kann damit die Bemessungsgrundlage gemeint haben. Anders kann man es nicht verstehen. Und das ist gerechter als ein Rentenalter aufrechtzuerhalten was man sich nicht mehr leisten kann. Zumal der Tendenz, möglichst spät anzufangen, entgegengewirkt werden muss. Schon aus sozial gerechten Gründen. Das System braucht Einzahler, die belohnt werden müssen...

  5. 23.

    @ Wossi, scheinbar war die Reaktionskette der Kommentare nicht mehr klar erkenntlich. Es ging um einen Kommentar, der aussagte, dass man die Rente nur nach 45 Jahren Vollzeit erhalten sollte. (9/Eymen/10:04Uhr)
    Aber richtig: Schulden sind eine heikele Sache. Z.T. sind sie notwendige Investitionen in die Zukunft, und wenn es nur dem sozialem Frieden dient u./o. aber die Wirtschaft am Leben hält. Das kann man aber nicht so deuten wollen, dass "Papa Staat" alle Probleme löst. Wir sind für uns selbst verantwortlich. Es sollten nur Härtefälle entlastet werden. Kurzfristig wird es leider nur das Gießkannenprinzip geben können, weil die Kriterien für Gerechtigkeit variabel + vielfältig sind.
    Und die Schulden von heute sind die Schulden unserer Enkel - mir schon klar.

  6. 22.

    Es gibt noch viel mehr Lebensentwürfe. Deshalb ist das Leistungsprinzip, für z.B. Renten, das Gerechteste...
    Für Ihre „Augenmaßschulden“ benennen Sie mal einen Schiedsrichter. Erkennen Sie wie ungerecht das werden muss? Gegenüber den Kindern und Enkeln? Ist Ihnen deren Zukunft egal? Nicht mit Absicht aber in letzter Konsequenz schon. An dieser Stelle kann man den Nachhaltigsbegriff nicht oft genug verwenden.

  7. 21.

    @ Wossi, es gibt Lebenskonzepte, die Sie scheinbar nicht kennen oder in Betracht ziehen. Unter anderem gibt es Eltern mit mehr als einem Kind.(demografisch gesehen kann das durchaus begrüßt werden) Da wird "die eine Tochter 17", da ist das jüngste Kind vielleicht noch klein. Und nicht jeder gibt Kinder mit 6 Monaten in die Krippe. Übrigens war und ist ein Kindergartenplatz/Hortplatz nicht immer selbstverständlich und es war in den alten BL üblich, dass Mütter! zuhause blieben. Es gibt Menschen, die studieren oder Angehörige pflegen oder krank werden.
    Sicher gibt es auch Menschen, die sich mit H4 zufrieden geben. Vielleicht sollte man da die rausfischen, die durchaus auch arbeiten gehen könnten, aber nicht wollen.
    Ansonsten gebe ich denen Recht, die hier daran erinnern, dass es sich um von Steuerzahlern erwirtschaftetes Geld handelt und Schulden auf Jahre und Jahrzehnte den Staatshaushalt belasten werden. Schulden ja, aber mit Augenmaß.

  8. 20.

    Mit Übertreibungen erreicht man oft das Gegenteil: Als die Tochter 17 wurde konnte ich sie auch mal alleine lassen :-(

    P.S. Beobachten Sie auf einem Spielplatz, was die Eltern da gerade machen.....

  9. 19.

    "und wenn man eben nur max. 30 Jahre "gejobbt" hat, ...." Was für ein Schlag ins Geschicht vieler Mütter und Väter, die nur halbtags arbeiten könnten, weil sie sich selbst um ihre Kinder gekümmert haben!

  10. 18.

    Bitte genauer lesen, es ist eine Renten-Information, keine Auskunft. Spätestens 2025 muss diese an die realen Verhältnisse in Deutschland angepasst werden, u.a. wegen der Zukunftsfähigkeit in Zeiten des demographischen Wandels.

  11. 17.

    Es ist ja nicht so, dass man sich gegen solche Störfall auch privat absichern könnte. Die Grundsicherung gehört noch einmal überarbeitet, damit der Sozialstaat hier nicht ausgenutzt wird, das sollte übrigens auch im Interesse der wirklich Bedürftigen sein.

  12. 16.

    Die Linken haben ansich sowieso nichts zu melden.

  13. 15.

    Finde ich auch, jeder bekommt eine Rentenauskunft die besagt, was man sich erarbeitet hat, und wenn man eben nur max. 30 Jahre "gejobbt" hat, ist "mit 66 Jahren (ist noch lange nicht Schluss)". Solange bis der letzte versteht, dass er durch Bequemlichkeit seine Vorsorge in den Sand gesetzt hat. Der gewählte Lebensweg sollte Konsequenzen haben - entweder positiv oder negativ.
    Hierbei geht es nicht um irgendwelche Erkrankungen wo dringender Hilfebedarf besteht!

  14. 14.

    Festzuhalten ist, es handelt sich in BRD immer um relative Bedürftigkeit.

    De facto geht es den meisten gut.

    Daher auch die großen Flüchtlingsströme nach BRD, die Anreize (relative Bedürftigkeit) wird von vielen außerhalb BRD als „vollkommen zufriedenstellend“ und „erstrebenswert“ angesehen.

    Ich teile die Meinung der Flüchtlinge.

    Das Wohlstandsgejammer in BRD ist nicht zum Aushalten.

    Bei den Hartz IV - Beziehern werden Kosten für Heizung (Gas, Öl, etc.) zu 100 Prozent von Amt (Steuerzahler) übernommen.

    T-Shirt im Winter lässt grüßen.

    Das hat mit Bedürftigkeit gar nichts zu tun.

  15. 13.

    Ich hoffe doch sehr das du in deinem Leben von Krankheiten und einem Unfall der deine Arbeitsfähigkeit einschränken könnte verschont bleibst , wenn nicht wirst du froh sein das es so etwas wie Frührente und Grundsicherung gibt .

  16. 12.

    Erst einmal abwarten ob und wann in Berlin neu gewählt werden muss. Dann wird man feststellen ob die Linken überhaupt noch etwas zu fordern haben, oder ob sie dann endlich in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Besser wär dass.

  17. 11.

    Das wird sogar kommen müssen, weil man sich „das Durchmogeln“ nicht mehr leisten kann: Kein Renteneintrittsalter mehr, aber 45 Jahre Lebensarbeitszeit ist das Maß der Dinge.

    P.S. Bürgergeld für Notfälle sind dann anerkannt, wenn man nicht auf Kosten der Einzahler leben will. Gedankenspiel: Ist es gerecht, dass jemand sich gegen Berufsunfähigkeit absichert und der andere nicht, aber dann von eben diesen Abgesicherten leben kann, wenn der Fall eintritt?

  18. 10.

    In Berlin wurden fast 10 Jahre lang Schulden abgebaut. Dazu stieg das Bruttosozialprodukt immer weiter an,das heißt die Schuldenquote sank kontinuierlich. Nur um mal bei den Fakten zu bleiben.

    Dank dem Umgang mit Corona hat sich der Erfolg aber schnell wieder in Luft aufgelöst.

    Es ist auch generell richtig,dass der Staat seine Ausgaben in einer Krise erhöht und auch Schulden macht. Allerdings hat sich der Staat die Krisen selbst eingehandelt. Darauf sollte die Linke vielleicht mal pochen.

  19. 9.

    Abschaffen der Altersrente, Rente nur bei 45 Jahren Vollzeit. Und schon gäbe es nur noch 1% Bedürftige.

  20. 8.

    Der kundige Wähler wird erkennen, was das unmittelbar für seine Kinder und Enkel, aber auch für sich persönlich bedeutet. Wenn alle gleich arm geworden sind, ist es egal wie hoch die Parkgebühr ist. Über diese Metapher kann man ruhig etwas länger nachdenken....

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