Experten beraten Bundesregierung - Gaspreis-Kommission schlägt Einmalzahlung und Preisdeckel vor

Mo 10.10.22 | 12:01 Uhr
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Erdgasspeicher (Quelle: dpa)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 10.10.2022 | K. Breinig | Bild: picture alliance

Am Montagvormittag präsentierte die Expertenkommission der Bundesregierung ihre Vorschläge zur Gaspreisbremse. Das Gremium schlägt erste Entlastungen noch im Dezember vor - und einen Preisdeckel für das kommende Jahr.

Die Expertenkommission Gas und Wärme schlägt der Bundesregierung eine Einmalzahlung für Gas- und Fernwärmekunden für Dezember vor. Das geht aus dem Papier der Experten hervor, der dem rbb vorliegt. Die Regierung muss nun über die Vorschläge entscheiden.

Die Einmalzahlung soll auf der Basis des Verbrauchs ermittelt werden, der der Abschlagszahlung im September zugrunde lag. "Diese Einmalzahlung dient als finanzielle Brücke bis zur regulären Einführung der Gaspreisbremse", heißt es in dem Papier. Die Versorger sollen auf die Abschlagszahlung für Dezember für praktisch alle Haushalts- und Gewerbekunden verzichten und diese vom Staat erstattet bekommen. Die Abschläge für Industrie und Kraftwerke zur Stromerzeugung übernimmt der Staat nicht.

Preisdeckelung ab März 2023

Für private Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen empfehlen die Experten der Regierung laut Papier zudem einen Gaspreis-Deckel von März 2023 bis April 2024. Dabei solle der Preis für 80 Prozent des Verbrauchs bei einem Preis von 12 Cent gedeckelt werden. "Das heißt, man bekommt quasi jeden Monat einen staatlichen Zuschuss auf die Abschlagszahlung", erklärte die Wirtschaftsweise Veronika Grimm. Oberhalb dieses Kontingents sollen Marktpreise gelten.

Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Industriegewerkschaft IGCBE und Mitglied der Expertenkommission, sagte zu den Plänen, man wolle, dass die Entlastungswirkung schnell seien. Mit dem vorgeschlagenen Modell könnten die Gaspreise gesenkt und damit die sozialen Fragen gemindert werden. Gleichzeitig dürfe der Gasverbrauch aber nicht nach oben gehen. Die Versorgungslage sei trotz der gefüllten Gasspeicher weiter angespannt.

Giffey begrüßt Vorschläge, Potsdamer Klimafolgen-Forscher kritisieren

Die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) begrüßte in einem Statement auf Twitter das vorgeschlagene Zwei-Stufen-Modell der Expertenkommission. Es werde der Krise gerecht, weil es schnelle Soforthilfe sichere und eine langfristige Lösung ab dem Frühjahr biete.

Für Berlin sei es besonders wichtig, dass die Gaspreisbremse den Experten zufolge auch für Fernwärme gelten solle. In der Hauptstadt werden besonders viele Wohnhäuser per Fernwärme geheizt, laut Giffey über 1,3 Millionen Haushalte. Laut dem Bundesverband für Energie und Wasserwirtschaft werden rund 37,1 Prozent der Wohnungen in Berlin mit Fernwärme geheizt.

Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) dagegen kritisierte die Vorschläge der Gaskommission als zu zurückhaltend. PIK-Direktor Ottmar Edenhofer sagte, er sehe das Risiko, dass durch den Vorschlag weiterhin zu wenig Gas gespart würde und dass die Haushalte zu wenig entlastet würden. Nachbesserungen und Konkretisierungen sind aus seiner Sicht notwendig.

Es gebe, so Edenhofer weiter, empirische Untersuchungen, die zeigten, dass Verbraucher auf Modelle, bei denen ein Großteil des Gasverbrauches zu einem subventionierten Preis zahlen, nicht rational reagieren würden, also ihren Gasverbrauch nicht einschränken. Sollte Deutschland zu wenig Gas einsparen, könnten auch andere Länder ihre Subventionen für den Gasverbrauch nicht zurückfahren. Infolgedessen bestünde das Risiko, dass der Emmissionsdeckel im europäischen Emmissionshandel gelockert würde.

Weitere Vorschläge der Expertenkommission bis Ende Oktober

Die Gaspreisbremse soll ein zentraler Teil des von der Bundesregierung angekündigten Rettungsschirms in der Energiekrise sein. Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und der FDP hatte angekündigt, bis zu 200 Milliarden Euro bereitstellen zu wollen, um Verbraucher und Unternehmen zu unterstützen.

Die Expertenkommission mit Vertretern aus Verbänden, Gewerkschaften, Wissenschaft und dem Bundestag ist damit beauftragt worden, Vorschläge für die Ausgestaltung der Gaspreisbremse zu erarbeiten. Außerdem sollen die Mitglieder eine Prognose erstellen, wie sich der Wegfall russischer Gaslieferungen auf die Preise bis zum Frühjahr 2024 auswirken könnte. Auch für die Option, die Folgen steigender Preise auf europäischer Ebene abzufedern, soll die Kommission eine Bewertung abgeben. Bis Ende Oktober sind weitere Sitzungen des Gremiums geplant, anschließend sollen die endgültigen Arbeitsergebnisse vorliegen.

 

Sendung: rbb24 Inforadio, 10.10.2022, 10 Uhr

49 Kommentare

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  1. 49.

    "Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie" Karl Marx

  2. 48.

    Kennen sie, wie ich meine eine sehr weitsichtige und treffende Perspektive, auf das Wesen von Geld, erstmals erschienen im Jahre 1867:
    „Eine Ware scheint nicht erst Geld zu werden, weil die anderen Waren allseitig ihre Werte in ihr darstellen, sondern sie scheinen umgekehrt allgemein ihre Werte in ihr darzustellen, weil sie Geld ist.“ Im Geld fänden die übrigen Waren „ihre eigne Wertgestalt fertig vor als einen außer und neben ihnen existierenden Warenkörper.“

  3. 47.

    Da haben sie definitiv Recht. Es scheint ein deutsches systemimmanentes Problem zu sein. Jeder versteht die politische Orientierungslosigkeit in den ersten Wochen und Monate nach dem Eintritt solcher unvorhersehbaren Ereignisse.
    Aber dann sollte dem "Experten"-Rauschen systematisches Handeln folgen und der Lerneffekt einsetzen.

  4. 46.

    Was machen wir wenn die Preise steigen? Dies zu verhindern oder einzuschränken sehen wir uns nicht in der Lage. Also: Wir drucken einfach mehr Geld (oder leihen uns etwas nicht wirklich vorhandenes) und verteilen dieses….
    Nennt sich nicht genau dies „Inflation“????

  5. 45.

    "Wir befinden uns im 8. Monat nach Kriegsausbruch und befinden uns weiter im Blindflug." Erinnert fatalerweise etwas an Corona diese Aussage (oder teilweise auch an Affenpocken).

  6. 44.

    Schon richtig, aber nur weil ich weiß, dass ich mich wieder dreckig mache, wasche ich mir trotzdem die Hände.

  7. 43.

    Alles richtig, aber die Deckelung gelingt ja bei der Industrie auch nahtlos, also schon zum Januar?
    Und bezüglich Zeit, genau diese „Expertin“ beschwichtigte im März noch die Auswirkungen eines Gasembargos auf D.
    Will sagen, man kann Dinge auch richtig einschätzen und direkt aussprechen, die Menschen sind meist schlauer, als bestimmte Kreise denken.
    Wir befinden uns im 8. Monat nach Kriegsausbruch und befinden uns weiter im Blindflug.

  8. 42.

    Glauben Sie der Gasverbrauch wird anhand der bestenfalls monatlichen Zählermeldungen von Privatkunden ermittelt?
    Man kann Gasmengen auch in Rohrleitungen im Netz messen.
    Im Gas- und Wärmemarkt ist die kleinste zeitliche Einteilung der verkauften Menge 60min glaube ich.
    Bei Strom sind es 15min.
    Industrie- und Kraftwerkskunden werden exakt erfasst alles was übrig bleibt, sind Haushaltskunden und Verluste.

  9. 41.

    Andere Interpretation: Wenn die Speicher leerlaufen, ist die Preisentwicklung für die Meisten wahrscheinlich egal, da sie sowieso nichts mehr geliefert bekommen und somit kein Gas verbrauchen werden, egal zu welchem Preis, da dann nur noch wirklich notwendige Infrastruktur beliefert werden würde.

  10. 40.

    Wenn im Januar, Februar tatsächlich die Speicher leer laufen, hat das keine preislichen Auswirkungen am Gasmarkt? Na dann war das bisher alles Einbildung oder was?
    Die Gaspreise werden in so einem Fall natürlich Rekordhöhen erreichen.

  11. 39.

    Mögliche Erklärung
    Hebelwirkung.
    Wenn es der Industrie gelingt 30% einzusparen, hat das signifikanten Einfluss auf den Gesamtmarkt und somit wird der Hilfsbedarf im Privatkundenmarkt geringer.
    Dazu muss der Unterschied zwischen gedeckeltem und ungedecktem Preis möglichst groß sein.
    Und wenn die Industrie zusammenbricht, wird das Problem noch größer, weil wir dann spätestens im nächsten Winter über noch mehr Bedürftige reden.
    Das ganze ist komplexer als wir alle uns vorstellen können. Deshalb geht es auch nicht von heute auf morgen.

  12. 38.

    Es gibt doch die klare Aussage von Habeck, daß der Gasverbrauch der Bevölkerung Priorität hat vor der Industrie, also erst der Gasversorgung der Industrie eingestellt wird, bevor die Privatkunden eine Versorgungseinschränkung bekommen. Wahrscheinlich darf für diesen Vorteil die KWh für die garantierte Vorsorgung der privaten Haushalte im Preis höher ausfallen, als die vergleichsweise nicht so gut abgesicherte/garantierte Versorgung der Industrie.

  13. 37.

    Dieser Gaspreisdeckel ist doch eine raffierte Idee, der September-Abschlag soll das Maß der Dinge sein. Natürlich in der alten Höhe, denn der Abschlag ist bis September noch nicht angepasst. Sehr schlau, so ist der Staat zwar großzügig aber windet sich auch aus der wirklichen Kostenexplosionen raus.

  14. 36.

    Uns geht es auch leider so. Wir sollen jetzt auch doppelt soviel bezahlen. Man fühlt sich abgestraft weil man etwas gutes tun wollte.

  15. 35.

    Für mich stellt sich die Frage, was diese " Expertenkommission" eigentlich gemacht hat. Das, was jetzt dabei rauskam liegt doch schon seit dem Sommer auf dem Tisch. Die Deckelung ab März auf 12 Cent für 80 % des jahresverbrauchs ist ein Witz. Gerade da, wo am meisten verbraucht wird, passiert garnichts. Was ist so schwierig daran, diese Deckelung ab Januar zu machen?
    Abschlag auf Septembergrundlage? Mein Anbieter hat gerade den Abschlag ab November erhöht. Anscheinend kannte er das Ergebnis von heute schon im voraus.

  16. 34.

    Mit Sicherheit werden hier wieder die Schnäppchenjäger unterwegs sein, die ihre Zahlungen freiwillig erhöhen um dann doppelt zu profitieren. Höhere Zuzahlungen und dann höhere Rückzahlungen. Hoffentlich hat das Wirtschaftsministerium aus den Mitnahmeeffekte beim frühen Verkauf von subventionierten Elektroautos gelernt. Es sollen nicht wieder Steuergelder vergeudet werden.

  17. 33.

    Eine Konstellation die ich nicht finde.
    Als gewerblicher Fernwärmekunde bezahlen wir keine Abschläge sondern monatlich nach Verbrauch.
    Im September war das bis auf die Grundgebühren im Vergleich zu den kommenden Monaten sehr wenig.
    Irgendwas um die 3% des Jahresverbrauchs.

  18. 32.

    Es hört sich ja alles gut an ob es kommt ist fraglich und wenn die Maßnahmen kommen diese viel zu Spät für den Verbraucher.

  19. 31.

    Das waren die Vorschläge für eine Gas- und Fernwärme-Subvention … Nicht die für den(Wärmepumpen-)Strom … Der Strompreis wird sich jetzt (hoffentlich endlich bald mal) mit der Reformation der MERIT-ORDER auf EU-Ebene und dem Wiederanlaufen der französischen AKW und der deutschen Kohlekraftwerke „beruhigen“ … Aber DAS muss jetzt auch mal passieren !

  20. 30.

    Macht aber keinen Unteschied zu dem was wir/man als Kunde zahlt. Außerdem bezahlt man sowieso schon mehr als wirklich nötig wäre.

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