Experten beraten Bundesregierung - Gaspreis-Kommission schlägt Einmalzahlung und Preisdeckel vor
Am Montagvormittag präsentierte die Expertenkommission der Bundesregierung ihre Vorschläge zur Gaspreisbremse. Das Gremium schlägt erste Entlastungen noch im Dezember vor - und einen Preisdeckel für das kommende Jahr.
Die Expertenkommission Gas und Wärme schlägt der Bundesregierung eine Einmalzahlung für Gas- und Fernwärmekunden für Dezember vor. Das geht aus dem Papier der Experten hervor, der dem rbb vorliegt. Die Regierung muss nun über die Vorschläge entscheiden.
Die Einmalzahlung soll auf der Basis des Verbrauchs ermittelt werden, der der Abschlagszahlung im September zugrunde lag. "Diese Einmalzahlung dient als finanzielle Brücke bis zur regulären Einführung der Gaspreisbremse", heißt es in dem Papier. Die Versorger sollen auf die Abschlagszahlung für Dezember für praktisch alle Haushalts- und Gewerbekunden verzichten und diese vom Staat erstattet bekommen. Die Abschläge für Industrie und Kraftwerke zur Stromerzeugung übernimmt der Staat nicht.
Preisdeckelung ab März 2023
Für private Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen empfehlen die Experten der Regierung laut Papier zudem einen Gaspreis-Deckel von März 2023 bis April 2024. Dabei solle der Preis für 80 Prozent des Verbrauchs bei einem Preis von 12 Cent gedeckelt werden. "Das heißt, man bekommt quasi jeden Monat einen staatlichen Zuschuss auf die Abschlagszahlung", erklärte die Wirtschaftsweise Veronika Grimm. Oberhalb dieses Kontingents sollen Marktpreise gelten.
Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Industriegewerkschaft IGCBE und Mitglied der Expertenkommission, sagte zu den Plänen, man wolle, dass die Entlastungswirkung schnell seien. Mit dem vorgeschlagenen Modell könnten die Gaspreise gesenkt und damit die sozialen Fragen gemindert werden. Gleichzeitig dürfe der Gasverbrauch aber nicht nach oben gehen. Die Versorgungslage sei trotz der gefüllten Gasspeicher weiter angespannt.
Giffey begrüßt Vorschläge, Potsdamer Klimafolgen-Forscher kritisieren
Die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) begrüßte in einem Statement auf Twitter das vorgeschlagene Zwei-Stufen-Modell der Expertenkommission. Es werde der Krise gerecht, weil es schnelle Soforthilfe sichere und eine langfristige Lösung ab dem Frühjahr biete.
Für Berlin sei es besonders wichtig, dass die Gaspreisbremse den Experten zufolge auch für Fernwärme gelten solle. In der Hauptstadt werden besonders viele Wohnhäuser per Fernwärme geheizt, laut Giffey über 1,3 Millionen Haushalte. Laut dem Bundesverband für Energie und Wasserwirtschaft werden rund 37,1 Prozent der Wohnungen in Berlin mit Fernwärme geheizt.
Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) dagegen kritisierte die Vorschläge der Gaskommission als zu zurückhaltend. PIK-Direktor Ottmar Edenhofer sagte, er sehe das Risiko, dass durch den Vorschlag weiterhin zu wenig Gas gespart würde und dass die Haushalte zu wenig entlastet würden. Nachbesserungen und Konkretisierungen sind aus seiner Sicht notwendig.
Es gebe, so Edenhofer weiter, empirische Untersuchungen, die zeigten, dass Verbraucher auf Modelle, bei denen ein Großteil des Gasverbrauches zu einem subventionierten Preis zahlen, nicht rational reagieren würden, also ihren Gasverbrauch nicht einschränken. Sollte Deutschland zu wenig Gas einsparen, könnten auch andere Länder ihre Subventionen für den Gasverbrauch nicht zurückfahren. Infolgedessen bestünde das Risiko, dass der Emmissionsdeckel im europäischen Emmissionshandel gelockert würde.
Weitere Vorschläge der Expertenkommission bis Ende Oktober
Die Gaspreisbremse soll ein zentraler Teil des von der Bundesregierung angekündigten Rettungsschirms in der Energiekrise sein. Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und der FDP hatte angekündigt, bis zu 200 Milliarden Euro bereitstellen zu wollen, um Verbraucher und Unternehmen zu unterstützen.
Die Expertenkommission mit Vertretern aus Verbänden, Gewerkschaften, Wissenschaft und dem Bundestag ist damit beauftragt worden, Vorschläge für die Ausgestaltung der Gaspreisbremse zu erarbeiten. Außerdem sollen die Mitglieder eine Prognose erstellen, wie sich der Wegfall russischer Gaslieferungen auf die Preise bis zum Frühjahr 2024 auswirken könnte. Auch für die Option, die Folgen steigender Preise auf europäischer Ebene abzufedern, soll die Kommission eine Bewertung abgeben. Bis Ende Oktober sind weitere Sitzungen des Gremiums geplant, anschließend sollen die endgültigen Arbeitsergebnisse vorliegen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 10.10.2022, 10 Uhr