Rechte, Pflichten und Ratsames - Wann ist Feiertagsarbeit angesagt - und wann ist der Kollege dran?

Mi 21.12.22 | 08:10 Uhr | Von Stefan Ruwoldt
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Symbolbild: Ein Koch bereitet an Weihnachten in einem Restaurant Speisen zu. (Quelle: dpa/Felix Hörhager)
Bild: dpa/Felix Hörhager

Fachkräfte sind rar, und Unternehmen, die ihre Beschäftigten halten wollen, sollten ihnen entgegenkommen. Vor allem, wenn Extraleistungen abverlangt werden - wie bei Arbeit am Feiertag. Rechtsexperten sehen einen Trend zu Zuschüssen und Mitsprache. Von Stefan Ruwoldt

Heiligabend, der erste Weihnachtsfeiertag, Silvester und Neujahr fallen in diesem Jahr auf Wochenenden. Für Arbeitnehmer bedeutet das: Es gibt nur wenige freie Tage zum Feiern mit Familie und Freunden - und diese sind umso kostbarer. Was aber, wenn der Chef für diese Tage Arbeit ansetzt? Wann ist das erlaubt - und was gibt es zum Ausgleich für einen Feiertagsdienst?

Angesichts des Mangels an Fachkräften seien Arbeitgeber heutzutage öfter bereit, Beschäftigte für solche Dienste stärker zu belohnen, sagt Till Bender, Rechtsanwalt bei der gewerkschaftseigenen DGB Rechtsschutz GmbH. "Arbeitgeber müssen sich für die Feiertagsarbeit heute mehr einfallen lassen", erklärt Bender. "Die Zeiten haben sich geändert." So zahlten Unternehmen, in denen auch an Sonn- und Feiertagen weitergearbeitet werden müsse, mittlerweile häufiger Zuschläge für besondere Zeiten oder Tage.

"Wünsche der Arbeitnehmer sind zu berücksichtigen"

Wann und wieviele Tage Arbeitnehmer mindestens frei haben müssen, regelt - ganz grundsätzlich - das Bundesurlaubsgesetz [gesetze-im-internet.de]. Allerdings liefert es nur einen Rahmen, da aber die Bedürfnisse jedes Unternehmens bei frühen oder späten Arbeitszeiten oder Wochenenddiensten unterschiedlich sind. So besage das Gesetz beispielweise, "Wünsche der Arbeitnehmer bei der Urlaubsgewährung sind zu berücksichtigen", wie Bender erklärt. Doch es sage auch, dass unter Umständen "die betrieblichen Belange dringender und darum auch für die Urlaubsplanung von größerem Gewicht" seien.

Details zu freien Tagen und Arbeitsregeln finden sich in der Regel im einzelnen Arbeitsvertrag oder im geltenden Tarifvertrag. Damit erfahren Beschäftigte gleich bei der Einstellung, dass sie unter Umständen auch an Feiertagen und Sonntagen gebraucht werden und einsetzbar sein müssen - und was sie dafür in der Regel bekommen, wie etwa Zuschläge oder Ausgleichstage.

Eine erkennbare Gleichbehandlung aller Beschäftigten bei Einsätzen an Sonn- und Feiertagen nach transparenten Regeln, so Bender, könne die Zufriedenheit aber noch erhöhen. Und: "Das sichtbare Bemühen von Arbeitgebern, hier Belohnungen, Extravergütungen oder Ausgleichstage zu gewähren, sorgt für Frieden und mehr Zufriedenheit." Der Arbeitgeber halte den Betrieb am Laufen - selbst am Feiertag, und der Arbeitnehmer sehe sich belohnt und eben nicht ausgenutzt.

Ein Familie steigt mit Rucksack und Koffern in einen ICE ein. (Quelle: dpa/Micha Korb)

Arbeitgeber müssen soziale Verhältnisse abwägen

Das Bundesurlaubsgesetz verpflichtet Arbeitgeber auch dazu, nicht nur "dringende betriebliche Belange", sondern auch das Soziale zu beachten: Arbeitgeber müssten bei ihren "Entscheidungen auch die ihnen bekannten Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigen", sagt Xenia Verspohl, Berliner Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Arbeitsrecht. Dies betreffe die "persönlichen oder sozialen Verhältnisse" der Arbeitnehmer.

Vor einer Einteilung zu Feiertagsarbeit, so Verspohl, sei es also wichtig, herauszufinden: "Bei wem wäre solch ein zusätzlicher Einsatz am wenigsten schlimm?" Das sei keine Bagatellfrage, betont die Anwältin. "Derzeit ist die Situation auf dem aktuellen Arbeitsmarkt von Vorteil für den Arbeitnehmer. Das heißt: Wenn die Arbeitnehmer die getroffenen Lösungen für Einsätze an Feiertagen mittragen und akzeptieren, lohnt sich das auch für die Arbeitgeber."

Expertin: Mitsprache erhöht Akzeptanz

Für Gerechtigkeit unter den Kolleginnen und Kollegen sorge etwa "ein rollendes System - also der abwechselnde Einsatz aller" an eigentlich freien Tagen oder Randzeiten, so dass die berechtigten Belange der Mitarbeiter berücksichtigt werden, so Bender. "Zwei Jahre nacheinander Weihnachten oder Silvester einen Mitarbeiter einzusetzen, wäre also dann grundsätzlich nicht gut."

Xenia Verspohls rät Arbeitgebern, Mitarbeiter nach Möglichkeit an solch einer Entscheidung über Arbeit an Feiertagen zu beteiligen. "Das erhöht die Akzeptanz der getroffenen Regelung." Das allerdings entbinde den Arbeitgeber nicht, wie gesagt, von der Pflicht, hier eine Lösung zu finden, die auch soziale Aspekte berücksichtigt.

Feiertagsschichten als Bestrafung verboten

Gesetzliche Regelungen sorgen zudem dafür, dass Arbeit an Sonn- und Feiertagen nicht überhandnimmt. Laut Rechtsanwältin Xenia Verspohl müssen Arbeitgeber nachweisen, dass Feiertagsarbeit für ihr Unternehmen überhaupt zulässig ist - auch wenn sie bereit sind, diese besser zu bezahlen. Auch sei klar rechtlich geregelt, dass Wochenend- und Feiertagsarbeit nicht als eine Art Bestrafung für mögliche Differenzen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eingesetzt werden darf. Untersagt ist auch Diskriminierung, betont die Anwältin: So sei beispielweise eine Einteilung, dass Männer an Feiertagen immer arbeiten müssten und Frauen nie, nicht erlaubt.

Aber auch wenn es manchmal zwischen Chefs und Beschäftigten knirsche: Ernsthaften Streit und gerichtliche Auseinandersetzungen über freie Tage gebe es eher selten, sagt Rechtsanwalt Till Bender. "Es verklagt kaum ein Arbeitnehmer den Arbeitgeber, weil er Weihnachten nicht frei bekommen hat. Feiertagsregelungen sind ein Feld für Absprachen im Betrieb."

Sendung: rbb24 Inforadio, 21.12.2022, 10:00 Uhr

Beitrag von Stefan Ruwoldt

12 Kommentare

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  1. 12.

    Nur ein Beispiel mal für Sie zum Anmerken. In meiner ganzen 25 jährigen Dienstzeit immer nur des nachts bei der Post, war es ganz selbstverständlich das wir Single Mitarbeiter*innen gerne an den Festtagen eingesprungen sind, wenn Familien zuhause bei ihren Kindern sein wollten. So etwas nennt man Kollegialität untereinander. Ebenso mit der Urlaubsplanung.
    Doch es gibt nun mal Berufszweige wo soetwas leider schwer machbar ist.

  2. 11.

    Nur ein Beispiel mal für Sie zum Anmerken. In meiner ganzen 25 jährigen Dienstzeit immer nur des nachts bei der Post, war es ganz selbstverständlich das wir Single Mitarbeiter*innen gerne an den Festtagen eingesprungen sind, wenn Familien zuhause bei ihren Kindern sein wollten. So etwas nennt man Kollegialität untereinander. Ebenso mit der Urlaubsplanung.
    Doch es gibt nun mal Berufszweige wo soetwas leider schwer machbar ist.

  3. 10.

    Bei uns ist Personalmangel Alltag.

    Ich habe meinen Urlaub splitten müssen.
    Meine Familie wird darunter nicht leiden. Jeder bekommt halt hier und da einen Tag frei.

    Anders sind die Realitäten heute nicht mehr zu meistern.
    Ich sehe selbstverständlich davon ab, an Feiertagen einkaufen zu gehen.

    Ich werde auch kein rollendes Essen ordern oder andere Leistungen in Anspruch nehmen, für die irgendwer an Feiertagen ran muss.

    Frohe Weihnachten Berlin

  4. 9.

    Ja, das wäre eine Form von Diskriminierung! Auch Eltern haben nun mal keinen Anspruch darauf, an Feiertagen generell frei zu haben. So lange mindestens ein Elternteil die Kinder betreuen kann oder diese irgendwie anderweitig untergebracht werden können, fällt der zwingende Grund nämlich weg und es sind die Belange Aller gegeneinander abzuwägen. Tendenziell ist es daher zwar korrekt, dass Alleinstehende im Zweifel die weniger gewichtigen Belange haben, aber nicht absolut und im Sinne des Betriebsfriedens auch diese einen Anspruch auf die Berücksichtigung ihrer Wünsche haben. In der Praxis hat sich ohnehin eingebürgert, dass Alleinstehende öfter mal zum Wohle der Kollegen mit Kindern zurückstecken, aber auch das hat natürlich Grenzen. Das Ganze juristisch angehen zu wollen, ist ohnehin der schlechteste Weg und führt nur zu Unmut. Miteinander reden hat noch nie geschadet.

  5. 7.

    Die Dienstleistungsbranche ist sehr oft in der Kritik, wenn es um "Ausbeutung" von Arbeitskärften und Missachtung gesetzlicher Vorgaben geht. Oft ist da nichts mit Kommunikation zwischen AG und AN. Deshalb ist hier das A und O: JEDER sollte seine Rechte, aber auch seine Pflichten kennen und den Mumm haben, Rechte auch durchzusetzen.
    Ansonsten halte ich das "rollende Modell" für eine gute Lösung. Damit ist Jede/r mal dran und Diskriminierung wird (größtenteils) ausgeschlossen. Schwierig wird´s jedoch bei Alleinerziehenden ohne familiäre/freundschaftliche Anbindung. Zu meiner Zeit hatte jedes große Unternehmen eine Betriebs-Kita, um die Vereinbarkeit von Familie u. Beruf zu gewährleisten; das hat super funktioniert und jeder hatte einen Nutzen davon. Fazit: Ein gutes Betriebsklima, gute Kommunikation und ein AG, der bei Betreuungsangeboten unterstützt...dieser AG ist klar im Vorteil.

  6. 6.

    Durch solche Artikel werden völlig überflüssige Diskussionen herbeigeführt. Ist es nicht letztendlich eine Absprache unter den betroffenen Kollegen? Seit ich ohne schulpflichtige Kids bin, ist es für mich ganz selbstverständlich, dass die Eltern während der Ferien Urlaub haben, so, wie es vorher für meine Kollegen mir ggü war. Ich lege keinen Wert auf Urlaub während der Schulferien, überall ist es voll, alles ist noch teurer....
    Sicher gibt es Arbeitsplätze, wo es so nicht funktioniert, aber "Diskriminierung??

  7. 5.

    Seit 49 Jahren das erste Mal im Sommer Urlaub genommen, da ich kinderfrei war/bin. Immer Rücksicht nehmen und zurückstecken!

  8. 4.

    Weihnachten ist ein christliches Fest. Dieses sollte immer berücksichtigt werden. Aber die Christen gehen arbeiten und die konfessionslosen feiern zu Hause. Erfahrung aus der Pflege.

  9. 3.

    Altersbedingt habe ich keine schulpflichtigen Kinder mehr, aber ich hätte auch gerne mal in der Woche Weihnachten bis Neujahr Urlaub, fast 20 Jahre her...nix zu machen.

  10. 2.

    Ist es nicht auch Diskriminierung, wenn es heißt "Mitarbeiter ohne Kinder/Familie werden an den Feiertagen bevorzugt eingesetzt" ?
    Damit die "Anderen" schöner feiern können ... ?

  11. 1.

    Hauptsache Eltern haben an Weihnachten frei. Man kann gerne vor der Geburt der KInder und dann wieder wenn diese groß sind jedes Weihnachtsfest arbeiten, aber Weihnachten mit Kindern ist ein absolutes MUSS als Familienfest. Silvester reicht ja eigentlich wenn ein Elternteil dabei ist, aber Weihnachten ist nunmal DAS Fest der Familie einmal im Jahr.

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