Vor Migrationsgipfel im Kanzleramt - Innenminister von Brandenburg und Sachsen fordern stationäre Grenzkontrollen

So 07.05.23 | 19:47 Uhr
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Archivbild: Eine Beamtin und ein Beamter der Bundespolizei stehen am 28.10.2021 am deutsch-polnischen Grenzübergang Stadtbrücke in Frankfurt (Oder) und überwachen den Einreiseverkehr. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 08.05.2023 | L. Heisterkamp | Bild: dpa/Patrick Pleul

Bund und Ländern wollen am Mittwoch klären, wer wieviel für die Aufnahme von Geflüchteten bezahlen soll. Zwei CDU-Innenminister fordern vorab, die Grenzen zu Polen und Tschechien wieder stationär zu kontrollieren.

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen und sein sächsischer Amtskollege Armin Schuster (beide CDU) fordern stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien. So sollen unerlaubte Einreisen von geflüchteten Menschen begrenzt werden.

In einem gemeinsamen Schreiben an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verwiesen die beiden Innenpolitiker am Sonntag auf die bereits bestehenden Grenzkontrollen in Bayern. Diese seien wirksam und richtig, hieß es.

Stübgen und Schuster sehen die Kapazitäten vieler Kommunen zur Flüchtlingsaufnahme ihren Worten zufolge am Limit und fordern eine Begrenzung der Zuwanderung. "Die Zuzugszahlen aus irregulärer Migration steigen nahezu ungebremst. Sollte sich diese Entwicklung im laufenden Jahr so fortsetzen, werden die höchsten Zahlen seit 2015/16 erreicht", hießt es in der gemeinsamen Mitteilung.

Stübgen: "Kontrollverlust an der Bundesgrenze verhindern"

"Vor dem Hintergrund der vergleichbaren Migrationssituation an den Grenzen Brandenburgs zu Polen sowie Sachsens zu Polen sowie der Tschechischen Republik haben wir die Bundesinnenministerin gemeinsam angeschrieben und um befristete Wiedereinführung von stationären Binnengrenzkontrollen gebeten", sagte Sachsens Innenminister Schuster der Mitteilung zufolge.

Sein Amtskollege Stübgen teilte mit: "Wenn wir die Freizügigkeit im Schengenraum erhalten wollen, müssen wir einen Kontrollverlust an der Bundesgrenze verhindern. Wir erwarten daher, dass der Bund umgehend stationäre Binnengrenzkontrollen einführt und seine Grenzschutzmaßnahmen intensiviert." Die Stimmung der Bevölkerung drohe zunehmend zu kippen.

Länder fordern mehr Geld, Bund weist das zurück

Anlass des Schreibens ist ein geplantes Treffen von Vertretern der Bundesregierung und der Landesregierungen am Mittwoch. Im Kanzleramt soll dann über die weitere Finanzierung der Kosten für die Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten beraten werden. Die Landesregierungen fordern mehr Geld vom Bund, auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und der Regierende Bürgermeister Berlins, Kai Wegner (CDU), haben wenige Tage vor dem Treffen mit dem Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD) öffentlich mehr Bundeszuschüsse gefordert. Berlin trage im besonderen Maße eine finanzielle Last, sagte Wegner am Sonntag dem "Spiegel": "Hier erwarte ich, dass der Bund seiner Verantwortung gerecht wird und die Länder stärker finanziell unterstützt" [spiegel.de / Bezahlinhalt].

Die Bundesregierung weist die Forderungen zurück. Sie wirft den Ländern vor, Geld vom Bund nicht voll an die Kommunen weiterzuleiten, die für die Versorgung der Menschen zuständig sind. Wie laut ARD-Hauptstadtstudio aus einem Entwurfspapier der Bundesregierung für das Spitzentreffen hervorgeht, will sie bei der Kostenverteilung den Ländern und Kommunen nicht entgegenkommen. Der Bund unterstütze schon jetzt die Flüchtlingsversorgung in Milliardenhöhe trotz eines Haushaltsdefizits, während Länder und Kommunen Milliardenüberschüsse verzeichneten, zitierte die ARD aus dem Papier. Die Bundesregierung will sich deshalb von den Landesregierungen nachweisen lassen, dass diese die Zahlungen aus Berlin auch tatsächlich für die Versorgung von Geflüchteten genutzt haben.

Deutlicher Anstieg seit vergangenem Jahr

Im vergangenen Jahr gab es nach einem Rückgang in den Corona-Jahren auch wieder einen Anstieg der Anträge im regulären Asylsystem. Knapp 218.000 Erstanträge wurden gestellt, 47 Prozent mehr als 2021. Hauptherkunftsländer sind nach wie vor Syrien und Afghanistan.

Auch in den ersten Monaten dieses Jahres ist die Zahl der Asylanträge weiter gestiegen. Im ersten Quartal 2023 stellte die Bundespolizei eigenen Angaben zufolge 19.627 unerlaubte Einreisen nach Deutschland fest. Im gleichen Zeitraum stellten nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge 80.978 Menschen erstmals einen Asylantrag, davon 5.817 Kinder im Alter von unter einem Jahr.

Außerdem sind im laufenden Jahr bis 31. März laut Bundesregierung und Ausländerzentralregister 81.647 Menschen im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine eingereist. Sie müssen keine Asylanträge stellen.

Auch wenn 2022 mehr Schutzsuchende nach Deutschland kamen als im Krisenjahr 2015, unterscheidet sich die Lage von der damaligen Situation. Rund drei Viertel der ukrainischen Flüchtlinge kamen laut einer Studie des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge aus dem Februar privat unter. Sie beanspruchten anders als die Flüchtlinge 2015 also kaum Gemeinschaftseinrichtungen von Ländern und Kommunen.

SPD-Bundesinnenministerin fordert, Zahl der einreisenden Geflüchteten zu begrenzen

Die Bundesregierung bemüht sich zwar durch Grenzkontrollen zu Österreich und Schleierfahndungen an anderen Grenzen um eine eigene Steuerung der Fluchtbewegung. Grundsätzlich ist das aber ein seit Jahren auf europäischer Ebene ungelöstes Problem. Die Bundesregierung wirbt dafür, dass bis zum nächsten Jahr eine Einigung über das sogenannte Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) erzielt wird.

Geplant sind eine stärkere Grenzsicherung, eine zuverlässigere Registrierung, Asylverfahren an der Grenze und eine gerechtere Verteilung der Schutzsuchenden. Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisiert diese Pläne. Es drohten "De-facto-Haftlager und die Aushebelung des Flüchtlings- und Menschenrechtsschutzes an den EU-Grenzen", teilte die Organisation mit.

Auch Bundesinnenministerin Faeser plädierte zuletzt beispielsweise dafür, die europäische Migrationspolitik stärker auf eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen auszurichten. Verhandelt werde auf EU-Ebene "über Verfahren an den EU-Außengrenzen, um dort binnen kurzer Fristen über den Schutz von Menschen mit geringer Aussicht auf Asyl in der EU zu entscheiden", sagte Faeser dem "Handelsblatt" vom Freitag. Damit könnten abgelehnte Asylbewerber "schnell bereits von den EU-Außengrenzen aus zurückgeführt werden". Berlins Regierungschef Wegner sagte dem "Spiegel" am Sonntag, Faesers Vorschlag habe "unsere volle Unterstützung". Die Verhandlungen zwischen den EU-Mitgliedsstaaten darüber laufen allerdings noch.

Sendung: Antenne Brandenburg, 07.05.2023, 18:00 Uhr

32 Kommentare

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  1. 32.

    „ Und auch heute lässt Polen z.B. schwarze Menschen überhaupt gar nicht erst ins Land - rassistisch bis ins Mark.“

    Ihre Unterstellung können Sie hoffentlich belegen, anderenfalls ist das üble Nachrede und feindlich ggü unserem Nachbarstaat. Die rechtlichen Konsequenzen tragen Sie. Und der rbb, der Ihren Kommentar freigeschaltet hat.

  2. 31.

    ....sehe ich auch so, von der Bundesebene bis zur Landesebene ist unsere Führungriege mit ihrer Art Politik zu betreiben der beste Steigbügelhalter für die AfD.

    Und wenn Frau Weigel im deutschen Bundestag ( Phönix, ÖRR) und Herr Farle die Schwächen dieser Führungsriege anprangern, dann ist das für mind. 25% der Bevölkerung -zumindest in Brandenburg-kein Geschwafel mehr, sondern knallharte Realität. Und wenn der Bund die Kommunen bei der Flüchtlingsfrage, weiss das Volk
    das die Kasse leer.




  3. 30.

    https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/fluechtlinge-ueber-serbien-nach-deutschland-100.html

    Ab 2015 berichten deutsche Medien über die Tschechien und Ihrem angeblich nicht vorhandenem Durchwinken. Googeln geht da ganz schnell. Kontrolliert wird erst seit kurzem. Keiner will in Tschechien bleiben. Die wollen alle nach Deutschland. Nur so zum Spass. Gelle? Gibt auch keine Pull Faktoren.

    Alter Falter ...

  4. 29.

    Klar war das alles vorrauszusehen.Viele Bürger haben das schon geahnt und gewarnt.Nun wird das Geld knapp,mit den Unterkünften wird es knapp und die Gemeinden müssen ran.Der Stadt hat mit sich zu tun und konnte natürlich nicht vorraus schauend handeln.

  5. 28.

    Ideologie gegen Realismus. Reden statt Taten. Beschönigen statt Klartext. Auch der nächste Migrationsgipfel wird kaum nützliche Ergebnisse bringen, solange die o.g. Ursachen weiter bestehen. Ich hege deshalb wenig Hoffnung auf Besserung.

  6. 27.

    Es wirkt unverschämt wenn Sie behaupten die Polen lassen keine schwarzen Menschen ins Land. Es ist eher so wie bei Ihnen zu Hause. Da bestimmen Sie selber wem Sie empfangen möchten. Und das hat mit der Hautfarbe rein gar nichts zu tun. Das Benehmen als Gast hat da den größeren Einfluss. Und auch ob man „ausgenommen“ werden soll.
    Also bitte, mehr Respekt vor dem Nachbarn.

  7. 26.

    Das spielt allerdings für die eigentliche Aussage, dass wir unsere "Fördergeld" besser investieren (Conny c.) sollten , absolut keine Rolle. Die unkontrollierte Verschleuderung von Geldern hilft sehr selten denen, die in die "Flucht" getrieben werden. Beachten sollte man allerdings, dass sich die wirklich Armen die "Flucht" ohnehin nicht leisten können.

  8. 25.

    Das Problem wird immer größer. Wollt ihr die Änderungen, solltet ihr die dafür geeignete Partei wählen.

  9. 24.

    Mit dem Thema bin ich schon lange durch, sind das nun alles politische, kann sich eigentlich noch jemand daran erinnern wie alles begann. Kennt jemand diesen Begriff -"arabischer Frühling " noch....

  10. 23.

    Das ganze ist einfach nur ein Betrug an den Bürger, der alles Hin nimmt und nichts sagt, weil er sonst als ... gilt. Es ist doch nun mal echt Krass was in diesem Land abgeht. Es wird nicht besser, in meinem Ort war es mal schön aber es wird immer schlimmer. Immigration ist definitiv fehlgeschlagen. Der ehrliche Bürger wird Gef... traurig aber war.

  11. 22.

    Rechtsextreme Falschbehauptungen noch und nöcher. Einfach nur Störfeuer senden, um den Eindruck zu erwecken, es gäbe Mehrheiten für menschenverachtende Haltungen, geschweige denn dass Grundrechte zur Abstimmung stünden.

    Polen hat bis heute Menschen an der belarussisch-polnischen verhungern, verdursten und erfrieren lassen. Polen hatte, nebst dem damaligen Vereinigten Königreich, sich von den Bestimmungen der EU-Grundrechtscharta im Vertrag von Lissabon aussschließen lassen, weil sie Rechtsextreme dort in so großer Anzahl haben, dass diese eine Hegemonie bilden konnten. Und auch heute lässt Polen z.B. schwarze Menschen überhaupt gar nicht erst ins Land - rassistisch bis ins Mark.

    Die Behauptung, Tschechien winke Geflüchtete weiter, ist nicht belegbar.

    Ebensowenig ist Asylsuche illegal, sondern Menschenrecht.

    Sozialleistungen sind kein Ziel Geflüchteter. Sog. "Pull"-Faktoren gibt es nicht. Aber von Belegen will man natürlich nichts wissen, wenn man nur Hass verbreiten möchte.

  12. 21.

    Die EInforderungen stationärer Grenzkontrollen sind ein offener Bruch mit der Verfassung, da es letztendlich das Verwehren von Asyl generell bedeutet. Denn die scheinheilige, formale Begründung, entlang der Dublin-Abkommen, müssten die Geflüchteten, die hier wie weltweit nicht "einreisen", sondern fliehen, lediglich in min. das letzte Land zuvor abgeschoben werden, ist illegal. Wenn das bis zu den EU-Grenzen konsequent so gemacht wird, bedeutet das einen Bruch mit den UN-Flüchtlingskonventionen: Asyl ist ein Grundrecht, das universell gilt. Nur weil Bayern seit Gründung der Republik noch nie demokratisiert wurde, muss man das nicht nachmachen und nur weil die Merz' und Spahns des Landes rechtsextreme Parolen und Politiken einfordern o. verbreiten, inkl. Pushbacks, hat man dem nicht nachzugeben.

    Das Innenministerium ist komplett inkomtetent aufgestellt, denn es braucht eine korrekte, angemessene Unterstützung der ausführenden Länder etc. bei der Unterbringung der Geflüchteten.

  13. 20.

    Stellt keiner der Politiker überhaupt diese Ampelkoalition in Frage? Postenschiebung, Geldverschwendung, Kriegslüsternheit usw - alle schweigen. Die AfD sahnt hinterher ab - zu recht dann

  14. 19.

    Nein, Polen und Tschechien, wie auch Ungarn, haben national und rechtsgerichtete Regierungen, die gerne EU Gelder abgreifen, auch gerne in die eigene Tasche, aber sonst wenig von der EU halten.

  15. 18.

    Wieder was gelernt. Dachte immer, Afghanistan und Syrien würden in Asien liegen.

  16. 17.

    Faeser beweist die Unfähigkeit dieser Ampelregierung irgendetwas im Griff zu haben

  17. 16.

    Das Asylsystem in Europa ist komplett gescheitert, und alle wollen natürlich nach Deutschland! Kein Bargeld mehr, Gutscheine für Essen und das Problem wird sich von allein lösen.

  18. 15.

    "Sondervermögen ist in Hülle und Fülle vorhanden". So eine Dreistigkeit, gewaltige neue Schulden als "Sondervermögen" zu bezeichnet, hat es in der Geschichte der BRD noch nie gegeben. Da sind Scholz, Habeck und Lindner von der Ampel wirklich einsame Spitzenklasse in der Verlogenheit.

  19. 13.

    Der Potsdamer Oberbürgermeister Mike Schubert, Initiator der "Aktion Seebrücke" und "Wir haben Platz" scheint jetzt auf Tauchstation gegangen zu sein, um "wir haben Platz" ist es bei Schubert in der letzten Zeit etwas ruhiger geworden zu sein.

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