Kulturausschuss berät Gesetzentwurf - Windenergie-Industrie geht Reform beim Denkmalschutz nicht weit genug

Mi 03.05.23 | 06:11 Uhr | Von Von Torsten Mandalka, rbb24 Recherche
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Symbolbild: Kauxdorf in Brandenburg am 11.10.2021 (Quelle: dpa/Birgit Seifert)
Audio: rbb24 Inforadio | 03.05.2023 | Torsten Mandalka | Bild: dpa/Birgit Seifert

Neue gesetzliche Regelungen in Brandenburg sollen helfen, dass Denkmalschutz nicht den Ausbau Erneuerbarer Energien ausbremst. Einem Gesetzentwurf zufolge werden Schutzgebiete reduziert - die Windkraft-Industrie ist trotzdem nicht zufrieden. Von Torsten Mandalka

Der Ausbau der Windkraft in Brandenburg erfolgt zu langsam, bleibt bürokratisch und wird zu teuer - das zumindest ist die Befürchtung der Windkraft-Industrie vor der Anhörung an diesem Mittwoch im Kulturausschuss des Brandenburger Landtags. Dort wird die Novelle des Denkmalschutzgesetzes beraten. Neue Regeln sollen den Ausbau von Windenergie im Umfeld von denkmalgeschützten Gebäuden oder Anlagen eigentlich beschleunigen und entbürokratisieren - doch: Der Teufel steckt im Detail.

"Der Errichtung oder Veränderung von Windenergieanlagen stehen Belange des Denkmalschutzes nicht entgegen", heißt es beispielsweise im Gesetzentwurf - aber auch weiter: "soweit die Windenergieanlagen nicht in der Umgebung eines besonders landschaftsprägenden Denkmals errichtet (…) werden". Nur: Was ist ein "besonders landschaftsprägendes Denkmal"? Und wann ist die Beeinträchtigung eines solchen Denkmals "nicht erheblich", wie es im Entwurf weiter heißt?

Brandenburger Liste betrifft 93 Denkmäler und ein Drittel der Landesfläche

Das brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege hat dazu eine Liste vorgelegt, die voraussichtlich Grundlage für die zukünftigen Standortplanungen sein wird. Die Liste liegt rbb24-Recherche vorab vor. Aufgeführt sind dort – unumstritten – die Brandenburger Weltkulturerbestätten, aber auch etliche Schlossanlagen oder Gutshäuser und deren Parkanlagen. Auch die umstrittene verfallene Gutsanlage in Damitzow in der Uckermark ist weiter Bestandteil der Liste.

Bei all diesen Denkmälern sieht die Behörde einen "besonderen Raumbezug" im Umkreis und definiert einen Radius von bis zu zwölf Kilometern, in dem Windräder weiterhin nur nach besonderer Prüfung errichtet werden dürfen. Nach Berechnungen des Windkraft-Projektierers WPD betreffen diese Flächen eine Million Hektar, ein Drittel der Landesfläche in Brandenburg.

Denkmal-Wirkungsräume: Einschränkungen für den Bau und Windkraftanlagen in Brandenburg (Quelle: rbb)

Das sei "völlig unverhältnismäßig", sagt Ulf Sieberg von WPD. Die Landesregierung müsse dafür sorgen, "dass die Prüffälle auf maximal 25 Denkmäler begrenzt werden", fordert er. Ansonsten sei eine Klagewelle vorprogrammiert, "wenn Windenergieanlagen im Wirkungsraum von Denkmälern reihenweise über Jahre blockiert oder ganz verhindert werden".

Auch Jan Hinrich Glahr, Vorsitzender des Landesverbands Windenergie Brandenburg, befürchtet, dass durch die Denkmalschutz-Verordnung der "im besonderen öffentlichen Interesse" des Klimaschutzes liegende Ausbau der Windenergie ausgebremst werden könnte. "Wir denken vor allen Dingen an die kommenden Jahre, wo der Ausbau der Erneuerbaren massiv gesteigert werden muss. Und bereits heute wissen wir, dass bundesweit ungefähr zehn Prozent der Windkraftanlagen Projekte durch den Denkmalschutz blockiert sind." Glahr setzt weiterhin auf den Dialog mit der Landesregierung und dem Parlament und hofft, "dass die Menschen verstehen, dass das keine problematische Landschafts-Verschandelung ist, sondern eine wertvolle Unterstützung für die Energieversorgung der Zukunft".

Viel Wind um Nichts?

Im Haus von Kulturministerin Manja Schüle (SPD) versteht man die ganze Aufregung nicht. "Bislang war das ganze Land beim Bau von Windkraftprojekten denkmalfachliche Prüffläche", sagt Schüles Sprecher Stephan Breiding. Jetzt werde es in weiten Teilen des Landes überhaupt keine Denkmal-Prüfung mehr geben. "Damit schaffen wir Transparenz und entlasten Windkraft-Planer und -Betreiber deutlich."

Auch von Seiten der SPD-Fraktion heißt es, es sei "das erklärte Ziel des Gesetzentwurfes, dass künftig Anlagen zur Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien an bzw. auf Denkmälern und in deren Umgebung in der Regel ermöglicht werden sollen." Dieses Ziel teile man uneingeschränkt. Und der Koalitionspartner CDU gibt zu Protokoll, Klimaschutz, Ausbau der erneuerbaren Energien und Denkmalschutz seien gleichermaßen wichtige Ziele, die nicht gegeneinander ausgespielt werden dürften: "Wir sind überzeugt, dass Denkmalschutz und der Ausbau der Windkraft sinnvoll in Einklang gebracht werden können." Wie genau das erreicht werden kann, werde jetzt das parlamentarische Verfahren ergeben.

Opposition unterstützt Landesregierung

Selbst von Seiten der Opposition wird der Gesetzentwurf und seine Auslegung begrüßt. Das schaffe "planerische Klarheit", heißt es bei der Linken, "umgeht Einzelfallentscheidungen der Unteren Denkmalschutzbehörden und ist eigentlich sogar eine entbürokratisierende Vorleistung der Landesdenkmalschutzbehörde". Während die AfD mit der Aussage, bei kulturhistorisch besonders wertvollen Denkmälern, sehe man ein hohes Schutzbedürfnis, etwas vage bleibt, weisen die Freien Wähler die Kritik der Windkraftbetreiber deutlich zurück: "Nach unserer Auffassung müsste noch mehr Denkmälern eine Raumwirksamkeit zugesprochen werden", heißt es in der Erklärung der Fraktion. Schon jetzt produziere die Windkraft in Brandenburg Überkapazitäten. "In dieser Situation ist es für uns nicht nachvollziehbar, wenn die Windkraft-Industrie fordert, für noch mehr subventionierte Windräder den Anwohner-, Arten- oder Denkmalschutz zu opfern."

Zugespitzter Konflikt

Wie zugespitzt der Konflikt um Windkraft und Denkmalschutz sein kann, erfährt man in aller Deutlichkeit erst in Hintergrundgesprächen. Da ist auf der einen Seite von "Wald- und Wiesenpolitikern" die Rede, von denen ja jetzt jeder kommen könne, um sein Dorfdenkmal auf die Liste zu setzen. Auf der anderen Seite heißt es, die Windkraft-Industrie wolle einen Freifahrtschein für ein Millionen-Geschäft, den werde es aber nicht geben. Irritiert ist man beim Windenergie-Verband, dass kein Vertreter der Branche zur Anhörung im Landtag eingeladen wurde. Aus der Windkraft-Szene kommt dann noch der süffisante Hinweis: Wenn der Klimaschutz nicht gelänge, würden wohl auch die Gartendenkmäler bald austrocknen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 03.05.2023, 06:55 Uhr

Beitrag von Von Torsten Mandalka, rbb24 Recherche

127 Kommentare

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  1. 127.

    Sie gehen mit Halbwahrheiten hausieren.; Die Grünen haben NS2 abgelehnt, da es für den absehbaren Erdgasbedarf genügend Pipeline-Kapazität von Russland nach Deutschland gegeben hätte. Erdgas ist auch für die ein unverzichtbarer Übergangsenergieträger. Die haben allerdings den gleichen eklatanten Fehler begangen wie Merkel angeregt die Schröder-Connection der SPD anstelle die Versorgung zu diversifizieren.

  2. 126.

    Dann informiere Dich mal etwas mehr, da scheint vieles für Dich nicht bekannt zu sein - schau mal auf Focus Online / n-tv. Übrigens war das bei Lamprecht im Verteidigungsministerium ähnlich - das Ding wird immer größer

  3. 125.

    Kleine Anmerkung zu 2014, es gab eine Volksabstimmung. Aber die Geschehnisse an 2.5.2014 in Odessa haben Sie bestimmt auch verdrängt? Aber es würde Ihnen ein Blick darauf vielleicht helfen?

  4. 124.

    Sie verschweigen, dass Russland dir vereinbarte Menge geliefert hat. Da aber in D keiner die Liefermengen erhöht hat, wurde die Differenz aus den Gasspeichern gezogen. In Ihren Augen ist Putin doch Geldgeil. Also warum sollte er eine eventuelle Vertragsstrafe durch Nichterfüllung der Lieferverträge in Kauf nehmen? Sie widersprechen sich selbst. Und Ihre angeführten Sanktionen seit 2014 beinhalten die Leerung der Gasspeicher? Oh je, schlimmer geht's nun wirklich nicht.

  5. 123.

    Bis auf die Berufung, bei der eine Person dabei saß, die den zu Berufenden als Trauzeuge hatte, ist alles sowohl formal richtig als auch inhaltlich fundiert ausgewiesen abgelaufen. Dass Menschen trotz inhaltlicher Ausgewiesenheit allein aufgrund familiärer Verhältnisse nicht kandidieren dürfen, wäre Sippenhaft anderer Art. Etwas anderes wäre es, wenn diese fachliche Fundiertheit bei Familienmitgliedern - wie bspw. in Bayern - nicht oder nur randständig existiert oder wenn Posten proporzmäßig nach Regionen besetzt werden.

  6. 122.

    Die Sensibilität ist unterschiedlich. Deutsche sind durch die Spitze der Brutalität, die von diesem Land ausging, KULTURELL mit größerer Sensibililtät ausgestattet, bei anderen Ländern herrscht tendenziell mehr ein "Augen-zu-und-durch".

    Der schwedische Staat hat sich bis auf Gustav Adolf nie etwas zu schulden kommen lassen, deshalb ist dort das Staatsvertrauen fast schon unermesslich, ablesbar beim Meldewesen, der Zusammenführung von Krankendaten und auch ggü. der im Prinzip nicht handhabbaren Atomkraft. Motto: Die werden es schon richten.

  7. 121.

    Mit welchen Maßnahmen genau hat "Putin" 2021 den "Energiekrieg" begonnen? Da bin ich schon ein wenig neugierig ...

  8. 120.

    "Und es war auch so, die Grünen (insbesondere Habeck und Baerbock) haben schon bei Amtsantritt gegen die russischen Importe gewettert. " Baerbock hat simple Grün-Gemüter belogen mit ihren "Speichern im Nett", wo "alles durchgerechnet" ist. Das kann man nicht durchgehen lassen. Und der Märchenerzähler erzählt weitere Märchen. Realistische Berechnungen veranschlagen beim Gebäudeenergiegesetz zusätzliche Kosten für die Bürger von 600 Milliarden Euro – und damit fast das Fünffache der vom Wirtschaftsminister vorgesehenen Summe. Habeck müsse „die wahren Zahlen auf den Tisch legen“, so der Vize-Chef der FDP-Fraktion.

  9. 119.

    Sie verschweigen, dass die Gasspeicher nur der Gasprom im Sommer 2021 nicht gefüllt worden sind. NS2 war die Alternativroute für andere Gaspipelines, die durch Transitänder wie u.a. die Ukraine führen. Zudem unterschlagen Sie, dass Russland bereits 2014 Teile der Ukraine völkerrchtswidrig besetzt hat und deshalb Sanktionen verhängt worden sind.

  10. 118.

    Wenn man weiß was Habeck plant und die bezahlten „Studien“ in der Familie vergeben werden die nur etwas bestätigen sollen was er braucht - dann erklärt sich der Irrsinn von selbst und der Steuerzahler bezahlt ALLES. Demokratie ist es nicht und der Bürger wird zum unmündigen Sklaven dieser Leute

  11. 117.

    Von den Gegnern der Windkraft wird das Risiko des Vogelschlags regelmäßig überschätzt. Zudem gibt es längst technische Maßnahmen, um das noch weiter zu minimieren.

  12. 116.

    Wie soll in einem jetzt nicht gedämmten Haus, welches mit fossilen Brennstoffen betrieben wird der Energiebedarf in Zukunft ansteigen?
    Putin hat 2021 die vertraglich vereinbarte Gasmenge geliefert. Das wurde auch seitens der Bundesregierung bestätigt. Nur der Energiehunger in D ist immer weiter gestiegen, dafür wurde NS 2 gebaut. Zwischenzeitlich kamen die Sanktionen der USA auf die am Bau beteiligten Firmen, schon vergessen?

  13. 115.

    Dann verstoßen alle anderen europäischen Länder gegen ethische Grundlagen? Jetzt wird es wirklich abstrus.

  14. 114.

    Entweder verdängen Sie die Realität, oder Sie wissen es nicht anders. Auch das Baltikum sowie Polen haben sich erst nach dem Kriegsausbruch von den russischen Energieimporten losgesagt. Polen hat sogar länger Erdöl bezogen als D. Also ging dort die Meldungen und die Realität etwas auseinander. Und es war auch so, die Grünen (insbesondere Habeck und Baerbock) haben schon bei Amtsantritt gegen die russischen Importe gewettert. Nur Alternativen hatten sie keine. Aber nach Ihrer Ansicht ist das ja alles kein Problem, schnell ein paar Windräder aufgebaut, ein bisschen Speicher, noch ein Kabel in die Erde und ganz fix ist die Energiewende fertig. Wozu braucht es dann noch LNG Terminals? Auch ja stimmt ja, ist ja Brückentechnologie, so wie das Weiterbetreiben der Braunkohlekraftwerke. Als Privathaushalt wird das Heizen mit Gas verteufelt, aber gleichzeitig möchte Herr Habeck Gas zur Stromerzeugung verbrennen.

  15. 113.

    Gruben = Gefälle, also besteht Möglichkeit durch spezielle Aggregate Strom zu erzeugen. Bei Überproduktion wird das Wasser aus der Grube gepumpt! Zudem liegen die meisten Gruben unterhalb des Grundwasserspiegels weswegen eine Wasserhaltung in den Gruben ja erforderlich ist.

  16. 111.

    Mancher unterschlägt weiterhin, dass wir LNG importieren müssen, weil Putin bereits im Sommer 21 einen Energiekrieg begonnen hat. Die Ampel veranlasst derzeit beim Ausbau der EE das, was unter Merkel versprochen, aber teotzt Atomausstieg gleichzeitig ausgebremst worden ist.

    Auch Ganteför hat sich bei seinen Annahmen vergriffen und setzt u.a. die CO2-Emissionen fossiler Heizungen viel zu niedrig an. Gerne wird bei WP das ingedämmte Haus als KO-Kriterium angeführt, dabei aber verschwiegen, dass dann auch der Energiebedarf bei einer fossilen Heizung steigt.

  17. 110.

    Festzuhalten bleibt: Die Atomkraft ist nicht nur eine technische Frage, aufgrund ihres Potenzials und ihrer Auswirkungen ist sie auch eine ethische Frage. Wenn dies ausgeblendet oder recht vordergründig herabgestuft wird, hörte diese Gesellschaft auf, eine AUCH auf ethischer Grundlage fußendes Staatswesen zu sein.

    Das hatten wir in unserer (deutschen) Gesellschaft schon mehrfach "durch."

    Ansonsten ist diese Diskussion um die Abstände zu Windkraftanlagen, was Ausschlussflächen anbetrifft und zur Stellung des Denkmalschutzes ziemlich verlassen worden.

  18. 109.

    In Deutschland werden ca. 3 % des Stroms aus Laufwasserkraftwerken erzeugt.
    Nicht viel aber wahrscheinlich das was naturschutzrechtlich machbar ist.
    In Brandenburg wird es schwieriger wo die Flüsse aus energetischer Sicht eher stehende Gewässer sind.
    Viel mehr als Spremberg fällt mir da nicht ein aber das ist dann Speicherwasserkraft. Könnte man vielleicht ein kleines Unterbecken bauen und etwas zurück pumpen, wenn zu viel Strom und genügend Wasser da ist.
    Pumpspeicherwerke in Brandenburg nur im Spielzeugmaßstab. Das Volumen ist einfach zu groß bzw. der Höhenunterschied zu gering.
    Viel mehr als 0,005kWh/m3 und Höhenmeter sind nicht drin. 1m3 Wasser speichert bei 50m Höhenunterschied ca. 0,25kWh.
    1m3 Batterie da geht schon einiges mehr und kann im Flachland an jedem Netzknoten stehen. Kostet dafür etwas mehr. Noch. Baupreise steigen Elektrogerätepreise fallen üblicherweise.

  19. 108.

    "Die Grünen haben schon gegen Nordstream gewettert, da war von Ukrainekrieg noch gar keine Rede."
    Sie wissen aber schon, dass die Grünen mit dem "Gewetter" vor dem Februar 2022 nicht allein in der Welt waren. Vielleicht allein in Deutschland aber sicher nicht im Rest der Welt.
    Polen, Baltikum und viele andere waren nie besonders erfreut über den deutschen Weg.
    Vielleicht hat man im Osten Europas doch mehr Erfahrung in der Interpretation russischer Politik.
    Thema Krim blenden wir mal geflissentlich aus? Der Konflikt ist ja nun nicht taufrisch sondern schon einige Jahre blutig.

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