Aktionswoche in Potsdam - Schulen für Gesundheitsberufe fordern mehr Geld für Ausstattung

Mo 05.06.23 | 21:03 Uhr | Von Christoph Hölscher
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Angehende medizinisch-technische Laboranalytiker stehen in einem Labor. (Quelle: rbb)
Audio: rbb24 Brandenburg aktuell | 05.06.2023 | Katrin Neumann | Bild: rbb

Mit einer Aktionswoche demonstrieren Schulen für Gesundheitsberufe für höhere Zuschüsse vom Land. Den Initiatoren des Protests vom "Gesundheitscampus Potsdam" geht es vor allem um die Investitionskosten für Technik, Möbel und Gebäude. Von Christoph Hölscher

"Rette Deine Gesundheit!": Das Protestmotto steht auf großen Plakaten an dem eingezäunten Areal gegenüber dem Brandenburger Landtag in Potsdam. Hier sollen in dieser Woche unter anderem tägliche Protestmärsche zum nahegelegenen Gesundheitsministerium starten oder öffentliche Unterrichtsstunden etwa für angehende Krankenpfleger, Laborassistentinnen oder Physiotherapeuten unter freiem Himmel stattfinden.

Um nicht weniger als die Gesundheit der Brandenburgerinnen und Brandenburger gehe es ihm und seinen Mitstreitern, behauptet Frank Hohn. Er ist Vorstandschef der kirchlichen Hoffbauer-Stiftung, die die Protestwoche der Schulen für Gesundheitsberufe maßgeblich initiiert hat. Sie betreibt zusammen mit den städtischen Ernst-von-Bergmann-Klinikum Potsdam und dem Diakonissenhaus Berlin Teltow Lehnin den "Gesundheitscampus Potsdam".

Dort werden aktuell 600 junge Menschen unter anderem zu Pflegefachkräften, Notfallsanitäterinnen oder Ergotherapeuten ausgebildet. Hoffbauer-Vorstand Hohn bemängelt, dass das Land bei der Ausbildung dieser so dringend benötigten Gesundheitsfachkräfte in unzulässiger Weise spare. Die Folge: "Wir können die Leute nicht so gut ausbilden, wie es nötig wäre", so Hohn.

Hoffbauer-Stiftung klagt auf höhere Investitionspauschale

Während laufende Kosten wie Dozentengehälter oder Betriebskosten von den Krankenkassen getragen werden, ist das Land quasi für die Hardware zuständig: Gebäude, Möbel oder technische Geräte. Dafür zahlt Brandenburg pro Jahr und Ausbildungsplatz eine Pauschale von 200 Euro.

Die sei viel zu niedrig und im Übrigen seit zehn Jahren nicht mehr erhöht worden, kritisiert Hohn. Nötig seien mindestens 1.482 Euro – mehr als das Siebenfache des aktuell gezahlten Betrags. Im Frühjahr hat die Hoffbauer-Stiftung das Land bereits auf eine Erhöhung der Pauschale verklagt. Ein Urteil wird jedoch nicht vor 2024 erwartet.

Die Auswirkungen der angeblich zu geringen Förderung erklärt Hohn an einem Beispiel: Für die Ausbildung von Radiologie-Assistenten am "Gesundheitscampus Potsdam" werde ein spezielles Gerät benötigt, an dem die richtige Lagerung von Bestrahlungspatienten trainiert werde.

Das Gerät koste 360.000 Euro, durch die Investitionspauschale des Landes seien davon aber nur 12.000 Euro abgedeckt, so Hohn: "Da können Sie ausrechnen, wie lange wir dafür sparen müssen. Und dann haben wir noch kein Dach über dem Kopf und noch keinen Stuhl, auf dem wir sitzen können."

Gesundheitsministerium hebt Investitionspauschale an

Im zuständigen Gesundheitsministerium kann man die Forderung nach einer höheren Investitionspauschale angesichts der Preissteigerungen in den vergangenen Jahren durchaus nachvollziehen. "Wir haben deshalb kurzfristig reagiert und die Investitionspauschale um 300 auf jetzt 500 Euro pro Platz und Jahr aufgestockt", teilt Pressesprecher Gabriel Hesse mit. Das gelte zunächst für die Jahr 2023 und 2024. Damit werde die Pauschale auf das gleiche Niveau wie in Berlin gehoben.

Die Forderung des "Gesundheitscampus Potsdam" nach 1.482 Euro pro Jahr und Auszubildendem findet Pressesprecher Hesse jedoch übertrieben: "Wir müssen alle Schulen im Land im Blick haben, nicht nur am Standort Potsdam. Wenn wir diesen Standort so bevorzugen würden, bekämen alle anderen weniger." Derzeit gibt es in Brandenburg nach Auskunft des Ministeriums 38 anerkannte Pflege- und Gesundheitsschulen mit 7.100 Ausbildungsplätzen. Nirgendwo sonst gebe es Proteste so wie derzeit in Potsdam, sagt der Ministeriumssprecher.

Trotz höherer Förderung: Proteste sollen weitergehen

Die Erhöhung der Pauschaule um 300 Euro sei eine "überraschende Antwort" des Ministeriums auf ihren Protest, räumt Hoffbauer-Vorstand Frank Hohn ein. Sie reiche allerdings nicht für die "verbindliche und auskömmliche Finanzierung" der Ausbildung, zumal sie bis 2024 befristet sei. Der Vergleich mit Berlin sei irreführend. Dort gebe es anders als in Brandenburg die Möglichkeit, für größere Investitionen eine Einzelförderung zu bekommen, so Hohn.

Ein Grund, die Protestwoche am Potsdamer Landtag abzusagen, sei die Anhebung der Pauschale jedenfalls nicht.

Sendung: Antenne Brandenburg, 05.06.2023, 8 Uhr

Beitrag von Christoph Hölscher

10 Kommentare

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  1. 10.

    Noch nicht mittbekommen wie hoch der Ausländeranteil in den Pflegeberufen ist?
    Ohne sie würde schon heute das System zusammenbrechen.

  2. 9.

    "Jetzt erzählt man uns das Märchen vom Fachkräftemangel und wirbt im Ausland. Zuerst Osteuropa, dann China, jetzt Brasilien" Na, dann zeigen Sie uns, wo die Leute sind, die das machen ?

  3. 8.

    Es wird nach gut ausgebildeten Pflegepersonal gerufen möchte dafür aber keinen Euro ausgeben.

  4. 7.

    Ist ja auch billiger schon ausgebildetes Pflegekräfte anzuwerben spart man sich ja die Ausbildungskosten.

  5. 6.

    In die deutsche Pflege fließen im Gegenteil sogar Unsummen. Pflegeeinrichtungen sind ein lukratives Geschäftsmodell, weil in Deutschland deutlich teurer, als in anderen EU-Staaten. Es kommt aber weder bei den Pflegern, noch bei den Pflegenden an. Gewinne werden systematisch privatisiert, die Kosten sollen immer mehr sozialisiert werden.

  6. 5.

    Warum soll denn hier schon wieder der Steuerzahler Unsummen reinpumpen? Sämtliche Krankenhäuser, Pflegfe- und Altenheime suchen händeringend nach neuem Personal. Warum beteiligen diese sich nicht an den Ausbildungskosten für ihren eigenen Nachwuchs, so wie es sämtliche andere Firmen, Handwerker und Behörden auch tun müssen. Im Gegenzug arbeiten die Azubis doch auch in den Einrichtungen ordentlich mit. Es liegt also in ihrem Interesse, so früh wie möglich Mitarbeiter mit einer maximal guten Ausbildung an sich zu binden, selbst wenn es in Form einer Art Studienkredit ist, der durch Berufsjahre in der Einrichtung wieder abbezahlt wird. Funktioniert zum Beispiel anderswo mit dem LKW-Führerschein seit Jahren bestens. Die Speditionen oder Betriebe übernehmen die Kosten, wenn der Mitarbeiter danach eine bestimmte Zeit im Unternehmen verbleibt.

  7. 4.

    Bundesarbeitsminister Heil und Außenministerin Baerbock sind aktuell in Brasilien. Warum? Die Anwerbung qualifizierter Pflegekräfte aus Brasilien weiter voranbringen. Diese Partnerschaft soll weiter ausgebaut werden. Seit Jahrzehnten reden wir über den Zustand in der Pflegebranche hier in Deutschland. Kaputt gespart, an ominöse Dienste verscherbelt, Ausbildung vernachlässigt etc. Jetzt erzählt man uns das Märchen vom Fachkräftemangel und wirbt im Ausland. Zuerst Osteuropa, dann China, jetzt Brasilien. Es muss billig sein wenn es um Arbeitskräfte geht, auch in der Pflege. Kapitalismus in seiner reinsten Form. Es ist zum schämen.

  8. 3.

    Geld aus Steuermitteln ist genug da, mehrere Milliarden €/Jahr. Aufgabe der Politik ist Prioritäten zu setzen und langfristig zu haushalten. Wenn für die Pflegeausbildung zu wenig Geld zur Verfügung steht, sind halt die Prioritäten woanders. So einfach und zugleich komplex ist die Welt. Mir fehlt aber für viele Themen die langfristige Perspektive. Wie sieht das Land Brandenburg in 10 oder 20 Jahren aus?

  9. 2.

    Die Steuergelder werden für Jeden in alle Himmelsrichtungen verpulvert. Pflegeausbildung ist dann plötzlich nicht in entsprechender Höhe finanzierbar ??? Das lässt tief blicken über die Zustände in unserem Land.

  10. 1.

    Nicht finanzierbar!!! Wir haben für die Pflege kein Geld, geben aber zig Millionen für andere Zwecke aus. Vielleicht sollten wir dort etwas sparsamer sein.

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