Alleenkonzept in Brandenburg - Mehr neue Alleebäume: Ja, gerne - aber wo?

Sa 19.08.23 | 08:13 Uhr | Von Torsten Sydow
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Ein Auto fährt auf der von Eichen gesäumten Straße L41 zwischen Zernitz-Lohm und dem Abzweig Krüllenkempe. (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Audio: Antenne Brandenburg | 17.08.2023 | Torsten Sydow | Bild: dpa/Soeren Stache

Brandenburg ist das alleenreichste Bundesland - noch. Seit 2006 wurden rund 600 Kilometer Alleen gefällt. Der Umweltverband BUND sieht das neue Alleenkonzept des Landes daher kritisch. Von Torsten Sydow

Sie prägen das Landschaftsbild, spenden Schatten, binden Kohlendioxid und sind Lebensraum für Insekten und Vögel: die Brandenburger Alleen. Gegenwärtig stehen noch 1.737 Kilometer Alleen an Bundes- und Landesstraßen. Im Jahr 2006 waren es noch 2.344 Kilometer.

Jahr für Jahr weist der Landesbetrieb Straßenwesen eine negative Alleebaum-Bilanz für Brandenburg aus: im Jahr 2018 wurden 2.873 Bäume weniger neugepflanzt als abgeholzt, im Jahr 2019 betrug das Minus 4.160 und im vergangenen Jahr 3.173 Alleebäume.

Der Umweltverband BUND in Brandenburg fordert, diese Entwicklung zu stoppen. Das müsse auch im neuen Alleenkonzept, das gegenwärtig im Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung erarbeitet wird, verankert werden, sagt der BUND-Landesvorsitzende Carsten Preuß. "Es müsste Gewicht darauf gelegt werden, dass jeder gefällte Baum ersetzt werden muss und darüber hinaus müssten sogar mehr gepflanzt werden als gefällt werden, weil wir ein hohes Defizit aus den vergangenen Jahren angesammelt haben", fordert Preuß.

Mehr Baumpflanzungen in Städten und Dörfern gefordert

Ein aktueller Entwurf zur Alleenkonzeption liegt den Umweltverbänden nun vor. Darin sind verstärkte Alleenpflanzungen an sogenannten nachgeordneten Straßen vorgesehen. Das sind Kreisstraßen und kommunale Straßen. Statt bisher 5.000 sollen nun jährlich nur noch 4.000 Neupflanzungen erfolgen.

Damit sei ein weiterer Alleenverlust aber programmiert, argumentiert Preuß. Um die Orte in Zeiten des Klimawandels lebenswert zu gestalten, sollen entlang der Ortsdurchfahrten Bäume unbedingt erhalten und ergänzt werden, hieß es auf Vorbereitungsworkshops für das neue Alleenkonzept.

Digitale Baumkarte

Der Landesbetrieb Straßenwesen erarbeitet gegenwärtig ein digitales Baumkataster. So soll jeder der etwa 420.000 Straßen- und Alleebäume in Brandenburg mit einem digitalen Steckbrief und GPS-Ortung digital verfügbar sein. Noch in diesem Jahr ist der Start des deutschlandweit einmaligen Landeskompetenzzentrums Straßenbäume und Alleen Brandenburg-Berlin geplant.

Mehr neue Alleen = weniger Ackerfläche

Um die vielen rund 100 Jahre alten Eichen-, Buchen- und Lindenalleen im Land Brandenburg zu ersetzen, fehlt es vor allem an Flächen für neu zu pflanzende Bäume. Das beklagen sowohl das Ministerium als auch der BUND und der Landesbauernverband.

Wer heute eine neue Baumallee setzen will, muss aus Gründen der Verkehrssicherheit einen Abstand von 4,50 Meter zum Fahrbahnrand einhalten. Dazu gibt es eine Bundesrichtlinie. Hinzu kommen zwei Meter Pufferstreifen zur freien Landschaft.

Unter diesen Bedingungen neue Alleen an Bundes- und Landesstraßen zu pflanzen, bedeutet weniger Ackerfläche für die Landwirte, die dort Flächen besitzen oder gepachtet haben. Der Brandenburger Bauernverbands-Präsident Henrik Wendorff argumentiert, man dürfe nicht leichtfertig mit dem Verlust landwirtschaftlicher Flächen umgehen, die für die Produktion von Lebensmitteln benötigt würden. Eine einmalige Entschädigung für Landwirte, die Ackerflächen für neue Alleen zur Verfügung stellen, beurteilt er skeptisch. Wendorff sagt aber auch, dass die für Brandenburg typischen Alleen erhalten werden sollten.

Lückenpflanzungen an alten Alleen

Im Jahr 2050 könnten viele Alleen in Brandenburg verschwunden sein, warnt BUND-Landeschef Carsten Preuß. Streusalz, Trockenstress und der Straßenverkehr machen den Jahrzehnte alten Bäume zu schaffen. Darum sollten schon jetzt überall Lückenpflanzungen an bestehenden Alleen durchgeführt werden. Beim Lückenschluss müsse der Baumabstand von 4,50 Meter zum Straßenrand nicht eingehalten werden.

Im Herbst soll das neue Alleenkonzept für Brandenburg von der Landesregierung vorgelegt werden.

Sendung: Antenne Brandenburg, 17.08.2023, 17:00 Uhr

Beitrag von Torsten Sydow

21 Kommentare

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  1. 21.

    Ich finde auch, das nicht jede Straße vierspurig ausgebaut werden sollte.

  2. 20.

    Naja , wenn man einige Politiker so hört - erst Vierspurig und dann Bäume.
    Naja wer es mag.

  3. 19.

    Bundesrichtlinien kann man ändern. Es ist nur Papier.
    Lückenschluss ist einfach umzusetzen. Sträucher zwischen den Bäumen pflanzen auch. Eine zweite Alle daneben setzen oft auch eine Möglichkeit. Das das gar nicht oder nie geht glaub ich nicht.

  4. 17.

    "...man dürfe nicht leichtfertig mit dem Verlust landwirtschaftlicher Flächen umgehen, die für die Produktion von Lebensmitteln benötigt würden."
    Na, dann mal schnell wieder weg mit all den Solarflächen, die inzwischen landwirtschaftliche Flächen zustellen.
    Aber es ist wie immer - man muss gar nicht auf das ganze Gerede hören, man sieht ja, was politisch gewollt ist (die Regeln sind ja keine Naturgesetze): deswegen eben immer weniger Alleebäume.
    Würde man politisch etwas anderes wollen, würde man auch Wege finden - es liegt ja in der Hand des Menschen.

  5. 16.

    Deutschland wird definitiv verhungern, wenn aufgrund der größeren Abstände Ackerflächen kleiner werden. Echt mal, das wirft kein gutes Licht auf die Bauern, wenn deren öffentlicher Vertreter meint, das wäre ein überzeugender Einwand. Vermutlich wurden aus gutem Grund keine Zahlen genannt, um wie viel die Ackerflächen geringer würden, weil das ja dann mehr als nur emotionale Argumente wären, die man möglicherweise noch mit Daten anfechten könnte. Wer mal Brandenburgs Alleen befährt merkt hingegen schnell, dass die Flächen zwischen den Alleen wohl kaum signifikant kleiner würden, wenn die Bäume am Rand um 6,5 Meter ins Feld rücken. Es gibt Regionen, da würde man Bäume wegen des Erosionsschutzes begrüßen. Nicht so in Brandenburg. Hier sollen Alleen schmal bleiben, selbst wenn die Landwirte mit ihren überbreiten Maschinen diese noch regulär mitnutzen wollen. Weil sonst geht die Welt wegen Hunger unter. Einfach weniger verschwenden, dann reicht auch weniger Fläche.

  6. 15.

    Folgen aus subjektiven Annahmen seinem politischen Feindbild als Kritik vorzuhalten ist schon eine kuriose Methode der Auseinandersetzung.

  7. 14.

    So einfach ist es nicht. Viele Landwirte sind Pächter und da kann es schon vorkommen, dass man es auf 1km Strecke mit 30 Landeigentümern zu tun bekommt, auf einer Straßenseite. Dann müsste alles neu vermessen und die Landeigentümer entschädigt bzw. enteignet werden. Ansonsten wäre es, als würde der Landwirt sein Güllefass auf einem Balkon in Berlin-Mitte hieven und sagen, es ist nur ein schmaler Streifen. Ich verstehe, was Sie wollen und halte es sogar für richtig. Da draußen lauert ein Monster, nennen wir es Bürokratie.

  8. 13.

    Man könnte auch mal ein paar Straßen aufgeben, den Asphalt entfernen und komplett bepflanzen. Neu schrumpfender Landbevölkerung braucht es nicht immer mehr und mehr.

  9. 12.

    Viele Strassen sind zunehmend kahl!Bitte mehr Bäume pflanzen wie bisher! Woidke und Co. schläft viel und zu viel spät bemerkt. Schade

  10. 11.

    "Streusalz ... Straßenverkehr ... Bauernverband"
    Weg mit dieser Salzbrühe, stattdessen Split verwenden, Tempo weiter runter und Spikesreifen wieder zulassen.
    Da die Erzeugung von Lebensmitteln offensichtlich deutlich über dem Bedarf liegt, man braucht sich ja bloß die EK-Preise ansehen und die "Wegschmeißquote" beachten, sollten die paar ha verschmerzbar sein. Der Umwelt hilft es und den EK-Preisen vll. auch. Win-Win.
    Ja, ich weiß. Lackschäden und längere Fahrzeiten - anyway - früher aufstehen und die Blechbüchse ist eh ein Gebrauchsgegenstand - außerdem gibts Lackstifte.

  11. 10.

    Ich kann dieses Gejammer nicht nachvollziehen. Unsere geschätzten Politiker haben doch diese Gesetze mit Abstand und Schutzstreifen, als unsere „Interessenvertreter“ zu unserem Wohl geschaffen. Folglich könnten sie die Regeln auch ändern, wollen sie aber nicht.

  12. 9.

    Alleen und Heckenstreifen werden ohnehin schon lange gefordert und benötigt. Die sehen nicht nur schön, sind insbesondere in Brandenburg Tradition, aus sondern werden für Wildtiere und Insekten benötigt, gerade von bedrohten Arten, und die nutzen der Landwirtschaft gegen Austrocknung und Erdabtrag bei Hitze und Wind und erhalten so die fruchtbare Erde - gerade bei Riesenfeldern...

  13. 8.

    Es wurden 600km Alleen gefällt? Oder sind, davon gehe ich aus, sind Alleebäume gemeint?
    Ich in der Ansicht, dass Alleen erhaltens- und schützenswert sind, Ertüchtigung der vorhandenen ohne Verbreiterung und einen sofortigen Stopp von Autobahn und Verbreiterungsneubauten. Tempolimit auf Autobahn und Landstraßen: max 120 auf BAB und 90 auf Landstraßen. Bei 90km(h bewegen sich Fahrzeuge meist im Verbrauchs günstigen Leistungsbereich.

  14. 7.

    Durch Solarfelder werden bald noch erheblich mehr Ackerflächen verloren gehen. Lohnt sich mehr als Landwirtschaft. Da sind Alleen doch deutlich attraktiver. Kann das Landwirtschaftsministerium das mal koordinieren??

  15. 6.

    Wieso Leitplanken, Tempo 80 anordnen und dann braucht man sie auf geraden Strecken nicht.

  16. 5.

    Nachtigall, ick hör dir trapsen. Der Verkehrsminister von Brandenburg ist Mitglied einer Autofahrerparteien.
    Ein Abstand von vier Meter fuffzich plus zwei zur Straße ermöglicht jederzeit, die Straßen um zwei Spuren zu verbreitern! Das würde, selbst bei Anlage eines Fußgänger-/Radwegs zwischen Fahrbahn und Baumbepflanzung, noch mehr Verkehr und Bodenversiegelung bedeuten.
    Und aus Gründen der Verkehrssicherheit? Das geht auch mit Leitplanken.

  17. 4.

    Nee nicht "gerne" - mehr Bäume, mehr Pflanzen, mehr Tropenhitze, nicht dass das hier zum Regenwald II wird. Immer schön an die Klimaerwärmung denken! Deswegen wird Berlin auch immer Wärmer, wegen der exponentiell wachsenden Pflanzen und dem Unkraut.

  18. 3.

    Ich höre schon wieder nur das mimimi der Landwirtschaftslobbyisten! Eine bestehende Allee "raubt" ja heute auch schon "Feld". Und der dort vorhandene Randstreifen verwildert meist nich. Diese Fläche könnte nur bei Totalabholzung genutzt werden. Insofern geht es nur um einen schmalen zusätzlichen Streifen!

    Weniger Mais anbauen, dann ist mehr Fläche für den Anbau von Lebensmitteln vorhanden!

  19. 2.

    Als Sachse fahre ich u.a. auch wegen den schönen Alleen gern nach Brandenburg. Man kann nur hoffen daß sie erhalten werden damit auch Nachfolgegenerationen sowas noch genießen dürfen.
    Das Argument der verlorengehenden Ackerflächen klingt auf den 1.Moment schlüssig, aber wo bleibt die Vernunft wenn Ackerflächen mit Solarpaneels zugepflastert werden? Die könnten alle auf Dächern installiert werden ohne Flächenverluste. Da kräht aus Profitsucht kein Hahn danach.
    Mögen die Alleen bleiben !!!

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