Milieuschutzgebiet in Berlin-Neukölln - Senat unterstützt Vorkaufsrecht für Wohnhaus in Weichselstraße

Fr 15.09.23 | 11:44 Uhr
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Ein Demonstrant hält am 07.09.2023 vor der 34. Plenarsitzung des Berliner Abgeordnetenhaus vor dem Gebäude während einer Kundgebung für eine Wohnungspolitik mit bezahlbaren Mieten ein Schild mit der Aufschrift «Weichsel 52» hoch. (Quelle: dpa/Sebastian Christoph Gollnow)
Audio: rbb 88.8 | 15.09.2023 | Sabine Loeprick | Bild: dpa/Sebastian Christoph Gollnow

Der Berliner Senat unterstützt Pläne des Bezirks Neukölln, nach längerer Pause wieder ein Vorkaufsrecht für ein Wohnhaus in einem Milieuschutzgebiet auszuüben.

Die Senatsverwaltung für Wohnen habe alle Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der Bezirk für das Gebäude in der Weichselstraße 52 das Vorkaufsrecht aussprechen könne, erklärte Senator Christian Gaebler (SPD) am Freitag.

Gebäude in der Weichselstraße 21 Wohnungen

"Neben dem Schutz der Mieterinnen und Mieter ging es dabei auch um ein Zeichen, dass dem Land Berlin der Milieuschutz und die Vorkaufsrechte sehr wichtig sind", so Gaebler weiter: Sollte ein potenzieller Käufer keine Abwendungserklärung zum Schutz der Mieter unterschreiben und sich damit auf Einhaltung sozialer Standards verpflichten, werde der Senat einen Erwerb über ein landeseigenes Wohnungsbauunternehmen finanzieren.

Nach früheren Angaben umfasst das Gebäude in der Weichselstraße 21 Wohnungen mit rund 50 Mietern und zwei Gewerbeeinheiten.

Sevim Aydin, SPD-Sprecherin für Wohnen und Mieten, begrüßte die Entscheidung: "Das kommunale Vorkaufsrecht ist ein wichtiges Instrument, um Fehlentwicklungen auf dem Wohnungsmarkt zu regulieren und Mieterinnen und Mieter vor Verdrängung zu schützen." Berlin setzte mit der Ausübung des Vorkaufsrechts in der Weichselstraße 52 "ein wichtiges Signal an die Bundesebene und den Mieter*innenschutz", so Aydin weiter.

Die FDP müsse ihre Blockade aufheben und den von Clara Geywitz vorgelegten Gesetzesentwurf zum Vorkaufsrecht endlich beschließen, "damit das Vorkaufrecht wieder vollumfänglich angewendet werden kann und nicht nur bei vernachlässigten Immobilien greift", fügte die SPD-Politikerin an.

In Berlin war es bis 2021 recht verbreitet, dass Bezirke bei der Veräußerung von Wohngebäuden in sozialen Schutzgebieten ein Vorkaufsrecht zugunsten kommunaler Gesellschaften ausübten. Erklärtes Ziel war, Bewohner vor starken Mieterhöhungen und Verdrängung zu schützen. Das Bundesverwaltungsgericht entzog dieser Praxis mit einer Entscheidung im November 2021 jedoch die Grundlage.

Baugesetzbuch müsste auf Bundesebene geändert werden

Die Annahme, dass der andere Käufer Mieter mutmaßlich verdrängen könnte, sei keine ausreichende Grundlage. Seither ist die Ausübung von Vorkaufsrechten in den Berliner Milieuschutzgebieten zum Erhalt der Sozialstruktur praktisch zum Erliegen gekommen. Im konkreten Fall sehen der Bezirk Neukölln und nun auch der Senat diese Möglichkeit, weil das Haus in einem schlechten baulichen Zustand ist. Um Vorkaufsrechte wieder im Umfang wie vor der Gerichtsentscheidung im November 2021 anwenden zu können, müsste auf Bundesebene das Baugesetzbuch geändert werden.

Gaebler appellierte daher an die Bundesregierung, das Vorkaufsrecht für die Kommunen gesetzlich wieder zu vereinfachen.

Sendung: rbb24, 15.09.2023, 13 Uhr

7 Kommentare

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  1. 7.

    Um mal Zahlen zu nennen. Die städtischen Wohnungsgesellschaften sind mit über 17 Milliarden €, bei explodierenden Zinsen, verschuldet. Mieterhöhungen stehen bevor. Verkäufe nicht ausgeschlossen. Deckel doppelt und dreifach gescheitert mit Kollateralschäden noch auf Jahre hinaus.
    Diese Träumermieten sind wirtschaftlich nicht darstellbar.

  2. 6.

    Dieses Vorkaufsrecht ist illegal, da der Käufer gar nicht die Absicht hat das Objekt zu erwerben sondern er generiert einen Vorteil für von ihm Begünstigte, an die er es nicht mal weiter gibt sondern diese in den Vertrag einsteigen. Ich glaube, wenn der Käufer klagt, scheitert die Rechtsbeugung erneut.
    Ich finde auch, dass der Vorkaufsrecht Käufer dem geprellten Käufer eine Entschädigung zahlen sollte. Hier manipuliert eine Kaufpartei die Gesetze zu ihrem Vorteil.

  3. 5.

    Ganz einfach. die städtische Wohnungsbaugesellschaft bekommt frisches Steuergeld vom Senat. Denn das letztere extrem klamm ist, hat sie jüngst dem Senat bereits mitgeteilt.

    https://www.rbb-online.de/abendschau/videos/20230913_1930/wohnungsbaugesellschaften-fordern-mehr-geld.html

    Zehn Millionen könnten reichen für die Sanierung der herunter gekommenden Immobilie und die städtische Wohnungsbaugesellschaft vermietet dann für 6,39 Euro je Quadratmeter, immerhin hat nach Zeitungsberichten die Sanierung eines Mehrfamilienhauses nebst Wärmepumpe bei den Berliner Grünen nur 5 Millionen gekostet und soll wohl noch dieses Jahr beendet sein,

  4. 4.

    Auch die privaten WBG sind hoch verschuldet, der Unterscheid ist sie holen sich das durch unverschämte Mieterhöhungen wieder rein.

    Und das kostet uns Steuerzahler richtig viel Geld.

  5. 3.

    Auch die privaten WBG sind hoch verschuldet, der Unterscheid ist sie holen sich das durch unverschämte Mieterhöhungen wieder rein.

    Und das kostet uns Steuerzahler richtig viel Geld.

  6. 2.

    "Bundesverwaltungsgericht entzog dieser Praxis mit einer Entscheidung im November 2021 jedoch die Grundlage." Und warum wir diese Praxis dann doch wieder angewendet?

  7. 1.

    "werde der Senat einen Erwerb über ein landeseigenes Wohnungsbauunternehmen finanzieren." Halte ich für grenzwertig. Die landeseignen Wohnungsbauunternehmen sind durchweg alle hoch verschuldet und ohne das politische Backing eigentlich konkursreif. Von einer seriösen kaufmännischen Finanzierung kann da nicht gesprochen werden, wenn der Finanzierer selst riesige Schuldenberge am Hacken hat. Wer hat denn diese Mieter der Weichselstraße 52 bestimmt, die jetzt faktisch mit Steuergeld-Geschenken bedacht werden?

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