Bahnrad-Teamsprinterinnen in Cottbus - Neues Trio mit großen Zielen

Mo 25.07.22 | 21:09 Uhr | Von Lukas Witte
Das Bahnrad-Trio Pauline Grabosch, Lea Sophie Friedrich und Emma Hinze (imago images/Sirotti)
Video: rbb24 | 26.07.2022 | Simon Wenzel | Bild: imago images/Sirotti

Mit dem Wechsel von Pauline Grabosch an den Bahnrad-Bundesstützpunkt in Cottbus soll sich dort das schnellste Teamsprint-Trio der Welt formieren. Das große Ziel: Gold bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris. Von Lukas Witte

Pauline Grabosch blickt in das weite Oval des Cottbuser Radstadions. "Das wird jetzt meine neue Heimat", sagt sie. "Meine Kartons sind aber noch nicht ausgepackt." Erst seit ein paar Tagen ist die 24-jährige Bahnrad-Sprinterin in der Lausitz, um ihre Karriere auf die nächste Stufe zu bringen. Denn in dem traditionsreichen Bundesstützpunkt soll ein ambitioniertes Ziel verfolgt werden: der Olympiasieg im Teamsprint 2024 in Paris.

Weltrekord beim ersten Trio-Auftritt

In Cottbus erwarten Grabosch schon zwei der schnellsten Sprinterinnen, die es derzeit gibt. Emma Hinze und Lea Sophie Friedrich sind mehrfache Weltmeisterinnen und holten zuletzt gemeinsam olympisches Silber in Tokyo. Damals fuhren im Teamsprint-Wettkampf nur zwei Fahrerinnen pro Team und Grabosch konnte als Ersatzfahrerin in Japan nur von außen zuschauen. Anders bei den Weltmeisterschaften im vergangenen Jahr. Durch eine Formatänderung konnten sich die schnellsten Sprinterinnen des Landes erstmals im Trio beweisen und holten in Weltrekord-Zeit Gold.

Auch bei den Olympischen Spielen 2024 wird das neue Wettkampfs-Format zum Einsatz kommen. Der Wechsel von Pauline Grabosch in die Lausitz weckt also große Hoffnungen. "Gold in Paris ist unser erklärtes Ziel. Dafür werden wir alles geben", sagt Stützpunktleiter Detlef Uibel. Der ehemalige Bundestrainer hatte schon länger Interesse daran, Grabosch aus Erfurt nach Cottbus zu holen. "Am Ende wurde dieser Prozess jetzt aber von Pauline bestimmt", erzählt er.

Ein Wechsel war längst überfällig

Für den 63-Jährigen kommt der Wechsel eigentlich etwas zu spät. In ihrer Juniorinnen-Zeit galt Grabosch lange als unschlagbar und fuhr allen davon. In den vergangenen Jahren waren ihre Leistungen dann aber unterschiedlich. "Sie hat es ja bei Olympia gemerkt, wo sie nur Ersatzfahrerin war. Das war sehr unglücklich. Danach ist sie ein bisschen in ein Loch gefallen und hat sich nicht so entwickelt, wie ich es gerne sehen wollte", sagt Uibel.

Das soll sich in Cottbus mit den großartigen Trainingsbedingungen und den starken Teamkolleginnen ändern. "Mein Trainer in Erfurt hat auch alles gegeben. Aber ich glaube am Ende des Tages braucht man eine feste Trainingsgruppe und die schnellste Trainingsgruppe ist nun mal in Cottbus. Deswegen ist mir die Wahl nicht so schwergefallen", erzählt Grabosch. Nur durch die räumliche Nähe und das intensive gemeinsame Training sei es möglich, die letzten Hundertstel an Zeit rauszuholen.

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Sicherlich spielte bei dem Wechsel auch eine Rolle, dass ihr Übungsleiter in Thüringen, Tim Zühlke, zuletzt seine neue Aufgabe als Bundestrainer für Ausdauer angetreten war und sich deshalb nicht mehr hundertprozentig auf die 24-Jährige konzentrieren konnte. Am Bundesstützpunkt wird sich die Psychologie-Studentin nun der Trainingsgruppe von Aleksander Harisanow anschließen, unter dem auch Emma Hinze trainiert. Lea Sophie Friedrich fährt derzeit noch in einer anderen Gruppe, soll aber spätestens zur EM-Vorbereitung in diesem Jahr zu den beiden stoßen.

Stützpunktleiter Uibel zeigt sich sicher, dass Grabosch in der Lausitz wieder zu alter Stärke zurückfinden wird. Nicht nur im Teamsprint, sondern auch in den Einzeldisziplinen will er sie wieder in Medaillenränge bringen. "Pauline braucht Erfolgserlebnisse und muss sich in einer Gruppe anerkannt und akzeptiert fühlen. Und genau das ist jetzt erstmal unsere Aufgabe, dass wir sie vernünftig in Cottbus integrieren", erklärt er.

Nicht die besten Freundinnen

Ganz reibungslos wird diese Integration aber wohl nicht funktionieren. Beim gemeinsamen Training fällt schnell auf, dass es eine gewisse Distanz zwischen der neuen Pauline Grabosch und der Olympia-Zweiten Lea Sophie Friedrich gibt. Die Stimmung ist kühl und Friedrich möchte sich auf Nachfrage nicht zur persönlichen Beziehung der beiden äußern. Spätestens wenn das Trio gemeinsam in die Vorbereitung auf die EM einsteigt, wird sich zeigen, ob das angespannte Verhältnis auch sportlich zum Problem wird.

Vielleicht gibt es aber auch einen Schuss extra Motivation, denn zumindest auf der Bahn freut sich Lea Sophie Friedrich über die neue Konkurrenz. "Ich bin froh, dass wir so gute Fahrerinnen im eigenen Land haben. Ich mag es mit so schnellen Leuten zu trainieren", erzählt die 22-Jährige. Die dritte im Bunde Emma Hinze mahnt aber auch zur Vorsicht. "Man muss schon aufpassen, dass man jetzt nicht jeden Tag einen Wettkampf daraus macht", sagt die gebürtige Hildesheimerin.

Heim-EM ist der nächste Schritt

Über eines sind sich im Trio alle einig: Das Projekt Olympia-Gold wird kein Selbstläufer werden. Bis Paris sind es noch zwei Jahre und auch die Konkurrenz schläft nicht. Durch die Formatänderung ist es schwieriger geworden, die Stärke der anderen Nationen einzuschätzen. "Die Chinesinnen sind auf jeden Fall eine harte Konkurrenz und wir haben sie noch nie zu dritt gesehen", erklärt Ex-Bundestrainer Uibel. Trotzdem haben die drei Weltmeisterinnen von 2021, die nun auch noch gemeinsam in Cottbus trainieren, beste Voraussetzungen.

Die erste große Bewährungsprobe nach dem Wechsel von Grabosch steht für das Trio im kommenden August an. Bei den Europameisterschaften in München soll es einen Lausitzer Titel geben. "Das ist die Wunschvorstellung, die wir alle haben. In München wird es aber noch nicht die Entwicklung sein, die man sehen will. Dafür war die Phase hier zu kurz", sagt Uibel. Erst die Monate danach würden zeigen, wie sich die Gruppe in Cottbus entwickelt.

Auch Pauline Grabosch zeigt sich erst einmal etwas zurückhaltender, freut sich aber schon auf das Erlebnis. "Direkt über einen Titel zu reden, bringt Unglück. Natürlich wollen wir Gold gewinnen und die große Bühne der Heim-EM nutzen und vor allem auch genießen. Ich denke, das wird ganz großes Kino."

Sendung: rbb24, 26.07.2022, 18 Uhr

Beitrag von Lukas Witte

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