Analyse | Union Berlin gewinnt bei Saint-Gilloise - 0:1, 0:1, 1:0, 1:0, 1:0, 1:0

Fr 04.11.22 | 07:47 Uhr | Von Till Oppermann
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Mannschaftsbild des 1. FC Union Berlin beim Auswärtsspiel in St. Gilloiise (imago images/Sebastian Räppold)
Audio: rbb24 Inforadio | 04.11.2022 | Guido Ringel | Bild: imago images/Sebastian Räppold

Robin Knoche und ein taktischer Schachzug von Urs Fischer bringen Union den entscheidenden Sieg in der Gruppenphase des Europapokals ein. In der Zwischenrunde könnten die Berliner auf den FC Barcelona treffen. Von Till Oppermann

0:1, 0:1, 1:0, 1:0, 1:0, 1:0 – diese Zahlenreihe liest sich wie ein Binärcode, es handelt sich dabei aber um die zusammengefassten Ergebnisse des 1. FC Union in der Europa League. Nachdem die Berliner nach zwei Auftaktniederlagen gegen St. Gilles und Braga schon vor dem Ausscheiden standen, feierten sie mit Siegen gegen Malmö ihr Comeback im Kampf um den zweiten Platz in der Gruppe.

Den Heimsieg gegen den direkten Konkurrenten Braga veredelte die Mannschaft von Urs Fischer am Donnerstag gegen Royale Union St. Gilloise mit dem vierten 1:0 in Serie. Union Berlin steht in der Zwischenrunde der Europa League. "Wahnsinn! Mit vier Toren 12 Punkte geholt", jubelte Fischer. Effizienter geht es nicht – seitdem die Europa League eingeführt wurde, gelang das noch keiner Mannschaft.

Knoche ist Unions Europaheld

Kein Wunder, dass ein Verteidiger zum eisernen Europahelden wurde. Robin Knoches Elfmetertore gegen Malmö und Braga waren insgesamt sechs Punkte wert. Gegen die Belgier von St. Gilloise köpfte, grätschte und dirigierte der Verteidiger vor dem Strafraum.

Wettbewerbsübergreifend spielte Union in dieser Saison bereits zehnmal zu Null. Ohne Knoche wäre das schwer vorstellbar. In den entscheidenden Minuten des Spiels in Belgien blockte er kurz vor der Linie einen Schuss, der wahrscheinlich nach sich gezogen hätte, dass Union aus der Europa League ausgeschieden wäre. Knoche stand wie eine Backsteinmauer und hielt sein Team im Spiel.

Urs Fischer befand: "Wir hatten gute Phasen, aber auch Momente, in denen wir nicht so auf der Höhe waren." Auf Knoche konnte er sich immer verlassen.

Union schwimmt

Viele Gegner in der Bundesliga klagen darüber, dass es so gut wie unmöglich sei, sich Chancen zu erspielen, wenn Union führt. Die Belgier schienen davon nichts gehört zu haben und setzten Union immer wieder unter Druck. Mit Dribblings gelang es ihnen, Unions enges Mittelfeldpressing zu überspielen. In den gefährlichen Räumen zwischen Fünferkette und Mittelfeld entstand Raum für Chancen.

Bereits in der ersten Halbzeit hatte sich Union-Stammkeeper Frederik Rönnow nach einer dieser Chancen bei einer Rettungstat verletzt. Der für ihn eingewechselte Ersatztorwart Lennart Grill griff gleich zweimal daneben und ermöglichte den Belgiern so gute Chancen zum Ausgleich.

Je länger das Spiel dauerte, desto gefährlicher wurden die Gastgeber. "Am Ende hat sich es die Mannschaft aber verdient, in der Europa League zu bleiben", kommentierte Fischer. Sven Michel fügte hinzu: "Das war ein super intensives Spiel, nach 60 Minuten waren wir alle platt."

Fischers Schachzug mit Michel geht auf

Angreifer Michel war es, der schon in der achten Minute das 1:0 für die Köpenicker erzielt hatte. Nach einem technisch anspruchsvollen Lupferpass, den Sturmpartner Sheraldo Becker mit dem Außenrist über die Abwehr in den Strafraum löffelte, sprang Michel ab und bugsierte das Leder mit seinem ausgestreckten Fuß gegen die Laufrichtung des Torwarts ins rechte Toreck.

Das Tor war so schön, dass Michel in Zukunft wohl in einem Atemzug mit Silvio, Marcel Hartel und Andreas Voglsammer genannt werden wird, die jeweils mit Traumtoren das Tor des Monats erzielten. Er sei überglücklich, dass er der Mannschaft mit seinem Tor helfen konnte, sagte Michel, den die Uefa nach dem Spiel zum "Man of the Match" kürte.

Sein Startelf-Einsatz war ein Schachzug von Urs Fischer, der voll aufging. Anstelle des überspielten Jordan Siebatcheu und Kevin Behrens, der vergangenen Sonntag gegen Gladbach traf, setzte Fischer mit Michel auf einen anderen Spielertyp. Der 32-Jährige ist kein Wandspieler für lange Bälle, sondern weicht gerne auf die Flügel aus und ist generell viel in Bewegung. Gemeinsam mit dem ebenfalls agilen Becker sorgte Michel so für viel Bewegung in der Offensive. Durch Michels Hereinnahme veränderte Fischer das Offensivspiel seiner Mannschaft und raubte den Verteidigern von Royale Union den Zugriff.

Jetzt warten Weltvereine

Vielleicht waren die zahlreichen Wiederholungen von Beckers und Michels Koproduktion für manche daheimgebliebenen Fans eine Entschädigung für die ausgefallene Europareise. Weil Union keine Gästekarten verkaufen konnte und der Spielort Leuven erkennbaren Unionern verbot, die Stadt zu betreten, waren nur wenige Berliner im Stadion.

Nach der ersten Halbzeit machten sich ungefähr fünf von ihnen bemerkbar und feuerten Union lautstark an. 13 Minuten vor Abpfiff wurden sie dann schon wieder aus dem improvisierten Gästeblock geleitet.

Durch den Sieg der Mannschaft dürfen sie sich aber bereits auf weitere Reisen freuen: In der Zwischenrunde warten die acht Dritten aus der Champions League, dabei sind Klubs wie der FC Barcelona, der FC Sevilla und Juventus Turin. "Wir sind jetzt gespannt, wen wir zugelost bekommen", sagte Rani Khedira. Die Auslosung findet am kommenden Montag um 13 Uhr in Nyon in der Schweiz statt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 04.11.2022, 8 Uhr

Beitrag von Till Oppermann

15 Kommentare

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  1. 15.

    Ja klar, dass Die Mannschaft in dieser Saison wettbewerbsübergreifend zehnmal zu Null gespielt hat, war natürlich genauso glückliche Durchmogelei wie die Siege mit einem Tor Unterschied, ne Tosca. Natürlich hatte der FCU auch hier und da mal Glück, aber das hatten andere Mannschaften ebenso. Und ein Quentchen Glück gehört zum Fussball oder eben zu einem Sieg im Spiel auch mal dazu. In der Hauptsache ist es aber harte Arbeit, die den FCU dort hingeführt hat, wo er aktuell steht.

  2. 14.

    Oh, da hat ja einer statt eines Papagei einen Specht im Käfig.

  3. 12.

    Ooooch.... ich finde, wo Unioner auftauchen, geht´s meistens ganz gut ab, meist freundlich-derb, immer stimmungsvoll und manchmal leider auch unter die Gürtellinie, vor allem wenn "Externe" mitmischen.

    Ich finde, die vielen 1:0 sind Ergebnisse einer sich bewährenden Strategie und haben hin und wieder auch mit Glück zu tun.

  4. 11.

    Glück muss man erarbeiten. Wenn Hertha zum Beispiel wie in Bremen zu dumm ist ein Tor zu schießen, obwohl sie das Vielfache gegenüber den Eisernen verdienen, kann man bestimmt nicht den Eisernen die Schuld geben.

  5. 10.

    Jetzt sind alle Union-Fans, erinnert mich an die Eisbären, langweilig. Mainstream halt.

  6. 9.

    Eine Wohltat. Dieser piefige Neid.

  7. 8.

    Ja, das ist schon erstaunlich. Seid vier Jahren mogelt sich UNION durch die Bundesliga. Und die Glückssträhne reißt einfach nicht ab. Da kann man als Toskaner schon mal verzweifelte Kommentare los lassen.
    EISERN

  8. 7.

    01010011 01100011 01101000 01101100 01100001 01110101 01101101 01100101 01101001 01100101 01110010

  9. 6.

    HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH UNION, toll gemacht und die Entwicklung des Verein seit 2019, wie'n bissel verrückt. Bringt massiv Neid hervor, siehe 1.Kommentar, ich wünsche nur eins: bleibt dran, weiter so und ich wünsche Union auch bissel Glück dabei. Das mit dem "Mogeln" überlassen wir denen, die gegen Union antreten, mal sehen, wer gewinnt :-)
    U.N.V.E.U.

  10. 5.

    Nicht weinen Tosca. Es fragt keiner nach dem wie, nur nach dem ob. Und das hat geklappt!

  11. 4.

    Das ist eine alte Computersprache die Union perfekt beherscht, schaut Mal in eure Mathebuch da gibt es die Sprache 1und 0
    ......egal Sieg ist Sieg

  12. 3.

    Das hat nichts mit durchmogeln zu tun. Oder haben sich die Bayern immer durchgemogelt auf den 1.Platz? Zur Zeit läuft es gut, die Mannschaft ist sehr gut drauf, spielt effektiven Fußball und kämpft. Der Klassenerhalt ist so gut wie sicher. Es gab tolle Spiele quer über Europa. Um mehr geht es erstmal nicht. Alles andere ist Bonus.

  13. 2.

    Da spricht aber viel Missgunst. Ich bin kein Fußball-Fan. Für mich ist Fußball moderner Menschenhandel, vor allem bei den vielen, die jungen Spielern. Viele Spieler gehen von Verein zu Verein. Mal sehen, wer mehr bietet. Zum Thema: Union bleibt bei mir wenigstens noch auf dem Teppich und wissen auch, daß es Grenzen gibt.
    Hertha gehen die Argumente aus. Was soll ein Trainer auch sagen, wenn die Tore nicht genug fallen. Aber Schuld hat der Trainer. Hertha will immer "der" Hauptstadt-Verein sein.

  14. 1.

    Union hat momentan viel Glück. Sie werden es nicht ewig so weiter spielen und sich durchmogeln können.

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