Europameisterschaft in Slowenien - Drei Berliner Basketballerinnen überzeugen auf internationaler Bühne

Mo 19.06.23 | 14:14 Uhr | Von Irina Gnep
Basketball-Spielerin Alexandra Wilke in der Vorrunden-Partie gegen Großbritannien (Quelle: IMAGO / Sports Press Photo)
Audio: rbb24 Inforadio | 19.06.2023 | Irina Gnep | Bild: IMAGO / Sports Press Photo

Die deutschen Basketballerinnen haben bei ihrer ersten EM-Teilnahme seit zwölf Jahren gute Chancen auf das Viertelfinale. Mit dabei sind auch drei gebürtige Berlinerinnen, die auf dem Parkett überzeugen - und Albas Frauenteam loben. Von Irina Gnep

Wenn Alexandra Wilke beim Essen sitzt, kann sie es manchmal selbst nicht ganz glauben: "Ich sitze dann so da und denke mir: Wow - dass man dabei ist. Es ist einfach unfassbar!" Dabei, zwischen den ganzen europäischen Basketball-Stars im Teamhotel in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana.

"Die meisten von uns kennen viele der Spielerinnen", erzählt die 26-Jährige, "ich selbst habe ja nie im Ausland gespielt, nur mal ein Jahr international im EuroCup." Sie gehört zu den vier Nationalspielerinnen, die in Deutschland aktiv sind - alle anderen spielen im Ausland. Unter ihnen auch die beiden anderen gebürtigen Berlinerinnen Ama Degbeon (Ungarn) und Lina Sontag (UCLA/USA).

Hintergrund

Alexandra Wilke (26 Jahre) stammt aus Spandau und fing bei der BG 2000 Berlin mit dem Basketballspielen an. Sie wurde in der letzten Saison deutsche Meisterin.

Ama Degbeon (27 Jahre) wurde ebenfalls in Berlin geboren und gab schon mit 17 Jahren ihr Länderspiel-Debüt in der A-Nationalmannschaft.

Lina Sontag (19 Jahre) kommt aus Kleinmachnow in Brandenburg und startete ihre Karriere bei TuS Lichterfelde. Sie wurde 2022 mit Freiburg deutsche Meisterin.

DBB-Team schafft Sprung aus EM-Gruppe

Letztere hat gerade ihr erstes Jahr am College in Los Angeles hinter sich. Und während Wilke ausschließlich in Deutschland spielte, ist Degbeon eine echte Weltenbummlerin - war schon in den USA, Schweden, Polen und nun Ungarn aktiv.

Was sie eint ist das Nationalteam. Mit diesem spielen sie gerade bei der Europameisterschaft in Slowenien - und das mit Erfolg. Nach der knappen Auftaktniederlage gegen Vizeeuropameister Frankreich (50:59) setzte sich das DBB-Team erst mit 66:62 gegen Gastgeber Slowenien durch - sicherte damit schon das Weiterkommen - und dann in einem Herzschlagfinale auch gegen Großbritannien (62:61).

Gute Chancen aufs EM-Viertelfinale

Damit erreichten die deutschen Basketballerinnen als Gruppenzweiter das Qualifikationsspiel für das Viertelfinale - und das als Außenseiter bei der ersten EM-Teilnahme seit 2011. Für Wilke ist das trotzdem nicht überraschend. "Es hat vielleicht niemand so erwartet, aber ich glaube, unser Team schon", sagt die Aufbauspielerin, die in diesem Jahr mit ihrem Verein Rutronik Stars Keltern den deutschen Meistertitel feierte: "Wir sind sehr selbstbewusst, unsere Truppe ist super, super cool."

Als Gruppenzweiter treffen die deutschen Basketballerinnen in der nächsten Runde am Dienstag (18 Uhr) auf die Slowakei, den vermeintlich leichtesten Gegner aus Gruppe D. Die Chancen auf das Viertelfinale stehen gut.

Damenbasketball soll langfristig etabliert werden

Mit dem Weiterkommen hat das DBB-Team die beiden vor dem Turnier ausgegebenen Ziele bereits erreicht: raus aus der Gruppenphase und zeigen, dass man auf die europäische Bühne gehört. "Ich glaube, das haben wir jetzt unter Beweis gestellt", sagte Bundestrainerin Lisa Thomaidis nach dem knappen Sieg gegen Großbritannien.

Für die Erfolgstrainerin aus Kanada (u. a. Platz sieben bei Olympischen Spielen) ist die langfristige Etablierung des deutschen Damenbasketballs essenziell. Die diesjährige EM-Qualifikation "soll schließlich keine Eintagsfliege sein, auf die wir danach wieder zwölf Jahre lang warten müssen", hatte Thomaidis vor dem Turnier gesagt. Sie ist auch der erste Schritt auf dem Weg zur Heim-WM 2026, die in Berlin stattfinden wird.

Und die Namen im deutschen Kader sind verheißungsvoll: Während Marie Gülich mit dem Valencia BC in der abgelaufenen Saison den spanischen Meistertitel holte, wurde Leonie Fiebich (Zaragoza) wertvollste Spielerin der Liga (MVP). Satou Sabally von den Dallas Wings aus der WNBA, Deutschlands beste Basketballerin, und ihre jüngere Schwester Nyara (New York Liberty) verzichten auf die EuroBasket und konzentrieren sich auf die nordamerikanische Profiliga.

Youngster Sontag sorgt für Begeisterung

Auch von Youngster Sontag wird Basketball-Deutschland in Zukunft sicher noch viel hören. Die 19-Jährige wurde erst drei Wochen vor Turnierstart nachnominiert und hat sich in der kurzen Zeit fest in die Rotation gespielt. Im Schnitt 17 Minuten steht sie bei der EM auf dem Feld, war gegen Frankreich sogar erfolgreichste Werferin (zehn Punkte).

"Ich bin unfassbar stolz auf sie, sie kommt mit einer Leichtigkeit, die wir manchmal brauchen", schwärmt Kapitänin Svenja Brunckhorst, "es ist unglaublich, wie sie hier rauskommt und einfach abfackelt." Und Thomaidis sieht noch mehr Potenzial: "Sie hat eine große Zukunft vor sich. Sie spielt ohne Angst, ist eine großartige Athletin und kratzt gerade nur an der Oberfläche von dem, was sie für dieses Team bringen wird."

Sontag selbst spielt das Lob runter: "Ich versuche einfach, alles mitzunehmen, Erfahrungen zu sammeln, Spaß zu haben und dem Team zu geben, was es von mir braucht." Ganz so abgeklärt ist die Spielerin, die beim TuS Lichterfelde in der Jugend ausgebildet wurde, dann aber doch nicht. "Also so cool bin ich da auch nicht auf dem Feld, das ist alles ein bisschen Show", sagt Sontag, "ich probiere, mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen."

Die nationale Liga läuft noch hinterher

Während das Nationalteam also optimistisch in die Zukunft blicken darf, sieht es in der Bundesliga anders aus. Die Gründe dafür, dass viele Nationalspielerinnen den Weg ins Ausland gehen, liegen auf der Hand: fehlende Professionalisierung, mangelnde Strukturen, kaum Zuschauerinteresse.

Doch es gibt auch positive Entwicklungen: Seit der vergangenen Saison spielt das Frauen-Team von Alba Berlin in der DBBL - und schaffte es gleich bis ins Spiel um Platz drei. "So eine Mannschaft tut der Liga supergut. Ich habe das selbst erfahren dürfen, die hatten 2.500 Zuschauer", sagt Wilke, "das ist richtig cool für die Liga, weil man endlich Support erfährt. Ich hoffe, dass so ein Verein und auch der MBC die Liga pushen."

Auf die Frage, ob Alba für sie als gebürtige Berlinerin denn auch interessant sein könnte, verweist Wilke auf ihren gerade erst erneuerten Vertrag in Keltern. Es sei wichtig für sie, europäisch zu spielen, sagt Wilke und ergänzt mit einem Augenzwinkern: "Wer weiß, was die Zukunft bringt."

Die nähere Zukunft bringt für sie nun aber erst einmal das kommende EM-Spiel gegen die Slowakei. "Wir wollen auf jeden Fall weiter", sagt Wilke: "Wir wollen gewinnen und ins Viertelfinale. Und dann schauen wir mal weiter."

Sendung: rbb24 Inforadio, 19.06.2023, 12:15 Uhr

Beitrag von Irina Gnep

Nächster Artikel