Interview | Barbara Rittner - "Das bremst Berlin als Tennis-Standort überhaupt nicht aus"

Mi 08.04.20 | 13:49 Uhr
Damentennis-Chefin Barbara Rittner wird Turnierdirektorin in Berlin. / imago images/Hübner
Audio: Inforadio | 08.04.2020 | Guido Ringel | Bild: imago images/Hübner

Das WTA-Rasenturnier sollte für die Wiederbelebung des Frauen-Tennis in Berlin sorgen. Doch die Corona-Krise zwang nun zur Verschiebung des Weltklasse-Events. Eine Absage ist möglich. Direktorin Barbara Rittner über die erste Enttäuschung - und Perspektiven.

Was Sie jetzt wissen müssen

rbb|24: Als am 1. April die Verschiebung des Turniers offiziell beschlossen wurde, kam dieser Schritt nicht mehr wirklich überraschend. Wie gut vorbereitet sind Sie also auf die aktuelle Lage?

Barbara Rittner: So gut, wie man das sein kann. Ich glaube, mit diesem Szenario hat überhaupt niemand gerechnet. Die ganze Rasen-Saison ist jetzt erstmal abgesagt. Wir sind insofern vorbereitet, als dass wir von unserem Hauptsponsor bett1 wissen, dass sie auch gerne nach hinten verschieben würden. Auch der Klub (Anm. der Red.: der LTTC "Rot-Weiß") wäre dazu bereit. Also werden wir uns nun alle miteinander kurzschließen, unter anderem mit dem Veranstalter Emotion und werden ein Brainstorming machen, um dann zu schauen. Natürlich hat man das in den vergangenen Wochen kommen sehen, insofern spielt man da schon einige Szenarien im Kopf durch. Das war nicht aus heiterem Himmel. Aber der Tag X der Verkündung, dass Wimbledon und damit die Rasensaison erstmal gecancelt wird und vor Mitte Juli nichts in der Tennis-Szene passieren wird - das hat uns im letzten Moment dann doch emotional getroffen.

Ist eine Verschiebung des Turniers auf einen späteren Termin überhaupt realistisch und sinnvoll? Mit der Absage von Wimbedon fällt ja der Zweck der Vorbereitung auf ein Grand-Slam-Rasenturnier für die Spielerinnen weg.

Genau das müssen wir jetzt im Team erörtern. Wir sind in Kontakt mit der WTA-Tour, aber es spielen so viele Dinge eine Rolle. Wie wissen ja nicht, ob man dieses Jahr überhaupt noch mal spielen darf. Tennis ist eine globale Sportart - dazu müssen alle reisen dürfen. Geht die Tour irgendwann wieder los? Kann man vielleicht ab Juli wieder spielen oder wird es viel, viel später? Das sind alles Faktoren, die eine große Rolle spielen. Generell ist es für uns natürlich denkbar, weil sowohl der Hauptsponsor als auch der Klub mitmachen könnte und würde. 

In welchem Zeitraum wäre ein verschobenes Turnier denkbar?

Das Turnier ist auf Rasen. Wir könnten im August noch spielen, maximal Anfang September. Später auf keinen Fall, denn dann würden die Plätze nachmittags zu feucht werden. Das wird dann für die Spielerinnen gefährlich. Insofern müssen wir jetzt auch da abwarten, was passiert.

Im Herbst sollen die US Open und die French Open stattfinden. Ist es da vielleicht eine Idee, das Berliner Turnier auf Sand auszutragen, um für die Spielerinnen als Vorbereitungsturnier attraktiver zu werden? 

Nein, die bett1open in Berlin werden auf Rasen stattfinden - im Jahr 2021 ganz sicher. Ob im Jahr 2020 zu einem anderen Termin, steht in den Sternen. Der Rasen ist gepflanzt und wächst und gedeiht seit letztem September, die Plätze sehen toll aus. Insofern: Wenn, dann wäre dieses Turnier auf Rasen. Es wird kein Hartplatz oder Sand reingelegt. Wir werden Berlin nur auf Rasen erleben.

Das ist einfach nur aufgeschoben und nicht aufgehoben. Das heißt, die Menschen in und rund um Berlin können sich auf ein tolles, internationales Turnier auf Rasen freuen. Dann müssen wir uns einfach noch ein bisschen gedulden und die Zeit so gut nutzen, wie es geht.

Barbara Rittner

Hat die Verschiebung etwas Gutes - zum Beispiel, weil der Rasen noch ein bisschen mehr Zeit hat, gut zu wachsen und das Stadion noch besser vorbereitet werden kann?

Nein, die Verschiebung hat nichts Gutes. Wir waren voll darauf gepolt, dass wir im Jahr 2020 Mitte Juni auf hervorragenden Rasenplätzen ein ganz tolles Turnier in Berlin sehen werden. Die Plätze sehen optimal aus. Der Greenkeeper, der sich damit auskennt, ist absolut zufrieden und sagt: Die Plätze sind im Soll. Wir hatten gutes Klima, es war nicht zu kühl, nicht zu nass, also alles in Ordnung. Deswegen brauchten wir keine Zeit zu gewinnen - auch was die komplette Organisation angeht. Wir waren wirklich absolut bereit, Mitte Juli ein Top-Event in Berlin auf Rasen stattfinden zu lassen.

Nach vielen Jahren sollte das Turnier die Wiederbelebung des Frauen-Tennis in Berlin werden - und nun dieser Tiefschlag. Wie sehr bremst das die Hauptstadt als Tennis-Standort aus?

Das ist höhere Gewalt - das bremst Berlin als Tennis-Standort überhaupt nicht aus. Berlin ist dafür bekannt, mit der Tradition immer dieses tolle Turnier gehabt zu haben. Jetzt sollte nach zwölf Jahren wieder etwas Neues stattfinden. Wir freuen uns alle riesig drauf und selbst, wenn es 2020 nicht stattfinden könnte, ist die Planung für 2021 schon bereits jetzt in Gange. Das ist einfach nur aufgeschoben und nicht aufgehoben. Das heißt, die Menschen in und rund um Berlin können sich auf ein tolles, internationales Turnier auf Rasen freuen. Dann müssen wir uns einfach noch ein bisschen gedulden und die Zeit so gut nutzen, wie es geht.

Angenommen, das Turnier kann in diesem Jahr nicht stattfinden. Wie groß ist der finanzielle Verlust?

Diese Frage kann ich nicht beantworten. Da müsste man sich an den Veranstalter Edwin Weindörfer wenden. Ich glaube, wir haben relativ wenig Risiko. Die Investitionen, die getätigt werden, was den Klub angeht, die Anlage und die Plätze, hätte man sowieso tätigen müssen. Sprich: Umkleiden neu machen oder eben Plätze bauen. Natürlich würde es in diesem Jahr, wenn das Turnier gar nicht stattfinden sollte, keine Einnahmen geben. Aber wie groß da die Verluste wären, dazu müsste man Edwin Weindörfer und Emotion befragen. Aber wir sind in der glücklichen Situation, dass wir einen Hauptsponsor haben, der langfristig denkt. Deshalb ist es - wie gesagt - aufgeschoben, aber nicht aufgehoben und ich freue mich doppelt so sehr drauf im Jahr 2021.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führten Lisa Surkamp und Guido Ringel, rbb Sport

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