Ausstellung zu KZ-Transporten - Wie es den Kindern des "Verlorenen Transports" erging
Kurz vor der Befreiung des KZ Bergen-Belsen im April 1945 verließen drei Züge mit Geiseln das Lager. Der dritte Zug strandete im Elbe-Elster-Kreis - hunderte Menschen starben. Nun gibt es eine neue Wanderausstellung zum "Verlorenen Transport".
Sie waren der letzte Pfand, den Nazideutschland zum Ende des Zweiten Weltkrieges noch hatte: die tausenden Insassen der Konzentrationslager, die wahlweise gegen deutsche Gefangene oder gegen Devisen eingetauscht werden sollten. Vor allem im Konzentrationslager Bergen-Belsen waren die sogenannten "Austauschjuden" interniert. Kurz vor der Befreiung des KZ durch die Briten schickte die Lagerleitung tausende Insassen mit drei Zügen quer durch Deutschland. Ihr Ziel war das KZ Theresienstadt.
Der dritte Zug, der Bergen-Belsen im April 1945 verließ, erreichte sein Ziel nie. Nach einer langen Irrfahrt blieb er schließlich bei Tröbitz (Elbe-Elster) stehen und wurde zurückgelassen. Die Rote Armee befreite die Gefangenen schließlich. Hunderte starben bei und nach dieser Fahrt. Viele waren einfach neben der Zugstrecke verscharrt worden. Seit Mittwoch erinnert eine neue Wanderausstellung an das Schicksal des "Verlorenen Transports".
2.000 Gefangene aus 12 Nationen
Die Wanderausstellung konzentriert sich vor allem auf die Lebensgeschichten der Kinder des Verlorenen Transportes. Nach der Befreiung der Zuginsassen kamen die 2.000 Menschen ins nahegelegene Tröbitz und mussten dort unter widrigen Umständen versorgt werden. Im Laufe des Jahres zogen die Befreiten weiter und verteilten sich in der ganzen Welt. Angehörige von 12 verschiedenen Nationen befanden sich im Zug.
Obwohl die Insassen Tröbitz schnell den Rücken kehrten blieben viele Verbindungen in den Ort erhalten. "Die Kontakte von Tröbitzern beispielsweise nach Israel oder in die USA werden nach wie vor gepflegt", sagt der Organisator der Ausstellung, Günther Morsch.
Eine dieser Verbindungen besteht zwischen Mirjam Lapid, die in Israel lebt und Werner Mann. Lapid ist eine der acht Personen, die in der Ausstellung porträtiert werden. Der damalige Tröbitzer Bürgermeister half der ehemaligen KZ-Insassin in den 90-er Jahren dabei, das Haus ausfindig zu machen, in dem sie als Kind lebte. Seitdem verbindet sie eine gute Freundschaft. "Es hat sich ein familiäres Verhältnis entwickelt. Mirjam hat zwar gesagt, die Ausstellung sieht sie sich an, aber sie wollte mich und meine Familie wiedersehen", erzählt Mann. Lapid ist bereits zum vierten Mal nach Tröbitz zurückgekehrt.
Wanderausstellung entlang der alten Zugstrecke
"Manche schließen damit ab", erzählt Mann, "aber manche Enkel und Kinder wollen wissen, wo liegen die Verwandten, liegen die auch würdig?" Bei manchen käme so der Wunsch auf, Tröbitz zu besuchen.
Noch bis zum April des nächsten Jahres ist die Ausstellung in der Brikettfabrik Louise in Domsdorf zu sehen. Danach soll sie an verschiedenen Stationen entlang der damaligen Zugstrecke gezeigt werden. Auch Anfragen aus dem Ausland gibt es laut Morsch bereits. Für Schulen gibt es ergänzend zur Ausstellung weiteres Material.
Mirjam Lapid will die Erinnerung an ihre Rettung in Tröbitz aber auch an das Elend im Lager lebendig halten. Zur Ausstellungseröffnung hat sie ihre Kinder und Enkel mitgebracht. "Wenn man sich nicht erinnert, wird die Zukunft nicht besser. Ohne Erinnerung gibt es keine Zukunft", sagt sie.
Sendung: Antenne Brandenburg, 09.11.2022, 16:10 Uhr